Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Bewilligung eines Gründungszuschusses im Streit.
Der 1974 geborene Kläger ist gelernter Diplom-Betriebswirt (FH). Er war im Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. April 2014 bei der
Firma R. Industrie Service Süd GmbH & Co. KG im Vertrieb tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
Die Ehefrau des Klägers, Frau K. H. (im Folgenden: Ehefrau), gründete im Februar 2011 eine Praxis für Ergotherapie, die e.
GmbH, in S. G.. Bis einschließlich 23. Juli 2014 war sie alleinige Gesellschafterin der e. GmbH. Für die Gründung dieses Unternehmens
war ihr seitens der Beklagten mit Bescheid vom 30. Mai 2011 ein Gründungszuschuss für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 31. Januar
2012 in Höhe von monatlich 1.227,30 € bewilligt worden. Der Kläger übte seit August 2012 eine Nebentätigkeit als kaufmännischer
Angestellter bei der e. GmbH aus.
Am 28. März 2014 meldete sich der Kläger arbeitslos und stellte einen Antrag auf Arbeitslosengeld ab dem 1. Mai 2014. Mit
Bescheid vom 6. Juni 2014 wurde ihm Arbeitslosengeld für den Zeitraum 1. Mai 2014 bis 30. April 2015 in Höhe von 46,88 € täglich
bewilligt.
Laut handschriftlichem Vermerk der Beklagten stellte der Kläger am 9. Juli 2014 einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses
zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Zur Begründung führte er aus, dass er am 24. Juli 2014 eine selbständige, hauptberufliche
Tätigkeit als Gesellschafter bzw. Geschäftsführer in S. G. aufnehmen werde. Er legte einen Businessplan zur Erweiterung (Zweig-
bzw. Zweitpraxis) der e. GmbH vor. Darin führte er aus, dass er sich mit der Erweiterung der e. GmbH durch eine Zweigniederlassung
in M. selbständig machen wolle. Die Zweigniederlassung soll Ende 2014 spätestens Anfang 2015 eröffnet werden. Am 15. Oktober
2014 gab die IHK Ostwürttemberg eine positive Stellungnahme über die Tragfähigkeit des Unternehmens ab. Das Unternehmen benötige
zur Überbrückung der Anlaufzeit einen Gründungszuschuss. Den ausgefüllten Antrag legte er am 17. Oktober 2014 bei der Beklagten
vor.
Am 24. Juli 2014 schlossen der Kläger und seine Ehefrau einen notariellen Gesellschaftsvertrag, wonach ihm die Ehefrau die
Hälfte der bereits eingebrachten Stammeinlagen von 25.000,- €, mithin also 12.500,- €, unentgeltlich übertrug. Der Kläger
wurde außerdem mit sofortiger Wirkung neben seiner Ehefrau zum Geschäftsführer bestellt und von §
181 BGB befreit. Am 5. August 2014 zeigte der Kläger die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab dem 24. Juli 2014 als Gesellschafter
bzw. Geschäftsführer der e. GmbH bei der Beklagten an. Mit Bescheid vom 11. August 2014 hob die Beklagte das dem Kläger bewilligte
Arbeitslosengeld ab dem 24. Juli 2014 auf. Mit Bescheid vom 30. September 2014 stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund
fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer bei der e. GmbH seit dem 24. Juli 2014 nicht im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.
Mit Bescheid vom 25. November 2014 lehnte die Beklagte den beantragten Gründungszuschuss ab. Zur Begründung führte sie aus,
dass kein unternehmerisches Risiko vorliege. Der Kläger sei in die seit Jahren bestehende Praxis seiner Ehefrau eingestiegen
mit dem Ziel der Eröffnung einer zweiten Praxis im Nachbarort M. Ende 2014 bzw. Anfang 2015. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.
