Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Sachbearbeiters bei der Bundesagentur für Arbeit wegen einer Verurteilung
wegen Drogenhandel
Anhörung des Betriebsrats beim Nachschieben von Kündigungsgründen im gerichtlichen Kündigungsschutzverfahren
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung.
Der Kläger war seit 2005 bei der beklagten Bundesagentur als Sachbearbeiter "Leistungsgewährung im Bereich SGB II" beschäftigt. Im Jahr 2001 war er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Beihilfe hierzu verurteilt worden. Die Vollstreckung war zur Bewährung ausgesetzt
und im Jahr 2003 erlassen worden.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten unter Beifügung der Anklageschrift mit, der Kläger
werde gemeinsam mit einer anderen Person beschuldigt, unerlaubten Handel mit Kokain betrieben zu haben.
Am 15. August 2011 kam es zu einem Gespräch der Parteien. Der Kläger bestritt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt und behauptete,
weder mit Betäubungsmitteln gehandelt noch solche konsumiert zu haben. Aus der früheren Verurteilung habe er seine Lehren
gezogen und alle Kontakte zum bisherigen Freundeskreis abgebrochen.
Aufgrund eines weitgehenden Geständnisses wurde der Kläger am 26. Januar 2012 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe
wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Kläger die Beklagte am selben Tag in Kenntnis.
Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Personalrats
fristlos, mit Schreiben vom 28. Februar 2012 - nach weiterer Anhörung des Personalrats - ordentlich zum 30. Juni 2012.
Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigungen gewandt. Er hat gemeint, Straftaten aus dem
privaten Bereich seien nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Weder liege ein dienstlicher Bezug vor, noch schädigten
die Taten das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit. Die Behauptung der Beklagten, er habe sich am 13. Juli 2010 an
seinem Arbeitsplatz mit seinem Zwischenhändler getroffen, um dort Betäubungsmittelgeschäften nachzugehen, sei unrichtig. Aus
den Straftaten ergebe sich auch kein Eignungsmangel. Überdies sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die
Beklagte habe ihm die zur Begründung der Kündigungen herangezogenen Auszüge aus den Ermittlungsakten nicht vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 6. Februar 2012 noch
durch die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 aufgelöst worden ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Sachbearbeiter Leistungsgewährung im Bereich SGB II gegen eine Vergütung nach der Tarifgruppe TE IV, Tarifstufe 2 weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die neuerlichen Straftaten stellten einen wichtigen Grund
für eine außerordentliche Kündigung dar. Jedenfalls vermöchten sie eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen. Der
Kläger habe sich schwerwiegender Pflichtverletzungen schuldig gemacht, die einen dienstlichen Bezug hätten. Er habe am 8.
Juni 2010 mittels elektronischer Kurznachricht (SMS) die Übergabe von Geld für Rauschgiftgeschäfte vereinbart. Diese sei am
folgenden Tag verabredungsgemäß an seinem Arbeitsplatz erfolgt. Überdies habe er jemandem Betäubungsmittel verkauft, der im
gleichen Zeitraum Leistungen von ihrer Seite bezogen habe. Am 13. Juli 2010 sei er von seinem Zwischenhändler am Arbeitsplatz
aufgesucht worden und dort illegalen Geschäften nachgegangen. Durch die Straftaten sei ihr Ansehen in der Öffentlichkeit beschädigt
worden. Aus der Verurteilung und den ihr zugrundeliegenden Taten folge überdies, dass der Kläger für eine weitere Tätigkeit
bei ihr nicht geeignet sei.
Die Vorinstanzen haben die außerordentliche Kündigung für unwirksam, die ordentliche für sozial gerechtfertigt gehalten. Mit
seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Mit ihrer Anschlussrevision erstrebt die Beklagte
die umfassende Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Kündigung vom 28. Februar 2012 ist iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Zwar ist sie nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt (I.). Sie ist jedoch aus Gründen
in seiner Person berechtigt (II.).
I. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers berechtigt.
1. Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers "bedingt", wenn dieser seine Vertragspflichten erheblich - in der Regel schuldhaft
- verletzt hat und eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist. Dann kann dem Risiko
künftiger Störungen nur durch die - fristgemäße - Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht
der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige
Vertragstreue zu bewirken. Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere Versetzung
und Abmahnung in Betracht. Ein kündigungsrelevantes Verhalten liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Hauptpflicht
aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung
sozial rechtfertigen. Eine Nebenpflicht kann auch durch eine außerdienstliche Straftat verletzt werden (BAG 20. Juni 2013
- 2 AZR 583/12 - Rn. 24; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12).
2. Nach §
241 Abs.
2 BGB ist jede Partei eines Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet.
Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit
im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise
verlangt werden kann. Er ist danach auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers
Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen
des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat.
