Gründe:
I. Gegenstand der Popularklage ist die Frage, ob die Nrn. 1.1 und 1.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
für Arbeit, Familie und Sozialordnung vom 26. Mai 1992 über Mindestbeträge für die Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstoßen.
1. Demjenigen, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen
kann, ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBl I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 1993 (BGBl I
S. 1074), Hilfe zum Lebensunterhalt durch laufende und einmalige Leistungen zu gewähren. Laufende Leistungen zum Lebensunterhalt
außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen werden nach Regelsätzen gewährt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Inhalt und Aufbau der Regelsätze ergeben sich aus der auf Grund der Ermächtigung in § 22 Abs. 2
BSHG erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung) vom 20. Juli 1962 (BGBl I S. 515), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Oktober 1991 (BGBl I S. 1971). Die Höhe der
Regelsätze wurde bis zum 26. Juni 1993 gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 BSHG in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung von den zuständigen Landesbehörden oder den von ihnen bestimmten Stellen
im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 2
BSHG festgesetzt. Wer zuständige Landesbehörde im Sinn dieser Vorschrift war, ergab sich für den Freistaat Bayern aus Art. 16 des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (AGBSHG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 21. September 1982 (GVBl S. 819, BayRS 2170-1-A). Die Vorschrift hatte folgenden Wortlaut:
Zuständige Landesbehörden für die Festsetzung der Regelsätze sind die örtlichen Träger. Das Staatsministerium für Arbeit und
Sozialordnung bestimmt im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern Mindestbeträge; diese dürfen nicht unterschritten
werden.
Örtliche Träger der Sozialhilfe sind gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 BSHG, Art. 1 Abs. 1 Satz 1 AGBSHG die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise.
Gestützt auf § 22 Abs. 3 Satz 1 BSHG a.F. und Art. 16 Satz 2 AGBSHG hatte das Bayerische Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung durch Bekanntmachung vom 26. Mai 1992 Nr. IV
2/7127/8/92 (AllMBl S. 502) ab 1. Juli 1992 folgende "Mindestbeträge für die Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz" bestimmt:
1.1 für den Haushaltsvorstand und den Alleinstehenden
492,00 DM
1.2 für Haushaltsangehörige
bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres
246,00 DM
bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres beim Zusammenleben mit einer Person, die allein für die Pflege und Erziehung des Kindes
sorgt
271,00 DM
vom Beginn des 8. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres
320,00 DM
vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
443,00 DM
vom Beginn des 19. Lebensjahres an
394,00 DM
Diese Bekanntmachung ist gemäß Nr. 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie,
Frauen und Gesundheit vom 20. Juli 1993 Nr. IV 2/7127/10/93 (AllMBl S. 981) am 30. Juni 1993 außer Kraft getreten.
2. Durch Art. 7 Nr. 7 des insoweit am 27. Juni 1993 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms
(FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) wurde § 22 Abs. 3
BSHG wie folgt gefaßt:
Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung die Höhe der Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach Absatz 2 fest.
Sie können dabei die Träger der Sozialhilfe ermächtigen, auf der Grundlage von in der Rechtsverordnung festgelegten Mindestregelsätzen
regionale Regelsätze zu bestimmen. Notwendig werdende Neufestsetzungen der Regelsätze sind jeweils zum 1. Juli eines Jahres
für das beginnende Halbjahr und für das erste Halbjahr des nächsten Jahres vorzunehmen; dabei sind die Entwicklung der tatsächlichen
Lebenshaltungskosten sowie regionale Unterschiede zu berücksichtigen. Bei größeren Haushaltsgemeinschaften mit vier oder mehr
Personen müssen die Regelsätze in ihrem jeweiligen Geltungsbereich zusammen mit den Durchschnittsbeträgen für die Kosten der
Unterkunft und Heizung und unter Berücksichtigung des abzusetzenden Betrages nach § 76 Abs. 2 a Nr. 1 unter den jeweils erzielten
monatlichen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen zuzüglich Kindergeld und Wohngeld bleiben.