Diesen begründete er damit, dass er schwer vermittelbar sei und von der Beklagten nicht in eine versicherungspflichtige Tätigkeit
habe vermittelt werden können. Im Rahmen eines am 23. Juni 2014 stattfindenden Gesprächs mit Frau B. habe er seine Idee der
Selbständigkeit vorgebracht. Diese habe ihm ausdrücklich zugesagt, dass er auch dann einen Gründungszuschuss erhalte, wenn
er in das Unternehmen seiner Ehefrau miteinsteige. Es liege auch sehr wohl ein unternehmerisches Risiko vor. Durch seinen
Eintritt werde die Größe des Unternehmens verdoppelt. Da er selbst kein Ergotherapeut sei, müsse er für eine weitere Praxis
eine fachliche Leitung (Ergotherapeutin) einstellen, andernfalls bekomme er keine Zulassung der Krankenkasse. Diese Neueinstellung
und auch weitere geplante Therapeutinnen seien sicherlich als unternehmerisches Risiko anzusehen. Außerdem müsse das Startkapital
für die Einrichtung der neuen Praxisräume abbezahlt werden. Auch seien die monatlichen Fixkosten zu bezahlen. Es dauere einige
Zeit, bis Geld verdient werden könne. Die Förderung sei somit zur Unterstützung des Lebensunterhaltes in der Starphase notwendig.
Außerdem sei die Tragfähigkeit der Selbständigkeit von der IHK geprüft und für positiv gehalten worden. Auch die DRV habe
eindeutig die Eigenschaft des selbständigen Unternehmers festgestellt. Als selbständiger Unternehmer trage er auch immer das
unternehmerische Risiko.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestünden Zweifel an der Selbständigkeit,
da weder der Gesellschaftsvertrag noch die Gewerbeanmeldung vorgelegt worden seien. Auch sei die Rentabilität für das Jahr
2014 nicht monatlich aufgelistet worden. Selbst wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt wären, bestünde kein Rechtsanspruch
auf den Gründungszuschuss. Die Gewährung des Gründungszuschuss liege im Ermessen der Beklagten. Es bestehe lediglich ein Anspruch
auf pflichtgemäße Ermessensausübung. Hierbei seien die Interessen des Klägers an einer Förderung und die Interessen der Versichertengemeinschaft,
insbesondere an einer sparsamen und zweckentsprechenden Verwendung der Mittel gegeneinander abzuwägen. Die verfügbaren Mittel
seien so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet
sei (§
71 Abs.
4 SGB IV). Daher müssten sie durch geeignete steuernde Maßnahme sicherstellen, dass die verfügbaren Ausgabemittel für das laufende
Jahr ausreichten und nicht überschritten würden. Allerdings wäre es ermessensfehlerhaft, Leistungen allein wegen der Erschöpfung
der Haushaltsmittel abzulehnen. Der Kläger plane, in einen seit über drei Jahren geführten Betrieb seiner Ehefrau miteinzusteigen.
Es seien keine Umstände erkennbar, die die Ertragslage des Unternehmens über marktübliche Schwankungen hinaus so beeinträchtigten,
dass die Erträge nicht zur Abdeckung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung ausreichten. Es liege kein Gründerrisiko
vor. Ein Kundenstamm sei bereits vorhanden und das Unternehmen habe sich am Markt bereits etabliert. Der Kläger habe außerdem
die selbständige Tätigkeit am 24. Juli 2014 begonnen. Den Antrag auf Gründungszuschuss habe er jedoch erst am 6. November
2014 und somit mehr als drei Monate nach Beginn der Tätigkeit abgegeben. Der Leistungszweck werde damit nicht erreicht und
es sei davon auszugehen, dass der Lebensunterhalt anderweitig gesichert gewesen sei. Das persönliche Interesse des Klägers
an der Förderung müsse daher hinter dem Interesse der Versichertengemeinschaft zurückstehen.
Am 28. Januar 2015 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er den Antrag auf Gründungszuschuss persönlich am 17. Oktober 2014 bei der
Beklagten abgegeben habe. Der Antrag sei erst am 17. Oktober 2014 abgegeben worden, da er noch die Unterlagen der IHK benötigt
habe und außerdem noch keine passenden Räume zur Verfügung gestanden hätten. Sofern die Beklagte Zweifel an der Selbständigkeit
des Klägers mangels Vorliegens bestimmter Unterlagen angemeldet habe, so seien diese von der Beklagten auch nicht angefordert
worden. Die Zweigstelle sei noch nicht eröffnet worden, da sich keine geeigneten Räumlichkeiten gefunden hätten. Das Personal,
das zum 1. Oktober 2014 eingestellt worden sei, sei daher in der Hauptstelle tätig. Aktuell sei ein Mietvertrag zum 1. Oktober
2015 unterzeichnet worden. Zum 15. September 2015 sei eine Ergotherapeutin auf 50 % Basis und eine zweite mit 100 % zum 1.
