Rentenversicherung
Feststellung weiterer Beitragszeiten
Grundsatzrüge
Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage
Verletzung von Verfassungsrecht
Genügen der Darlegungspflicht
1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
2. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus
Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine
Klärung erwarten lässt.
3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage,
(2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung.
4. Zwar kann eine Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch aus einer Verletzung von Verfassungsrecht
ableiten; sie darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss
unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den (konkret) gerügten Verfassungsnormen bzw. -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen
Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Gründe:
Mit Urteil vom 20.11.2017 hat das Sächsische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung weiterer Beitragszeiten in den
Jahren 1947 bis 1950 und auf Neuberechnung ihrer Altersrente verneint und die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Dresden
vom 27.4.2015 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Die Klägerin macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
keiner der im Gesetz abschließend umschriebenen Zulassungsgründe (§
160 Abs
2 SGG) ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums
angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt.
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage,
(2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin führt aus, Gegenstand des Verfahrens sei "die Frage, wie Heimatvertriebene, welche während der unmittelbaren
Nachkriegsjahre bis ca. 1950 wegen der damaligen Umstände gezwungen waren, gegen geringe Sachleistungen in der damals noch
kleinteiligen Landwirtschaft zu arbeiten, diese Arbeitszeiten auch bei der Rentenberechnung berücksichtigt bekommen". Die
Klägerin trägt dazu vor, es seien im streitigen Zeitraum keine Beiträge entrichtet worden. Nach ihrer Auffassung müsse die
Glaubhaftmachung der nur gegen Sachleistung verrichteten Arbeit in der sowjetischen Besatzungszone jedoch ausreichen. Die
Klägerin formuliert damit schon keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich revisibler Normen (vgl
§
162 SGG), die der Senat mit "Ja" oder "Nein" beantworten könnte, was grundsätzlich erforderlich ist (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010
- B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit
das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht
zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag eines Beschwerdeführers darauf zu analysieren, ob sich ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe
(vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründet die Klägerin auch nicht ansatzweise mit ihrem Vorbringen, bei Anwendung
der in der DDR geltenden Ersten Rentenverordnung vom 23.11.1979 (GBl I S 401) würden im Wesentlichen gleiche Tatsachen ("Arbeit
in Deutschland vor der Gründung der beiden deutschen Staaten") unterschiedlich behandelt, was einen Verstoß gegen Art
3 GG darstellen dürfte. Zwar kann eine Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch aus einer Verletzung
von Verfassungsrecht ableiten. Sie darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken,
sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den (konkret) gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen
Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (stRspr, zB
bereits BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 f = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 13 f). Ausführungen dazu enthält die Beschwerdebegründung nicht.
2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Mit ihrem Vortrag, das LSG hätte die angebotenen Zeugen hören können und im Rahmen der Amtsermittlung wäre "wohl weiteres
zur zeitlichen Lage, der inhaltlichen Ausgestaltung und der Entlohnung der jeweiligen Arbeitsverhältnisse ermittelt worden",
hat die Klägerin auch keinen Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet. Die vor dem LSG anwaltlich vertretene Klägerin benennt
schon keinen Beweisantrag, den sie bis zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 20.11.2017 aufrechterhalten hat.
3. Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, es müsse möglich sein, die "offensichtlich falschen Grundlagen ihrer
Rentenberechnung zu korrigieren", kann auf eine vermeintliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung eine Nichtzulassungsbeschwerde
nicht gestützt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.