Gründe:
I.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht
mit Beschluss vom 15. Mai 2017. In der Sache hatte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 19. November 2014 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2015 mit der darin erfolgten abschließenden Leistungsbewilligung für den Zeitraum
vom 1. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 und der hieraus resultierenden Rückforderung von 53,87 Euro Klage erhoben. Dieses
Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 21 AS 350/15 bei dem Sozialgericht Neuruppin registriert.
Trotz eigener mehrfacher Ankündigungen vom 2. Dezember 2015, 29. Januar 2016, 29. Februar 2016 und 30. März 2016 hat der anwaltlich
vertretene Kläger seine bereits am 18. Februar 2015 erhobene Klage bis zum 17. Oktober 2016 - über einen Zeitraum von 20 Monaten
- nicht begründet. Auch im Widerspruchsverfahren war eine Begründung nicht erfolgt. Das Sozialgericht hat den Kläger daraufhin
mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 zum Betreiben des Verfahrens unter Hinweis auf §
102 Abs.
2 S. 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) aufgefordert. Diese Betreibensaufforderung ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich der Zustellungsurkunde
am 18. Oktober 2016 zugestellt worden. Die Prozessbevollmächtigte behauptet demgegenüber unter Vorlage eines Briefumschlages
des Sozialgerichts einen Zugang am 19. Oktober 2016. Am 19. Januar 2017 hat die Prozessbevollmächtigte dem Sozialgericht Neuruppin
per Fax eine Klagebegründung übersandt. Im Hinblick auf die bestrittene Erledigung des Rechtsstreits hat das Sozialgericht
Neuruppin das Klageverfahren als Verfahren unter dem oben ersichtlichen Aktenzeichen fortgesetzt.
Das Sozialgericht Neuruppin hat mit Beschluss vom 15. Mai 2017 den Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt,
da das (ursprüngliche) Verfahren gemäß §
102 Abs.
2 Satz 1
SGG erledigt sei und die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr biete.
II.
Die Beschwerde ist- entgegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses- gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
2b SGG bereits unzulässig, weil im (ursprünglichen) Hauptsacheverfahren lediglich eine endgültige Leistungsbewilligung für sechs
Monate und ein hieraus resultierender Rückforderungsbetrag i.H.v. 53,87 Euro im Streit war und damit in der Hauptsache die
Berufung der Zulassung bedurft hätte. Gleiches gilt auch für das nunmehr noch anhängige fortgesetzte Verfahren, weil der Wert
des fortgesetzten Verfahrens grundsätzlich nicht über den Wert des Ursprungsverfahrens hinausgehen kann.
Davon abgesehen ist die angegriffene Prozesskostenhilfeentscheidung auch im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil zum Zeitpunkt
der Entscheidung der Klage hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von §
114 ZPO nicht beizumessen waren.
Die Klage gilt nach der gesetzlichen Fiktion des §
102 Abs.
2 S. 1
SGG als zurückgenommen und damit erledigt, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate
nicht betreibt.
Vorliegend erfolgte die Zustellung der Betreibensaufforderung an die Prozessbevollmächtigte ausweislich der Postzustellungsurkunde
am 18. Oktober 2016. Unter Berücksichtigung dieses Datums lief die Dreimonatsfrist nach §
102 Abs.
2 S. 1 i.V.m. §
64 SGG vom 19. Oktober 2016 bis zum Ablauf des 18. Januar 2017. Die angemahnte Klagebegründung ging aber erst per Fax am 19. Januar
2017 (einem Donnerstag) und damit außerhalb der so ermittelten Frist ein, so dass die Klagerücknahmefiktion des §
102 Abs.
2 SGG eintrat. Für ein durch Klagerücknahme erledigtes Verfahren kommt mangels beabsichtigter (weiterer) Rechtsverfolgung die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe aber nicht mehr in Betracht (vergleiche schon den Wortlaut des §
114 ZPO).
Soweit der Kläger unter Vorlage eines Briefumschlages mit Datum vom 19. Oktober 2016 behauptet, "in einer anderen Sache seitens
des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg" sei eine Diskrepanz zwischen dem vom Zusteller auf der Postzustellungsurkunde
vermerkten Datum ("18.10.16") und dem auf dem Briefumschlag ("19.10.16") bemerkt worden, so dass gemäß § 3 Abs. 3 VwZG i.V.m. §
195 Abs.
2 ZPO die Zustellung nicht am 18. Oktober 2016 als wirksam erfolgt anzusehen sei, führt dies nicht zu einer anderen Einschätzung.
Denn durch diesen Vortrag werden zwar letztlich der Fristbeginn und damit der Eintritt der Fiktion des §
102 Abs.
2 SGG bestritten. Wenn der Eintritt der Fiktion bestritten wird, wird das Verfahren fortgesetzt (vergleiche Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage, 2017, §
102 Rn. 12, mit weiteren Nachweisen), was vorliegend unter dem neuen Aktenzeichen S 21 AS 234/17 WA geschehen ist. Der Streitgegenstand des (fortgesetzten) Verfahrens ist aber nicht mehr der behauptete materielle Anspruch,
weil einer Entscheidung in der Sache die durch Klagerücknahme beseitigte Rechtshängigkeit entgegenstehen würde. Streitgegenstand
ist vielmehr die Feststellung des erledigenden Ereignisses; erst wenn festgestellt ist, dass das (ursprüngliche) Verfahren
nicht erledigt ist, lebt der ursprüngliche Streitgegenstand wieder auf und es ist in der Sache zu entscheiden (vergleiche
Schmidt, a.a.O., mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend sind auch die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht mehr
an der ursprünglichen Klage zu orientieren, sondern am nunmehrigen Wiederaufnahmeverfahren. Auf die ursprüngliche Klagebegründung
des Klägers in dessen Schriftsatz vom 19. Februar 2017 kommt es insofern derzeit nicht mehr an.
