Gründe:
A. Die Beschwerdeführer sind Kreise und Landkreise. Sie wenden sich gegen die Zuweisung der Zuständigkeit für einzelne Leistungen
der Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV") ohne vollständigen Ausgleich der sich daraus ergebenden finanziellen Mehrbelastungen.
Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2433/04 beanstanden zudem die Verpflichtung, Arbeitsgemeinschaften mit der Bundesagentur für Arbeit zu bilden.
I. 1. Die Bundesregierung und die sie tragenden Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legten im Rahmen des
"Zukunftsprogramms Agenda 2010" gleichlautende Entwürfe eines Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vor (BTDrucks
15/1516, S. 1638). Kern des Regelungsanliegens war die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen
Leistung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nach § 6 SGB II-E sollte die Bundesagentur für Arbeit für das Erbringen der
Leistungen zuständig sein. Damit sollten die Verwaltungsleistungen der Hilfe bei der Arbeitsuche und der Anspruchsprüfung
und -gewährung unter einem Dach gebündelt werden. Mitarbeiter der bisherigen Träger der Sozialhilfe sollten durch einen gesetzlichen
Auftrag (§ 93 SGB X) beteiligt werden (BTDrucks 15/1516, S. 45, 47, 48). Die Aufwendungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende sollte der
Bund tragen; sein Anteil am Umsatzsteueraufkommen sollte dafür steigen (BTDrucks 15/1516, S. 33 f.). Die finanzielle Entlastung
der Kommunen war ausdrückliches Ziel des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/1516, S. 41).
Der Gesetzentwurf war in mehreren Gesichtspunkten umstritten. Die Beschlussempfehlung des federführenden Bundestagsausschusses
für Wirtschaft und Arbeit nahm einige der aus den Oppositionsfraktionen vorgebrachten Bedenken auf. Dies führte etwa zu Änderungen
des Entwurfs in Bezug auf die Regelungen über die Erwerbsfähigkeit, die Zumutbarkeit einer Beschäftigung oder die Vermögensanrechnung.
Die Regelungen über die Zuständigkeit (§ 6 SGB II-E) und die Finanzierung aus Bundesmitteln (§ 46 SGB II-E) blieben aber unangetastet
(BTDrucks 15/1728, S. 171, 191).
Insbesondere die Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende war jedoch umstritten. Die Opposition im Bundestag
hielt die Kommunen, nicht die Bundesagentur für Arbeit für die geeigneten Träger der Betreuung von Arbeitslosen und der Arbeitsvermittlung
(BTDrucks 15/1749, S. 19). Sie lehnte den Regierungsentwurf auch aus diesem Grunde ab.
Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hatte eigene Gesetzentwürfe eingebracht, die identisch waren mit Bundesratsentwürfen, die
dort vom Land Hessen eingebracht worden waren. Im Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes waren die Kreise und kreisfreien
Städte und nach landesrechtlicher Bestimmung die kreisangehörigen Gemeinden als Leistungsträger vorgesehen (BTDrucks 15/1523,
S. 31; § 101 SGB XII-E). Die Zuweisung aller Vermittlungs-, Beratungs- und Leistungsaufgaben an die Kommunen sei unabdingbare
Voraussetzung für ein effektives Hilfesystem (BTDrucks 15/1523, S. 63). Außerdem sollte in das
Grundgesetz ein Art.
106b eingefügt werden, wonach den Ländern die durch Arbeitslosigkeit verursachten Aufwendungen, für die Leistungen der Arbeitslosenversicherung
nicht bereitstehen, aus dem Steueraufkommen des Bundes erstattet werden; die Länder sollten verpflichtet werden, diese Erstattung
an die zuständigen Leistungsträger weiterzugeben (BTDrucks 15/1527).
Der Bundestag nahm den Gesetzentwurf der Mehrheitsfraktionen an und lehnte die Oppositionsentwürfe ab. Die Bundesratsmehrheit
beharrte auf einer kommunalen Zuständigkeit für die Arbeitsvermittlung und für die Leistungen an Arbeitslose. Der Bundesrat
verlangte, den Vermittlungsausschuss einzuberufen.
Der Vermittlungsausschuss empfahl eine Änderung der Regelungen über die Zuständigkeit (BTDrucks 15/2259): Die Kreise und kreisfreien
Städte sollten für einzelne der Leistungen zuständig sein, nämlich für die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen,
die psychosoziale Betreuung, die Schuldnerberatung, die Suchtberatung, die Leistungen für Unterkunft und Heizung, die Leistungen
für Erstausstattungen für die Wohnung und für Bekleidung sowie für mehrtägige Klassenfahrten; im Übrigen sollte die Bundesagentur
zuständig bleiben (§ 6 Abs. 1 SGB II-E). Damit die Verwaltung der Leistung dennoch aus einer Hand erfolgen könne, sah § 44b
SGB II-E nun die Bildung von Arbeitsgemeinschaften aus den Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern vor. Der Bund sollte
nur noch die Aufwendungen der von der Bundesagentur für Arbeit zu erbringenden Leistungen tragen (§ 46 SGB II-E). Der Gesetzesbeschluss
wurde auch in Bezug auf die Umsatzsteuerverteilung geändert, und es wurde eine Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisung an
die neuen Länder zum Ausgleich der Lasten aus struktureller Arbeitslosigkeit vorgesehen (BTDrucks 15/2259, S. 8).
Der Bundestag nahm die Beschlussempfehlung an, und der Bundesrat stimmte dem Gesetz zu. Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 wurde am 29. Dezember 2003 verkündet (BGBl I S. 2954). Die hier umstrittenen Regelungen traten am 1. Januar 2004 in Kraft (Art. 61 Abs. 2).
Sie lauteten im Einzelnen:
Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I)
- Allgemeiner Teil -
§ 19a Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
(1) Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende können in Anspruch genommen werden
1. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit,
2. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
(2) Zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, sowie die kreisfreien
Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind.
Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II)
- Grundsicherung für Arbeitsuchende -
§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur),
soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2. die kreisfreien Städte und Kreise (kommunale Träger) für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 bis 4, § 22 und
§ 23 Abs. 3, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind.
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen.
§ 44b Arbeitsgemeinschaften
(1) Zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch errichten die Träger der Leistungen nach diesem Buch im
Bezirk jeder Agentur für Arbeit eine Arbeitsgemeinschaft in den nach § 9 Abs. 1a des Dritten Buches eingerichteten Job-Centern.
Die Ausgestaltung und Organisation der Arbeitsgemeinschaften soll die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen
Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen.
(2) Die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt ein Geschäftsführer. Er vertritt die Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich
und gerichtlich. Können die Agentur für Arbeit und die Kommunen sich bei der Errichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht auf
ein Verfahren zur Bestimmung des Geschäftsführers einigen, wird er von der Agentur für Arbeit und den Kommunen abwechselnd
jeweils für ein Jahr einseitig bestimmt. Das Los entscheidet, ob die erste einseitige Bestimmung durch die Agentur für Arbeit
oder die Kommunen erfolgt.
(3) Die Arbeitsgemeinschaft nimmt die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach diesem Buch wahr. Die kommunalen
Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch übertragen; § 94 Abs. 4 in Verbindung
mit § 88 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buches gilt nicht. Die Arbeitsgemeinschaft ist berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben
Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen.
(4) Die Agentur für Arbeit teilt dem kommunalen Träger alle Tatsachen mit, von denen sie Kenntnis erhält und die für seine
Leistungen erheblich sein können.
(5) In den Fällen des § 6a gelten die Absätze 1 bis 4 nicht.
§ 46 Finanzierung aus Bundesmitteln
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht
werden. Er erstattet der Bundesagentur hierfür die Verwaltungskosten. In den Fällen des § 6a regelt das Bundesgesetz nach
§ 6a eine entsprechende Finanzierung; eine Pauschalierung ist zulässig. Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die
Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen sind, es sei denn, dass die Maßstäbe
in einer Zielvereinbarung (§ 48) geregelt sind.
(2) Die Bundesagentur erstattet dem Bund jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November einen Aussteuerungsbetrag,
der dem Zwölffachen der durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen für Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Beiträge zur Sozialversicherung
im vorangegangenen Kalendervierteljahr für eine Bedarfsgemeinschaft, vervielfältigt mit der Zahl der Personen, die im vorangegangenen
Kalendervierteljahr innerhalb von drei Monaten nach dem Bezug von Arbeitslosengeld einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II
erworben haben, entspricht.
2. Die Ausgestaltung der Option kommunaler Trägerschaft der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch -, also des
Verzichts auf die Arbeitsgemeinschaften zu Gunsten der Alleinzuständigkeit der Kreise oder kreisfreien Städte, konnte im Vermittlungsverfahren
nicht abschließend bestimmt werden. Sie wurde einem weiteren Gesetzgebungsverfahren zugewiesen.
Dazu legten die Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entwurf eines Kommunalen Optionsgesetzes vor (BTDrucks
15/2816). Der Entwurf sah auch die Änderung von Vorschriften vor, die die Option nicht betrafen. Durch Landesrecht sollte
bestimmt werden, dass die Kreise ihre Gemeinden zur Aufgabenerfüllung heranziehen können. Als Aufsichtsbehörde der Arbeitsgemeinschaften
war die oberste Landesbehörde im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vorgesehen.
Auch dieser Gesetzentwurf geriet nach dem Beschluss des Bundestags auf Verlangen des Bundesrats in das Vermittlungsverfahren.
Neben der Ausgestaltung der Option bemängelte die Bundesratsmehrheit vor allem eine nach ihrer Auffassung durch das Sozialgesetzbuch
- Zweites Buch - bewirkte finanzielle Belastung der Kommunen, insbesondere durch das Wohngeld (BRatPlPr 799, S. 196 A ff.,
198 C f., 201 C f.).
Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 15/3495) sah dazu eine Verpflichtung auf eine Entlastung der
Kommunen um jährlich 2,5 Milliarden Euro vor. Der Bund sollte einen bestimmten Anteil an den von den Kommunen zu erbringenden
Leistungen für Unterkunft und Heizung tragen. Der Bundestag nahm den Vermittlungsvorschlag an, und der Bundesrat stimmte dem
Gesetz zu. Das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz)
vom 30. Juli 2004 wurde am 5. August 2004 verkündet (BGBl I S. 2014). Die Änderungen der hier angegriffenen §§ 6 und 46 SGB II traten am Tag nach der Verkündung in Kraft (Art. 17 Abs. 1).
Die Vorschriften lauteten nunmehr:
Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I)
- Allgemeiner Teil -
§ 19a Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
(1) Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende können in Anspruch genommen werden
1. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit,
2. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
(2) Zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, sowie die kreisfreien
Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind. In den Fällen des § 6a des Zweiten Buches ist
abweichend von Satz 1 der zugelassene kommunale Träger zuständig.
Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II)
- Grundsicherung für Arbeitsuchende -
§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2. die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4, §§ 22 und 23 Abs. 3, soweit durch
Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen.
(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung
der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können;
in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem
Sozialgerichtsgesetz. § 44b Abs. 3 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a.
(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden
für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.
§ 44b Arbeitsgemeinschaften
(1) Zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch errichten die Träger der Leistungen nach diesem Buch durch
privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge Arbeitsgemeinschaften in den nach § 9 Abs. 1a des Dritten Buches eingerichteten
Job-Centern. Befinden sich im Bereich eines kommunalen Trägers mehrere Agenturen für Arbeit, ist eine Agentur als federführend
zu benennen. Die Ausgestaltung und Organisation der Arbeitsgemeinschaften soll die Besonderheiten der beteiligten Träger,
des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen.
(2) Die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt ein Geschäftsführer. Er vertritt die Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich
und gerichtlich. Können die Agentur für Arbeit und die Kommunen sich bei der Errichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht auf
ein Verfahren zur Bestimmung des Geschäftsführers einigen, wird er von der Agentur für Arbeit und den Kommunen abwechselnd
jeweils für ein Jahr einseitig bestimmt. Das Los entscheidet, ob die erste einseitige Bestimmung durch die Agentur für Arbeit
oder die Kommunen erfolgt.
(3) Die Arbeitsgemeinschaft nimmt die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach diesem Buch wahr. Die kommunalen
Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch übertragen; § 94 Abs. 4 in Verbindung
mit § 88 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buches gilt nicht. Die Arbeitsgemeinschaft ist berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben
Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft führt die zuständige oberste
Landesbehörde im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
(4) Die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger teilen sich alle Tatsachen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die
für die Leistungen des jeweils anderen Trägers erheblich sein können.
(5) (weggefallen)
§ 46 Finanzierung aus Bundesmitteln
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die
Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bundesrechnungshof prüft die Leistungsgewährung. Dies gilt auch, soweit
die Aufgaben von Arbeitsgemeinschaften nach § 44b wahrgenommen werden. Eine Pauschalierung von Eingliederungsleistungen und
Verwaltungskosten ist zulässig. Die Mittel für die Erbringung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten werden in
einem Gesamtbudget veranschlagt.
(2) Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die Mittel nach Absatz 1 Satz 4 auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen
sind. Bei der Zuweisung wird die Zahl der erwerbsfähigen Bezieher von Leistungen zur Grundsicherung zugrunde gelegt. Das Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung
des Bundesrates ergänzende andere Maßstäbe für die Verteilung der Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit festlegen.
(3) Nicht verausgabte Mittel nach Absatz 1 Satz 5 sind zur Hälfte in das Folgejahr übertragbar. Die übertragbaren Mittel dürfen
einen Betrag von 10 vom Hundert des Gesamtbudgets des laufenden Jahres nicht übersteigen.
(4) Die Bundesagentur erstattet dem Bund jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November einen Aussteuerungsbetrag,
der dem Zwölffachen der durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen für Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Beiträge zur Sozialversicherung
im vorangegangenen Kalendervierteljahr für eine Bedarfsgemeinschaft, vervielfältigt mit der Zahl der Personen, die im vorangegangenen
Kalendervierteljahr innerhalb von drei Monaten nach dem Bezug von Arbeitslosengeld einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II
erworben haben, entspricht.
(5) Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1, um sicherzustellen,
dass die Kommunen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der sich aus
ihm ergebenden Einsparungen der Länder um jährlich 2,5 Milliarden Euro entlastet werden.
(6) Der Bund trägt im Jahre 2005 29,1 vom Hundert der in Absatz 5 genannten Leistungen. Dieser Anteil wird zum 1. März 2005
und zum 1. Oktober 2005 überprüft. Ergibt die Überprüfung, dass die Entlastung der Kommunen den Betrag von 2,5 Milliarden
Euro jährlich übersteigt oder unterschreitet, ist der Anteil des Bundes rückwirkend zum 1. Januar 2005 entsprechend anzupassen,
allerdings nicht mehr als auf eine Stelle hinter dem Komma genau. Mit der Überprüfung zum 1. Oktober 2005 wird darüber hinaus
der Anteil des Bundes für das Jahr 2006 festgelegt.
(7) Die Überprüfung für die Jahre 2006 und 2007 ist jeweils zum 1. Oktober vorzunehmen. Ergibt sie, dass die Entlastung der
Kommunen den Betrag von 2,5 Milliarden Euro jährlich übersteigt oder unterschreitet, ist der Anteil des Bundes rückwirkend
zum 1. Januar des jeweiligen Jahres entsprechend anzupassen, allerdings nicht mehr als auf eine Stelle hinter dem Komma genau.
Mit der Überprüfung zum 1. Oktober 2006 wird darüber hinaus der Anteil des Bundes für das Jahr 2007 und mit der Überprüfung
zum 1. Oktober 2007 der Anteil des Bundes ab dem Jahre 2008 festgelegt.
(8) Weitere Überprüfungen und Anpassungen sind zum 1. Oktober 2009 und danach alle zwei Jahre vorzunehmen.
(9) Für die Überprüfungen und Anpassungen des in Absatz 5 genannten Anteils des Bundes nach den Absätzen 6 bis 8 sind die
in der Anlage genannten Kriterien maßgebend.
(10) Der Anteil des Bundes an den in Absatz 5 genannten Leistungen wird den Ländern erstattet. Der Abruf der Erstattungen
ist zur Monatsmitte und zum Monatsende zulässig. Wenn die Überprüfung des in Absatz 5 genannten Anteils des Bundes nach den
Absätzen 6 bis 8 ergibt, dass dieser zu erhöhen ist, werden bis zur gesetzlichen Festsetzung eines erhöhten Anteils des Bundes
auf Antrag eines Landes monatlich im Voraus Abschläge auf den bis dahin geltenden Anteil des Bundes gezahlt. Die Abschläge
können bis zu einem Monat vorgezogen werden.
Die Finanzierungsregelungen des § 46 Abs. 6 bis 10 SGB II wurden im Dezember 2005 auf feste Anteile des Bundes für die Jahre
2005 und 2006 umgestellt; die zuvor geregelten Änderungsmechanismen entfielen (Erstes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2005, BGBl I S. 3675).
3. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706) wurde der neue Zuschnitt der Zuständigkeiten der Bundesministerien nachvollzogen: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
trat an die Stelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Art. 1 Nr. 3 dieses Gesetzes änderte § 6 SGB II; in Abs.