Gestützt auf § 22 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 und Abs. 4
BSHG in der ab 27. Juni 1993 geltenden Fassung hat die Bayerische Staatsregierung eine Verordnung über die Festsetzung der Regelsätze
nach dem Bundessozialhilfegesetz vom 29. Juni 1993 (GVBl S. 456, BayRS 2170-1-1-A) erlassen, die am 1. Juli 1993 in Kraft getreten ist und deren § 1 wie folgt
lautet:
(1) Die Staatsregierung setzt durch Rechtsverordnung die Höhe der Regelsätze fest.
(2) Abweichend hiervon können örtliche Träger durch Verordnung örtliche Regelsätze festsetzen, wenn durch ein Gutachten, das
dem Stand der Wissenschaft entspricht, der Nachweis erbracht ist, daß die tatsächlichen Lebenshaltungskosten und die örtliche
Preisentwicklung eine abweichende Regelsatzfestsetzung rechtfertigen.
(3) Örtliche Regelsätze, die zum 1. Juli 1992 die vom Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung nach Art. 16
des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1982 (BayRS
2170-1-A) festgesetzten Beträge überstiegen, können durch Verordnung übergangsweise bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Regelsatz
den örtlichen Regelsatz erreicht hat, bis zur Hälfte des jeweiligen Anpassungsprozentsatzes des Regelsatzes erhöht und festgesetzt
werden. Das gleiche gilt für Regelsätze, die im vorangegangenen Jahr nach Absatz 2 festgesetzt wurden und deren Festsetzung
im Folgejahr nicht mehr nach Absatz 2 erfolgt.
In § 2 der Verordnung, der mit Ablauf des 30. Juni 1994 außer Kraft tritt, wurden die seit dem 1. Juli 1992 geltenden Regelsätze
um Beträge zwischen 5 und 6 DM erhöht.
Art. 16
AGBSHG wurde durch § 1 Nr. 8 des mit Wirkung vom 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes
und des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern vom 23. Juli 1993 (GVBl S. 519) wie folgt gefaßt:
Ermächtigt die Staatsregierung die örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Bestimmung regionaler Regelsätze, bedarf die Verordnung
der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.
II. 1. Der Antragsteller ist Sozialhilfeempfänger. Er hat gemäß Art. 98 Satz 4 BV Popularklage gegen die Nrn. 1.1 und 1.2
der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit, Familie und Sozialordnung vom 26. Mai 1992 erhoben. Er macht
geltend, die in dieser Bekanntmachung festgesetzten Sätze - die er als Regelsätze bezeichnet - seien zu niedrig bemessen:
er beantragt, den für den Haushaltsvorstand für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 30. Juni 1993 auf 492 DM festgesetzten Mindestsatz
aufzuheben und das zuständige Staatsministerium zu verurteilen, diesen Satz auf 750 DM festzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht
habe in den Entscheidungen zur Besteuerung einer Familie (BVerfGE 82, 60/85 ff.; 87, 153/169 ff.) den für das Existenzminimum
notwendigen Lebenshaltungsbedarf wesentlich höher angesetzt, so daß sich für den Haushaltsvorstand derzeit ein monatlicher
Betrag von 750 DM errechne. Für Kinder unter 18 Jahren ergebe sich ein Betrag von 390 DM. Das Recht auf Gleichbehandlung gemäß
Art. 118 Abs. 1 BV sei durch diese unterschiedlichen Festsetzungen verletzt. Die derzeitige Festsetzung der Mindestsätze verletze
das Willkürverbot, weil sie sachlich und rechnerisch nicht nachvollziehbar sei. Steuerlich veranlagten Arbeitnehmern werde
ein höherer Lebenshaltungsbedarf zuerkannt. Der Sozialhilfesatz entspreche nicht den Anforderungen der sozialen Gerechtigkeit.
