öffentlich-rechtliche Erstattung wegen rechtsgrundlos erbrachter Arbeit; öffentlich-rechtliche Erstattung, Anrechnung von
geleisteter Sozialhilfe; Anrechnung von Sozialhilfe auf einen Erstattungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger
Gründe:
I.
Der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn erhielten von der Beklagten Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit Bescheid vom 19. November
1984 verpflichtete die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf § 19 BSHG vom 20. November 1984 an zur Arbeit von acht Stunden täglich (in der Praxis von Montag bis Freitag) als gemeinnützige und
zusätzliche Arbeit bei einer Entschädigung für Mehraufwendungen in Höhe von zunächst 1 DM je Stunde, später 1,50 DM je Stunde.
Der Kläger erbrachte diese Arbeit.
Seit Sommer 1985 war die Beklagte bestrebt, mit dem Kläger einen 52-Wochen-Arbeitsvertrag abzuschließen. Dabei wurde eine
Entlohnung nach BMT-G V/VI für angemessen gehalten. Den Abschluss eines Arbeitsvertrages im Rahmen der §§ 18 f. BSHG lehnte der Kläger ab; zum Abschluss eines regulären Angestellten-Arbeitsvertrages war der Beklagte nicht bereit.
Den Widerspruch des Klägers vom 22. November 1985 gegen den Heranziehungsbescheid vom 19. November 1984 wies der Beklagte
durch Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 1986 zurück.
Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 8. April 1986 mitgeteilt hatte, dass sein Arbeitseinsatz mit Wirkung vom
12. April 1986 beendet sei, weil sie ihm keine Arbeitsmöglichkeit mehr zur Verfügung stellen könne, stellte der Kläger seine
Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 19. November 1984 um und beantragte, dessen Rechtswidrigkeit festzustellen. Mit rechtskräftigem
Urteil vom 10. Juli 1986 stellte das Verwaltungsgericht nach §
113 Abs.
1 Satz 4
VwGO fest, dass der Bescheid vom 19. November 1984 rechtswidrig gewesen sei, weil das Verlangen einer Arbeit von 40 Wochenstunden
bei bloßer Mehraufwandsentschädigung nach § 19 Abs. 2 BSHG nicht gerechtfertigt sei.
Die Klage des Klägers zu den Arbeitsgerichten auf tarifliche Entlohnung ist dort wegen Unzulässigkeit des arbeitsgerichtlichen
Rechtswegs erfolglos geblieben (BAG, Urteil vom 14. Dezember 1988 - 5 AZR 760/87 - >ZfF 1990, 256<). Nach der Verweisung des Rechtsstreits durch das Landesarbeitsgericht an das Verwaltungsgericht hat dieses
die Klage auf Leistungen für die seit dem 20. November 1984 erbrachte Arbeit abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat
das Oberverwaltungsgericht unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen
Betrag in Höhe von 13 810,78 DM zuzüglich 4 % Zinsen bezogen auf verschiedene Zeiträume und Beträge zu zahlen. Den Antrag
des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, die im Schriftsatz vom 23. August 2001 aufgeführten Beträge - abgeleitet aus "Folgenbeseitigungsansprüchen/Schadensersatzanspruch"
- zzgl. 5 % Zinsen ab dem 12. September 2001 zu zahlen, hat es an das Landgericht Lübeck verwiesen. Im Übrigen hat es die
Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 13 810,78 DM sei im Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
begründet. Danach seien im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte Leistungen
herauszugeben. Die aufgrund des Bescheides vom 19. November 1984 erbrachten Arbeitsleistungen seien ohne Rechtsgrund erbracht
worden, weil der vom Verwaltungsgericht als rechtswidrig festgestellte Bescheid vom 19. November 1984 keine Rechtswirkung
entfalte, also keinen Rechtsgrund für die vom Kläger erbrachte Arbeit darstelle. Da die Herausgabe einer Arbeitsleistung nicht
möglich sei, sei entsprechend §
818 Abs.
2 BGB Wertersatz zu leisten. Dieser bemesse sich nach der für eine vergleichbare Arbeitskraft zu zahlenden Vergütung. Der Kläger
sei im Rahmen von Maßnahmen zur Energieeinsparung bei der Straßenbeleuchtung eingesetzt gewesen. Diese Tätigkeit sei in Anlehnung
an die Lohngruppe V BMT-G, d.h. des für die Beklagte geltenden Tarifvertrages für Arbeiter im gemeindlichen Bereich, zu bewerten.
Danach betrage die übliche Vergütung für die vom Kläger in der Zeit vom 20. November 1984 bis zum 11. April 1986 geleistete
Arbeit brutto 41 294,24 DM und nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge, die die Beklagte an die Sozialversicherungsträger
abgeführt habe, aber ohne Abzug der auf eine Bruttovergütung in dieser Höhe anfallenden, aber von der Beklagten nicht abgeführten
Lohn- und Lohnkirchensteuer vor Steuer netto 33 793,10 DM.