1 Satz 2 wurde folgender Halbsatz eingefügt: "sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten."
Die Änderung sollte für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Aufgabe begründen, einen Außendienst zur Bekämpfung
des Leistungsmissbrauchs einzurichten, um zu überprüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen von Personen, die Leistungen der
Grundsicherung beziehen oder bezogen, vorliegen oder vorlagen (BTDrucks 16/1410, S. 18). In § 6 Abs. 2 Satz 3 SGB II wurden
nach der Angabe von "§ 6a" die Wörter "mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Abs. 1 Satz
1 erfolgen kann" eingefügt. Durch diese Änderung sollte klargestellt werden, dass die zugelassenen kommunalen Träger Gemeinden
und Gemeindeverbände im Rahmen einer landesrechtlichen Regelung zur Erfüllung der Aufgaben als zugelassener kommunaler Träger
gemäß § 6b Abs. 1 SGB II heranziehen können (BTDrucks 16/1410, S. 18).
Da sich die Verpflichtung der Agenturen für Arbeit, gemäß §
9 Abs.
1a SGB III Job-Center als einheitliches Organisationsmodell für alle einzurichten, in der Praxis aufgrund der Um- und Neustrukturierung
der Agenturen für Arbeit und der heterogenen Struktur der Arbeitsgemeinschaften und zugelassenen kommunalen Träger als nicht
umsetzbar erwies (BTDrucks 16/1410, S. 31), wurde die Regelung des §
9 Abs.
1a SGB III wieder aufgehoben. Dies führte dazu, dass auch die in § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II geregelte Verpflichtung, die Arbeitsgemeinschaften in den Job-Centern einzurichten, aufgehoben wurde.
Die Verpflichtung der kommunalen Träger, mit den Agenturen für Arbeit durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verpflichtung
Arbeitsgemeinschaften zu bilden (§ 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II) und den Arbeitsgemeinschaften die Wahrnehmung ihrer Aufgaben
zu übertragen (§ 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II), blieb unberührt. Außerdem wurde § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II neu gefasst, um den
zuständigen obersten Landesbehörden die Möglichkeit zu geben, für die Aufsichtsführung über die Arbeitsgemeinschaften eine
andere Stelle zu bestimmen. Satz 4 lautet nunmehr: "Die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft führt die zuständige oberste
Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales."
4. Die letzte Änderung des Sozialgesetzbuchs - Zweites Buch - durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
und des Finanzausgleichsgesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl I S. 3376), das am 1. Januar 2007 in Kraft trat, ließen § 6 und § 44b SGB II unberührt. Geändert wurden hingegen die Finanzierungsregelungen
des Bundes gemäß § 46 SGB II; der Bund erhöhte seine Beteiligung an den Leistungen der kommunalen Träger für Unterkunft und
Heizung für 2007 von 29,1 vom Hundert auf 35,2 vom Hundert für Baden-Württemberg, 41,2 vom Hundert für Rheinland-Pfalz und
für die übrigen Länder auf 31,2 vom Hundert. Ab 2008 bestimmt sich die Beteiligung nach einer Formel (BTDrucks 16/3269, S.
4).
II. Die Beschwerdeführer meinen, die angegriffenen Regelungen verletzten Art.
28 Abs.
2 GG.
1. Die Bestimmung der Zuständigkeit der Kreise für einzelne Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB II und §
19a Abs.
2 SGB I sei ein unzulässiger Durchgriff des Bundes auf die kommunale Ebene. Die Kompetenzordnung nach Art.
83 und Art.
84 Abs.
1 GG sehe als Regelfall vor, dass die Länder in eigener Verantwortung entscheiden, ob Bundesgesetze durch unmittelbare oder mittelbare
Landesverwaltung ausgeführt werden sollen. Die Einbeziehung von Gemeinden und Gemeindeverbänden richte sich dann nach dem
Landesrecht. Das führe bei einer Aufgabenzuweisung an die Kommunen zu landesverfassungsrechtlichen Schutzmechanismen, nämlich
insbesondere dem in vielen Landesverfassungen geregelten Konnexitätsprinzip: das Land müsse Kostenersatz für die mit der Aufgabenzuweisung
verbundenen Belastungen leisten. Weise der Bund die Aufgabe zu, dann sei das Land nicht zum Kostenersatz verpflichtet, und
auch zwischen dem Bund und den Kommunen gebe es direkte Finanzbeziehungen, die zum Ausgleich genutzt werden könnten, nicht.
Wenn eine bundesgesetzliche Zuweisung von Zuständigkeiten an die Kommunen überhaupt von Art.
84 Abs.
1 GG gedeckt sein könne, müsse sie jedenfalls an enge Voraussetzungen gebunden bleiben. Es dürfe sich bei der Aufgabenzuweisung
nur um eine punktuelle Annexregelung handeln, und diese Annexregelung müsse zum wirksamen Vollzug der materiellen Bestimmungen
notwendig sein. Beide Voraussetzungen würden durch die angegriffenen Regelungen nicht erfüllt. Die den Kommunen zugewiesenen
Aufgaben seien neu; sie seien nämlich durch die Neuregelung nicht nur umbenannt, sondern neu konzipiert worden. Um eine Annexregelung
handele es sich nicht, weil die Aufgabenzuweisung geradezu das organisationsrechtliche Herzstück des neuen Sozialgesetzbuchs
- Zweites Buch - darstelle. Auch der erhebliche Umfang der zugewiesenen Aufgaben spreche gegen eine bloße Annexregelung.
Die Aufgabenzuweisung an die Kommunen sei zum Gesetzesvollzug auch nicht notwendig, sondern sogar hinderlich. Da es sich bei
den den Kommunen zugewiesenen Leistungen nicht um abgegrenzte Leistungen, sondern um Elemente des einheitlichen Arbeitslosengeldes
II handele, sei es folgerichtig gewesen, dass der Gesetzentwurf eine einheitliche Aufgabenträgerschaft vorgesehen habe. Nur
um den Kommunen finanzielle Lasten aufzubürden, sei im Vermittlungsverfahren die Aufgabenverantwortung einerseits aufgeteilt
und andererseits in den Arbeitsgemeinschaften wieder zusammengeführt worden. Der Landesrechtsvorbehalt belege zudem, dass
der Gesetzgeber selbst die Bestimmung der Kommunen zu Aufgabenträgern nicht für notwendig halte.
Der Bund habe gegen das Verbot verstoßen, die finanziellen Verhältnisse der Kommunen ohne Einschaltung der Länder zu ordnen.
Indem er die Ausgleichsleistungen für die übertragenen Aufgaben begrenze, bestimme er selbst unmittelbar, welche Lasten die
Kommunen selbst tragen müssten. Der Bund hätte, wenn er schon Aufgaben an die Kommunen zuweise, einen vollständigen Mehrbelastungsausgleich
leisten müssen. Stattdessen könne er nicht einmal sicherstellen, dass der gewährte unzureichende Ausgleich von den Ländern
an ihre Kommunen weitergeleitet werde.
2. Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2433/04 beanstanden zudem einen Verstoß gegen Art.
28 Abs.
2 GG durch die in § 44b SGB II geregelte Verpflichtung, Arbeitsgemeinschaften mit den Agenturen für Arbeit zu errichten und diesen die Aufgaben der
kommunalen Träger zu übertragen. Diese Konstruktion diene allein dem Beibehalten einheitlicher Aufgabenwahrnehmung trotz der
Lastenzuweisung insbesondere für die Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Kommunen. Die Kommunen müssten die Wahrnehmung
der Aufgaben an die Arbeitsgemeinschaften übertragen, obwohl sie Aufgabenträger und damit finanzierungsverantwortlich blieben.
Das widerspreche Art.
104a Abs.
1 GG, der die Ausgabenlast an die Wahrnehmung, nicht an die Trägerschaft knüpfe. Zudem sei eine unzulässige Mischverwaltung entstanden.
3. Mit einem am 11. August 2006 eingereichten Schriftsatz haben die Beschwerdeführer erklärt, ihre Verfassungsbeschwerden
auch auf die geänderte Fassung des § 46 SGB II zu erstrecken.
Ergänzend führen die Beschwerdeführer aus, dass das in seinen materiellrechtlichen Bestimmungen zum 1. Januar 2005 in Kraft
getretene Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - nicht lediglich die Fortführung bestehender Aufgaben sei, sondern dass es sich
um eine bundesgesetzlich neu geregelte Aufgabe handele, die aufgrund der neuen gesetzgeberischen Konzeption unter anderem
zu einem exorbitanten Anstieg der Anspruchsberechtigten geführt habe, ohne dass die kommunalen Träger entsprechend entlastet
worden seien. Die Beschwerdeführer in dem Verfahren 2 BvR 2433/04 würden durch § 44b SGB II in Arbeitsgemeinschaften hineingezwungen. Von einer völligen rechtlichen Trennung der Stränge der
Aufgabenerledigung könne keine Rede sein.
III. Zu den Verfassungsbeschwerden haben die Bundesregierung, das Bundessozialgericht, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche
Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Stellung genommen. Außerdem haben sich der Sächsische Datenschutzbeauftragte
und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit geäußert.
1. Die Bundesregierung verteidigt die angegriffenen Regelungen. Sie beschreibt das Gesetzgebungsverfahren, gerade in Bezug
auf die Regelungen über die Zuständigkeit, als eine schwierige Suche nach Kompromissen. Das Ergebnis, auch die angegriffenen
Normen, habe deshalb ferner experimentellen Charakter. Das erweitere den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und enge die
Kontrollbefugnisse des Bundesverfassungsgerichts ein. Die verfassungsgerichtliche Überprüfung müsse berücksichtigen, dass
die Steuerungsmöglichkeiten zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit beschränkt seien. Auch und gerade Organisationsregelungen
seien Teil des Problemzugriffs und daher von dem Prognose- und Beurteilungsspielraum umfasst, der die Intensität der Normenkontrolle
beschränke.
Über das Anliegen, die Arbeitslosen- und die Sozialhilfe zu einer neuen, einheitlichen Leistung zusammenzuführen, seien sich
die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten weitgehend einig gewesen. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen habe die Bestimmung
des Leistungsträgers gestanden. Schon früh habe sich die dann Gesetz gewordene Lösung angedeutet. Sie stamme weder erst aus
den Diskussionen in den letzten Verfahrensabschnitten noch diene sie der Verschiebung der Finanzverantwortung zu Lasten der
Kommunen, die im Ergebnis sogar entlastet würden. Für die Aufgabenübertragung an die Kommunen hätten wesentliche Sachgründe
gesprochen: Die soziale und psychosoziale Betreuung nähmen die Kommunen seit Jahrzehnten wahr; nur sie kennten die Probleme
vor Ort. Für die Leistung der Unterkunftskosten sprächen die regional und lokal erheblichen Unterschiede im Wohnungsmarkt
und der häufige Zusammenhang ungesicherter Wohnverhältnisse mit anderen persönlichen Krisenlagen, für deren Bewältigung die
Kommunen soziale Betreuung anböten. Im Ergebnis seien den Kommunen damit nicht neue Aufgaben zugewiesen, sondern ihnen sei
ein Teil der ihnen bislang nach dem Bundessozialhilfegesetz obliegenden Zuständigkeiten belassen worden.
Mit den Arbeitsgemeinschaften werde der Versuch unternommen, trotz der aufgeteilten Zuständigkeit bürgerfreundlich eine einheitliche
Verwaltungsleistung aus einer Hand zu erbringen. Dem Bundesgesetzgeber sei bewusst gewesen, dass er wegen der Garantie der
kommunalen Selbstverwaltung, die die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung und Verantwortungsklarheit umfasse, die Übertragung
von kommunalen Aufgaben und die Beteiligung an den Arbeitsgemeinschaften nicht erzwingen dürfe. Mit der Formulierung "sollen"
in § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II sei daher nicht mehr als ein gesetzgeberischer Appell geregelt worden. Beteilige sich eine Kommune
an einer Arbeitsgemeinschaft, so blieben beide Partner für die ihnen jeweils obliegenden Leistungen verantwortlich. Die Anträge
würden in enger Abstimmung bearbeitet und in einem gebündelten Bescheid beschieden, aber dabei handele es sich bloß um die
äußere Verbindung verschiedener einzelner Verwaltungsakte in einer Sammelverfügung unter dem Namen der Arbeitsgemeinschaft.
Motiv für die vorgenommene Aufgabenverteilung sei nicht die Neuverteilung der finanziellen Lasten gewesen. Die angestrebten
und zu erwartenden Einsparungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollten zwischen Bund und Kommunen
aufgeteilt werden. Der Bund habe die Kommunen erheblich entlasten wollen. Dazu sehe das Gesetz einen Garantie-Entlastungsbetrag
von 2,5 Milliarden Euro vor, der überschritten werden könne, wenn die geregelte Berechnungsmethode eine Mehrbelastung der
Kommunen ergäbe. Die Weiterleitung dieser Sonderzuweisung des Bundes durch die Länder dürfe der Bund nach der Kompetenzordnung
des Grundgesetzes nicht erzwingen. Sie falle in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Länder.
Dies berücksichtigt, sei schon die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden zweifelhaft. Die angegriffenen Regelungen wiesen
den Kommunen nicht neue Aufgaben zu, sondern beließen es bei einer Aufgabenzuweisung - derjenigen des Bundessozialhilfegesetzes
-, die das Bundesverfassungsgericht gebilligt habe. Die Regelungen über die Bildung und Errichtung von Arbeitsgemeinschaften
beschwerten die Kommunen nicht, weil eine Verpflichtung nicht begründet werde. Verweigerten die Kommunen die Aufgabenübertragung,
so gebe es kein rechtlich zulässiges Mittel, diese Weigerung zu überwinden.
Auch gegen die Regelungen zur finanziellen Beteiligung des Bundes könnten sich die Kommunen nicht mit der Verfassungsbeschwerde
wenden, weil sie gar nicht Adressaten dieser Normen seien. Tatsächlich rügten sie auch nicht die getroffene, sondern das Unterlassen
einer ihnen günstigeren Regelung. Die Kommunalverfassungsbeschwerde könne sich indes nicht gegen gesetzgeberisches Unterlassen
wenden.
Jedenfalls seien die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Die angegriffene Aufgabenzuweisung gehe nicht über das hinaus, was
die Kommunen schon bislang als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft erledigt hätten. Ihnen seien die zuvor durch das Bundessozialhilfegesetz zugewiesenen Aufgaben verblieben; dies sei - anders als ein Entzug dieser Aufgaben - verfassungsrechtlich nicht rechtfertigungsbedürftig.
Nur der rechtliche Rahmen sei nun ein anderer. Die Kosten für Unterkünfte und Heizung seien zuvor von der allgemeinen Hilfe
zum Lebensunterhalt umfasst gewesen; einmalige Leistungen für Wohnung, Bekleidung, Schwangerschaft, Geburt und Klassenfahrten
seien zuvor ebenfalls nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt worden; gleiches gelte schließlich für die Schuldnerberatung, die psychosoziale Betreuung, die Suchtberatung und
die auf Ausbildung, Arbeitsplatz und Wohnung bezogenen Hilfen. Neue Aufgaben seien mithin nicht geregelt worden, und die Erweiterung
des Kreises der Anspruchsberechtigten greife nicht in Zuständigkeiten ein.
Eine Beeinträchtigung der Selbstverwaltungsgarantie könne nur angenommen werden, wenn diese auch vor einer Verknappung der
finanziellen Mittel schützte oder wenn sie ein Recht auf eine bestimmte finanzielle Ausstattung umfasste. Das
Grundgesetz garantiere indes eine tatsächliche Finanzausstattung der Kommunen nicht. Ansprüche auf eine Mindestausstattung oder einen
Ausgleich neuer Lasten, wie sie in Landesverfassungen vorgesehen seien, kenne das
Grundgesetz nicht.
Der Bund sei für die angegriffene Regelung der Aufgabenzuweisung gesetzgebungsbefugt gewesen. Die Sachregelungsbefugnis zur
Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ergebe sich aus Art.
74 Abs.
1 Nr.
7 GG. Für die Organisations- und Verfahrensregelungen bestehe entweder eine Annexzuständigkeit, die der Sachregelungsbefugnis
folge, oder eine auf Art.
84 Abs.
1 Halbsatz 2
GG beruhende Gesetzgebungszuständigkeit. Die sich aus dieser Norm ergebende Kompetenz zur Aufgabenübertragung auch an die Kommunen
sei grundsätzlich unbegrenzt, unterliege insbesondere keinen Beschränkungen aus Art.
72 Abs.
2 GG oder aus dem Übermaßverbot.
Die landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsregelungen beschränkten den Bund bei der Aufgabenzuweisung nicht. Der Bund sei
nicht verpflichtet, auf Schutzvorkehrungen der Landesverfassungen Rücksicht zu nehmen. Andernfalls würde Landesverfassungsrecht
zum Maßstab der Auslegung von Bundesverfassungsrecht. Die Öffnungsklausel zu Gunsten einer landesrechtlichen Bestimmung anderer
Aufgabenträger vermindere den etwaigen Übergriff in die Organisationsgewalt der Länder und könne deshalb nicht zur Verfassungswidrigkeit
der bundesgesetzlichen Aufgabenzuweisung führen.