2. Ferner will der Antragsteller mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung erreichen, daß ihm sofort höhere
Sozialhilfebeträge bezahlt und seine Kraftfahrzeugsteuerrückstände beglichen werden.
III. Gemäß Art. 55 Abs. 2
VfGHG ist dem Bayerischen Landtag, dem Bayerischen Senat und der Bayerischen Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
1. Landtag und Senat haben beschlossen, sich nicht am Verfahren zu beteiligen.
2. Die Staatsregierung hält die Popularklage für unzulässig, weil es sich bei der angefochtenen Bekanntmachung nicht um eine
Rechtsvorschrift im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV handle.
a) Die Bekanntmachung vom 26. Mai 1992 sei schon ihrer Form nach nicht als Rechtsvorschrift erlassen worden. Sie sei nicht
als "Verordnung" gekennzeichnet und lediglich im Allgemeinen Ministerialblatt und im Bayerischen Staatsanzeiger, nicht jedoch
im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Die Bekanntmachung sei vom zuständigen Ministerialdirektor
unterzeichnet. also nicht vom Staatsminister ausgefertigt. Auf diesen "formellen" Verordnungsbegriff sei letztendlich abzustellen,
weil ein "materieller" Verordnungsbegriff keine hinreichenden Kriterien für die Abgrenzung einer Rechtsverordnung von Verwaltungsvorschriften
biete.
b) Die angefochtene Bekanntmachung sei auch materiell nicht als Rechtssatz anzusehen. Weder vom Bundesgesetzgeber noch vom
Landesgesetzgeber sei im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bekanntmachung ausdrücklich geregelt gewesen, in welcher
Form die Höhe der Regelsätze von den Landesbehörden festzulegen sei. Dies geschehe überwiegend durch Verwaltungsvorschriften.
In Bayern habe die Besonderheit bestanden, daß die Höhe der Regelsätze durch die örtlichen Träger der Sozialhilfe festgesetzt
worden sei. Das zuständige Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung habe im Einvernehmen mit dem Staatsministerium
des Innern nur Mindestbeträge bestimmt. Die endgültige Festsetzung sei Sache der örtlichen Sozialhilfeträger gewesen, denen
es nicht gestattet gewesen sei, die Mindestbeträge zu unterschreiten. Zumindest für die Festlegung der Mindestbeträge sei
die Form einer Bekanntmachung als ausreichend anzusehen. Diese wende sich unmittelbar an die kreisfreien Gemeinden und die
Landkreise als Träger der Sozialhilfe. Die Begrenzung des Adressatenkreises sei ein Anzeichen dafür, daß mit der angefochtenen
Vorschrift nur verwaltungsinterne Richtlinien, nicht jedoch den Bürger oder andere Dritte unmittelbar berechtigende oder verpflichtende
Rechtssätze erlassen werden sollten. Eine auf Verwaltungsübung und dem Gleichheitssatz beruhende rechtliche Außenwirkung könne
nicht Gegenstand einer Popularklage sein. Dies gelte gerade für die Bestimmung von Mindestbeträgen, die sich an Körperschaften
wende. Die herrschende Meinung halte für die Festsetzung der Höhe der Regelsätze eine Rechtsverordnung nicht für erforderlich.
Für die Bestimmung der Mindestbeträge müsse dies erst recht gelten, da sich deren Festlegung unmittelbar nur an die Sozialhilfeträger
wende. Schließlich könne nicht festgestellt werden, daß das Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung im Jahr
1992 die vorgeschriebene Form nicht eingehalten und damit allgemeinverbindliche, hoheitliche Rechtsetzungsakte der Popularklage
entzogen habe. Es könne daher auf den formellen Verordnungsbegriff abgestellt werden. Im übrigen sei die Popularklage auch
deshalb unzulässig, weil der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt habe, inwiefern die angefochtene Bekanntmachung gegen
das Willkürverbot der Bayerischen Verfassung verstoße. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung seien nicht gegeben.
