Einsatz des Vermögens durch den unterhaltspflichtigen Verwandten
Tatbestand:
Das klagende Land (Kläger) hat gegen die seit 1977 in seinem Landeskrankenhaus in N. untergebrachte volljährige Tochter des
Beklagten wegen der durch die Unterbringung entstandenen Kosten ein Versäumnisurteil auf Zahlung von 45.243,65 DM nebst Zinsen
aus 20.009,05 DM in Höhe von 6,5 % für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 1978 in Höhe von 7 % seit dem 1. Januar 1979
sowie aus 25.234,60 DM in Höhe von 7 % seit dem 27. September 1979 erwirkt. Wegen dieses Anspruchs ist durch Pfändungs- und
Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts O. vom 21. Dezember 1979, dem Beklagten zugestellt am 10. Januar 1980, die (angebliche)
Forderung der Tochter des Beklagten gegen diesen auf Zahlung des Unterhalts gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen
worden. Diese Unterhaltsforderung macht der Kläger mit der hier zugrundeliegenden, im Juli 1980 erhobenen Klage geltend; hilfsweise
stützt er die Klage auf ein nach seiner Meinung von dem Beklagten abgegebenes abstraktes Schuldversprechen.
Der Beklagte bezieht eine Altersrente. Ferner hat er Einkünfte aus Kapitalvermögen. Darüber hinaus ist er Eigentümer eines
vermieteten Mehrfamilienhauses in W. und Miteigentümer nach Bruchteilen zu je 1/2 eines weiteren vermieteten Wohnhauses in
W., eines vermieteten Reihenhauses in G., des von ihm selbst mit Ehefrau und Sohn bewohnten Hauses in W. sowie eines Ferienhauses
in O. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Der Sohn ist im Laufe des Rechtsstreites im August 1982 volljährig geworden. Seit
dieser Zeit bezieht er eine Ausbildungsvergütung.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht -
Familiensenat - die Entscheidung des Familiengerichts dahin geändert, daß es den Beklagten verurteilt hat, 13.611 DM sowie
ab 1. April 1984 monatlich 1.369 DM bis zur Tilgung des titulierten Anspruchs samt Zinsen zu zahlen. Dabei ist es davon ausgegangen,
daß in der Zeit vom 1. Dezember 1980 bis 31. März 1984 Unterhaltsansprüche der Tochter des Beklagten in Höhe von 55.611 DM
fällig geworden seien. Hierauf hat es in der Zeit vom 1. Dezember 1980 bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz
(16. März 1984) gezahlte 42.000 DM angerechnet. Wegen des danach aus der Klagesumme nebst Zinsen verbleibenden Restes hat
es auf die laufende monatliche Zahlung erkannt. Die weitergehende Klage hat das Berufungsgericht abgewiesen, soweit der Kläger
sie auf (ihm überwiesene) Unterhaltsansprüche gestützt hat. Soweit weitergehende Ansprüche unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten
Schuldversprechens in Frage stehen, hat es den Rechtsstreit an das Landgericht als Berufungsgericht verwiesen.
Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der Entscheidung des Familiengerichts.
Entscheidungsgründe:
A. Da das Berufungsgericht den Beklagten außer zur Zahlung von 13.611 DM mit Wirkung ab 1. April 1984 auch zur Zahlung von
monatlich 1.369 DM verurteilt hat, verfügt der Kläger an sich über einen Titel, der ihm die Zwangsvollstreckung wegen der
gesamten Klageforderung samt Zinsen ermöglicht. Dies steht jedoch, und zwar auch soweit die Klageforderung durch die seither
verstrichenen Monate abgedeckt wird, der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen. Der Kläger hat die Verurteilung des Beklagten
zur sofortigen Zahlung des eingeklagten Betrages beantragt. Er ist daher, soweit er durch das Berufungsmittel teilweise auf
erst künftig fällig werdende Leistungen verwiesen worden ist, beschwert. Im übrigen ist sein Klagevorbringen dahin auszulegen,
daß er, insoweit anstelle der unterhaltsberechtigten Tochter, bis zur Gesamthöhe der Klagesumme samt Zinsen gegen den Beklagten
Unterhalt in Höhe der jeweiligen für die Unterbringung der Tochter erwachsenen Kosten geltend macht. So hat das Berufungsgericht
das Klagebegehren auch zutreffend verstanden. Dann aber stellt es sich der Sache nach als eine teilweise Aberkennung des geltend
gemachten Unterhaltsanspruchs dar, wenn das Gericht seiner Abrechnung einen geringeren als den beanspruchten monatlichen Betrag
zugrundelegt.