Ergänzend verweist die Bundesregierung für ihren Rechtsstandpunkt auf ein Rollenpapier "Die Arbeitsgemeinschaften und ihre
Träger im SGB II" vom 12. Januar 2007.
2. Das Bundessozialgericht sieht keinen Bezug der Verfassungsbeschwerden zu seiner Rechtsprechung. Selbst wenn mit der Errichtung
der Arbeitsgemeinschaften auch deren Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten verfassungswidrig wäre, liege ein Nichtigkeitsgrund
nach § 40 Abs. 2 SGB X nicht vor. Auch die Aufhebung eines von einer Arbeitsgemeinschaft erlassenen Verwaltungsaktes werde nicht beansprucht werden
können.
3. Der Deutsche Landkreistag hält die Verfassungsbeschwerden für zulässig und begründet.
Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine Aufgabenzuweisung an die Kommunen durch Bundesgesetz seien nicht eingehalten.
Die Bestimmung der Landkreise und kreisfreien Städte zu Aufgabenträgern sei für den wirksamen Vollzug des Gesetzes nicht notwendig.
Der Landesrechtsvorbehalt spreche dagegen, und die Notwendigkeit sei auch im Gesetzgebungsverfahren an keiner Stelle dargelegt
worden. Gegen eine bloß punktuelle Annexregelung sprächen schon die finanzielle Dimension der Aufgabe und zudem der erhebliche
Verwaltungsaufwand, den diese größte Reform des deutschen Sozialwesens erfordere. Die bundesgesetzliche Regelung umgehe die
landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsregelungen. Einen Anspruch gegen den Bund auf Ausgleich der entstehenden Mehrausgaben
hätten die Kommunen nicht.
Die Soll-Regelung des § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II verpflichte die Kommunen zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften,
wenn nicht überwiegende Gründe für einen atypischen Fall sprächen. Die durch Art.
28 Abs.
2 GG geschützte Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung sei dadurch beeinträchtigt. Das Ob der Übertragung sei der Entscheidungsbefugnis
der Kommunen entzogen, und die etwa auf die Führung der Geschäfte bezogenen Vorgaben schränkten auch die Gestaltbarkeit der
Aufgabenerledigung ein. Zudem sei mit den Arbeitsgemeinschaften ohne sachlichen Grund eine Mischverwaltung aus Bundes- und
Landesbehörden gebildet worden. Dies diene allein als finanzielles Kompensationsmodell für den Bund. Die Experimentierklausel
(§ 6a SGB II) zeige, dass eine Mischverwaltung nicht zwingend oder sachlich geboten sei.
4. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hält die angegriffenen Regelungen für verfassungswidrig.
Die Aufgabenzuweisung berühre den Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art.
28 Abs.
2 GG), verletze ihn aber nicht. Die teilweise Wahrnehmung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei eine Angelegenheit
der örtlichen Gemeinschaft und gehöre zu den traditionellen Leistungen der Kommunen. Eine Aufgabenneuzuweisung erfolge hier
nicht. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung seien hingegen bislang in Bundesauftragsverwaltung nach dem Wohngeldgesetz erledigt worden. Die Verweisung in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung sei jedoch durch eine Annexkompetenz zur Kompetenznorm
des Art.
74 Abs.
1 Nr.
7 GG zulässig.
Verletzt sei aber die Organisationshoheit der Kommunen. Die Organisationsbestimmungen des Sozialgesetzbuchs - Zweites Buch
- verletzten den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. § 44b SGB II bestimme die Art und Weise der Erledigung
der Aufgaben der Grundsicherung, indem die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft und die Übertragung von Aufgaben auf diese Arbeitsgemeinschaft
angeordnet werde. Dadurch werde den Kommunen die Organisations- und Personalhoheit für diesen Bereich entzogen. Die Steuerung
und Überwachung der Mitarbeiter und des Verwaltungsvollzugs würden eingeschränkt. Die formale sachliche Zuständigkeit bleibe
ohne die Kompetenz zur organisatorischen Ausgestaltung eine leere Hülse. Das Erbringen sozialer Leistungen sei für die Kommunen
Teil der politischen Gesamtsteuerung, die sie ohne die Organisationsgewalt nicht mehr sinnvoll ausüben können.
Ohne einen adäquaten Finanzausgleich der Mehrbelastung greife eine Aufgabenzuweisung in die Finanzhoheit der Kommunen ein.
Eine Ausgleichspflicht des Bundes gegenüber den Kommunen sei zwar nicht explizit normiert, finde aber einen Niederschlag in
Art.
106 Abs.
8 GG. Eine pauschale, bundesweit wirkende Ausgleichsleistung sei unzureichend. Eine kommunal-individuell angepasste Ausgleichsleistung
sei unabdingbar.
Die geschaffene Form der Mischverwaltung verletze wegen der unzureichenden aufsichtsrechtlichen Durchformung das Demokratieprinzip.
Die Arbeitsgemeinschaften seien privatrechtlich organisierte Beliehene, für die eine Fachaufsicht nicht ausreichend sichergestellt
sei.
5. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit weisen
auf die Schwierigkeiten hin, die sich daraus ergäben, dass die Datenschutzkontrolle der Tätigkeiten der Arbeitsgemeinschaften
teilweise beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und teilweise bei den Landesdatenschutzbeauftragten liegt. Der Bundesbeauftragte
für den Datenschutz und die Informationsfreiheit weist darauf hin, die bisherige Praxis zeige, dass sachgerechte Lösungen
im Umgang mit dem Konstrukt der Arbeitsgemeinschaften möglich seien.
IV. In der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2007 haben die Beschwerdeführer und die Bundesregierung ihre schriftsätzlichen
Äußerungen erläutert, vertieft und ergänzt.
Das Bundesverfassungsgericht hat sachverständige Einschätzungen von zwei Geschäftsführern von Arbeitsgemeinschaften zu den
tatsächlichen Abläufen innerhalb von Arbeitsgemeinschaften gehört. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft im Kreis Aachen,
G., und der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft SGB II Erfurt, R., haben sich zu den strukturellen und organisatorischen
Fragen bei der praktischen Umsetzung geäußert und sind insbesondere auf die Entscheidungsstrukturen, Weisungsstränge, die
Aufsicht durch verschiedene Behörden, Personalfragen, die Finanzausstattung und die technische Infrastruktur eingegangen.
Außerdem wurden Prof. Dr. H. und Prof. Dr. R. als sachkundige Auskunftspersonen (§ 27a BVerfGG) zur praktischen Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben, zu den Entscheidungsstrukturen und zu möglichen Problemen des gemeinsamen
Aufgabenvollzugs von Gemeindeverbänden und der Bundesagentur für Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften gehört.
B. Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
Die Beschwerdeführer sind beschwerdebefugt. Sie haben eine mögliche Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung (Art.
28 Abs.
2 GG) ausreichend substantiiert behauptet.
Soweit die Bundesregierung meint, die Beschwerdeführer könnten schon eine Beschwer durch die Errichtung der Arbeitsgemeinschaften
nicht ausreichend darlegen, weil § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II nur einen Appell des Gesetzgebers enthalte und die kommunalen
Träger nicht verpflichte, Aufgaben zu übertragen, kann dem nicht gefolgt werden.
§ 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II enthält für den Regelfall eine Verpflichtung der kommunalen Träger, ihre Aufgaben (§ 6 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 SGB II) der Arbeitsgemeinschaft zu übertragen. Die Formulierung "sollen" bedeutet in der Gesetzessprache eine den
Adressaten treffende Verbindlichkeit, die Ausnahmen nur für atypische Fälle zulässt. Ermessen soll durch eine solche Regelung
nicht eröffnet werden.
Ein Wille, dem Wort "sollen" hier einen anderen als den üblichen Sinn beizumessen, ist auch den Gesetzgebungsmaterialien nicht
zu entnehmen. Eine Bedeutungsabweichung vom üblichen Gebrauch des Wortes "sollen" wird dort nicht erörtert. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip
folgende Gebot der Verständlichkeit geltender Normen steht einer Auslegung entgegen, die auf den Willen derjenigen abstellen
würde, die mit der Formulierung "sollen" einen unverbindlichen, deklaratorisch vorgetragenen Wunsch ausdrücken wollten. Allein
die Anweisung an die Kommunen, ihre Aufgaben im Regelfall auf die Arbeitsgemeinschaften zu übertragen, ist dem Gesetz zu entnehmen.
Die Tatsache, dass die gesetzlichen Regelungen keine Sanktion oder anderweitige Maßnahmen regeln, um diese Rechtsfolge durchzusetzen,
ändert an diesem Befund nichts.
C. Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Aufgabenzuweisung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB
II und gegen die Finanzierungsregelung in § 46 Abs. 1 und Abs. 5 bis 10 SGB II richten. Soweit die Beschwerdeführer in dem
Verfahren 2 BvR 2433/04 die Verfassungswidrigkeit der in § 44b SGB II geregelten Arbeitsgemeinschaften rügen, hat die Kommunalverfassungsbeschwerde
Erfolg.
I. Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen die Aufgabenzuweisung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) richten, bleiben sie
erfolglos und sind zurückzuweisen. Die Bestimmung der Kreise und kreisfreien Städte zu Trägern der Grundsicherung verletzt
nicht das Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Eine Verletzung von Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG durch Aufgabenzuweisung ist nicht erkennbar (1.). Soweit die Beschwerdeführer sich auf eine Verletzung von Art.
84 Abs.
1 GG berufen, haben ihre Verfassungsbeschwerden ebenfalls keinen Erfolg (2.).
1. Der die Beschwerdeführer schützende Garantiegehalt des Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG wird durch die Aufgabenzuweisung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht verletzt.
a) Das Recht der Selbstverwaltung ist den Gemeindeverbänden nach Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG für die Ausgestaltung ihres Aufgabenbereichs nur eingeschränkt gewährleistet. Anders als bei den Gemeinden (Art.
28 Abs.
2 Satz 1
GG) beschreibt die Verfassung die Aufgaben der Kreise nicht selbst, sondern überantwortet dies dem Gesetzgeber (vgl. BVerfGE
79, 127 [150]; 83, 363 [383]; Dreier, in: Dreier,
Grundgesetz, Band II, 2. Aufl. 2006, Art.
28 Rn. 174; Löwer, in: von Münch/Kunig,
GG, 4./5. Aufl. 2001, Art.
28 Rn. 85; Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar [BK], Losebl. [Juli 2006], Art. 28 Rn. 168; Waechter, Kommunalrecht,
3. Aufl. 1997, Rn. 172). Dessen Gestaltungsspielraum bei der Regelung des Aufgabenbereichs der Kreise findet erst dort Grenzen,
wo verfassungsrechtliche Gewährleistungen des Selbstverwaltungsrechts der Kreise entwertet würden. Der Gesetzgeber darf diese
Gewährleistung nicht unterlaufen, indem er keine Aufgaben zuweist, die in der von der Verfassung selbst gewährten Eigenverantwortlichkeit
wahrgenommen werden könnten. Der Gesetzgeber muss deshalb einen Mindestbestand an Aufgaben zuweisen, die die Kreise unter
vollkommener Ausschöpfung der auch ihnen gewährten Eigenverantwortlichkeit erledigen können.
Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG spricht zwar nicht dagegen, den Kreisen auch staatliche Aufgaben in den übertragenen Wirkungskreis zuzuweisen; aber er garantiert
daneben eine Zuweisung in den eigenen Wirkungskreis, also einen Bestand an überörtlichen, kreiskommunalen Angelegenheiten
des eigenen Wirkungskreises (vgl. BVerfGE 83, 363 [383 f.]; Löwer, aaO., Art. 28 Rn. 85). Dieser Aufgabenbestand muss für sich genommen und im Vergleich zu zugewiesenen staatlichen
Aufgaben ein Gewicht haben, das der institutionellen Garantie der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird.
Würden ihnen neben einem Schwergewicht an Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis nur ganz randständige, in Bedeutung und Umfang
nebensächliche Selbstverwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungskreises zugewiesen, so wäre die Garantie des Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG durch den Gesetzgeber umgangen und entwertet (vgl. Schmidt-Aßmann/Röhl, Kommunalrecht, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht,
13. Aufl. 2005, Rn. 138). Hält der Gesetzgeber diese Begrenzung ein, so bleibt ihm ein weiter Spielraum, der die Gewährleistung
des Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG nicht berührt (vgl. Schmidt-Aßmann/Röhl, aaO.).
b) Nicht nur ein Entzug von Aufgaben (vgl. BVerfGE 79, 127), sondern auch eine Aufgabenzuweisung kann in das Recht auf Selbstverwaltung eingreifen, wenn dadurch die Möglichkeit eingeschränkt
wird, Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen, die zum verfassungsrechtlich geschützten Aufgabenbestand gehören (vgl. NWVerfGH,
Urteil vom 22. September 1992 - VerfGH 3/91 -, NVwZ-RR 1993, S. 486 [487]; Urteil vom 12. Dezember 1995 - VerfGH 5/94 -, NVwZ 1996, S. 1100; Urteil vom 9. Dezember 1996 - VerfGH 11, 12, 15, 34 u. 37/95 -, NVwZ 1997, S. 793 f.; RhPfVerfGH, Urteil vom 16. März 2001 - VGH 88/00 -, NVwZ 2001, S. 912 [914]; SachsAnhVerfG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - LVG 10-97 -, NVwZ-RR 1999, S. 393 [396]; Stober, Kommunalrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 1996, § 7 IV 1 b bb; Waechter, aaO., Rn. 149).
Bei Gemeinden wird die gemeindliche Selbstverwaltung bereits dadurch berührt, dass eine Aufgabenzuweisung ihnen erschwert,
neue Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen; denn zur Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung gehört das Zugriffsrecht
auf alle Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft, die nicht anderen Verwaltungsträgern rechtmäßig zugewiesen sind. Demgegenüber
können sich Kreise nur unter besonderen Umständen gegen eine Aufgabenzuweisung durch den Gesetzgeber wehren. Einen Abwehranspruch
gegen Veränderungen des gesetzlichen Aufgabenbestands gewährt Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG den Gemeindeverbänden in der Regel nicht (vgl. Waechter, aaO., Rn. 178).
Anders als bei den Gemeinden spricht bei den Gemeindeverbänden die Vermutung zunächst gegen einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht;
da diese auf einen gesetzlich beschriebenen Aufgabenbestand verwiesen sind, bedeutet eine Änderung in aller Regel nicht einen
Eingriff in den verfassungsrechtlich garantierten Aufgabenbestand, sondern eine neue Umschreibung seines Umfangs. Ein Eingriff
in das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeindeverbände kann erst angenommen werden, wenn die
Übertragung einer neuen Aufgabe ihre Verwaltungskapazitäten so sehr in Anspruch nimmt, dass sie nicht mehr ausreichen, um
einen Mindestbestand an zugewiesenen Selbstverwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungskreises wahrzunehmen, der für sich genommen
und im Vergleich zu zugewiesenen staatlichen Aufgaben ein Gewicht aufweist, das der institutionellen Garantie der Kreise als
Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird.
Außerhalb eines solchen Mindestbestands an echten Selbstverwaltungsaufgaben schützt Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG gegen Aufgabenentziehungen und -zuweisungen nicht; den Gemeindeverbänden ist, anders als den Gemeinden, kein bestimmter Aufgabenbereich
unmittelbar durch die Verfassung zugewiesen (vgl. BVerfGE 21, 117 [128 f.]; 23, 353 [365]; 79, 127 [150 ff.]; 83, 363 [383]; Dreier, aaO., Art. 28 Rn. 178; Gern, Deutsches Kommunalrecht,
3. Aufl. 2003, Rn. 97; Stern, aaO., Art. 28 Rn. 169; Waechter, aaO., Rn. 178).
c) Eine Verletzung des Kernbereichs oder Wesensgehalts der Selbstverwaltung durch die Aufgabenzuweisung in § 6 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 SGB II haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Die Beschwerdeführer bezeichnen die finanziellen Folgen der Zuweisung
der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende als gravierend. Der Schutz des strikten Konnexitätsprinzips nach dem Verfassungsrecht
der Länder werde umgangen, so dass ein vollständiger finanzieller Ausgleich für die zu übernehmenden Aufgaben ausbleibe.
Auf diese Weise können Kreise eine Verletzung des Wesensgehalts der Selbstverwaltung nicht mit Erfolg geltend machen. Die
Beschwerdeführer beklagen durch den Hinweis auf finanzielle Belastungen mittelbar mangelnden Spielraum zur Erfüllung freiwilliger
Selbstverwaltungsaufgaben. Da aber Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben nicht garantiert, kann ein Verfassungsverstoß nicht festgestellt werden.