In die dem Kläger zustehende Erstattung könnten weder der Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von monatlich
13 DM noch Umlagen zur Zusatzversorgung (VBL) einbezogen werden, da diese auf Tarifrecht beruhten, das für Beschäftigungsverhältnisse
nach § 19 BSHG nicht gelte. Der Betrag von 33 793,10 DM sei um die dem Kläger, seiner Ehefrau und seinem Sohn gewährte Sozialhilfe - abzüglich
des von der Beklagten vereinnahmten Wohngeldes - in Höhe von insgesamt 19 982,41 DM zu vermindern, so dass ein Zahlungsanspruch
in Höhe von 13 810,78 DM bestehe.
Die Anrechnung der gewährten Sozialhilfe beruhe auf dem Gesichtspunkt, dass es insoweit an der für den Erstattungsanspruch
erforderlichen Vermögensverschiebung zu Gunsten der Beklagten fehle. Die von der Beklagten ohne wirksame Rechtsgrundlage in
Anspruch genommene Dienstleistung habe ihren Ursprung in dem gemäß § 19 BSHG ausgestalteten Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten. Die Beklagte habe dadurch Lohnaufwendungen eingespart, aber stattdessen
nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 BSHG Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen zu leisten gehabt. Das auf die
Gewährung von Sozialhilfe ausgerichtete Rechtsverhältnis sei auch bei der Schaffung einer Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG jedenfalls dann einheitlich zu beurteilen, wenn - wie hier - gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG nicht das übliche Arbeitsentgelt gezahlt, sondern Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für
Mehraufwendungen gewährt werde. Es beinhalte nicht den Austausch von Leistungen, sondern diene der Behebung einer Bedarfslage.
Die Besonderheit dieses Rechtsverhältnisses gebiete die Heranziehung des in §
818 Abs.
3 BGB enthaltenen Rechtsgedankens. Zugleich mit der Gewährung der Sozialhilfeleistungen in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt und
Entschädigung für Mehraufwendungen sei die Beklagte nicht mehr bereichert gewesen.
Auf die Beschwerde des Klägers hat der Senat die Revision zugelassen, soweit der Kläger von der Beklagten Erstattung für seine
in der Zeit vom 20. November 1984 bis zum 11. April 1986 erbrachte Arbeit begehrt.
Mit seiner Revision gegen das Berufungsurteil begehrt der Kläger im Rahmen des Zulassungsbeschlusses weitergehende Erstattung.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Mit seinem Revisionsantrag begehrt der Kläger von der Beklagten im Rahmen der Revisionszulassung Erstattung für seine in der
Zeit vom 20. November 1984 bis zum 11. April 1986 erbrachte Arbeit über den ihm vom Berufungsgericht bereits zugesprochenen
Betrag in Höhe von 13 810,78 DM nebst Zinsen hinaus. Dem Kläger steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu; dieser
Anspruch ist jedoch nicht (auch) auf Schadenersatz, sondern nur auf die Rückgängigmachung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen
gerichtet.
Soweit der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe den Erstattungsbetrag zu Unrecht um die dem Kläger, seiner Ehefrau und seinem
Sohn in der Zeit vom 20. November 1984 bis zum 11. April 1986 gewährte Sozialhilfe vermindert, ist die Revision nicht begründet
und deshalb zurückzuweisen (§
144 Abs.
2 VwGO). Soweit der Kläger geltend macht, ihm stehe Erstattung auch in Bezug auf vermögenswirksame Leistungen und die Umlage zur
Zusatzversorgung zu, ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht begründet (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 VwGO).
Die Erstattung für rechtsgrundlos erbrachte Arbeit ist, da die erlangte Arbeitsleistung selbst nicht herausgegeben werden
kann, auf den Ersatz ihres Wertes gerichtet (vgl. §
818 Abs.
2 BGB). Dieser ist danach zu bemessen, was die Beklagte sonst hätte aufwenden müssen bzw. aufwenden müsste, um diese Arbeitsleistung
zu erhalten. Das Berufungsgericht ist bei seiner Wertermittlung davon ausgegangen, dass die Beklagte durch die Arbeit des
Klägers eine Arbeitskraft eingespart habe, der ein übliches Arbeitsentgelt zugestanden hätte. Die Einstufung der Tätigkeit
des Klägers als ausgebildetem Elektriker in die Lohngruppe V BMT-G hat es mit der Ausschreibung des Personalamtes der Beklagten
vom 1. Dezember 1985 für die Wiederbesetzung der Stelle eines Elektrikers beim Tiefbauamt für die Wahrnehmung von Aufgaben
im Bereich der öffentlichen Beleuchtungsanlagen und der Energieeinsparung, also in einem Arbeitsbereich, in dem der Kläger
eingesetzt war, begründet. Gegen die Angaben im Berufungsurteil zur Höhe der üblichen Vergütung für eine solche Tätigkeit
- ohne tarifliche Sonder- und Zusatzleistungen - sowie zur Höhe der abzüglich des vereinnahmten Wohngeldes gewährten Sozialhilfe
sind Revisionsrügen nicht erhoben.
Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nur insoweit besteht, als sie
durch die ihr erbrachte Arbeitsleistung im Verhältnis zu den von ihr erbrachten Sozialhilfeaufwendungen bereichert ist. Das
ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der "Heranziehung des in §
818 Abs.
3 BGB enthaltenen Rechtsgedankens" zu begründen. Denn zum einen ist §
818 Abs.
3 BGB auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht entsprechend anzuwenden (BVerwGE 71, 85) und zum anderen liegt ein Fall, dass der Empfänger zunächst bereichert war, jetzt aber nicht mehr bereichert ist, hier nicht
vor. Zutreffend ist hingegen die Begründung des Berufungsgerichts, dass es, soweit die Beklagte Sozialhilfe geleistet hat,
"an der für den Erstattungsanspruch erforderlichen Vermögensverschiebung zu Gunsten der Beklagten fehlt". Denn der von der
Beklagten erlangten Arbeitsleistung des Klägers standen die in dieser Zeit von der Beklagten erbrachten Sozialhilfeleistungen
an den Kläger, seine Ehefrau und seinen Sohn gegenüber. Per saldo war die Beklagte also von vornherein nur insoweit bereichert,
als der Wert der erlangten Arbeitsleistungen die parallel erbrachten Sozialhilfeleistungen überstieg; nur insoweit ist ein
Erstattungsanspruch entstanden.
Zwar standen der Ehefrau und dem Sohn des Klägers je eigenständige Ansprüche auf Sozialhilfe zu. Die ihnen in der streitgegenständlichen
Zeit geleistete Sozialhilfe verbleibt ihnen auch. Dem steht aber nicht entgegen, die ihnen von der Beklagten gewährte Sozialhilfe
beim Erstattungsanspruch des Klägers auf Seiten der Beklagten als Vermögensabgang zu berücksichtigen. Es ist nicht nur im
Zivilrecht für den Bereicherungsanspruch, sondern auch im öffentlichen Recht für den Erstattungsanspruch als Aufgabe anerkannt,
eine dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung zu korrigieren, was sinnvoll nur unter Berücksichtigung
der Rechtsbeziehungen möglich ist, in denen es zu dieser Vermögensverschiebung gekommen ist. Die Sozialhilfegewährung für
den Kläger, seine Ehefrau und seinen Sohn darf nicht isoliert von der (wegen Rechtsfehlers) rechtswidrigen Heranziehung des
Klägers zur Arbeit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 BSHG gesehen werden. Denn wenn es Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs ist, eine dem materiellen Recht nicht
entsprechende Vermögensverschiebung zu korrigieren, so ist es hier zwar einerseits berechtigt, dass der Kläger für seine rechtsgrundlos
erbrachte Arbeit Erstattung bis hin zur Höhe des üblichen Arbeitsentgeltes verlangen kann, dann ist andererseits beim Ausgleich
für die während der Sozialhilfegewährung erlangten Arbeitsleistung aber auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mit einem
dieser Arbeit entsprechenden üblichen Arbeitsentgelt in der Lage gewesen wäre, sich, seine Ehefrau und seinen Sohn zu unterhalten,
so dass die Beklagte nicht hätte Sozialhilfe an den Kläger, seine Ehefrau und seinen Sohn leisten müssen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG bestimmt die Einsatzpflicht des Klägers für Ehefrau und Sohn). Dem entspricht im Bereich des Entschädigungsrechts der Gedanke
des Vorteilsausgleichs.
Zu Unrecht ist das Berufungsgericht der Auffassung, bei der Erstattung der vom Kläger rechtsgrundlos geleisteten Arbeit könnten
tarifliche Sonder- bzw. Zusatzleistungen nicht berücksichtigt werden, weil "hier ein Beschäftigungsverhältnis nach § 19 BSHG zugrunde lieg(e)". Ein (rechtlich wirksames) Beschäftigungsverhältnis nach § 19 BSHG lag im Streitfall aber gerade nicht vor. Auch tarifliche Sonder- bzw. Zusatzleistungen können zum üblichen Arbeitsentgelt
gehören und deshalb bei der Erstattung für rechtsgrundlos erbrachte Arbeit zu berücksichtigen sein. Allerdings sind zum einen
Arbeitgeberanteile zu vermögenswirksamen Leistungen nicht für jeden Arbeitnehmer zu entrichten, sondern nur dann, wenn der
Arbeitnehmer vermögenswirksame Leistungen erbringt, und steht zum anderen Arbeitnehmern die umlagefinanzierte Zusatzversorgung
(VBL) erst nach einer Wartezeit zu, die der Kläger in der Zeit vom 20. November 1984 bis zum 11. April 1986 möglicherweise
noch nicht erreicht hatte. Zu der Frage aber, ob solche tariflichen Sonder- bzw. Zusatzleistungen nach ihren tatsächlichen
Voraussetzungen für die in der Zeit vom 20. November 1984 bis zum 11. April 1986 geleistete Arbeit angefallen wären, fehlen
tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts. Das führt insoweit zur Zurückverweisung.
Die Kostenentscheidung zum zurückgewiesenen Teil der Revision beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.