Oktober 2015 angestellt worden. Die Eröffnung solle möglichst am 15. Oktober 2015 stattfinden. Die für den Kläger notwendigen
und von ihm getätigten Investitionen kämen jetzt zum Tragen, da jetzt erst Räumlichkeiten gefunden worden seien und die Filiale/Zweigstelle
nun eröffnet werden könne. Am 4. Dezember 2015 hat der Kläger dem SG mitgeteilt, dass am 13. Dezember 2015 die Abnahme der Zulassung durch die zuständige Krankenkasse erfolgen werde. Ab diesem
Zeitpunkt könne der Betrieb aufgenommen werden. Zum 15. Dezember 2015 werde eine weitere Mitarbeiterin eingestellt werden.
Neben der Ehefrau seien dann fünf behandelnde Personen im Betrieb tätig.
Im Rahmen der beim SG stattfindenden mündlichen Verhandlung hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Zweitpraxis in S. aufgenommen habe. Der Mietvertrag
sei am 1. Oktober 2015 unterschrieben worden. Die Abnahme durch die AOK sei am 15. Dezember 2015 erfolgt. Die Praxis sei letztlich
am 7. Januar 2016 aufgenommen worden. Der Zulassungsbescheid der AOK datiere vom 15. Januar 2016.
Mit Urteil vom 3. März 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen Antrag auf Gründungszuschuss am 9. Juli 2014 gestellt und somit vor dem von ihm
angegebenen Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit. Ein Anspruch auf Gründungszuschuss bestehe dennoch nicht.
Es könne dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger tatsächlich aufgenommene Tätigkeit in S. ab dem 7. Januar 2016 anstelle
von einer Aufnahme der Tätigkeit ab dem 24. Juli 2014 bzw. Ende 2014/Anfang 2015 in M. überhaupt noch dem gestellten Antrag
auf Gründungszuschuss entspreche. Hieran könnte gezweifelt werden, sofern man nicht nur auf die Errichtung einer Zweigniederlassung
als solcher abstelle, sondern auch auf den konkreten Ort und Zeitpunkt, an dem diese ursprünglich aufgenommen werden sollte.
Die Prognose zur Tragfähigkeit könne je nach Ort ganz unterschiedlich ausfallen. Der Kläger selbst habe in seinem Businessplan
mit der Einwohnerzahl von M., der Verkehrsanbindung und dem vorhandenen Dienstleistungsangebot argumentiert. Für den Zeitpunkt
gelte Entsprechendes, weil sich in der Zwischenzeit (etwa durch das Hinzukommen weiterer Konkurrenz) ebenfalls Veränderungen
ergeben könnten. Der Kläger habe am 24. Juli 2014 jedoch keine selbständige Tätigkeit im Sinne einer "Existenzgründung" aufgenommen.
Eine selbständige Tätigkeit werde aufgenommen, wenn erstmals eine unmittelbare, auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der
Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen werde. Der Kläger sei indes bereits vor dem 24. Juli 2014 in
dem schon seit Anfang 2011 bestehenden Betrieb seiner Ehefrau tätig gewesen, wenngleich auch nicht hauptberuflich. Zum 24.
Juli 2014 sei er dann in den bereits bestehenden Betrieb eingestiegen, in dem ihm die Hälfte der Stammeinlagen übertragen
und ihm neben seiner Ehefrau die Position eines Geschäftsführers eingeräumt worden sei. Die Existenzgründungsphase des seit
Anfang 2011 bestehenden Unternehmenns sei am 24. Juli 2014 bereits lange beendet gewesen. Der Kläger habe lediglich hinzutreten
und das bereits bestehende Unternehmen erweitern sollen. Es sei nicht ersichtlich, dass das bereits vorhandene Unternehmen
zur Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung nicht ausgereicht habe, zumal das Unternehmen bereits erfolgreich
am Markt etabliert gewesen sei und nach dem Vortrag des Klägers mehrere Mitarbeiterinnen (zusätzlich) angestellt worden seien.