Über den Bestand ihrer Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis und über die Wahrnehmung dieser Aufgaben geben die Beschwerdeführer
keine Auskunft. Sie legen nicht dar, wie es um die Aufgaben bestellt ist, die nach Landesrecht üblicherweise den Kreisen als
Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis zugewiesen sind wie die Trägerschaft für weiterführende Schulen, die Nahverkehrsträgerschaft,
die Abfallentsorgung oder etwa die Krankenhausversorgung. Es kommt in Betracht, diesen Aufgabenkreis wenigstens als einen
Mindestbestand an "kreiskommunalen" - also überörtlichen - Aufgaben zu beurteilen, der das Bild der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften
und als nicht nur staatliche Verwaltungsstellen ausreichend prägen kann. Solange aber eine ernsthafte Beeinträchtigung der
Erfüllung solcher Aufgaben nicht nachprüfbar dargelegt ist, kann eine Verletzung des Wesensgehalts der Selbstverwaltung der
Kreise durch Eingriffe in den Aufgabenbestand nicht angenommen werden.
2. Soweit sich die Beschwerdeführer auf eine Verletzung von Art.
84 Abs.
1 GG berufen, haben ihre Verfassungsbeschwerden ebenfalls keinen Erfolg.
a) Gemeinden und Gemeindeverbände können sich im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde nur eingeschränkt darauf berufen,
dass eine gesetzliche Regelung auch sonstiges Verfassungsrecht verletzt; denn die Kommunalverfassungsbeschwerde folgt, auch
wenn sie ausschließlich gegen Rechtsnormen gerichtet werden kann, nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle. Das Bundesverfassungsgericht
ist nicht befugt, im Gefolge einer zulässigen Kommunalverfassungsbeschwerde die Begründetheitsprüfung beliebig auf andere
Verfassungsbestimmungen auszuweiten (vgl. Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 91 Rn. 63).
Ist die Selbstverwaltungsgarantie durch eine angegriffene Regelung nicht berührt, kann eine Überprüfung am Maßstab der grundgesetzlichen
Kompetenzordnung im Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde nicht erreicht werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer
des Zweiten Senats vom 23. September 1994 - 2 BvR 1547/85 -, NVwZ 1995, S. 370 [371]; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Januar 1999 - 2 BvR 929/97 -, NVwZ 1999, S. 520 [522]; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 2000 - 2 BvR 860/95 -, BayVBl 2000, S. 721 [722]).
Im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde können andere Verfassungsnormen als Art.
28 Abs.
2 GG nur insoweit als Prüfungsmaßstab herangezogen werden, als sie ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung
mitzubestimmen geeignet sind (vgl. BVerfGE 1, 161 [181]; 56, 298 [310]; 71, 25 [37]; 91, 228 [242]). Die Rüge einer Verletzung von Art.
84 Abs.
1 GG oder Vorschriften über die Gesetzgebung des Bundes kann nur in dem Rahmen erhoben werden, den der Garantiegehalt des Art.
28 Abs.
2 GG eröffnet; sie ist akzessorisch (vgl. Bethge, aaO., § 91 Rn. 59 ff.; siehe auch Robra, Organisation der SGB II-Leistungsträger im Schnittbereich zwischen Staatsorganisations-, Finanzverfassungs-
und kommunalem Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 160).
Soweit eine andere Norm des Grundgesetzes einen Bezug zur Selbstverwaltungsgarantie des Art.
28 Abs.
2 GG aufweist, wird sie nicht in vollem Umfang zum Prüfungsmaßstab im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde, sondern nur
insoweit, als sie sich als Konkretisierung des Art.
28 Abs.
2 GG darstellt (vgl. BVerfGE 71, 25 [38]). Nur soweit die Verfassungsnorm in den Gewährleistungsumfang des Art.
28 Abs.
2 GG hineinwirkt, kann sie im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde als Prüfungsmaßstab herangezogen werden.
Diese Einschränkungen der Kommunalverfassungsbeschwerde auf den Gewährleistungsbereich des Art.
28 Abs.
2 GG ergeben sich aus dem in der Verfassung geregelten gegenständlich beschränkten Antragsrecht der Gemeinden und Gemeindeverbände
(vgl. Art.
93 Abs.
1 Nr.
4b GG) und lassen eine Reihe von Konstellationen zu, in denen Verfassungsverstöße nicht geltend gemacht werden können und daher
- seien sie noch so offensichtlich - nicht zu einer verfassungsgerichtlichen Beanstandung führen können, wenn die fragliche
Norm nicht in einer anderen Verfahrensart - etwa der abstrakten oder konkreten Normenkontrolle - Prüfungsgegenstand wird.
b) Danach muss offen bleiben, ob der Bund durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gegen Art.
84 Abs.
1 GG a.F. verstoßen hat; denn die Beschwerdeführer können sich, soweit der Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie des Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG nicht berührt ist, im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde nicht auf diese Norm des Grundgesetzes berufen.
aa) Art.
84 Abs.
1 GG a.F. diente nicht dazu, den Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung zu erhalten, sondern sollte vor einem unzulässigen Eingriff
des Bundes in die Verwaltungszuständigkeit der Länder schützen (vgl. auch BVerfGE 22, 180 [209 f.]). Art.
84 GG a.F. betraf die Ausgestaltung der Landeseigenverwaltung und ermöglichte einen wirksamen Vollzug von Bundesgesetzen. Soweit
es um die Aufgabenzuweisung an die Gemeinden und Gemeindeverbände geht, konnte es nur darum gehen zu verhindern, dass die
Länder in der Gestaltung der von landesorganisatorischen Besonderheiten abhängigen Verwaltungsorganisation eingeschränkt werden,
ohne dass dies das
Grundgesetz ausdrücklich bestimmt oder zulässt (vgl. Henneke/Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum
Grundgesetz, 10. Aufl. 2004, Art.
84 Rn. 10). Der Schutz eines Mindestbestands an Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeindeverbände wird damit nicht bezweckt.
Soweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, dass landesrechtliche Konnexitätsvorschriften umgangen würden, führt dies
ebenfalls nicht dazu, dass sich Gemeindeverbände im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht
gegen die Zuweisung von Aufgaben auf Art.
84 Abs.
1 GG a.F. berufen können.
Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die Kompetenzfrage im vorliegenden Zusammenhang nicht nur von bundesstaatlicher
Bedeutung sei. Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Ländern sei aus der Sicht der betroffenen Kreise und kreisfreien
Städte von herausragendem materiellen Interesse, weil im Falle einer bundesgesetzlichen Aufgabenzuweisung alle landesverfassungsrechtlichen
Schutzmechanismen unanwendbar würden. Damit wird aber lediglich dargelegt, dass aus verfassungssystematischen Gründen und
im Hinblick auf die innerhalb der Länder ausgelösten finanzverfassungsrechtlichen Folgen ein Durchgriff des Bundes auf die
kommunale Ebene verfassungswidrig sei. Damit sich die Gemeindeverbände im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde ohne weiteres
auf Art.
84 Abs.
1 GG a.F. berufen können, müsste diese Vorschrift jedoch dazu dienen, die Gemeindeverbände vor einer Aufgabenzuweisung in ihren
Kernbereich zu schützen. Dies lässt sich Art.
84 Abs.
1 GG a.F. nicht entnehmen.
Schließlich können sich die Beschwerdeführer auch nicht auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berufen.
Danach erlaubte Art.
84 Abs.
1 GG a.F. dem Bundesgesetzgeber jedenfalls in Ausnahmefällen die Zuweisung von Aufgaben an Gemeinden oder Gemeindeverbände als
Selbstverwaltungsaufgaben. Das Bundesverfassungsgericht hat als einen solchen Ausnahmefall die Einschaltung von Gemeinden
in den Vollzug von Bundesgesetzen auch im Bereich des eigenen Wirkungskreises für zulässig erachtet, wenn es sich um eine
punktuelle Annexregelung zu einer zur Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers gehörenden materiellen Regelung handelte und wenn
diese Annexregelung für den wirksamen Vollzug der materiellen Bestimmungen des Gesetzes notwendig war (vgl. BVerfGE 22, 180 [209 f.]; 77, 288 [299]). Grund für diese Einschränkung war nicht eine Konkretisierung des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie
der Gemeindeverbände; vielmehr stellte das Bundesverfassungsgericht darauf ab, dass das
Grundgesetz die Materie des Kommunalrechts nicht dem Bund zuweist, sondern sie ausschließlich den Ländern belässt (Art.
30,
70 ff.
GG). Eine Erweiterung des Schutzbereichs der kommunalen Selbstverwaltung hat das Gericht in Art.
84 Abs.
1 GG a.F. nicht gesehen.
bb) Schließlich enthält Art.
84 Abs.
1 GG a.F. keine Konkretisierung des Art.
28 Abs.
2 Satz 2
GG. Anders als Art.
84 Abs.
1 Satz 7
GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) ließ sich der früheren Fassung des Art.
84 Abs.
1 GG kein absolutes Verbot der Aufgabenzuweisung auf die kommunale Ebene entnehmen.
c) Soweit die Beschwerdeführer darauf verweisen, dass die nach ihrer Auffassung verfassungswidrige Aufgabenzuweisung nach
§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der Zukunft eine Erweiterung durch Bundesgesetz ermögliche und die Beschwerdeführer dem
schutzlos ausgeliefert seien, werfen sie Fragen namentlich des Übergangsrechts des Art.
125a GG auf, die in diesem Verfahren zu klären kein Anlass besteht.
II. Die Verfassungsbeschwerden sind auch unbegründet, soweit die Beschwerdeführer sich gegen § 46 Abs. 1 und Abs. 5 bis 10
SGB II wenden. Die Vorschrift ordnet eine Geldzahlung des Bundes an die Länder an. Die Höhe des vom Bund an die Länder zu
zahlenden Betrags soll eine Entlastung der Kommunen in bestimmter Höhe bewirken. Die Norm berechtigt und verpflichtet allein
den Bund und die Länder. Ansprüche oder Pflichten der Kommunen werden nicht geregelt.
Eine Verletzung des Rechts aus Art.
28 Abs.
2 GG ist ausgeschlossen; denn § 46 SGB II verstößt weder gegen Art.
28 Abs.
2 GG noch gegen eine andere Norm der Verfassung.
1. Die Beschwerdeführer setzen voraus, der Bund sei weder berechtigt noch verpflichtet, die finanziellen Verhältnisse der
Kommunen ohne Einschaltung der Länder zu ordnen, und meinen, dagegen verstoße § 46 SGB II, weil diese Norm verbindlich bestimme,
welche Ausgleichsleistungen die kommunalen Träger der Grundsicherung aus dem Bundeshaushalt erhalten und welche Lasten sie
folglich selbst zu tragen hätten.
Dem widerspricht der Wortlaut des § 46 SGB II. Nach dessen Absatz 6 bis 8 hat der Bund jedem Land einen bestimmten Anteil
der von den Kommunen zu erbringenden Leistungen zu erstatten. Einen Zahlungsanspruch gegen den Bund erwerben aus § 46 SGB
II mithin allein die Länder. Die Ausgaben der Kreise und kreisfreien Städte bestimmen die Höhe des Betrags, den jedes Land
vom Bund beanspruchen kann. § 46 SGB II bietet aber keinen Anhaltspunkt für einen Anspruch der Kreise und kreisfreien Städte,
weder gegen den Bund noch gegen das Land.
§ 46 Abs. 5 SGB II formuliert die Absicht, die Kommunen in bestimmter Höhe durch die Zahlung des Bundes zu entlasten. Aber
ein Rechtsverhältnis zwischen den Kommunen und dem Bund entsteht nicht. Die Regelung gebietet auch dem Land nicht, den Betrag
an die Kreise und kreisfreien Städte weiterzugeben, noch beschränkt sie eine nach etwaigem Landesrecht zu leistende Zahlung
auf den vom Bund erhaltenen Betrag.
2. Daher braucht auch aus Anlass dieses Verfahrens nicht entschieden zu werden, ob Art.
28 Abs.
2 Satz 3
GG die Gewährleistung der Selbstverwaltung sachlich erweitert oder wenigstens materiellrechtlich verstärkt hat oder ob zu der
durch Art.
28 Abs.
2 GG gewährleisteten kommunalen Finanzhoheit über eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft hinaus auch eine
angemessene Finanzausstattung oder jedenfalls eine finanzielle Mindestausstattung gehört. Selbst wenn es Ausgleichsansprüche
der Gemeinden und Kreise gegen den Bund gäbe, die aus der Übertragung von Zuständigkeiten folgten, könnte § 46 SGB II einen
solchen Anspruch nicht verletzen.
Mit der Behauptung, sie hätten einen Anspruch, während § 46 SGB II das Land berechtige, führen die Beschwerdeführer einen
untauglichen Angriff gegen die Norm. Der Berechtigte eines Zahlungsanspruchs hat kein Abwehrrecht gegen die Zahlung an den
Nichtberechtigten, sondern allein ein Recht auf Leistung an sich. Für die Beschwerdeführer hätte allenfalls die Möglichkeit
bestanden, ein gesetzgeberisches Unterlassen zu rügen und zu beanstanden, dass eine sie berechtigende Norm fehlt.
III. Soweit die Beschwerdeführer in dem Verfahren 2 BvR 2433/04 die Verfassungswidrigkeit der in § 44b SGB II geregelten Arbeitsgemeinschaften rügen, ist die Verfassungsbeschwerde begründet.
§ 44b SGB II verstößt gegen Art.
28 Abs.
2 GG in Verbindung mit Art.
83 GG.
1. Die in § 44b SGB II geregelte Pflicht der Kreise zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften und die gemeinsame
Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften betrifft die Garantie der eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung, die den
Gemeindeverbänden in gleichem Umfange gewährt ist wie den Gemeinden (Art.
28 Abs.
2 Sätze 1 und 2
GG).
a) Das Recht zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte bedeutet allgemein die Freiheit von staatlicher Reglementierung
in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung und die Organisation der Gemeindeverwaltung einschließlich der Entscheidungen
über die Aufstellung des Haushalts und die Auswahl und Verwendung des Personals (vgl. BVerfGE 83, 363 [382]; 91, 228 [245]; 107, 1 [14]). Zur Befugnis eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte gehört insbesondere die Festlegung der Abläufe
und Entscheidungszuständigkeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben (vgl. BVerfGE 91, 228 [236]). Die Gemeinden und Gemeindeverbände können grundsätzlich nach eigenem Ermessen Behörden, Einrichtungen und Dienststellen
errichten, ändern und aufheben, diese ausstatten, beaufsichtigen und die Steuerungsmechanismen festlegen (vgl. Löwer, aaO.,
Art. 28 Rn. 70). Eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ist die Befugnis, darüber zu befinden, ob eine bestimmte
Aufgabe eigenständig oder gemeinsam mit anderen Verwaltungsträgern wahrgenommen wird und ob zu diesem Zweck gemeinsame Institutionen
gegründet werden (vgl. zur sog. Kooperationshoheit: Nierhaus, in: Sachs [Hrsg.],
Grundgesetz, 4. Aufl. 2007, Art.
28 Rn. 53; Thorsten I. Schmidt, Kommunale Kooperation, 2005, S. 55 ff.; Mempel, Hartz IV-Organisation auf dem verfassungsrechtlichen
Prüfstand, 2007, S. 129). Außerdem haben Gemeinden und Gemeindeverbände grundsätzlich das Recht auf freie Auswahl, Anstellung,
Beförderung und Entlassung ihrer Mitarbeiter (vgl. BVerfGE 9, 268 [289 f.]; 17, 172 [182]; 91, 228 [245]). Zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gehören in diesem Zusammenhang
die Dienstherrenfähigkeit und die eigene Personalauswahl (vgl. Löwer, aaO., Art. 28 Rn. 67).
b) Die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung wird den Gemeinden und Gemeindeverbänden jedoch nur nach Maßgabe der Gesetze
gewährleistet (vgl. BVerfGE 91, 228 [236 f., 240]). Sie unterliegt normativer Prägung durch den Gesetzgeber, der sie inhaltlich ausformen und begrenzen darf
(vgl. BVerfGE 91, 228 [240]). Die Übertragung der verwaltungsmäßigen Besorgung gemeindlicher Aufgaben auf einen anderen Träger begründet demnach
für sich genommen noch keine Verletzung des Kernbereichs eigenverantwortlicher Aufgabenerledigung. Denn Art.
28 Abs.
2 Satz 1
GG berechtigt den Gesetzgeber, den Gemeinden Vorgaben zu ihrer Organisation zu machen, und verschafft ihm daher mittelbar auch
Einfluss auf die Aufgabenerledigung. Dies ist mit der Regelungskompetenz des Gesetzgebers zur Organisation der Gemeinden unausweichlich
verbunden und auch gewollt. Durch die Möglichkeit organisatorischer Rahmensetzung soll der Gesetzgeber auf eine effektive
Aufgabenerledigung durch die Gemeinden hinwirken können (BVerfGE 107, 1 [19]).
c) Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung der Reichweite der Selbstverwaltungsgarantie aber nicht nur einen Kernbereich unangetastet
lassen, um den Wesensgehalt der Selbstverwaltung vor Aushöhlung zu schützen. Vielmehr hat er den verfassungsgewollten prinzipiellen
Vorrang einer dezentralen, also gemeindlichen, vor einer zentral und damit staatlich determinierten Aufgabenwahrnehmung zu
berücksichtigen. Inhaltliche Vorgaben bedürfen damit eines gemeinwohlorientierten rechtfertigenden Grundes, insbesondere etwa
durch das Ziel, eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Sie sind zu beschränken auf dasjenige, was der Gesetzgeber
zur Wahrung des jeweiligen Gemeinwohlbelangs für erforderlich halten kann, wobei er angesichts der unterschiedlichen Ausdehnung,
Einwohnerzahl und Struktur der Gemeinden typisieren darf und auch im Übrigen einen grundsätzlich weiten Einschätzungs- und
Beurteilungsspielraum hat (vgl. BVerfGE 83, 363 [382 f.] m.w.N.).
