»... Soweit das LSG [Berufungsgericht in vorliegender Sache].. einen Unterhaltsanspruch des [volljährigen, unverheirateten
und nach Abschluß seiner Ausbildung zum Diplom-Politologen arbeitslosen] Kl. gegen seinen Vater verneint, rügt die Revision
zu Recht eine Verletzung der §§
1601 ff.
BGB. Das LSG beruft sich auf Diederichsen, demzufolge der Unterhalt volljähriger Kinder sich grundsätzlich auf den Ausbildungsunterhalt
beschränkt und eine Unterhaltung volljähriger Kinder nur ausnahmsweise in Betracht kommt, etwa nach einem zur Erwerbsunfähigkeit
führenden Unfall, nicht dagegen generell bei Erwerbslosigkeit (Palandt/Diederichsen,
BGB, 44. Aufl. 1985, §
1601 Anm. 2, §
1610 Anm. 2). Es mag zwar zutreffen, daß wegen der strengen Anforderungen.. an die Beurteilung.., ob ein erwachsenes Kind außerstande
ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ein Anspruch sich nur ergeben wird,
wenn z. B. Krankheit oder ähnliches gegeben ist. Einen Rechtssatz des Inhalts, wie ihn das LSG der [o. a.] Kommentierung..
entnommen hat, gibt es jedoch nicht. ...
Aus §
1610 Abs.
2
BGB kann, wie der BGH in.. FamRZ 1985, 273 entschieden hat, nicht im Umkehrschluß abgeleitet werden, daß Volljährige nur für die Ausbildung Unterhalt beanspruchen können.
.. §
1610 Abs.
2
BGB stellt lediglich klar, daß der dem Unterhaltspflichtigen zur Last fallende Unterhaltsbedarf die Erziehungs- und Ausbildungskosten
umfaßt. Damit ist nichts darüber gesagt, daß einem aus anderen Gründen nach Eintritt der Volljährigkeit auftretenden Unterhaltsbedürfnis,
etwa infolge von Arbeitslosigkeit, nicht abgeholfen zu werden braucht. Auch der gesunde arbeitsfähige Volljährige, der keinen
Ausbildungsunterhalt verlangen kann, kann deshalb bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Unterhalt haben. Das wird für eine gewisse
Bewerbungsdauer nach dem Examen auch von Diederichsen eingeräumt (aaO., § 1610 Anm. 4 a dd). Aber selbst über diese Zeit hinaus
ist bei anhaltender Arbeitslosigkeit ein Anspruch auf Unterhalt nicht ausgeschlossen, wenn und soweit der Arbeitslose nicht
imstande ist, sich selbst zu unterhalten. ...«
Wie der BGH (aaO. [hier: I (167) 329 a]) ferner zu Recht entschieden habe, gebe allerdings §
1602 Abs.
1
BGB der wirtschaftlichen Eigenverantwortung des Volljährigen für die Bestreitung seines Unterhalts den Vorrang. Demnach sei ein
Volljähriger, wenn er nach Abschluß seiner Ausbildung kein Auskommen im erlernten Beruf finden könne, auch gehalten, berufsfremde
Tätigkeiten aufzunehmen, und zwar auch solche unterhalb der erstrebten oder bisher innegehabten Lebensstellung. Insoweit falle
das Risiko, eine Anstellung gerade in dem erlernten Beruf zu finden, dem Unterhaltspflichtigen nicht zur Last.
»Wenn der Unterhaltsberechtigte jedoch ebenfalls außerhalb des erlernten Berufs keinen Erwerb zu finden vermag, um seinen
angemessenen Unterhaltsbedarf zu erwirtschaften, bleibt der leistungsfähige Unterhaltsverpflichtete zur Unterhaltung verpflichtet,
selbst wenn insonderheit die allgemeine wirtschaftliche Lage bzw. die Lage des Arbeitsmarktes hierfür ursächlich ist. In einem
solchen Falle trifft den Unterhaltsverpflichteten die Arbeitslosigkeit des Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise wie andere
Ereignisse, die die Fähigkeit des Unterhaltsberechtigten, für sich selbst zu sorgen, beeinträchtigen. ...«
Zur Frage der Unterhaltsbedürftigkeit Volljähriger vgl. auch OLG Köln (Beschluß - 4 WF 11/86 - v. 23. 1. 86, in FamRZ 1986 Heft 5 S. 499) sowie Bundesgerichtshof (Urteil - IVb ZR 14/84 - v. 3. 4. 85, in FamRZ 1985 Heft 12 S. 1245).