SGB-II-Leistungen
Kosten für eine Wohnungsrenovierung
Mietvertragliche Verpflichtung des Leistungsempfängers
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Klage auf Verpflichtung
des Beklagten zur zuschussweisen Übernahme der Kosten einer durch Dritte durchzuführenden Renovierung seiner Wohnung, zu der
er sich - im Gegensatz zur amtsärztlichen Einschätzung - außerstande sieht.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung
von Prozesskostenhilfe mit der wesentlichen Begründung abgelehnt, der Kläger müsse sich wegen der Kosten der anstehenden Renovierungsarbeiten
an seinen Vermieter halten, da die im Mietvertrag vorgenommene Überwälzung periodischer Schönheitsreparaturen in ihrer Ausgestaltung
unwirksam sei.
Gegen den am 26.04.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 19.05.2017, mit der er es für unzumutbar
hält, sich an seinen Vermieter zu wenden. Es drohe, dass dieser von seinem Sonderkündigungsrecht als Vermieter eine Einliegerwohnung
in einem von ihm selbst bewohnten Zweifamilienhaus Gebrauch mache.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. §§ 73a Abs. 1 S. 1
SGG, 114
ZPO aufweist. In grundsätzlich nicht ergänzungsbedürftiger Weise hat das Sozialgericht dargelegt, dass der Kläger sich hinsichtlich
der Aufwendungen für die beabsichtigten Renovierungsarbeiten an seinen Vermieter zu halten hat, der zur Erhaltung des vertragsgemäßen
Gebrauchs der Mietsache verpflichtet ist (1). Für eine zuschussweise Gewährung darüber hinausgehender Leistungen bietet das
SGB II keine Rechtsgrundlage (2).
(1) Die vom Kläger beabsichtigte Entfernung alter Tapeten, das Neutapezieren und die Neulackierung von vier Türzargen sind
unproblematisch als Schönheitsreparatur zu qualifizieren. Denn es handelt sich um Arbeiten, die der Beseitigung typischer
Gebrauchsspuren dienen, weder aufwendig sind noch durch unsachgemäßem Gebrauch des Mieters erforderlich geworden sind (vgl.
zur Abgrenzung Urteile des BGH vom 13.01.2010 - VIII ZR 48/09, vom 03.05.2013 - VIII ZR 132/12, vom 10.02.2010 - 8 ZR 222/09 und vom 18.02.2009 - 8 ZR 210/08).
Schönheitsreparaturen sind nach dem Grundsatz des §
535 Abs.
1 S. 2
BGB als Aufwendungen zur Sicherung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache vom Vermieter zu tragen bzw. durchzuführen; die
Aufwendungen für Schönheitsreparaturen können alleine dann als Aufwendungen im Sinne von Leistungen für Unterkunft und Heizung
nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II anerkannt werden, wenn eine vertragliche Verpflichtung des Leistungsempfängers hierzu wirksam begründet worden ist (BSG, Urteil vom 13.08.2008 - B 11b AS 31/06 R). Zutreffend hat das Sozialgericht herausgearbeitet, dass die mietvertragliche Abwälzung der Kosten für Schönheitsreparaturen
auf den Kläger durch § 18 des Mietvertrages vom 11.07.2008 im Rahmen der hier alleine stattfindenden summarischen Prüfung
unwirksam ist.
Zwar ist die mietvertragliche, auch durch Klauseln in Mustermietverträgen vorgenommene Verpflichtung von Mietern zu Schönheitsreparaturen
weder im Grundsatz ausgeschlossen noch hinsichtlich der im konkreten Fall vorgesehenen Zeitabstände im Rahmen eines Fristenplanes
zu beanstanden. Denn der in § 18 des vom Kläger abgeschlossenen Mietvertrages vorgesehene Fristenplan sieht Ausnahmen nach
konkretem Renovierungsbedarf und Dauer der Wohnungsnutzung vor, enthält also einen nach der Rechtsprechung des BGH zulässigen
"flexiblen/weichen" Fristenplan (Urteil des BGH vom 30.03.2012 - VIII ZR 192/11 zum gegenteiligen Fall eines "starren" Fristenplanes; zum Ganzen LSG NRW, Urteil vom 22.087.2010 - L 7 AS 60/09).