Die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden und Gemeindeverbände wird aber beeinträchtigt, wenn der Gesetzgeber
ohne hinreichend rechtfertigenden Grund die gleichzeitige Aufgabenwahrnehmung durch verschiedene Verwaltungsbehörden verbindlich
anordnet (vgl. Löwer, aaO., Art. 28 Rn. 72 f. m.w.N.).
d) Ordnet der Gesetzgeber - wie bei den Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II - an, dass die Aufgaben gemeinsam von Bund
und Gemeinden oder Gemeindeverbänden wahrgenommen werden, ist für die verfassungsrechtliche Prüfung auch entscheidend, ob
die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern gemäß Art.
83 ff.
GG eingehalten sind. Überschreitet der Gesetzgeber die ihm dort gesetzten Grenzen des zulässigen Zusammenwirkens von Bundes-
und Landesbehörden, führt dies gleichzeitig zu einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in ihrer Ausprägung
als Garantie eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung im Sinne des Art.
28 Abs.
2 GG.
Die Kompetenzaufteilung nach Art.
83 GG ist eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips des Grundgesetzes und dient dazu, die Länder vor einem Eindringen
des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen (vgl. BVerfGE 108, 169 [181 f.]). Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sind grundsätzlich getrennt und können selbst mit Zustimmung
der Beteiligten nur in den vom
Grundgesetz vorgesehenen Fällen zusammengeführt werden. Zugewiesene Zuständigkeiten sind mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und
eigener Organisation wahrzunehmen. Ausnahmen hiervon sind nur in seltenen Fällen und unter engen Voraussetzungen zulässig.
Diese Grundsätze gelten auch für das Verhältnis von Bund und Kommunen. Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind staatsorganisationsrechtlich
und finanzverfassungsrechtlich den Ländern zugeordnet (vgl. BVerfGE 39, 96 [109]). Sie können sich zwar auf die Selbstverwaltungsgarantie in Art.
28 Abs.
2 GG stützen, bleiben jedoch hinsichtlich der grundgesetzlichen Verteilung der Verwaltungskompetenzen stets Bestandteil der Länder
(vgl. auch Mempel, aaO., S. 36).
aa) Die Verwaltung des Bundes und die Verwaltung der Länder, zu denen auch die Kommunen gehören, sind organisatorisch und
funktionell im Sinne von in sich geschlossenen Einheiten prinzipiell voneinander getrennt (vgl. BVerfGE 108, 169 [182]). Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sind in den Art.
83 ff.
GG erschöpfend geregelt und grundsätzlich nicht abdingbares Recht (vgl. BVerfGE 32, 145 [156]; 41, 291 [311]; 63, 1 [39]). Bund und Länder dürfen von der in diesen Bestimmungen vorgeschriebenen "Verwaltungsordnung" nicht abweichen.
Es gilt der allgemeine Verfassungssatz (vgl. BVerfGE 4, 115 [139]), dass weder der Bund noch die Länder über ihre im
Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen können; Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern sind selbst mit Zustimmung der
Beteiligten nicht zulässig (vgl. BVerfGE 32, 145 [156]).
Der Spielraum bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung findet in den Kompetenz- und Organisationsnormen der
Art.
83 ff.
GG seine Grenzen (BVerfGE 63, 1 [39]). Aus dem Normgefüge der Art.
83 ff.
GG folgt, dass Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder,
wenn die Verfassung dem Bund entsprechende Sachkompetenzen nicht übertragen hat, durch das
Grundgesetz ausgeschlossen sind (vgl. BVerfGE 32, 145 [156]; 108, 169 [182]). Das
Grundgesetz schließt, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, auch eine sogenannte Mischverwaltung aus (vgl. BVerfGE 63, 1 [38 ff.]; 108, 169 [182] m.w.N.).
Die Regelungen der Art.
83 ff.
GG gehen damit grundsätzlich von der Unterscheidung zwischen Bundes- und Landesverwaltung aus. Sie lassen freilich auch erkennen,
dass die Verwaltungsbereiche von Bund und Ländern in der Verfassung nicht starr voneinander geschieden sind. Ein Zusammenwirken
von Bund und Ländern bei der Verwaltung ist in vielfältiger Form vorgesehen (vgl. nur die bei der Auftragsverwaltung und im
Rahmen der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit möglichen Einwirkungen des Bundes [Art.
84,
85 GG]). Innerhalb des durch die Art.
83 ff.
GG gezogenen Rahmens ist eine zwischen Bund und Ländern aufgeteilte Verwaltung deshalb zulässig (vgl. BVerfGE 63, 1 [38 ff.]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Mai 2007 - 1 BvR 2036/05 -, NVwZ 2007, S. 942 [944]). Damit wird dem Bedürfnis der öffentlichen Gewalt, in ihrem Streben nach angemessenen Antworten auf neue staatliche
Herausforderungen nicht durch eine zu strikte Trennung der Verwaltungsräume gebunden zu werden, Rechnung getragen.
bb) Die grundsätzliche Trennung der Verwaltungsräume von Bund und Ländern gewährleistet durch eine klare und auf Vollständigkeit
angelegte Zuordnung von Kompetenzen die Verantwortlichkeit der handelnden Staatsorgane.
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auch bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze
der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit (vgl. BVerfGE 21, 73 [79]; 78, 214 [226]; 98, 106 [119]; 108, 169 [181 f.]) zu beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen
Bereich der Verwaltung zu schützen und eine Aushöhlung des Grundsatzes des Art.
30 GG zu verhindern (vgl. BVerfGE 108, 169 [181 f.]).
Aus Sicht des Bürgers bedeutet rechtsstaatliche Verwaltungsorganisation ebenfalls zuallererst Klarheit der Kompetenzordnung;
denn nur so wird die Verwaltung in ihren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für den einzelnen "greifbar" (vgl. Schmidt-Aßmann,
Der Rechtsstaat, in: HStR, 3. Aufl., § 26 Rn. 79; vgl. auch Robra, aaO., S. 188).
Eine hinreichend klare Zuordnung von Verwaltungszuständigkeiten ist vor allem im Hinblick auf das Demokratieprinzip erforderlich,
das eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern fordert
und auf diese Weise demokratische Verantwortlichkeit ermöglicht (vgl. BVerfGE 47, 253 [275]; 52, 95 [130]; 77, 1 [40]; 83, 60 [72 f.]; 93, 37 [66 f.]). Demokratische Legitimation kann in einem föderal verfassten Staat grundsätzlich
nur durch das Bundes- oder Landesvolk für seinen jeweiligen Bereich vermittelt werden (vgl. Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle
[Hrsg.], Grundlagen des Verwaltungsrechts, 1. Aufl. 2006, Bd. 1, § 6 Rn. 5). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist zwar nicht
die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns entscheidend, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein
bestimmtes Legitimationsniveau (vgl. BVerfGE 83, 60 [72]; 93, 37 [66 f.]). Daran fehlt es aber, wenn die Aufgaben durch Organe oder Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die
eine klare Verantwortungszuordnung nicht ermöglichen. Der Bürger muss wissen können, wen er wofür - auch durch Vergabe oder
Entzug seiner Wählerstimme - verantwortlich machen kann.
cc) Der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen worden sind, hat
diese Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener
Organisation wahrzunehmen. Der Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung schließt zwar die Inanspruchnahme der "Hilfe"
- auch soweit sie sich nicht auf eine bloße Amtshilfe im Einzelfall beschränkt - nicht zuständiger Verwaltungsträger durch
den zuständigen Verwaltungsträger nicht schlechthin aus, setzt ihr aber Grenzen: Von dem Gebot, die Aufgaben eigenverantwortlich
wahrzunehmen, darf nur wegen eines besonderen sachlichen Grundes abgewichen werden. Dem Grundgedanken einer Kompetenznorm
(wie auch der finanziellen Lastenaufteilung zwischen Bund und Ländern) widerspräche es, wenn in weitem Umfang Einrichtungen
der Landesverwaltung für Zwecke der Bundesverwaltung herangezogen würden (vgl. BVerfGE 63, 1 [41]).
Daher kann die Heranziehung an sich unzuständiger Verwaltungseinrichtungen nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie
in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 63, 1 [41]) und ist an besondere Voraussetzungen gebunden.
2. Danach verletzt § 44b SGB II die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden; das in dieser Vorschrift geregelte Zusammenwirken
von Bundes- und Landesbehörden überschreitet die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen.
a) § 44b SGB II ordnet an, dass die Agenturen für Arbeit und die kommunalen Träger zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben
Arbeitsgemeinschaften bilden. Die Arbeitsgemeinschaften nehmen kraft Gesetzes die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger
wahr; die kommunalen Träger sollen ihre Aufgaben den Arbeitsgemeinschaften übertragen. Ziel der Regelung ist es danach, die
Aufgaben grundsätzlich gemeinsam in den und durch die Arbeitsgemeinschaften zu vollziehen.
Zwar überlässt der Gesetzgeber den Trägern der Leistung die Entscheidung darüber, in welcher Form die Arbeitsgemeinschaften
errichtet und wie sie im Einzelnen organisatorisch ausgestaltet werden. Das ändert jedoch nichts daran, dass es sich um eine
gemeinschaftliche Einrichtung einerseits der dem Bund zuzuordnenden Agenturen für Arbeit und andererseits der kommunalen Träger
handelt. Auch wenn die Arbeitsgemeinschaften nicht als Träger für die Leistungen nach § 6 Abs. 1 SGB II bestimmt worden sind,
wird ihnen in § 44b SGB II eine eigene Aufgabenzuständigkeit eingeräumt. Bei den Arbeitsgemeinschaften handelt es sich nicht
lediglich um eine räumliche Zusammenfassung verschiedener Behörden; denn die beiden Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
übertragen die Aufgabenwahrnehmung auf die Arbeitsgemeinschaften (vgl. § 44 Abs. 3 SGB II). Die Arbeitsgemeinschaften sollen
sich nicht auf eine bloße Zusammenfassung selbständiger Einheiten beschränken, sondern die gesamten operativen Aufgaben einer
hoheitlichen Leistungsverwaltung wahrnehmen (vgl. Mempel, aaO., S. 122). § 44b SGB II sieht eine selbständige, sowohl von
der Sozial- als auch von der Arbeitsverwaltung getrennte Organisationseinheit vor, die sich nicht auf koordinierende und informierende
Tätigkeiten beschränkt, sondern die gesamten Aufgaben einer hoheitlichen Leistungsverwaltung im Bereich der Grundsicherung
für Arbeitsuchende umfasst (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, § 44b Rn. 3).
Die Arbeitsgemeinschaft ist nach § 44b Abs. 3 Satz 3 SGB II berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide
zu erlassen. Die Leistungen der Grundsicherung sollen trotz geteilter Leistungsträgerschaft "aus einer Hand" gewährt werden
(vgl. Ruge/Vorholz, DVBl 2005, S. 403 [404]; Kersten, ZfPR 2005, S. 130; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Aufl. 2005, § 44b Rn. 1; Gröschel-Gundermann, in: Jehle/Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch XII,
Asylbewerberleistungsgesetz, Ordner I, Stand: Januar 2005, § 44b Rn. 1; Luthe, in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch II, Stand: Dezember 2006, § 44b Rn. 2; Brosius-Gersdorf, VSSR 2005, S. 335 [356 f.]).
Die Arbeitsgemeinschaften sind damit gemeinschaftliche Verwaltungseinrichtungen der Bundesagentur und der kommunalen Träger
zum Vollzug der Grundsicherung für Arbeitsuchende. An dieser Einordnung ändert sich auch nichts dadurch, dass die Finanzierungs-
und Gewährleistungsverantwortung bei der Bundesagentur und den kommunalen Trägern verbleiben soll. Die Rechtsprechung stellt
insoweit zwar teilweise darauf ab, dass die Arbeitsgemeinschaften nicht die Befugnis zur Erfüllung der Aufgaben erhalten hätten,
sondern dass in ihnen nur die Kompetenz zur Wahrnehmung der Aufgaben gebündelt werde (vgl. Bundessozialgericht, Urteil des
7b. Senats vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R -, FEVS 58, 347 [349]; Urteil des 11b. Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R -, FEVS 58, 353 [354 f.]). Auch bei einer fortbestehenden Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Träger der Grundsicherung
findet in den Arbeitsgemeinschaften aber ein gemeinschaftlicher Vollzug von Aufgaben des Bundes und der kommunalen Träger
statt. Ob die mit der Aufgabenerbringung betrauten Verwaltungsstellen zugleich Träger der Aufgabe sind, ist für die Zuordnung
der Verwaltungskompetenzen nach Art.
83 ff.
GG irrelevant (vgl. Brosius-Gersdorf, aaO., S. 335 [349]).
b) Die Arbeitsgemeinschaften sind als Gemeinschaftseinrichtung von Bundesagentur und kommunalen Trägern nach der Kompetenzordnung
des Grundgesetzes nicht vorgesehen (aa). Besondere Gründe, die ausnahmsweise die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in
den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnten, existieren nicht (bb).
aa) Das
Grundgesetz enthält keine Vorschrift, die eine Gemeinschaftseinrichtung von Bund und Ländern zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung der
Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (Zweites Buch) vorsieht. Nach der Systematik des Grundgesetzes wird der Vollzug von Bundesgesetzen
entweder von den Ländern oder vom Bund, nicht hingegen zugleich von Bund und Land oder einer von beiden geschaffenen dritten
Institution wahrgenommen.
Nach Art.
83 ff.
GG führen die Länder, zu denen die Kommunen gehören, die Bundesgesetze aus, soweit das
Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt. Zwar enthält Art.
87 Abs.
2 GG für soziale Versicherungsträger eine von der Grundregel des Art.
83 GG abweichende Regelung, und Art.
87 Abs.
3 GG ermöglicht dem Bund, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen
Rechts durch Bundesgesetz zu errichten. Es kann offenbleiben, ob der Bund nach diesen Vorschriften die Verwaltungszuständigkeit
für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - an sich ziehen kann, denn bei den Arbeitsgemeinschaften
nach § 44b SGB II handelt es sich nicht um Bundesverwaltung gemäß Art.
87 Abs.
2 oder Abs.
3 GG (vgl. Brosius-Gersdorf, aaO., S. 335 [356 f.]), sondern um gemeinsame Einrichtungen von bundesunmittelbaren Körperschaften
des öffentlichen Rechts und Verwaltungseinrichtungen der Kommunen (Länder).
bb) Zwar bedarf das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich der Verwaltung nicht in jedem Fall einer besonderen verfassungsrechtlichen
Ermächtigung (vgl. BVerfGE 63, 1 [40]). Allerdings widerspricht es der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, wenn in weitem Umfang Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse
des Bundes im Aufgabenbereich der Länder ohne entsprechende verfassungsrechtliche Ermächtigung vorgesehen werden. Eine Ausnahme
von den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art.
83 ff.
GG bedarf daher eines besonderen sachlichen Grundes und kann nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht
kommen (s. oben C. III. 1. d) cc).
(1) Bei den Regelungen über die Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich nicht um eine eng umgrenzte Verwaltungsmaterie,
die ausnahmsweise ein Abweichen vom Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung rechtfertigen könnte. Bei der
Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um einen der größten Sozialverwaltungsbereiche, der einen beträchtlichen
Teil der Sozialleistungen des Staates umfasst. Sowohl nach der Anzahl der von den Regelungen betroffenen Personen als auch
nach dem Finanzvolumen handelt es sich um eine besonders bedeutsame Verwaltungsmaterie. Die Regelungen im Sozialgesetzbuch
- Zweites Buch -, die sowohl staatliche Transferleistungen als auch die Beratung und Betreuung von bedürftigen Erwerbsfähigen
zum Gegenstand haben, betreffen nach seriösen Schätzungen etwa 6 bis 7 Millionen Menschen (vgl. Lühmann, DöV 2004, S. 677;
Pressemitteilung des Deutschen Landkreistags vom 27. September 2007). Die Zuständigkeiten der Leistungsträger nach § 6 Abs.
1 Satz 1 SGB II machen jeweils einen erheblichen Teil der Sachaufgaben von Bundesagentur und kommunalen Trägern aus (vgl.
Mempel, aaO., S. 127). Die sozialen und finanziellen Dimensionen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sprechen klar gegen
das Vorliegen einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie.
(2) Unabhängig davon, dass ein Abweichen von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes schon wegen Bedeutung und Umfang der Grundsicherung
für Arbeitsuchende ausscheidet, fehlt es auch an einem hinreichenden sachlichen Grund, der eine gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung
in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnte.
Das Anliegen, die Grundsicherung für Arbeitsuchende "aus einer Hand" zu gewähren, ist zwar ein sinnvolles Regelungsziel. Dieses
kann aber sowohl dadurch erreicht werden, dass der Bund für die Ausführung den Weg des Art.
