Einsatz nachträglich zugeflossener Abfindungen zur Tilgung der Prozesskosten
Gründe:
I. Gleichzeitig mit der am 18.06.2003 beim dem Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage beantragte der Kläger
zur Durchführung dieses Verfahrens die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Er gab im Formular seinerzeit an, lediglich einen
einzigen Kredit aufgenommen zu haben und hierauf 243,21 EURO monatlich zu zahlen. Hinsichtlich der weiteren Angaben im Prozesskostenhilfeantrag
wird auf diesen und die Anlagen hierzu verwiesen. In der Güteverhandlung wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung
gewährt. Durch Vergleich vom 09.05.2003 verpflichtete sich die Beklagte, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 4.800,00
EURO zu zahlen. Diese ist dem Kläger vollständig im Februar 2004 zugeflossen. Daraufhin änderte das Arbeitsgericht Köln den
PKH-Beschluss dahingehend ab, dass der Kläger 10 % der Abfindungssumme, das heißt 480,00 EURO zur Deckung der Prozesskosten
zu zahlen habe. Eine Zustellung des Beschlusses ist nicht vermerkt. Der Klägerprozessbevollmächtigte teilt mit, der Beschluss
sei am 17.02.2004 zugegangen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist am 17.03.2004 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die Abfindung müsse ihm vollständig verbleiben, da sie für den Verlust des Arbeitsplatzes
gezahlt werde. Hilfsweise müsse die Abfindungssumme zum Ausgleich zwischen der bezogenen Arbeitslosenhilfe und dem bisherigen
Nettoeinkommen verwendet werden. Zudem habe er insgesamt weitere 5.300,00 EURO geliehen gehabt, die er am 11.02.2004 an Herrn
M B und am 15.02.2004 an Herrn Ö C zurückgezahlt habe.
II. Die zulässige und wegen fehlender Zustellungsurkunde als fristgemäß zu behandelnde sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Auch die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln schließt sich der überwiegenden Auffassung der Landesarbeitsgerichte und
der weiteren Kammern des Landesarbeitsgericht Köln an, wonach eine vom Arbeitnehmer im Vergleichswege erzielte Abfindung grundsätzlich
einen nach §
115 Abs.
2 ZPO zu berücksichtigenden Vermögenswert darstellt (vgl. LAG Niedersachsen, Beschluss vom 28.03.2003 - 17 Ta 86/03 - m. w. N., LAG Köln, Beschluss vom 30.09.2003 - 13 Ta 291/03 -).
Nach §
115 Abs.
2 ZPO hat der Kläger sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Hierbei ist § 88 BSHG entsprechend anzuwenden. Nach § 88 Abs. 1 BSHG gehört zum Vermögen im Sinne des Gesetzes das gesamte verwertbare Vermögen. Gemäß § 88 Abs. 2 BSHG darf die Sozialhilfe allerdings nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder
sonstiger Geldwerte. Dabei ist eine besondere Notlage des Hilfesuchenden zu berücksichtigen. Ferner darf der Einsatz oder
die Verwertung des Vermögens auch keine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG darstellen.
Bei der Abfindung nach § 9 und 10 KSchG ziehlt die gesetzgeberische Intention darauf ab, die unmittelbar mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen vermögensrechtlichen
und immateriellen Nachteile des Arbeitnehmers auszugleichen. In soweit ist die Zahlung mit dem Verlust des Arbeitsplatzes
verknüpft. Ist der Geldbetrag aber einmal zugeflossen, so unterliegt seine Verwendung der freien Verfügung des Arbeitnehmers
wie jeder andere Geldbetrag auch. Der Arbeitnehmer ist im Umgang mit diesem Betrag nicht an bestimmte Zwecke gebunden. Bei
einer im Vergleichswege vereinbarten Kündigungsabfindung spielen darüber hinaus noch vielfältige vom gesetzgeberischen Modell
abweichende Motive eine Rolle, die Abfindung anzubieten und anzunehmen. Es ist deshalb im Rahmen der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit
zwischen einem Vermögenszufluss als Abfindung und einem anderweitigen Vermögenszufluss kein Unterschied zu machen. Maßgeblich
ist vielmehr die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nach Zufluss des Geldbetrages.
Vorliegend ist es dem Kläger zumutbar, 10 % der Abfindungssumme, das heißt 480,00 EURO zur teilweisen Deckung der Prozesskosten
aufzuwenden. Der verbleibende Betrag der Abfindung liegt immer noch über dem sozialhilferechtlichen Selbstbehalt bzw. der
Schongrenze gemäß § 88 Abs. 2 und Abs. 4 BSHG.
Der Kläger hat auch nicht hinreichend dargestellt, dass ihm der Abfindungsbetrag deshalb verbleiben muss, weil bei ihm eine
besondere Notlage im Sinne des § 88 Abs. 2 Ziffer 8 Halbsatz 2 BSHG zu berücksichtigen wäre. Wenn die erhaltene Abfindung zur Behebung einer akuten Notlage gebraucht wird, kann der Kostenbeitrag
reduziert oder gänzlich fallengelassen werden. Eine solche Notlage ist nicht hinreichend glaubhaft dargestellt worden. Der
Kläger hat bei Beantragung der Prozesskostenhilfe nur ein einziges Darlehen dargestellt, auf welches er 243,21 EURO monatlich
zahlt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die weiteren Darlehensverpflichtungen, soweit sie denn überhaupt bestanden, nach
Beginn des Prozesses eingegangen wurden. Solche Darlehensverpflichtungen sind jedoch lediglich nachrangig zu berücksichtigen.
Denn der Kläger muss nach Beginn des Prozesses seinen Lebensstandard darauf einstellen, mit den verfügbaren Mitteln zu wirtschaften.
Selbst ein Sozialhilfeempfänger kann nicht mehr Geld ausgeben, als ihm durch die Sozialhilfe zur Verfügung gestellt wird.
Der Wunsch, einen höheren Lebensstandard beizubehalten, kann jedenfalls nicht zu Lasten der Staatskasse realisiert werden.
Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Kläger bereits im Januar 2004 aufgefordert worden war, Auskunft über die Auszahlung
der Abfindungssumme zu geben.
Da zudem nicht ersichtlich ist, dass der Kläger nicht auch eine Verlängerung der Darlehensgewährung hätte erreichen können,
ist bei diesem eine besondere Notlage im Sinne des § 88 Abs. 2 Ziffer 8 BSHG nicht zu berücksichtigen. Die Zweifel am Vorliegen einer besonderen Notlage und der inhaltlichen Richtigkeit des glaubhaft
zu machenden Sachverhalts beruhen zudem auch darauf, dass es dem Kläger offensichtlich gelungen ist, eine Summe zurückzuzahlen,
die um 500,00 EURO höher lag als die geleistete Abfindung und damit mutmaßlich weiteres nicht vom Kläger angegebenes Vermögen
vorhanden war, aus dem der überschießende Betrag geleistet wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte zu sichern.