B. In der Sache selbst führt die Revision des Klägers zu einem Teilerfolg.
I. Soweit das Berufungsgericht rückständige Unterhaltsansprüche aus der Zeit vor dem 1. Dezember 1980 verneint hat, wird das
von der Revision nicht angegriffen. Die Revision beanstandet ausschließlich die Unterhaltsbemessung in dem Zeitraum, für den
das Berufungsgericht an den Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche bejaht hat.
II. Die Revision des Klägers ist zurückzuweisen, soweit das Berufungsgericht die Klage in Höhe von 42.000 DM abgewiesen hat.
Der Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom 1. Dezember 1980 bis zum Tage der letzten mündlichen Verhandlung
in der Berufungsinstanz am 15. März 1984 insgesamt 42.000 DM an das Landeskrankenhaus N. des Klägers gezahlt. Der Kläger war
nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts den Umständen nach mit dieser Zahlung unmittelbar an das Landeskrankenhaus
einverstanden. Es handelte sich dabei um Zahlungen auf die Forderung des Klägers. Sie ist folglich in diesem Umfange erloschen.
Die Zahlungen sind nach dem Grundsatz des §
367 Abs.
1
BGB zunächst auf die Zinsen und erst dann auf die Hauptschuld anzurechnen.
III. Wegen der verbleibenden Klageschuld ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben und der Rechtsstreit
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit der Klage nicht stattgegeben worden ist.
1. Die Unterhaltspflicht des Beklagten als solche steht dem Grunde nach außer Streit. Sie ergibt sich aus §
1601
BGB. Der Unterhaltsbedarf der Tochter des Beklagten ist offensichtlich. Er wird durch ihre Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt
bestimmt (vgl. auch §
1610 Abs.
2
BGB) und deckt sich mit den dort anfallenden Kosten (s. auch z. B. OLG Celle DAVorm. 1982 Sp. 571 f. und OLG Frankfurt DAVorm.
1983 Sp. 515 f.).
2. Bei der Bemessung der der Tochter des Beklagten zustehenden Unterhaltsrente hat das Berufungsgericht als Einkommen des
Beklagten dessen Altersrente, Kapitalerträgnisse sowie Mieteinnahmen berücksichtigt. Zu dem von dem Beklagten mit seiner Familie
bewohnten Eigenheim und dem Ferienhaus hat es ausgeführt, daß die damit verbundenen finanziellen Belastungen unterhaltsrechtlich
nicht (als einkommensmindernd) anzurechnen seien, da es Sache des Beklagten sei, wieviel er von dem ihm verbleibenden Einkommen
für Wohnen und Urlaub ausgebe. Grundbesitz zu veräußern, sei der Beklagte nicht verpflichtet. Das gelte auch für das ihm zusammen
mit seiner Ehefrau (zu je 1/2) gehörende Ferienhaus, zumal ein derartiger Miteigentumsanteil für sich allein kaum verwertbar
sei und der Beklagte seine Ehefrau nicht zu einer gemeinschaftlichen Veräußerung zwingen könne. Im übrigen sei dem Beklagten
wie auch seiner Ehefrau aus dem verfügbaren Einkommen ebensoviel zuzugestehen wie der Tochter. Es erscheine daher angemessen,
das Einkommen gleichmäßig zwischen ihm, seiner Ehefrau und der Tochter aufzuteilen. Der Unterhalt für den Sohn sei vorweg
abzuziehen; diese Handhabung erscheine nach Lage des Falles auch für die Zeit nach Volljährigkeit dieses Kindes (August 1982)
sachgerecht.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht dem Umstand keine Beachtung geschenkt hat, daß der Beklagte in einem
ihm selbst (zusammen mit seiner Ehefrau zu 1/2) gehörenden Haus wohnt. Es hat - neben der Altersrente und Kapitaleinkünften
des Beklagten - lediglich "Mieteinnahmen" berücksichtigt. Hierunter fällt schon dem Wortlaut nach nicht auch der Vorteil des
Wohnens im eigenen Haus. Allerdings hat das Berufungsgericht für die Mieteinnahmen in den Jahren 1980 und 1981 auf die Steuerbescheide
zurückgegriffen. Steuerlich gehört aber zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ggf. auch der Nutzungswert des eigenen
Hauses. Das Berufungsgericht ist indes erkennbar davon ausgegangen, daß das selbstgenutzte Haus hier die steuerlichen Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung nicht erhöht hat. Anders ergäbe es keinen Sinn, daß sich das Berufungsgericht bei dem selbstgenutzten
Haus (wie auch bei dem Ferienhaus) nur mit den damit verbundenen Belastungen befaßt und ablehnt, diese als einkommensmindernd
anzuerkennen. Für das Jahr 1982 ergibt sich unmittelbar aus einem Vergleich zwischen den von dem Berufungsgericht zugrundegelegten
Mieteinnahmen und der von ihm im übrigen für 1982 in Bezug genommenen Aufstellung des Steuerberaters S., daß der Nutzungswert
des von dem Beklagten selbst bewohnten Hauses (wie auch des Ferienhauses) herausgerechnet und weggelassen worden ist.