87 GG wählt, als auch dadurch, dass der Gesamtvollzug nach der Grundregel des Art.
83 GG insgesamt den Ländern als eigene Angelegenheit überlassen wird.
Ein sachlicher Grund zur Vermischung beider Möglichkeiten besteht nicht. Schon die unterschiedlichen Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren
zeigen, dass es nicht erforderlich ist, zunächst zwei Träger für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bestimmen, um diese
sodann zur gemeinschaftlichen Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften zu verpflichten. So sah der ursprüngliche Entwurf
eines Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt der Bundesregierung vor, dass allein die Bundesagentur für Arbeit
für das Erbringen der Leistungen zuständig sein sollte. Demgegenüber waren nach dem Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes
der damaligen Opposition die Kreise und kreisfreien Städte und nach landesrechtlicher Bestimmung die kreisangehörigen Gemeinden
als alleinige Leistungsträger vorgesehen. Die Regelung des § 6a SGB II zeigt, dass der Bundesgesetzgeber selbst eine in der
Natur der Aufgabe begründete Notwendigkeit für die gemäß § 44b SGB II organisierte Aufgabenwahrnehmung von Bundesagentur und
kommunalen Trägern nicht gesehen hat. Denn diese Regelung sieht ohne weitere Voraussetzungen vor, dass anstelle der Arbeitsgemeinschaften
Kreise und kreisfreie Städte - in beschränkter Anzahl - die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende außerhalb der
Regellösung des § 44b SGB II vollziehen können. Weshalb dies nicht auch ohne die in § 6a Abs. 3 Satz 1 SGB II vorgesehene
zahlenmäßige Beschränkung möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich.
Als sachlicher Grund für die Arbeitsgemeinschaften kann auch nicht angeführt werden, dass sich die politisch Handelnden nicht
auf eine alleinige Aufgabenwahrnehmung entweder durch die Bundesagentur oder durch die kommunale Ebene einigen konnten. Mangelnde
politische Einigungsfähigkeit kann keinen Kompromiss rechtfertigen, der mit der Verfassung nicht vereinbar ist.
Schließlich rechtfertigt auch das historisch gewachsene Nebeneinander von kommunal verwalteter Sozialhilfe und von gesamtstaatlich
verwalteter Arbeitslosenhilfe nicht die auf Dauer angelegte gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften.
Zwar hatte sich seit Jahrzehnten und lange vor Bestehen der Bundesrepublik die getrennte Gewährung dieser Sozialleistungen
entwickelt, und der Gesetzgeber verfolgt mit der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für Erwerbsfähige,
als deren Folge die hier angegriffene Regelung erlassen wurde, ein Ziel, das in der Wissenschaft ebenso wie im politischen
Willensbildungsprozess von der weit überwiegenden Meinung als notwendig erachtet worden ist. In dieser Situation muss er sich
aber für eine Lösung entscheiden, die mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes vereinbar ist.
c) Die Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft in § 44b SGB II widerspricht dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung,
der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, diese Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also
mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (vgl. oben C. III. 1. d) cc). Den Gemeinden
und Gemeindeverbänden ist in Art.
28 Abs.
2 GG die eigenverantwortliche Führung der Geschäfte garantiert, zu der auch die Festlegung der Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten
für die Wahrnehmung der Aufgaben gehört (vgl. oben C. III. 1. a).
aa) Eine eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung ist in den Arbeitsgemeinschaften weder für die Agenturen für Arbeit noch
für die kommunalen Träger gewährleistet. Die von § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II geforderte einheitliche Aufgabenwahrnehmung führt
dazu, dass die Aufgaben nur dann nach den Vorstellungen des jeweiligen Verwaltungsträgers vollzogen werden können, wenn diese
sich mit denjenigen des anderen Trägers decken.
(1) In den Arbeitsgemeinschaften sind unabhängige und eigenständige Entscheidungen über die Aufgabenwahrnehmung durch den
jeweiligen Verwaltungsträger in weitem Umfang weder vorgesehen noch möglich. § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt, dass die
Aufgaben in den Arbeitsgemeinschaften einheitlich wahrgenommen werden. Diese einheitliche Aufgabenwahrnehmung zwingt die beiden
Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, sich in wesentlichen Fragen der Organisation und der Leistungserbringung zu
einigen. Innerhalb der Arbeitsgemeinschaften sind die Aufgaben der Arbeitsagenturen und der kommunalen Träger untrennbar verbunden
und werden integriert und ganzheitlich wahrgenommen; gerade dies ist der Sinn der Regelung. Organisatorische, personelle und
rechtliche Maßnahmen, die einer der beiden Leistungsträger ergreift, haben Einfluss auf den Aufgabenvollzug des jeweils anderen
Leistungsträgers.
Die Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaften entscheiden einheitlich über die von beiden Trägern zu gewährenden Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um zusammengesetzte - und dementsprechend in Teile,
die jeweils einem der beteiligten Leistungsträger zuzuordnen sind, zerlegbare - Verwaltungsakte oder Widerspruchsbescheide;
vielmehr wird über zentrale Fragen wie die Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit einheitlich entschieden (vgl. auch §§ 44a,
45 SGB II). Weisungen oder Anordnungen eines der beiden Leistungsträger haben damit unmittelbaren Einfluss auf die Leistung
des jeweils anderen.
Die Bündelung von Wahrnehmungskompetenzen mit dem Ziel, für den Bürger Leistungen aus einer Hand anbieten zu können, fordert
darüber hinaus eine Zusammenführung von Daten sowie deren gemeinsame Verwaltung und Verarbeitung. Der Vortrag der Beschwerdeführer
zu den zwingenden Vorgaben der Bundesagentur hinsichtlich der dazu einzusetzenden Software (insbesondere A2LL, VerBIS, FINAS)
wurde durch die Ausführungen des Geschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft im Kreis Aachen in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
Den kommunalen Trägern der Grundsicherung bleibt hinsichtlich der Organisation der elektronischen Datenverarbeitung keine
Wahlmöglichkeit. Dadurch werden, wie die sachverständige Auskunftsperson G. in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat (vgl.
auch Graaf, Der Landkreis 2007, S. 344 [347]), verfahrens- und inhaltliche Entscheidungsmöglichkeiten mit Wirkung für beide
Leistungsträger auf die mit der vorgegebenen Software verarbeitbaren Lösungen begrenzt. Durch die softwarebedingten Vorgaben
verlieren die an den Arbeitsgemeinschaften beteiligten Landkreise und Kreise Entscheidungsspielräume, die ihnen im Rahmen
eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung zustünden.
(2) Die Organisationsstruktur der Arbeitsgemeinschaften widerspricht ebenfalls der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung.
Schon aus dem Gesetz ergibt sich, dass die Personalauswahl insbesondere hinsichtlich der Behördenleitung erheblich eingeschränkt
wird. Gemäß § 44b Abs. 2 SGB II werden die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft von einem Geschäftsführer geführt. Können sich
die beiden Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht einigen, kommt es gemäß § 44b Abs. 2 Satz 3 SGB II zu einer
wechselnden, jeweils auf ein Jahr befristeten Geschäftsführung einer der beiden Verwaltungsträger.
Neben dem in § 44b SGB II geregelten Geschäftsführer sehen die ARGE-Musterverträge bei den privatrechtlichen Rechtsformen
die Gesellschafterversammlung und im Übrigen die Trägerversammlung vor, die sich paritätisch aus den Vertretern der Gesellschafter
der Arbeitsgemeinschaft oder den Vertretern der Vertragspartner zusammensetzen. Wesentliche Entscheidungen über die Aufgabenwahrnehmung
werden in diesen Gremien getroffen. Dabei kommt es zu einer Verschränkung von Bundesagentur und kommunalen Trägern und zu
einer Vergemeinschaftung der Willensbildung. Die Folge ist einerseits die unumgängliche Mitentscheidung des jeweils anderen
Verwaltungsträgers bei der Aufgabenwahrnehmung. Andererseits ergeben sich aus dieser Organisationsform systemimmanente Blockademöglichkeiten
und Kompromisszwänge (vgl. Berlit, aaO., § 44b Rn. 11; Mempel, aaO., S. 123).
Eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung setzt voraus, dass der jeweils zuständige Verwaltungsträger auf den Aufgabenvollzug
hinreichend nach seinen eigenen Vorstellungen einwirken kann. Daran fehlt es in der Regel, wenn Entscheidungen über Organisation,
Personal und Aufgabenerfüllung nur in Abstimmung mit einem anderen Träger getroffen werden können. Besteht, wie bei den Arbeitsgemeinschaften
nach § 44b SGB II, keine Letztentscheidungsmöglichkeit im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung, kann keiner der beteiligten Verwaltungsträger
seinen eigenen Aufgabenbereich eigenverantwortlich wahrnehmen.
(3) Um die damit verbundenen Probleme zu lösen, ist die Bundesagentur für Arbeit z.B. in der Rahmenvereinbarung zur "Weiterentwicklung
der Grundsätze der Zusammenarbeit der Träger der Grundsicherung in den Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II" vom 1. August
2005 eine Selbstbeschränkung eingegangen, nach der unter bestimmten Voraussetzungen auf Weisungen zur operativen Umsetzung
der Grundsicherung für Arbeitsuchende verzichtet wird. Werden von den Arbeitsgemeinschaften jährlich abgeschlossene Zielvereinbarungen
sowie die Controlling-Berichterstattung, das Benchmarking und die Mindeststandards bei der Leistungserbringung als verbindlich
anerkannt, wird sowohl auf Weisungen bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags als auch auf eine Rechenschaft der Arbeitsgemeinschaften
über das auftragsgemäße Handeln verzichtet. In dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für
Arbeit erstellten so genannten Rollenpapier "Die Arbeitsgemeinschaften und ihre Träger im SGB II" vom 12. Januar 2007 wird
festgestellt, dass einseitige Eingriffe der Leistungsträger als Auftraggeber der Arbeitsgemeinschaften für ihren jeweiligen
Aufgabenbereich die Ausnahme sein sollen, "aber wegen der Verantwortung als Leistungsträger grundsätzlich nicht ausgeschlossen
werden" könnten. In der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass bei gegensätzlicher Auffassung der jeweiligen Träger
die Leistungen nur erbracht werden können, wenn einer der beiden - in der Praxis zumeist der kommunale Träger - auf sein Weisungsrecht
und damit auf seine Einwirkungsmöglichkeiten verzichtet.
Selbstbeschränkungen eines der beiden Verwaltungsträger erweitern zwar die Möglichkeiten des anderen Verwaltungsträgers, seine
eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Die Selbstbeschränkung eines der Aufgabenträger ist aber jedenfalls hier gleichzeitig
mit der Nichtwahrnehmung der eigenen Verantwortung verbunden. Soweit etwa nach der Rahmenvereinbarung vom 1. August 2005 die
Kommunen auf die Ausführung von Bundesaufgaben einwirken und diese operativ steuern (vgl. Mempel, aaO., S. 152), kann dies
nur auf der Grundlage entsprechend zurückgenommener Steuerungsansprüche auf Seiten des Bundes funktionieren. Entsprechendes
gilt in umgekehrter Richtung. In diesen Fällen kann jedenfalls bei einem der beiden Verwaltungsträger nicht mehr von einer
eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung gesprochen werden.
Daher ist es folgerichtig, dass etwa der Bundesrechnungshof in seinem Bericht vom 19. Mai 2006 zur Durchführung der Grundsicherung
für Arbeitsuchende (GZ.: VI 6/VI 2 - 2006 -1219, Ziff. 6.1.1.2) die vertragliche Beschränkung der Bundesagentur auf die Gewährleistungsverantwortung
und in dem Verzicht auf verbindliche Weisungen eine unzulässige Einengung ihrer gesetzlichen Rolle als Leistungsträgerin sieht.
Um ihrer Verantwortung für die rechtmäßige und wirtschaftliche Aufgabenerledigung durch die Arbeitsgemeinschaften nachzukommen,
dürfe die Bundesagentur in ihren unmittelbaren Einflussmöglichkeiten nicht beschränkt werden.
Ebenso wenig wie die Bundesagentur auf ihre eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung verzichten darf, besteht diese Möglichkeit
für die kommunalen Träger, denn auch in diesem Fall würden die zugewiesenen Kompetenzen nicht in verfassungsgemäßer Weise
wahrgenommen. Das Grundproblem lässt sich daher nicht durch eine Verschiebung der Einwirkungsmöglichkeiten zur einen oder
anderen Seite hin bewirken; vielmehr fehlt es an einer eindeutigen Aufgaben- und Verantwortlichkeitszuordnung, die der Kompetenzordnung
des Grundgesetzes entspricht.
(4) Die Aufsichtsregelungen belegen den Mangel eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung.
Nach § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II führt die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft die zuständige oberste Landesbehörde oder
die von ihr bestimmte Stelle im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dies betrifft die Aufsicht über
die Arbeitsgemeinschaft hinsichtlich ihrer organisatorischen Ausgestaltung (vgl. BTDrucks 16/1410, S. 17; vgl. Ehrhardt, in:
Mergler/Zink, Sozialgesetzbuch II, Stand: Juli 2004, § 47 Rn. 4: Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften als solche). Für
die von den jeweiligen Leistungsträgern zu verantwortenden Bereiche bestehen zwar eigenständige Aufsichtsregelungen. So unterliegt
die Bundesagentur für Arbeit, soweit sie Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II erbringt, der Rechts- und Fachaufsicht
durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 47 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die kreisfreien Städte und Kreise
Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erbringen, unterliegen sie der allgemeinen landesrechtlichen Kommunalaufsicht
(BTDrucks 15/2816, S. 13; O'Sullivan, in: Estelmann, Sozialgesetzbuch Zweites Buch, Stand: Dezember 2006, § 47 Rn. 14; Hoehl,
in: Schlegel/Voelzke, SGB II, 2005, § 44b Rn. 55). Die mehrfache Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften spiegelt jedoch die
problematische Zwischenstellung der Arbeitsgemeinschaften als Mischverwaltung einer Bundesbehörde und einer staatsorganisationsrechtlich
den Ländern zuzuordnenden kommunalen Behörde wider (vgl. Berlit, aaO., § 44 Rn. 54).
Die Ausgestaltung der Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften als solche widerspricht der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung.
Die in § 44b Abs. 3 SGB II vorgesehene Rechtsaufsicht umfasst unter anderem eine Überprüfung der Einhaltung von Rechtsvorschriften
etwa im Hinblick auf die Geschäfts- und Rechnungsführung der Arbeitsgemeinschaften, Fragen der Rechtsform oder des Datenschutzes
(vgl. BTDrucks 16/1410, S. 28). Es erscheint schon fraglich, ob das Fehlen einer Fachaufsicht in diesem Bereich nicht zu unzureichender
Aufsicht und Kontrolle führt (vgl. Luthe, aaO., § 44b Rn. 7). Jedenfalls erhalten durch § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II die Länder
Aufsichtsbefugnisse auch gegenüber den Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften. Entsprechende
Probleme ergeben sich, soweit nach anderen Vorschriften (z.B. § 89 Abs. 5 SGB X; s. zur Reichweite der Anwendbarkeit der Auftragsregelungen der §§ 94, 88, 89 SGB X i.V.m. § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II Gröschel-Gundermann, aaO., § 44b Rn. 1; Hoehl, aaO., § 44b Rn. 46) der Bundesagentur für Arbeit und mittelbar
dem dieser gegenüber aufsichtführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II) Aufsichts-
und Weisungsrechte gegenüber den Arbeitsgemeinschaften zustehen. Die mit § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II vorgenommene Zuweisung
der Aufsicht an die zuständige oberste Landesbehörde, die diese im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales
zu führen hat, führt zudem gleichsam zu einer "Mischaufsicht" ohne wirksame Vorkehrungen für den Fall, dass Einvernehmen nicht
erzielt werden kann (vgl. Brosius-Gersdorf, aaO., S. 335 [357]; Berlit, aaO., § 44b Rn. 53; Graaf, aaO., S. 345; Gröschel-Gundermann,
aaO., § 44b Rn. 2).
bb) Das
Grundgesetz fordert nicht nur die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung des jeweils zuständigen Verwaltungsträgers; vielmehr hat der
Gesetzgeber auch bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und
Widerspruchsfreiheit zu beachten. Selbst wenn man davon ausginge, dass die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften
von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes gedeckt wäre, würde § 44b SGB II gegen den Grundsatz der Verantwortungsklarheit
verstoßen.
(1) Zwar ließe sich noch bestimmen, welcher der beiden Träger der Grundsicherung für die jeweilige Leistung zuständig ist.