IV. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, weil der Verfassungsgerichtshof eine solche nach der Sach- und Rechtslage
nicht für geboten erachtet (Art. 55 Abs. 3
VfGHG).
V. Die Popularklage ist unzulässig. Die Unzulässigkeit der Popularklage ergibt sich nicht bereits daraus, daß die angefochtene
Bekanntmachung vom 26. Mai 1992 gemäß Nr. 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung,
Familie, Frauen und Gesundheit vom 20. Juli 1993 am 30. Juni 1993 außer Kraft getreten ist. Denn es ist nicht auszuschließen,
daß die angefochtene Bekanntmachung noch von Bedeutung ist (vgl. Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 1992,
Rdn. 11 zu Art. 98 m.w.N.). Die Popularklage ist jedoch unzulässig, weil die angegriffene Bekanntmachung keine Rechtsvorschrift
ist, die gemäß Art. 98 Satz 4 BV und Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG beim Verfassungsgerichtshof mit der Popularklage angefochten werden kann.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht
verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen (Art.
55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Gesetze und Verordnungen im Sinn dieser Bestimmungen sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts. Rechtsverordnungen
sind die von der Exekutive auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassenen Rechtssätze. Darunter sind abstrakte Vorschriften
zu verstehen, die sich an Rechtssubjekte wenden und für diese Rechte oder Pflichten begründen, ändern oder aufheben (ständige
Rechtsprechung; vgl. VerfGH 35, 33/37; 37, 115/117; 41, 13/15). Dagegen sind Verwaltungsanweisungen nicht der Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofs
unterstellt (vgl. VerfGH 35, 100/103; 37, 115/117; 39, 63/65). Sie wenden sich nur an die nachgeordneten Behörden und sind ausschließlich für diese
bindend; sie entfalten keine unmittelbare Außenwirkung (vgl. VerfGH 41, 13/15). Für die Entscheidung, ob es sich um eine Rechtsvorschrift handelt, kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs
sowohl auf die Form als auch auf den Inhalt der zu prüfenden Maßnahme an (VerfGH 41, 13/15 m.w.N.).
2. Die Bekanntmachung vom 26. Mai 1992, deren Nrn. 1.1 und 1.2 der Antragsteller angefochten hat, ist keine Rechtsvorschrift
im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV.
a) Die Bekanntmachung ist schon ihrer Form nach nicht als Rechtsvorschrift erlassen worden (vgl. Beschluß des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 15. September 1986 Nr. 12 N 86.01469 S. 4). Sie ist nicht als "Verordnung" bezeichnet, wie das
bei einer Rechtsvorschrift veranlaßt gewesen wäre. Nach § 19 Abs. 2 der Allgemeinen Dienstordnung (ADO) vom 1. September 1971
(GVBl S. 305, ber. S. 395; BayRS 200-21-I) sind Rechtsvorschriften als "Verordnung" und sonstige amtliche Veröffentlichungen
als "Bekanntmachung" zu bezeichnen. Die angefochtene Vorschrift ist lediglich im Allgemeinen Ministerialblatt, nicht hingegen
im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Nach § 1 Abs. 1 der Bekanntmachung über die amtliche Veröffentlichung
von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Staatsregierung und der Staatsministerien vom 13. Juni 1977 (GVBl S. 250; BayRS
1140-1-S), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 15. Januar 1991 (GVBl S. 42), werden Rechtsvorschriften der Staatsregierung
und der Staatsministerien grundsätzlich im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht; nach § 2 Abs. 3 Satz 1
dieser Bekanntmachung können Verwaltungsvorschriften der Staatsministerien in deren Amtsblättern oder im Allgemeinen Ministerialblatt
veröffentlicht werden. Die angefochtene Bekanntmachung ist schließlich vom zuständigen Ministerialdirektor unterzeichnet und
nicht vom Staatsminister ausgefertigt. Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung der Bayerischen Staatsregierung (StRGeschO)
i. d. F. der Bekanntmachung vom 19. Juli 1988 (AllMBl S. 650), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 28. September 1993
(StAnz. Nr. 39), werden Rechtsverordnungen aber vom jeweiligen Staatsminister ausgefertigt.