Außerdem bestehe der Zweck eines Gründungszuschuss nicht in der Förderung einer Unternehmenserweiterung. Selbst wenn man das
fehlende Gründerrisiko nicht als Tatbestandsmerkmal sondern als Teil der Ermessensausübung ansehe, habe die Beklagte das ihr
zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.
Am 15. April 2016 hat der Kläger gegen das ihm am 16. März 2016 zugestellte Urteil Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg
(LSG) eingelegt. Er hat seinen Vortrag wiederholt und vertieft und ausgeführt, dass die Gründung einer Zweitpraxis mehr als
lediglich die Erweiterung eines Unternehmens darstelle. Es müssten Räumlichkeiten gefunden, ein Mietvertrag abgeschlossen,
Investitionen getätigt und Personal eingestellt werden. Damit seien erhebliche Kosten und dementsprechend auch ein Kostenrisiko
verbunden. Daher dürfte es - entgegen der Auffassung des SG - durchaus denkbar sein, dass der Gründungszuschuss auch eine Unternehmenserweiterung im Sinne des Aufbaus einer Filiale
oder Zweigstelle fördere.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. März 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. November
2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 zu verurteilen, ihm einen Gründungszuschuss der ersten
Phase ab dem 24. Juli 2014 in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.
November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 zu verurteilen, den Antrag des Klägers auf Gewährung
eines Gründungszuschusses vom 9. Juli 2014 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Widerspruchsbescheid sowie auf die Darlegungen im erstinstanzlichen Urteil. Die tatbestandlichen
Voraussetzungen seien bereits nicht gegeben, da die Ausdehnung einer bereits ausgeübten selbständigen Tätigkeit keine (neue)
Existenzgründung darstelle. Sie hat auf den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 27. September 2004 - L 5 AL 645/04 - verwiesen.
Am 30. März 2017 hat in vorliegendem Verfahren ein Erörterungstermin stattgefunden, in dessen Rahmen die Beteiligten ihr Einverständnis
mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §
124 Abs.
2 SGG erteilt haben.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlichen Prozessakten sowie auf die Verwaltungsakten
der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das vorliegende Verfahren konnte ohne mündliche Verhandlung gem. §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Entscheidungsweise erteilt haben.
Die gem. §§
143,
144,
151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 3. März 2016 zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Gewährung eines
Gründungszuschusses, noch auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und
Leistungsklage ist der Ablehnungsbescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015,
in dem die Beklagte den beantragten Gründungszuschuss der ersten Phase abgelehnt hat.
Gem. §
93 Abs.
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit
beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss
erhalten. Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer
1. bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen
Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 beruht,
2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und
3. ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle
vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständige Kammern,
Fachverbände und Kreditinstitute.
Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung eines Gründungszuschusses ist die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Sinne
einer Existenzgründung. Eine selbständige Tätigkeit wird aufgenommen, wenn erstmals eine unmittelbare auf berufsmäßigen Erwerb
gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird (BSG Urteil vom 1. Juni 2006 - B7a AL 34/05 R - [...] Rn 11; Brand/Hassel,
SGB III, 7. Aufl., 2015, §
93 Rn 8). Eine Existenzgründung besteht in der Errichtung eines Unternehmens. Förderungsfähig ist die Gründung jedes Unternehmens,
das einen in der Rechtsordnung erlaubten Zweck verfolgt (Winkler in: Gagel, SGB II/SGB III, 64. EL, Dezember 2016, §
93 SGB III, Rn 28). Die Existenzgründung im Sinne des §
93 SGB III setzt nicht notwendig die Neugründung eines Unternehmens voraus. Auch eine Betriebsübernahme oder die Umwandlung einer nebenberuflichen
selbständigen Tätigkeit in eine hauptberufliche kann grundsätzlich eine Existenzgründung darstellen (Winkler in: Gagel, SGB
II/SGB III, a.a.O., §
93 SGB III, Rn 29; Brand/Hassel,
SGB III, a.a.O., §
93 Rn 8; BT-Drucks. 16/1696 S. 30). Allerdings setzt die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Sinne einer Existenzgründung
stets voraus, dass eine durch den Gründungszuschuss zu fördernde Gründungsphase vorliegt. Das ist dann nicht der Fall, wenn
aufgrund bereits bestehender Geschäftskontakte und abzuwickelnder Aufträge hinreichende Einnahmen erwirtschaftet werden können
(LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 1. Februar 2012 - L 16 AL 104/11 - [...] Rn 18). So liegt es hier. Zwar hat der Kläger am 24. Juli 2014 durch den Einstieg in die e. GmbH - Übernahme der
Hälfte der Gesellschaftsanteile und Bestellung zum Geschäftsführer - eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit aufgenommen.