Für das fortgesetzte Verfahren ist jedoch eine hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls nicht erkennbar. Bei der Frist des §
102 Abs.
2 SGG handelt es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht kommt. Ist die Frist
am 18. Juli 2016 abgelaufen, so ist der Rechtsstreit erledigt.
Der von dem Kläger im Schriftsatz vom 19. Juli 2017 letztlich behauptete spätere Fristbeginn und damit fehlender Eintritt
der Fiktion nach §
102 Abs.
2 SGG vermag dies nicht ausreichend zu erschüttern. Zunächst ist festzustellen, dass der vorgelegte Briefumschlag- anders als die
Postzustellungsurkunde selbst - keine Identifikation über seinen Inhalt zulässt. Der Kläger trägt selbst vor, dass weitere
Verfahren von ihm betrieben werden, so dass schon zweifelhaft ist, ob Inhalt des vorgelegten Briefumschlages tatsächlich die
hiesige Betreibensaufforderung vom 17. Oktober 2016 war und nicht Schriftstücke aus anderen Verfahren des Sozialgerichts Neuruppin.
Abgesehen davon sind aber auch die rechtlichen Ausführungen zu den Folgen divergierender Daten auf der Zustellungsurkunde
und auf dem Briefumschlag nicht zutreffend. Entgegen der Ausführungen des Klägers enthält § 3 VwZG keinen Abs.
3 und damit auch keinen Verweis auf §
195 Abs.
2 ZPO. Vielmehr finden gemäß § 3 Abs. 2 VwZG die Regelungen der §§
177-
182 ZPO entsprechende Anwendung. Bei einer Ersatzzustellung durch Einlegen in dem Briefkasten, wie im vorliegenden Fall erfolgt,
gilt mithin gemäß §
180 S. 2
ZPO das Schriftstück mit der Einlegung als zugestellt und damit unwiderlegbar als vermutet; die fehlende Kenntnis des Adressaten
ist unerheblich (Hüßtege in Thomas/Putzo,
ZPO, 37. Auflage, 2016, §
180, Rn. 5). Zum Nachweis der Zustellung ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen (§
182 Abs.
1 S. 1
ZPO); es gilt §
418 ZPO (§
182 Absatz
1 S. 2
ZPO), wonach öffentliche Urkunden den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründen (§
418 Absatz
1 ZPO).
Vorliegend hat der Zusteller eine solche Urkunde angefertigt und auf dieser das Einlegedatum "18.10.16" bezeugt, so dass dieses
Datum grundsätzlich gemäß §
418 Abs.
1 ZPO gilt.
Zwar hat nach §
180 S. 3
ZPO der Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung zu vermerken. Ein solcher Vermerk
ist allerdings nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellungsfiktion nach §
180 S. 2
ZPO (Hüßtege, a.a.O., Rn. 6, mit weiteren Nachweisen). Selbst wenn also divergierende Zustelldaten auf dem Briefumschlag und
auf der Postzustellungsurkunde vorhanden sein sollten, gilt nach der Fiktion des §
180 S. 2
ZPO i.V.m. §
418 Abs.
1 ZPO grundsätzlich das auf der Urkunde bescheinigte Datum der Einlegung. Schließlich würden allein unterschiedliche Zustelldaten
auf Briefumschlag und Postzustellungsurkunde im Hinblick auf die Vielzahl der Verfahren und die bereits oben genannten diesbezüglichen
Bedenken auch kaum dazu führen, den nach §
418 Abs.
2 ZPO zulässigen Beweis der Unrichtigkeit der Eintragung auf der Zustellungsurkunde als gelungen ansehen zu können.
Soweit der Kläger in seiner Beschwerde zudem Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen für eine Betreibensaufforderung äußert,
vermag auch dies nicht zu überzeugen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine Betreibensaufforderung nicht zu beanstanden,
nachdem der anwaltlich vertretene Kläger selbst mehrfach eine Klagebegründung angekündigte, diese aber über einen Zeitraum
von 20 Monaten trotz mehrfacher Fristverlängerung nicht erstellte. Nicht einmal innerhalb der weiteren Dreimonatsfrist nach
der Betreibensaufforderung erfolgte die Klagebegründung. Von einem Rechtschutzinteresse kann in einer solchen Konstellation
nicht (mehr) ausgegangen werden (vergleiche hierzu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Juli 2015, L
12 AS 1287/13, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen und anschließend Bundessozialgericht, Urteil vom 4. April 2017, B 4 AS 2/16 R, zurzeit nur als Terminbericht Bundessozialgericht Nr. 13/17 vorhanden).
Auch ein Abstellen auf einen früheren Zeitpunkt als der Entscheidung des Gerichts führt nicht zu einer anderen Einschätzung.
Mangels jeglichen inhaltlichen Vortrags im Verwaltungs- und im ursprünglichen Klageverfahren war eine hinreichende Erfolgsaussicht
zu keinem Zeitpunkt vor der eingetretenen Klagerücknahmefiktion erkennbar.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§
73a SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, §
177 SGG.