In den zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bekanntmachung geltenden Rechtsvorschriften war auch nicht vorgeschrieben,
daß die Festsetzung der Mindestsätze in Form einer Rechtsnorm vorgenommen werden mußte. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 BSHG in der bis 26. Juni 1993 geltenden Fassung i.V.m. Art. 16 Satz 1 AGBSHG a.F. wurden im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bekanntmachung die Regelsätze von den Sozialhilfsausschüssen (Art.
2
AGBSHG) der örtlichen Sozialhilfeträger im Rahmen der Regelsatzverordnung festgesetzt. Gemäß Art. 16 Satz 2 AGBSHG a.F. "bestimmte" das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern
lediglich Mindestbeträge, die nicht unterschritten werden durften (vgl. dazu Schellhorn/Jirasek/Seipp, Das Bundessozialhilfegesetz, 14. Aufl. 1993, Rdn. 18 zu § 22; Gottschick/Giese, Das Bundessozialhilfegesetz, 9. Aufl. 1985, Anm. 4 zu § 22). Schon ein Vergleich der Formulierungen in Art. 16 Satz 2 AGBSHG a.F. ("bestimmt") und in Art. 18 Satz 1 AGBSHG ("... kann ... durch Rechtsverordnung bestimmen") zeigt, daß der Gesetzgeber für die Bestimmung der Mindestbeträge die Form
einer Rechtsverordnung nicht für erforderlich hielt.
b) Die sich aus der Form ergebenden Rückschlüsse, daß die Bekanntmachung vom 26. Mai 1992 nicht die Rechtsnatur einer Rechtsvorschrift
hat, werden durch die Prüfung ihres Inhalts bestätigt (vgl. VerfGH 35, 100/103 m.w.N.).
Die Bekanntmachung richtet sich, wie sich aus ihrer Nr. 2 ("Die Landkreise und kreisfreien Gemeinden teilen die von ihnen
festgesetzten Beträge über die Regierungen dem Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung und dem Staatsministerium
des Innern bis zum 1. August 1992 mit") ergibt, unmittelbar nur an die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise als örtliche
Träger der Sozialhilfe im eigenen Wirkungskreis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 BSHG, Art. 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AGBSHG). Diese waren kraft Gesetzes (Art. 16 Satz 2 Halbsatz 2 AGBSHG a.F.) verpflichtet, sich an die Vorgaben der Bekanntmachung insoweit zu halten, als sie die dort bestimmten Mindestbeträge
nicht unterschreiten durften. Bereits die hierdurch bewirkte Begrenzung der Bekanntmachung vom 26. Mai 1992 ist ein Anzeichen
dafür, daß mit ihr nur verwaltungsinterne Richtlinien, nicht dagegen Dritte unmittelbar berechtigende Rechtssätze erlassen
werden sollten (vgl. VerfGH 35, 33/38 m.w.N.).
Der angefochtenen Bekanntmachung kommt keine Außenwirkung für den Bürger zu; sie begründet keine unmittelbaren Rechte des
Sozialhilfeempfängers. Die Festsetzung oder Änderung von Mindestbeträgen wirkt sich auf die Rechtsstellung des Sozialhilfeempfängers
nicht unmittelbar aus, denn diesem gegenüber gelten nur die Festsetzungen der örtlichen Sozialhilfeträger (vgl. Beschluß des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. September 1986 Nr. 12 N 86.01469 S. 4). Außenwirkung kommt nur den gewährenden
oder versagenden Bescheiden der örtlichen Sozialhilfeträger zu.
VI. Da sich die Popularklage somit als unzulässig erweist, ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (Art. 26
VfGHG) gegenstandslos.
VII. Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).