Dies gilt auch für eine außerdienstlich begangene Straftat. Der Arbeitnehmer verstößt mit einer solchen Tat gegen seine schuldrechtliche
Pflicht zur Rücksichtnahme aus §
241 Abs.
2 BGB, wenn sie einen Bezug zu seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder zu seiner Tätigkeit hat und dadurch berechtigte
Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 15). Diese Grundsätze gelten nach der Ablösung des BAT durch den TVöD bzw. den TV-L auch im öffentlichen Dienst (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 26).
3. Danach durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Kläger habe durch die begangenen Straftaten seine Pflichten
aus §
241 Abs.
2 BGB verletzt.
a) Die Straftaten, wegen derer der Kläger am 26. Januar 2012 verurteilt worden ist, hat er sämtlich nach dem 15. Juli 2010
begangen. Ihnen fehlt es an einem Bezug zum Arbeitsverhältnis der Parteien. Dass der Kläger die Taten im zeitlichen oder räumlichen
Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis begangen hätte, ist weder festgestellt noch ersichtlich.
b) Allein der Umstand, dass der Kläger - möglicherweise - gewusst hat, dass einer der Rauschgiftkunden seines Mittäters Leistungen
von Seiten der Beklagten bezogen hat, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zur Begründung des erforderlichen
Bezugs nicht ausreichend. Der Kläger kannte diesen "Kunden" bereits seit längerer Zeit. Die Bekanntschaft war - soweit ersichtlich
- nicht durch einen dienstlichen Kontakt vermittelt worden. Der "Kunde" bezog überdies Leistungen nach dem
SGB III, während der Kläger im Bereich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II tätig war. Auch hat der Kläger diesen Umstand nicht genutzt, um die Beziehung zu pflegen oder gar zu intensivieren. Das Verhältnis
zwischen ihm und dem "Kunden" hat keine Berührungspunkte mit seiner dienstlichen Tätigkeit.
c) Ein hinreichender Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis wäre gegeben, wenn der Kläger - wie das Landesarbeitsgericht gemeint
hat - das Dienstgebäude und/oder seine Arbeitszeit zur Abwicklung von Rauschmittelgeschäften genutzt oder dort bzw. während
ihrer entsprechende Verabredungen getroffen hätte. Ob es sich tatsächlich so verhielt, kann dahinstehen. Die Beklagte ist
mit ihrem entsprechenden Vortrag materiell-rechtlich ausgeschlossen. Insoweit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des
Personalrats.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe seinem Kokainlieferanten per SMS vom 8. Juni 2010 angeboten,
Geld für den Handel in den Räumlichkeiten der Beklagten zu übergeben. Dieses Verhalten begründe einen Bezug zum Arbeitsverhältnis.
Auf die Frage, ob sich der Kläger auch am 13. Juli 2010 mit seinem Lieferanten am Arbeitsplatz getroffen habe, komme es nicht
mehr an.
bb) Diese Vorwürfe - ihre Berechtigung unterstellt - können bei der rechtlichen Würdigung keine Berücksichtigung finden. Die
Beklagte hat den Personalrat zu ihnen nicht angehört.
(1) Nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ist der Personalrat vor der ordentlichen Kündigung eines Angestellten anzuhören. Die Dienststelle hat die beabsichtigte Maßnahme
nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ihm gegenüber zu begründen. Gemäß § 79 Abs. 4 BPersVG ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.
(2) Die Unterrichtung des Personalrats soll diesem die Möglichkeit eröffnen, sachgerecht zur Kündigungsabsicht Stellung zu
nehmen. Dazu ist es notwendig, dass der Dienstherr dem Personalrat die für ihn - den Dienstherrn - maßgeblichen Kündigungsgründe
mitteilt. Der Personalrat ist ordnungsgemäß unterrichtet, wenn der Dienstherr ihm die aus seiner subjektiven Sicht tragenden
Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46; zu § 102 BetrVG: BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13 mwN). Darauf, ob diese Umstände auch objektiv geeignet und ausreichend sind, die Kündigung zu stützen, kommt es
für die Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung nicht an (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO.). Fehlerhaft ist die Unterrichtung, wenn der Dienstherr dem Personalrat bewusst unrichtige oder unvollständige Sachverhalte
unterbreitet oder einen für dessen Entschließung wesentlichen, insbesondere einen den Arbeitnehmer entlastenden Umstand verschweigt.