§ 18 des vom Kläger abgeschlossenen Mietvertrages wird allerdings zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters und
ist daher nach §
307 Abs.
1,
2 Nr.
1 BGB unwirksam, insofern dort keine Regelung für den Fall getroffen worden ist, dass Teile des Renovierungsbedarfes aus einem
Zeitraum vor Beginn des andauernden Mietverhältnisses resultieren. In den Urteilen vom 18.03.2015 - VIII ZR 185/14, VIII ZR 242/13 und VIII ZR 21/13 hat es der BGH unter Aufgabe bisheriger Rechtsprechung für unzulässig erklärt, dem Mieter ohne angemessenen Ausgleich Renovierungspflichten
für Abnutzungen seitens der Vormieter aufzugeben.
Danach liegt hier keine wirksame Abwälzung auf den Kläger vor und die Tragung der Kosten für Schönheitsreparaturen obliegt
nicht dem Kläger, vielmehr seinem Vermieter.
Ob und wie diese Ansprüche durchgesetzt werden können und ob gegebenenfalls bei fehlender Unterstützung des Leistungsträgers
nach dem SGB II hierbei eine Leistungspflicht entstehen kann (BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.02.2014 - L 18 AS 2908/12) ist hier ohne Belang, weil der Kläger ein Vorgehen gegen seinen Vermieter von Vornherein ausschließt.
(2) Für eine zuschussweise Gewährung von Leistungen für Kosten der Wohnungsinstandhaltung darüber hinaus bietet das SGB II keine Rechtsgrundlage, weil Kosten der Wohnungsinstandhaltung Bestandteil des Regelbedarfes sind, bei dessen Unterdeckung
allenfalls eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht kommt.
§ 5 Abteilung 4 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes (RBEG) berücksichtigt die Bedarfe für Wohnungen, Energie, Wohnungsinstandhaltung.
Unter dem Begriff der "Wohnungsinstandhaltung" werden hierbei - ohne die mietrechtlich relevante Differenzierung zwischen
Instandhaltung einerseits und Schönheitsreparaturen andererseits - alle vom Leistungsbezieher als Mieter zu tragenden Aufwendungen
sowohl für Material als auch für - hier streitig - Handwerkerkosten zusammengefasst (Schwabe, Einzelbeträge aus den Regelbedarfsstufen
ab 01.01.2016, ZfF 2016, 1 ff.) Innerhalb des Regelbedarfes für alleinstehende Erwachsene entfallen auf die Bedarfe nach § 5 Abteilung 4 RBEG monatlich
33,77 Euro in 2016, 36,28 Euro in 2017, davon rund zwei Euro monatlich auf "Wohnungsinstandhaltung" (Schwabe, a.a.O.).
Danach war der Kläger gehalten für künftige Renovierungen Ansparungen vorzunehmen. Ist nicht dies nicht geschehen, kommt eine
abweichende Erbringung von Zuschussleistungen nicht in Betracht. Allerdings kann nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II ein Darlehen für eine Sachleistung oder Geldleistung gewährt werden, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung
des Lebensunterhaltes umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann (S. 1). Weitergehende
Leistungen sind ausgeschlossen (S. 3). Diese Darlehen sind mit 10 Prozent der Regelleistung monatlich zu tilgen.
Die insoweit bestehende Abhilfemöglichkeit führt jedoch nicht zur Annahme hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten
Rechtsverfolgung. Weder hat der Kläger bislang ein Darlehen beantragt noch auf das Hinweisschreiben des Berichterstatters
vom 14.06.2017 hin sein Interesse an der Vergabe eines Darlehens bekundet.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, §
177 SGG.