Die organisatorische und personelle Verflechtung bei der Aufgabenwahrnehmung behindert aber eine klare Zurechnung staatlichen
Handelns zu einem der beiden Leistungsträger. Die trägerübergreifende gemeinschaftliche Aufbau- und Ablauforganisation, die
einheitliche Geschäftsführung und die gemeinsame Steuerung der Arbeitsgemeinschaften über die Trägerversammlung erschweren
eine klare Abgrenzung von Verantwortungsbereichen der Bundesagentur für Arbeit und der kommunalen Träger (vgl. Mempel, aaO.,
S. 124; Lühmann, aaO., S. 677 [683]).
(2) Ausdruck der mangelhaften Zuordnung von Verantwortlichkeiten, die mit der unklaren Zuordnung der Arbeitsgemeinschaften
zur Bundes- oder zur kommunalen Ebene zusammenhängt, sind auch Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit von Bundes- und
Landesrecht, wie sie etwa im Vollstreckungsrecht und beim Datenschutz aufgetreten sind.
Unsicherheiten über die Zuordnung von Zuständigkeiten tauchen bei der Verwaltungsvollstreckung auf, wenn gewährte Leistungen
zurückgefordert und entsprechende Bescheide zwangsweise durchgesetzt werden müssen. So ist umstritten, ob für Leistungen,
für welche die Bundesagentur für Arbeit als Träger verantwortlich ist, Bundesverwaltungsvollstreckungsrecht anzuwenden sei
(dies offen lassend: Beschluss des 28. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. März 2007 - L 28 B 134/07 AS, L 28 B 119/07 AS PKH -, zitiert nach JURIS) oder ob ausgehend von der Einordnung der Arbeitsgemeinschaft als landesrechtliches Subjekt
(vgl. § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II) umfassend Landesverwaltungsvollstreckungsrecht zur Anwendung zu bringen sei. Folgte man
dem erstgenannten Ansatz, könnte dies Anlass für unterschiedliche Vollstreckungsverfahren bieten, nämlich dann, wenn, wie
häufig, die gesamte gewährte Leistung zurückgefordert wird und damit teilweise Leistungen in der Trägerschaft der Bundesagentur
und teilweise solche in kommunaler Trägerschaft berührt sind.
(3) Die Übertragung der Wahrnehmungskompetenz auf die Arbeitsgemeinschaften, an denen Bund und kommunale Träger beteiligt
sind, führt auch zu Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung des sozialrechtlichen Datenschutzes. Grundsätzlich wird die Zuständigkeit
im Bereich des sozialrechtlichen Datenschutzes (§§ 67 ff. SGB X) auf den Bund zurückgeführt, soweit Stellen des Bundes beteiligt sind (vgl. § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB X), und auf das Land, soweit Stellen des Landes beteiligt sind (vgl. § 81 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Gegenwärtig bestehen für dieselben Prüfungsgebiete sowohl Anknüpfungen für die Zuständigkeit des Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit, wenn nach § 50 Abs. 2 SGB II die Bundesagentur für Arbeit zur verantwortlichen
Stelle im Sinne des § 67 Abs. 9 SGB X für die Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften bestimmt wird, als auch für die Landesdatenschutzbeauftragten, wenn
Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung der Zuständigkeit und damit auch der Verantwortlichkeit die Arbeitsgemeinschaft als solche
ist, welche nicht über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird (vgl. § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Diese Unklarheiten wirken sich als Hindernisse für eine wirksame Kontrolle insbesondere dann aus, wenn die mit der Kontrolle
beauftragten Behörden des Bundes und der Länder eine Tatsachen- oder Rechtsfrage unterschiedlich beurteilen.
cc) Die Unklarheiten in Bezug auf Einwirkungsmöglichkeiten und Verantwortungszurechnung führen zu Freiräumen in den Arbeitsgemeinschaften,
die die Gefahr einer Verselbständigung ohne hinreichende Kontrolle durch einen verantwortlichen Träger mit sich bringen. Ohne
klare Zuständigkeiten besteht kein effektives Weisungs- und Aufsichtsrecht der zuständigen Aufsichtsbehörde. Es kann dann
einerseits zu Kompetenzkonflikten von Aufsichtsorganen kommen; andererseits besteht die Gefahr, dass zur Vermeidung solcher
Konflikte auf notwendige Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen überhaupt verzichtet wird.
Die Möglichkeit einer solchen Entwicklung wurde in der mündlichen Verhandlung insbesondere von der sachkundigen Auskunftsperson
Professor H. hervorgehoben, der auf die Verselbständigungstendenzen aufgrund unklarer Aufsichts-, Kontroll- und Steuerungsformen
hinwies. Es gebe zwar vielfältige Prüfungen durch die Bundesagentur, kommunale Prüfungsämter, Bundes- und Landesrechnungshöfe,
jedoch keine wirklichen Konsequenzen für den örtlichen Vollzug.
dd) Die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften beeinträchtigt auch die Personalhoheit der Gemeindeverbände.
Nach den rechtlichen Vorgaben aus den Gründungsvereinbarungen der Arbeitsgemeinschaften bleibt die Verantwortung für das zur
Verfügung gestellte Personal zwar bei dem jeweiligen Mitglied der Arbeitsgemeinschaft (vgl. § 9 Abs. 1 Mustervereinbarung
Öffentlich-rechtlicher Vertrag und GbR-Gründungsvertrag; § 4 Abs. 1 Mustervereinbarung GmbH). Jedoch ist zu berücksichtigen,
dass wesentliche Elemente der tatsächlichen Personalführung in der Praxis nur in den Händen des Geschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft
liegen können, der als Vermittler für die Anstellungskörperschaft wirken muss. Damit ist die Personalführung in einem unaufhebbaren
Dilemma zwischen faktischer Entleerung der kommunalen Personalhoheit und sachwidrig verkürzter Einflussmöglichkeit des Geschäftsführers
gefangen.
Durch die Ausgliederung des der Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung gestellten Personals aus den sonstigen kommunalen Beschäftigungsstrukturen
werden den Gemeindeverbänden gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen erschwert, da sich die bei den Arbeitsgemeinschaften Beschäftigten
regelmäßig nur noch sehr begrenzt im tatsächlichen Einflussbereich des Gemeindeverbandes befinden und bereits die Bewertung
von Stärken und Schwächen über den Umweg des Geschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft erfolgen muss. Mit dem Verlust der direkten
Kenntnis vom Entwicklungsstand eines Teils des Personals verlieren die kommunalen Träger die Möglichkeit einer einheitlichen,
eigenbestimmten und auf den Bedarf des Personals abgestimmten Personalentwicklung.
ee) Schließlich berühren Vorgaben des SGB II über das Zusammenwirken von kommunalen Trägern der Grundsicherung und der Bundesagentur
auch die kommunale Finanzhoheit (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Januar 1999 - 2 BvR 929/97 -, NVwZ 1999, S. 520).
Gerade im Bereich der aktiven Leistungen nach dem SGB II, also der regulären Eingliederungsleistungen und der flankierenden
Maßnahmen (§§ 14 ff. SGB II), hängen Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen in erheblichem Maße von gemeinsamen Planungen
der Grundsicherungsträger und im Einzelfall von einer einvernehmlichen Eingliederungsvereinbarung mit dem Hilfebedürftigen
ab (vgl. § 15 Abs. 1 SGB II). Damit wird über Ausgabenumfang und -art zwischen den Trägern der Grundsicherung konsensual entschieden;
insoweit ist eine finanzielle Eigenverantwortung nur noch eingeschränkt gegeben. Es besteht vielmehr, wie dies auch vom Sachverständigen
Professor H. in der mündlichen Verhandlung dargelegt und in den danach von ihm vorgelegten schriftlichen Ausführungen vertieft
worden ist, eine starke wechselseitige Beeinflussung der Finanzierungsverantwortung im Vollzug der Leistungen.
3. § 44b SGB II verletzt danach Art.
28 Abs.
2 Sätze 1 und 2
GG in Verbindung mit Art.
83 GG. Verstößt eine Norm gegen das
Grundgesetz, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit der angegriffenen Norm. Im Hinblick auf einen geordneten Gesetzesvollzug im Bereich
der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist § 44b SGB II jedoch nur für unvereinbar mit dem
Grundgesetz zu erklären und kann längstens bis zum 31. Dezember 2010 weiter angewendet werden.
a) Die bloße Unvereinbarerklärung, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt
statt der gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeit als Rechtsfolge dann in Betracht, wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen
unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht
ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. BVerfGE 33, 303 [347]; 61, 319 [356]; 92, 53 [73]; 111, 191 [224]). Neben den Grundrechten (vgl. BVerfGE 83, 130 [154]; 92, 158 [186]) wird vor allem das Rechtsstaatsprinzip in der Ausprägung des Prinzips der Rechtssicherheit (vgl. BVerfGE 37, 217 [261]; 73, 40 [101 f.]) als ein Rechtsgut anerkannt, zu dessen Schutz die befristete Weitergeltung einer nicht verfassungskonformen Regelung
gerechtfertigt und geboten sein kann. Dieses ist dann betroffen, wenn mit der Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung
ein rechtliches Vakuum aufträte und sowohl bei den Behörden als auch bei den Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage
entstünde (vgl. BVerfGE 37, 217 [261]; 73, 40 [102]; 92, 53 [74]). Die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Rechtslage mit dem
Grundgesetz darf auch nicht dazu führen, dass der Verwaltung zeitweilig die Erfüllung verfassungsrechtlicher Pflichtaufgaben mangels
hinreichender gesetzlicher Grundlage unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfGE 83, 130 [152 ff.]; auch 51, 268 [290 f.]); dies gilt auch für die tatsächliche Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben.
b) Danach ist § 44b SGB II lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung
der angegriffenen Regelung bei den betroffenen Behörden und Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage besteht,
und um eine wirkungsvolle, durch das Sozialstaatsprinzip gebotene Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen.
Die durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährten Leistungen decken weite Bereiche der Sozialleistungen des Staates
ab. Bei einer Nichtigerklärung könnten die Aufgaben ab sofort nicht mehr einheitlich durch die nach § 44b SGB II gegründeten
Arbeitsgemeinschaften wahrgenommen werden. Hiervon wären eine hohe Zahl von Leistungsempfängern und die Mitarbeiter in den
Arbeitsgemeinschaften betroffen. Ohne eine hinreichende Übergangszeit ist es nicht möglich, eine geordnete Sozialverwaltung
sicherzustellen.
Die weitere Anwendung der angegriffenen Norm ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2010
zuzulassen. Dieser Zeitraum ist dem Gesetzgeber zur Schaffung einer Neuregelung im Rahmen der hier betroffenen besonders komplexen
Regelungsmaterie zuzubilligen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit den hier angegriffenen
Regelungen, die Teil der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für Erwerbsfähige sind, ein Ziel verfolgt,
das in der Wissenschaft ebenso wie im politischen Willensbildungsprozess von der weit überwiegenden Meinung als notwendig
erachtet worden ist, dass zugleich aber die bisherige Zuordnung der getrennt wahrgenommenen jeweils bedeutenden Aufgabenkomplexe
teils zum Bund, teils zur den Ländern zugehörigen Kommunalebene zur Erreichung dieses Ziels Umstellungen von ungewöhnlichem
Ausmaß erfordert.
Mit der Zusammenlegung der Sozialleistungen der Sozial- und der Arbeitslosenhilfe hat sich der Gesetzgeber einer historisch
einmaligen Aufgabe gestellt, die unterschiedliche Lösungen zulässt. Dies zeigt sich auch an den im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens
gemachten verschiedenartigen Vorschlägen aus Politik und Wissenschaft (vgl. Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und
zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit, Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, 2002, S. 67 ff., S. 125 ff.;
zu den Vorschlägen im Gesetzgebungsverfahren vgl. oben A. I. 1.). Zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens, aus dem die hier
angegriffenen Normen hervorgingen, sah sich der Gesetzgeber einem historisch gewachsenen Nebeneinander von kommunal verwalteter
Sozialhilfe und gesamtstaatlich verwalteter Arbeitslosenhilfe gegenüber. Seit Jahrzehnten und lange vor Bestehen der Bundesrepublik
hatte sich die getrennte Leistungsgewährung dieser Sozialleistungen entwickelt (vgl. Sachße/Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge
in Deutschland, Band 2, 1988, S. 98 f., S. 146 f.). Diese historisch bedingte Aufteilung des Sachverstands auf den Gebieten
der Fürsorge und der Arbeitsvermittlung auf die Kommunen als öffentliche Träger der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz einerseits und die Bundesarbeitsverwaltung andererseits einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung zuzuführen, wird allgemein
als sinnvoll und notwendig angesehen.
Namentlich die im Februar 2002 durch die Bundesregierung beauftragte Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung
der Bundesanstalt für Arbeit schlug in ihrem Bericht "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" vom 16. August 2002 vor, Arbeitslosenhilfe
und Sozialhilfe zusammenzuführen. Jeder, der Sozialleistungen beziehe, solle von einer einzigen Stelle betreut werden und
eine einzige Leistung erhalten. Durch die Zusammenführung werde nach den Ausführungen der Kommission eine entscheidende Schwachstelle
der bisherigen Systeme beseitigt, nämlich die aus den jeweiligen Eigeninteressen der Leistungsträger resultierenden "Verschiebebahnhöfe"
bestimmter Zielgruppen (Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit, Moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, 2002, S. 67 ff. und S. 125 ff.).
Dem Gesetzgeber muss für eine Neuregelung, die das Ziel einer Bündelung des Vollzugs der Grundsicherung für Arbeitsuchende
verfolgt, ein der Größe der Umstrukturierungsaufgabe angemessener Zeitraum belassen werden. Dabei muss ihm die Möglichkeit
gegeben werden, die Erfahrungen der einheitlichen Aufgabenwahrnehmung in den so genannten Optionskommunen des § 6a SGB II
und die Ergebnisse der gemäß § 6c SGB II vorgesehenen Wirkungsforschung zu den Auswirkungen der Neuregelung des Sozialgesetzbuchs
- Zweites Buch - zu berücksichtigen.
IV. Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren 2 BvR 2434/04 haben keinen Erfolg. Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren 2 BvR 2433/04 sind begründet, soweit sie sich gegen § 44b SGB II wenden; soweit sie §§ 6 und 46 SGB II angreifen, sind sie unbegründet.
Die erfolglose Beanstandung der Aufgabenzuweisung hatte wesentliches Gewicht im Vortrag der Beschwerdeführer. Der nur teilweise
Erfolg lässt es gerechtfertigt erscheinen, dass den Beschwerdeführern in diesem Verfahren gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen erstattet wird.
**************************
Abweichende Meinung des Richters Broß, der Richterin Osterloh und des Richters Gerhardt:
Der Entscheidung der Mehrheit des Senats können wir nicht folgen. § 44b SGB II begegnet im Rahmen einer verfassungskonformen
Auslegung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang einer Regelung sowie deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen
zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist allein diese zulässig und geboten (vgl. BVerfGE 69,
1 [55]; 83, 201 [214 f.]; 86, 288 [320 f.]; 88, 145 [166]; 95, 64 [81, 93]).
Hiervon ausgehend ist Folgendes festzustellen:
1. § 44b SGB II ermöglicht, wie letztlich auch die Senatsmehrheit unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung
der zuständigen Fachgerichte (vgl. Umdruck S. 55) nicht bestreitet, eine Auslegung, nach der die Sachkompetenz bei dem jeweiligen
Träger verbleibt und die Arbeitsgemeinschaft nur mit der Durchführung der Aufgaben betraut wird. Diese werden von den Arbeitsgemeinschaften
lediglich aus Gründen der Optimierung der Verwaltungsabläufe wahrgenommen (so namentlich Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB
II, 1. Aufl. 2005, § 44b Rn. 7 und 19; ders., in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht,
Stand: 1. September 2007, § 44b SGB II Rn. 6; Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 44b Rn. 42; Weiß, in: Estelmann, Sozialgesetzbuch
Zweites Buch, Stand: Dezember 2005, § 44b Rn. 1, 23; Hoehl, in: Schlegel/Voelzke, SGB II, 2005, § 44b Rn. 10; Quaas, SGb 2004,
S. 723 [724 ff.]; Breitkreuz, SGb 2005, S. 141 [144 f.]; Kersten, ZfPR 2005, S. 130 [131, 136]; Adolph, in: Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch XII,
Asylbewerberleistungsgesetz, Ordner I, Stand: April 2007, § 44b Rn. 1; vgl. auch BTDrucks 15/4709, S. 4). Die Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft besteht danach allein in der einheitlichen
Durchführung der Aufgaben der Träger der Leistungen. Die Arbeitsgemeinschaft wird dadurch nicht selbst zum Träger der Aufgaben;
deren Erfüllung obliegt vielmehr weiterhin den nach § 6 SGB II zuständigen Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern.
Diese verlieren durch die Wahrnehmung der Aufgaben in der Arbeitsgemeinschaft auch nicht ihre Eigenständigkeit als Träger
der jeweiligen Aufgabenzuständigkeit (vgl. näher Kersten, aaO., S. 130 [131]).