Allerdings hat er hierdurch keine neue Existenz gegründet. Er hat lediglich die Hälfte des bereits durch seine Ehefrau im
Rahmen ihrer Existenzgründung eingebrachten Stammeinlagen in Höhe von 25.000,- €, also in Höhe von 12.500,- €, unentgeltlich
übernommen und ist neben seiner Ehefrau zum Geschäftsführer bestellt worden. Hierin ist keine neue Existenzgründung auch nicht
im Sinne einer Unternehmensübernahme sondern der bloße Einstieg in ein bestehendes Unternehmen zu sehen, das seine Gründungsphase
bereits abgeschlossen hat. Die e. GmbH hat zum Zeitpunkt des Einstiegs des Klägers am 24. Juli 2014 bereits seit über drei
Jahren bestanden, ist auf dem Geschäftsfeld der Ergotherapie tätig und somit etabliert gewesen. Der Kläger hat am 24. Juli
2014 keine neue Existenz mit neuer Gründungsphase gegründet. Dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt hat, das bereits
bestehende Unternehmen zu erweitern, ändert hieran nichts, da diese Erweiterung jedenfalls ausgehend von dem bereits bestehenden
etablierten Unternehmen geschehen sollte, was nach Überzeugung des Senats einer Förderung mittels Gründungszuschuss nicht
zugänglich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 1. Juni 2008 (B 7a AL 34/05 R - [...] Rn 11). Das BSG hat hier ausdrücklich offen gelassen, ob der Einstieg eines Ehegatten in ein bestehendes Familienunternehmen isoliert als
Existenzgründung angesehen werden kann.
Im Übrigen hat der Kläger die gem. §
93 Abs.
2 S. 1 Nr.
2 SGB III erforderliche Tragfähigkeitsbescheinigung für die von ihm eröffnete Zweigniederlassung nicht vorgelegt. Zwar hat er eine
am 15. Oktober 2014 ausgestellte Tragfähigkeitsbescheinigung der IHK bei der Beklagten vorgelegt. Diese stützt sich jedoch
auf den Businessplan vom 15. Oktober 2014, der die Eröffnung einer Zweigniederlassung in M. Ende 2014/Anfang 2015 zum Gegenstand
hat. Tatsächlich hat die Zweigniederlassung erst am 7. Januar 2016 in der Gemeinde S. ihren Betrieb aufgenommen. Die Eröffnung
hat sich somit nicht lediglich um ein ganzes Jahr verzögert; sie ist auch nicht in M. sondern in S. erfolgt. S. hat jedoch
mit lediglich 3.721 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2014) ca. 3.000 Einwohner weniger als M. (Einwohnerzahl zum 31. Dezember
2015 6.588), kein eigenes Krankenhaus - wie vom Kläger in seinem Businessplan bezüglich M. als vorteilhaft aufgeführt - und
folglich eine gänzlich andere Infrastruktur als M.. Der Beklagten ist somit zu keinem Zeitpunkt eine prüfungsfähige Beschreibung
der umgesetzten Zweigniederlassung vorgelegt worden. Weder hat der Kläger eine Tragfähigkeitsbescheinigung einer fachkundigen
Stelle für die Zweigniederlassung in S. vorgelegt, was von §
93 Abs.
2 S. 1 Nr.
2 SGB III gefordert wird; noch hat er der Beklagten selbst entsprechende Unterlagen zur Prüfung vorgelegt, was jedoch gleichfalls erforderlich
gewesen wäre (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 18. März 2014 - L 29 AL 257/11 - [...] Rn 55).