(3) Waren dem Arbeitgeber bei Zugang der Kündigung bestimmte Tatsachen nicht bekannt, darf er diese im Rechtsstreit zur Begründung
der Kündigung zwar nachschieben, muss aber vorher den Personalrat zu ihnen - erneut - angehört haben. Einer weiteren Anhörung
bedarf es nicht, wenn die neuen Tatsachen lediglich der Erläuterung und Konkretisierung der bisherigen, dem Personalrat bereits
mitgeteilten Kündigungsgründe dienen (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 11; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, BAGE 131, 155). Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn die neuen Tatsachen dem mitgeteilten Kündigungssachverhalt erstmals das Gewicht
eines Kündigungsgrundes geben oder weitere, selbständig zu würdigende Kündigungssachverhalte betreffen. Das gilt auch dann,
wenn der Personalrat der Kündigung zugestimmt hat (vgl. BAG 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 1 a, b der Gründe).
(4) Danach durfte das Landesarbeitsgericht den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe sich mit seinem Zwischenhändler zwecks
Geldübergabe am Arbeitsplatz getroffen, nicht zur Begründung der Kündigung heranziehen. Über diesen Sachverhalt hatte die
Beklagte den Personalrat nicht informiert. Sie hatte ihm mitgeteilt, sie sehe das Vertrauensverhältnis zum Kläger als zerrüttet
an, weil dieser vor seiner Verurteilung seine Unschuld beteuert habe. Damit war der Personalrat zwar über die Straftaten unterrichtet,
welche Gegenstand der Verurteilung vom 26. Januar 2012 waren. Bei ihnen handelte es sich jedoch sämtlich um Delikte, die zwischen
dem 15. Juli und dem 28. August 2010 begangen worden waren. Die im vorliegenden Zusammenhang erhobenen Vorwürfe betreffen
demgegenüber den Zeitraum davor und damit Sachverhalte, die von der Verurteilung nicht erfasst sind. Ihre Einführung durch
die Beklagte diente auch nicht nur der Konkretisierung der dem Personalrat schon mitgeteilten Kündigungsgründe. Vielmehr vermöchten
erst diese dem Verhalten des Klägers das Gewicht eines Kündigungsgrundes zu verleihen, da allenfalls sie geeignet sind, den
notwendigen Bezug zum Arbeitsverhältnis herzustellen. Eine gesonderte Anhörung zu diesen Vorwürfen war deshalb nicht entbehrlich.
II. Die Kündigung vom 28. Februar 2012 ist durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Dem Kläger fehlt die notwendige
Eignung zur Ausübung seiner Tätigkeit.
1. Durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche
Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erbringen. Auch strafbares
außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten
begründen. Sie können dazu führen, dass es ihm - abhängig von seiner Funktion - an der Eignung für die künftige Erledigung
seiner Aufgaben mangelt. Ob daraus ein in der Person liegender Kündigungsgrund folgt, hängt von der Art des Delikts, den konkreten
Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. So können außerdienstlich begangene Straftaten eines
im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es
an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Generelle Wertungen lassen sich nicht treffen. Maßgebend sind die
Umstände des Einzelfalls (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 14; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 24, BAGE 132, 72).
2. Der Kläger war im Bereich der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und damit in hoheitlicher Funktion mit Publikumsverkehr tätig. Der private - illegale - Vertrieb von Rauschmitteln ist mit
dieser Aufgabe nicht vereinbar.
a) Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine jederzeit integre und gewissenhafte
Ausübung der Tätigkeit. Außerdienstliches strafbares Verhalten vermag die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch
im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch wird das erforderliche Vertrauen der
Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert.
b) Diese Besorgnis bestand im Streitfall umso mehr, als der Kläger die Straftaten im regionalen Zuständigkeitsbereich seiner
Dienststelle begangen hat. Dadurch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Personenkreis, mit dem er dienstlich Kontakt
hat, und der, mit dem er strafrechtlich relevante Beziehungen pflegt, überschneiden. Jedenfalls in der Person seines Mittäters
hatte sich diese Gefahr bereits realisiert. Aus Sicht der Beklagten bestand deshalb die berechtigte Befürchtung, der Kläger
könne in Konflikt zwischen seinen hoheitlichen Verpflichtungen und eigenen finanziellen Interessen geraten. Bewilligt er etwa
einem Rauschgiftkunden korrekterweise bestimmte Leistungen nicht, läuft er möglicherweise Gefahr, sich eine Einkommensquelle
abzuschneiden. Seine Betäubungsmittelgeschäfte bergen überdies das Risiko, dass er bei der Ausübung seiner beruflichen Verpflichtungen
erpressbar ist. Beide Gesichtspunkte können dazu führen, dass der Kläger seinen dienstlichen Pflichten nicht gewissenhaft
nachkommt. Es ist der Beklagten nicht zumutbar, einen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, der sich - schuldhaft - in derartige
Interessenkonflikte verstrickt hat.
3. Die Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen der Belange der Beklagten. Zwar ist zu Gunsten des Klägers dessen fast
siebenjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Gleichwohl geht das Beendigungsinteresse der Beklagten vor.