Unterstrichen wird die fortbestehende Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Träger in der Arbeitsgemeinschaft unter anderem
auch durch die Informationspflicht nach § 44b Abs. 4 SGB II (vgl. BTDrucks 15/4709, S. 4), nach der sich die Agentur für Arbeit
und die kommunalen Träger alle Tatsachen mitteilen, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen des jeweils
anderen Trägers erheblich sein können. Die Arbeitsgemeinschaften selbst erhalten danach keine Befugnis zur Erfüllung der den
beiden Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende obliegenden Aufgaben. Vielmehr wird in ihnen nur die Kompetenz zur Wahrnehmung
dieser Aufgaben gebündelt (so auch die eingangs erwähnte Rechtsprechung der Sozialgerichte: Bundessozialgericht, Urteil des
7b. Senats vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R -, FEVS 58, 347 [349]; Urteil des 11b. Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R -, FEVS 58, 353 [354 f.]; Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. August 2006 - L 1 AS 4/06 -, JURIS Rn. 19; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Juni 2005 - L 8 AS 2374/05 ER - B -, FEVS 57, 40 f.; Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 2. August 2006 - S 1 AS 411/05 ER -, JURIS Rn. 21; Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 25. Januar 2005 - S 5 AL 32/05 ER -, NVwZ 2005, S. 976).
Ebenso wenig steht die Ermächtigung der Arbeitsgemeinschaften zum Erlass von Verwaltungsakten und Widerspruchsbescheiden in
§ 44b Abs. 3 Satz 3 SGB II der vorgenannten Einordnung entgegen. Die Arbeitsgemeinschaft erhält insoweit lediglich die Befugnis,
als Ausgangsbehörde mit Wirkung für den Leistungsträger, dessen Aufgabenzuständigkeit wahrgenommen wird, Einzelfallregelungen
im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X zu treffen und als Widerspruchsbehörde Widerspruchsbescheide zu erlassen (§§
78 SGG ff. i.V.m. § 62 f. SGB X). Verantwortlich für die Entscheidungen bleiben stets die jeweils zuständigen Verwaltungsträger in der Arbeitsgemeinschaft,
die der Arbeitsgemeinschaft auch im Einzelfall verbindlich eine Entscheidung vorgeben können (vgl. auch Rixen, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching,
aaO., § 44b SGB II Rn. 21).
Die den Landkreisen in Art.
28 Abs.
2 GG garantierte eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung wird auch durch die Regelungen über eine einheitliche Entscheidung (§§
44a ff. SGB II) nicht beeinträchtigt. Das Verfahren bei unterschiedlicher Bewertung der Erwerbsfähigkeit (§ 8 SGB II) und
der Hilfebedürftigkeit des Arbeitsuchenden (§ 9 SGB II) führt zwar zu einer einheitlichen Entscheidung der Träger der Grundsicherung
über die Anspruchsvoraussetzungen und unterwirft sie der Mehrheitsentscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle (§ 45 Abs.
2 Satz 2 SGB II). Jedoch handelt die Verwaltung insoweit in voller Rechtsbindung. Die Einigung über die Anspruchsvoraussetzungen
zwischen den Leistungsträgern stellt sich nicht als Verständigung mit Kompromisscharakter dar, sondern als Entscheidung zwischen
rechtmäßigem und rechtswidrigem Verwaltungshandeln, über die letztlich die Sozialgerichte befinden. Somit nimmt nicht ein
Träger der Grundsicherung unmittelbar Einfluss auf die Leistungsgewährung des anderen, vielmehr erleichtert das Einigungsverfahren
es lediglich, die gesetzlich determinierte Entscheidung zu finden.
Auch die Vorschriften über die Aufsicht über die in den Arbeitsgemeinschaften tätigen Verwaltungsträger zwingen zu keiner
anderen Beurteilung. Nach § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II führt die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft die zuständige oberste
Landesbehörde im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II betrifft jedoch nur
die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft als solche. Diese tritt neben die Aufsicht über die einzelnen Leistungsträger (vgl.
Ehrhardt, in: Mergler/Zink, Sozialgesetzbuch II, Stand: Juli 2004, § 47 Rn. 4; Weiß, aaO., § 44b Rn. 54). Den jeweiligen Leistungsträgern
verbleiben somit die Aufsicht und die Weisungsbefugnis für den jeweils von ihnen zu verantwortenden Bereich. Die Weisungsbefugnis
besteht für den jeweiligen Verwaltungsträger grundsätzlich auch in den Fällen, in denen die Arbeitsgemeinschaften Verwaltungsakte
oder Widerspruchsbescheide erlassen. Verantwortlich für diese Entscheidungen bleiben die jeweils zuständigen Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft, die der Arbeitsgemeinschaft auch im Einzelfall verbindlich eine Entscheidung vorgeben können. Die Möglichkeit
verbindlicher Weisungen im Einzelfall folgt aus § 94 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 88 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 5 SGB X (vgl. hierzu näher Breitkreuz, in: LPK-SGB X, 2. Aufl. 2007, § 94 Rn. 15). Damit ist - entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit (vgl. Umdruck S. 64) - die Letztentscheidungskompetenz und
Letztverantwortlichkeit der beteiligten Träger für den jeweils eigenen Aufgabenbereich gewahrt. Eine freiwillige Selbstbeschränkung
im Einzelfall darf mit der Nichtwahrnehmung der eigenen Verantwortung nicht gleichgesetzt werden (so aber die Mehrheitsmeinung,
vgl. Umdruck S. 65; s. dazu auch unten 3.). Vielmehr zeigt sich gerade in einer partiellen Zurückstellung eigener Vorstellungen
und der darin zum Ausdruck kommenden Fähigkeit zum Kompromiss die Übernahme von Verantwortung für das Ganze.
Nach allem bestehen in jeder Hinsicht ausreichende Regelungen, die eine Zuordnung der Verantwortlichkeit zu dem jeweiligen
Leistungsträger ermöglichen. Die Arbeitsgemeinschaft nimmt die Aufgaben der Leistungsträger nur im Sinne einer gebündelten
Komplementärzuständigkeit wahr. Die einzelnen Träger bleiben Zurechnungssubjekte der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben,
ihre Finanzierungs- und Gewährleistungsverantwortung wird nicht tangiert, lediglich die Wahrnehmungszuständigkeit und Durchführungsverantwortung,
nicht aber die sachliche Zuständigkeit geht auf die Arbeitsgemeinschaften über. Eine Einräumung von Mitwirkungsrechten in
Kompetenzbereichen des jeweils anderen Trägers findet von vornherein nicht statt. Die Arbeitsgemeinschaften handeln, dem Tätigwerden
z.B. einer bayerischen Verwaltungsgemeinschaft bei der Wahrnehmung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises ihrer Mitgliedsgemeinden
(vgl. hierzu näher Lissack, Bayerisches Kommunalrecht, 2. Aufl. 2001, § 9 Rn. 11 m.w.N.) nicht unähnlich und den Antragstellern
damit aus dem eigenen Rechtskreis durchaus vertraut, lediglich "als Büro" beider Träger. Sie sind nicht mehr und nicht weniger
als der "Mantel", in den die Leistungsträger gemeinsam schlüpfen, ohne sich dadurch ihrer Eigenständigkeit als Träger der
jeweiligen Aufgabe zu entkleiden (so treffend Weiß, aaO., § 44b Rn. 23).
Mangels eigener Sachkompetenz der Arbeitsgemeinschaften kann entgegen der Senatsmehrheit von einer Abweichung vom Grundsatz
eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung oder einer Verwischung von Verantwortlichkeiten - jedenfalls nach der vom
Grundgesetz gebotenen und auch in Literatur (vgl. näher Rixen, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, aaO., § 44b SGB II Rn. 26; Weiß,
aaO., § 44b Rn. 25; Quaas, aaO., S. 723 [724 ff.]; Breitkreuz, aaO., S. 141 [144 f.]; Kersten, aaO., S. 130 [136 f.]) und
Rechtsprechung (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil des 7b. Senats vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R -, FEVS 58, 347 [349] sowie Urteil des 11b. Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R -, FEVS 58, 353 [354 f.]) überwiegend befürworteten verfassungskonformen Auslegung - keine Rede sein.
Die Senatsmehrheit verhält sich zur Frage einer verfassungskonformen Auslegung nicht. Mit den in Literatur und Rechtsprechung
insoweit zahlreich vorgebrachten Argumenten (vgl. statt aller Kersten, aaO., S. 130 [136 f.]; Breitkreuz, aaO., S. 141 [144
f.]; Quaas, aaO., S. 723 [725 f.] jeweils m.w.N.) befasst sie sich nicht, sondern hält sie ohne weitere Begründung für "irrelevant"
(vgl. näher Umdruck S. 55). Stattdessen erörtert die Senatsmehrheit einfachrechtliche Fragen unter anderem des Vollstreckungs-
und des Datenschutzrechts (vgl. Umdruck S. 69 ff.), die vorrangig der Beantwortung durch die Fachgerichte vorbehalten sind
(vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]; 99, 361 [366]) und hier allenfalls dann erheblich wären, wenn feststünde, dass sie einer verfassungskonformen Lösung
nicht zugänglich wären. Dafür allerdings bringt die Senatsmehrheit nichts vor.
Lässt sich, wie die Mehrheitsmeinung einräumt, nach alledem bestimmen, welcher der beiden Träger der Grundsicherung für die
jeweilige Leistung zuständig sei (so ausdrücklich Umdruck S. 69), genügt dies für eine Zurechnung der Verwaltungsverantwortung
(so zutreffend Weiß, aaO., § 44b Rn. 25). Das entzieht allen weiteren Überlegungen, namentlich solchen nicht ausreichend gewährleisteter
Verantwortungszuordnung unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips (siehe Umdruck S. 52 und 69) die Grundlage.
2. Anders als die Mehrheit der Senatsmitglieder meint, muss § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II auch keine Verpflichtung der Kommunen
entnommen werden, ihre Aufgaben auf die Arbeitsgemeinschaften zu übertragen. Die Gesetzesformulierung "sollen" postuliert
kein zwingendes Gebot; sie bringt lediglich eine in rechtlicher Hinsicht nicht strikt verbindliche Erwartung des Normgebers
zum Ausdruck (so im Ergebnis auch Münder, NJW 2004, S. 3209 [3213]; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, aaO., § 44b Rn. 21). Das Wort "sollen" ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden,
um eine ansonsten absehbare verfassungsrechtliche Konfliktlage mit der Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen (Art.
28 Abs.
2 GG) zu vermeiden. Das Ob, der Zeitpunkt, der Umfang und die Dauer der Übertragung stehen deshalb im pflichtgemäßen Ermessen
der kommunalen Träger (so zutreffend Berlit, aaO., § 44b Rn. 50). § 44b SGB II hätte jedenfalls im Wege verfassungskonformer
Auslegung (siehe hierzu Berlit, aaO., § 44b Rn. 13 u. 50; Kersten, aaO., S. 130 [135] m.w.N.) unter der Maßgabe, dass die
Kommunen zu einer Übertragung ihrer Aufgaben nicht verpflichtet sind, für mit dem
Grundgesetz vereinbar erklärt werden müssen, sofern man die Verfassungsbeschwerden nicht bereits wegen Fehlens der Beschwerdebefugnis
für unzulässig hält. Damit hätte sich dem Senat die - im Grunde unbeantwortet gebliebene - Frage nicht gestellt, in welchem
Verhältnis die Gewährleistungen des Art.
28 Abs.
2 GG zu denen der Art.
83 ff.
GG stehen und inwieweit letztere Prüfungsmaßstab in einem Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde sein können. In den Ausführungen
der Senatsmehrheit ist angelegt, dass die Kommunalverfassungsbeschwerde entgegen ihrer Intention zur abstrakten Normenkontrolle
wird (vgl. hierzu näher Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 91 Rn. 62 f. m.w.N.). Auch gerät die Auffassung der Senatsmehrheit in Widerspruch zu Art.
83 GG, der im zweigliedrigen Bundesstaat des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 13, 54 [77 f.]) ausschließlich das Verhältnis von Bund und Ländern betrifft und bereits allein deshalb ungeeignet ist, das verfassungsrechtliche
Bild der kommunalen Selbstverwaltung (siehe hierzu näher BVerfGE 1, 167 [181]; 56, 298 [310]; 71, 25 [37]; 91, 228 [242]) mitzubestimmen.
3. Die Senatsmehrheit fordert für das Zusammenwirken von Körperschaften des Bundes und der Länder mit dem Ziel, außerordentlich
bedeutsame sozialstaatliche Leistungen aus einer Hand zu erbringen, eine rechtliche Durchnormierung, die unserer Ansicht nach
verfassungsrechtlich nicht geboten, der vom Gesetzgeber zu lösenden Aufgabe unangemessen und der Weiterentwicklung eines lebendigen
Föderalismus abträglich ist.
Die Senatsmehrheit entwickelt keine subsumtionsfähigen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, an denen die Organisationsform der
Arbeitsgemeinschaft, um die es hier ungeachtet aller Besonderheiten geht, gemessen werden könnte. Sie orientiert sich im Wesentlichen
an einem Präjudiz zur geschäftsführenden Wahrnehmung von Bundesaufgaben durch eine bestimmte Landesbehörde (BVerfGE 63, 1), dessen Aussagen offensichtlich nicht ohne weiteres zur Beurteilung von Kooperationsformen wie Arbeitsgemeinschaften gemäß
§ 44b Abs. 2 SGB II herangezogen werden können. Insbesondere fehlt es an einer Maßstabsbildung für die Frage, inwiefern rein
tatsächliche Risiken des Zusammenarbeitens verschiedener Träger öffentlicher Verwaltung in einer Arbeitsgemeinschaft für eine
effektive und transparente Wahrnehmung der jeweiligen Verantwortlichkeiten verfassungsrechtlich bedeutsam sind. Die Senatsmehrheit
lässt sich von vermeintlich drohenden Gefahren für eine rechtsstaatliche und demokratisch legitimierte Aufgabenwahrnehmung
leiten, ohne sich auch nur ansatzweise mit der Leistungsfähigkeit der - namentlich von der Bundesagentur für Arbeit eingesetzten
- neueren Steuerungsinstrumente zu befassen. Die Möglichkeiten demokratischer Legitimation moderner Verwaltungsstrukturen
werden schlicht durch den Rückgriff auf das Bild der Legitimationskette ausgeblendet, was dem komplexen Konzept des hinreichenden
Legitimationsniveaus (vgl. dazu Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle [Hrsg.], Grundlagen des Verwaltungsrechts,
1. Aufl. 2006, Bd. 1, § 6 Rn. 14), das die Senatsmehrheit auch heranzieht (Umdruck S. 51 f.), nicht gerecht wird. Die Forderung
nach detaillierter gesetzlicher Durchnormierung im Bereich der Verwaltungsorganisation führt nicht weiter und beruht auf der
verfehlten Prämisse, die Träger der vollziehenden Gewalt seien angesichts praktischer Schwierigkeiten nicht in der Lage, die
ihnen zugewiesenen Aufgaben in verfassungskonformer Weise zu erfüllen.
Wie die Senatsmehrheit bei der Erörterung des Rechtsfolgenausspruchs zutreffend darstellt, stand der Gesetzgeber bei der Hartz
IV-Gesetzgebung vor der äußerst schwierigen Aufgabe, gewachsene Sozialsysteme im Interesse der Arbeitsuchenden zusammenzuführen.
Er hat - auch, um ein von allen Seiten für notwendig erachtetes Reformwerk politisch realisieren zu können - verwaltungsorganisatorisch
Neuland beschritten und dafür einen rechtlichen Rahmen festgelegt, der auf Ausfüllung durch die beteiligten Körperschaften
angelegt ist. Das Gesetzgebungswerk ist, wie namentlich die Option kommunaler Trägerschaft belegt, darauf angelegt, Erfahrungen
zu sammeln und diese zu gegebener Zeit in der gebotenen Weise zu berücksichtigen, was die Möglichkeit ergänzender Gesetzgebung
einschließt. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle darf diesen Aspekt nicht ausklammern. An der grundsätzlichen Zulässigkeit
der Zusammenarbeit von Trägern öffentlicher Gewalt des Bundes mit solchen der Länder kann nicht gezweifelt werden. Vor diesem
Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht zwar die bundesstaatlichen Grenzen einer solchen Zusammenarbeit aufzuzeigen.
Das Gebot, die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu respektieren, steht aber der Verwerfung einer Regelung entgegen, die
vordergründig fragmentarisch, in der Sache wegen des Fehlens belastbarer Entscheidungsgrundlagen und im Hinblick auf die plausible
Erwartung angemessenen Zusammenwirkens der beteiligten Stellen hingegen zu Recht entwicklungsoffen formuliert und, soweit
geboten, verfassungskonform auslegbar ist.
Die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe ist wesentlicher Teil einer groß angelegten und allgemein befürworteten
Reform, die naturgemäß nicht alle Fragen mit jener Akribie beantworten kann, die in anderen, etablierten Rechtsgebieten zum
rechtsstaatlichen Maßstab geworden ist. Allein in dem Fehlen gesetzlicher Detailvorgaben für die verwaltungsorganisatorische
Ausgestaltung der Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II als Regelverwaltungsform eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie
der an abweichenden Gestaltungen interessierten Landkreise zu sehen, läuft dem Anliegen des Verfassungsgesetzgebers zuwider,
den Föderalismus zu stärken: Die Haltung der Senatsmehrheit hat absehbar zur Folge, dass die Bereitschaft der gesetzgebenden
Körperschaften schwindet, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern unter Inkaufnahme vorübergehender Unschärfen
und Phasen des Experimentierens zu entwickeln.