Nach Auffassung des Senats liegen daher bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses
gem. §
93 SGB III nicht vor. Insofern kann es grundsätzlich dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte das ihr in §
93 SGB III eingeräumte Ermessen ermessensfehlerhaft ausgeübt hat. Hier sei jedoch ergänzt, dass auch der Senat - wie vom SG zutreffend ausgeführt - einen Ermessensfehler der Beklagten nicht erkennen kann. Eine Ermessensentscheidung ist rechtswidrig
bei Ermessensnichtgebrauch (die Behörde hat kein Ermessen ausgeübt oder im Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht), Ermessensunterschreitung
(die Behörde hat ihr Ermessen zu eng eingeschätzt), Ermessensüberschreitung (die Behörde hat eine Rechtsfolge gesetzt, die
in der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen ist) oder Ermessensfehlgebrauch (die Behörde macht von ihrem Ermessen durch
unsachliches Motiv oder sachfremden Zweck oder Nichteinbeziehung aller abzuwägenden Gesichtspunkte fehlerhaft Gebrauch) (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
54 Rn 27). Das Gericht darf bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens
setzen; es findet lediglich eine Rechtskontrolle, keine Zweckmäßigkeitskontrolle statt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
54 Rn 28). Derartige Fehler sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat ausweislich des Bescheides vom 25. November 2014 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 erkannt, dass sie Ermessen auszuüben hat. Sie hat ausgeführt, dass
die Interessen des Klägers an einer Förderung und die Interessen der Versichertengemeinschaft, insbesondere an einer sparsamen
und zweckentsprechenden Verwendung der Mittel, gegeneinander abzuwägen seien, wobei der Anspruch nicht allein aufgrund der
Erschöpfung der Haushaltsmittel abgelehnt werden könne. Hierzu richte sie sich nach ermessenslenkenden Weisungen. Die Beklagte
ist auf das fehlende Gründerrisiko des Klägers eingegangen, da dieser in einen seit drei Jahren bestehenden Betrieb seiner
Ehefrau eingestiegen sei. Ein Kundenstamm sei vorhanden und das Unternehmen sei am Markt bereits etabliert gewesen. Zwar hat
die Beklagte auch ausgeführt, dass der Kläger seinen Antrag auf Gründungszuschuss erst nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt
habe. Dies ist zwar nicht richtig, da der Antrag tatsächlich bereits am 9. Juli 2014 mündlich gestellt worden ist. In Anbetracht
der übrigen seitens der Beklagten herangezogenen Kriterien ist dieser Fehler jedoch unbeachtlich.
Auch reduziert sich das Ermessen des Klägers nicht auf Null. Eine solche Ermessensreduzierung liegt nur dann vor, wenn das
Ermessen nur in einem ganz bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
54 Rn 29). Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null sind nicht ersichtlich.
Das SG hat die Klage daher zu Recht - sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag - abgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach §
193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung nicht obsiegt hat. Der Senat
hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens
zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum
SGG, 4. Aufl., §
193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in [...]; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage, §
193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum
SGG, §
193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum
SGG, 4. Auflage, §
193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Zwar hat das BSG in seinem Urteil vom 1. Juni 2006 offen gelassen, ob der Einstieg eines Ehegatten in ein Familienunternehmen eine förderungsfähige
Existenzgründung darstellt. Allerdings sind wie oben ausgeführt, bereits die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt, im
Übrigen liegt hier weder eine Ermessensreduzierung auf Null noch eine fehlerhafte Ausübung des Ermessens durch die Beklagte
vor, so dass ein Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses bzw. hilfsweise auf Neubescheidung auch dann nicht vorliegt,
wenn der Einstieg in ein Familienunternehmen als Existenzgründung anzusehen wäre. Die vorliegende Rechtssache hat somit bereits
keine grundsätzliche Bedeutung.