Zu Lasten des Klägers ist in Rechnung zu stellen, dass der Eignungsmangel aus einem von ihm selbst verschuldeten Verhalten
resultiert (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 30; 23. Mai 2013 - 2 AZR 120/12 - Rn. 39). Überdies handelt es sich dabei nicht um ein erstmaliges Fehlverhalten. Der Kläger war bereits im Jahr 2001 wegen
eines Betäubungsmitteldelikts strafrechtlich belangt worden. Trotz anderslautender Beteuerungen hat er sich dies nicht zur
Lehre gereichen lassen und ist in vergleichbarer Weise erneut straffällig geworden. Erhebliche, ihn entlastende Umstände hat
der Kläger nicht vorgetragen.
III. Die ordentliche Kündigung ist nicht mangels Vertretungsmacht gemäß §
180 Satz 1
BGB unwirksam.
1. Bei einer Kündigung als einseitigem Rechtsgeschäft ist nach §
180 Satz 1
BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13). Hat aber derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete
Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet, finden gemäß §
180 Satz 2
BGB die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das bedeutet ua., dass das Rechtsgeschäft nach §
177 Abs.
1 BGB genehmigt werden kann.
2. Bezogen auf die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 hat der Kläger nicht behauptet, er habe das Fehlen der Vertretungsmacht
der Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts beanstandet. Die Kündigungserklärung war
damit nach §
180 Satz 2, §
177 Abs.
1 BGB allenfalls schwebend unwirksam und genehmigungsfähig. Eine solche Genehmigung hat die Beklagte zumindest konkludent dadurch
erteilt, dass sie im Rahmen des Rechtsstreits die Kündigungsbefugnis der Vorsitzenden der örtlichen Geschäftsführung ausdrücklich
behauptet und die Rechtmäßigkeit der Kündigung verteidigt hat (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13).
IV. Die Kündigung ist nicht nach § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam.
1. Die Beklagte hat den Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet. Sie hat ihm die Personalien des Klägers, die Beschäftigungsdauer,
die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitgeteilt. Sie hat deutlich gemacht, dass der Grund für die beabsichtigte Kündigung
in der Verurteilung des Klägers wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und dem durch sein Bestreiten eingetretenen Vertrauensverlust lag.
2. Der Würdigung der Kündigung unter personenbedingten Gesichtspunkten steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte gegenüber
dem Personalrat nicht ausdrücklich auf solche Aspekte berufen hat. Das Begründungserfordernis des § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG umfasst nicht eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die kündigungsrelevanten Tatsachen einem der Kündigungsgründe des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG förmlich zuzuordnen. Tut er dies dennoch, bindet ihn dies im späteren Kündigungsschutzprozess grundsätzlich nicht. Er kann
sich im Rahmen des dem Personalrat unterbreiteten tatsächlichen Kündigungssachverhalts auch auf andere rechtliche Gesichtspunkte
berufen, sofern die mitgeteilten Tatsachen diese neuen Aspekte tragen (zu § 102 BetrVG: BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 44, BAGE 137, 164).
V. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist auf eine Beschäftigung für die
Dauer des Rechtsstreits gerichtet. Dieser ist rechtskräftig abgeschlossen.
B. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, ein wichtiger Grund
für eine außerordentliche Kündigung iSv. §
626 Abs.
1 BGB sei nicht gegeben.
I. Gemäß §
626 Abs.
1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen,
aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider
Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", dh. typischerweise als wichtiger
Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis
zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13).
II. Der offenbar gewordene Mangel in der charakterlichen Eignung des Klägers war "an sich" als wichtiger Grund zur Kündigung
geeignet. Er schloss einen weiteren Einsatz des Klägers im hoheitlichen Bereich der Leistungsgewährung grundsätzlich ohne
weiteren Aufschub aus. Im Streitfall war der Beklagten jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der
Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten.
Zwar ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass dieser seinen Eignungsmangel - anders als etwa in Fällen einer Erkrankung
- selbst zu vertreten hat. In der Vergangenheit hat sich dieser jedoch im Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich ausgewirkt.
Der Kläger hat seine dienstlichen Aufgaben als solche ordnungsgemäß verrichtet. Die Beklagte hat auch keine Anhaltspunkte
dafür vorgetragen, dass in naher Zukunft insoweit mit konkreten Beeinträchtigungen zu rechnen gewesen wäre. Der berechtigten
Besorgnis, der Kläger könne erpressbar sein oder es werde das Vertrauen in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch eine Weiterbeschäftigung
des Klägers erschüttert, wird schon mit einer ordentlichen Kündigung Rechnung getragen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs.
1, §
92 Abs.
1 ZPO.