Entgegen der Handhabung des Berufungsgerichts ist das Wohnen des Unterhaltspflichtigen im eigenen Haus unterhaltsrechtlich
von Bedeutung. Es kann die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit erhöhen. Denn der Eigentümer erspart entsprechende Mietaufwendungen,
wie sie ansonsten einen Teil des allgemeinen Lebensbedarfs ausmachen. Auf der anderen Seite sind freilich allgemeine Grundstückskosten
und -lasten sowie ggf. Zins- und Tilgungsleistungen für Finanzierungsdarlehen aufzubringen. Soweit aber bei einer Gegenüberstellung
mit den dem Grundeigentum verbundenen Kosten der Vorteil der ersparten Miete überwiegt, der Eigentümer also "billiger" lebt
als der Mieter einer vergleichbaren Wohnung, ist das für die Unterhaltsbemessung heranzuziehende Einkommen entsprechend höher
anzusetzen (Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 20/83 - FamRZ 1985, 354, 356 und Senatsurteil vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359; vgl. auch Senatsurteil vom 18. April 1984 - IVb ZR 49/82 - FamRZ 1984, 683, 684).
An ausreichenden Feststellungen hierzu fehlt es bisher. Daß sich der steuerliche Einheitswertbescheid unter den vom Berufungsgericht
in Bezug genommenen Unterlagen befindet, hilft nicht weiter. Zwar wird im Steuerrecht der Nutzungswert des selbst genutzten
Hauses mit 1.4 % des Einheitswertes fingiert. Hierauf sind ggf. Schuldzinsen bis herab auf 0 anzurechnen; u. U. kann sich,
etwa bei der Abschreibung nach §
7b
EStG, auch ein steuerlicher Verlust ergeben. Diese steuerrechtliche Behandlung ist jedoch unterhaltsrechtlich unbeachtlich. Allgemein
sind die zu versteuernden Einkünfte des Unterhaltspflichtigen durchweg geringer als das Einkommen, nach dem sich der Unterhalt
bemißt (vgl. Senatsurteil vom 23. April 1980 - IVb ZR 510/80 - FamRZ 1980, 770 f.; Senatsurteil vom 26. Oktober 1983 - IVb ZR 13/82 - FamRZ 1984, 39, 41; Senatsurteil vom 16. Januar 1985 a.a.O. S. 359). Das gilt zwar nicht zuletzt bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
(Senatsurteil vom 26. Oktober 1983 a.a.O.) und für den Nutzungswert des selbst genutzten Hauses. Zu letzterem bedarf es vielmehr
der Feststellung des objektiven Mietwerts auf der einen und der mit dem Grundeigentum verbundenen Kosten auf der anderen Seite.
Da diese Feststellungen fehlen und somit das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen nicht feststeht, muß die Sache schon
aus diesem Grunde an den Tatrichter zurückgegeben werden.
b) Die Revision wendet sich auch zu Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß dem Beklagten aus seinem verfügbaren
Einkommen ebensoviel zustehe wie der Tochter, diese also zu ihrem Unterhalt nicht mehr beanspruchen könne, als dem Beklagten
unter Berücksichtigung seiner weiteren Unterhaltsverbindlichkeiten für seine eigene Lebensführung verbleibe. Diese Betrachtungsweise
findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr hat der Unterhaltspflichtige für den gesamten Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten
aufzukommen, soweit ihm dies ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts möglich ist (§
1603 Abs.
1
BGB). Solange dieser "Selbstbehalt" nicht berührt wird, hat er den Unterhaltsbedarf des Berechtigten selbst dann zu befriedigen,
wenn dieser Bedarf höher ist als sein eigener. Diese Situation ist gerade bei Krankheit und dadurch bedingtem Mehrbedarf des
Berechtigten nicht selten. Das der Unterhaltspflichtige mehr herzugeben hat als er behält, ist im übrigen häufig, wenn er
mehreren Personen Unterhalt gewähren muß.
Auf der anderen Seite ist freilich die Regelung des §
1609 Abs.
1 und Abs.
2 Satz 1
BGB zu beachten, wonach in Fällen, in denen der Unterhaltsschuldner nicht allen Unterhaltspflichten genügen kann, dem Unterhaltsanspruch
eines volljährigen Kindes die Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder und der Ehefrau des Unterhaltspflichtigen vorgehen.
Daß hier die - volljährige - Tochter des Beklagten behindert und deswegen nicht erwerbsfähig ist, führt nicht zu einer unterhaltsrechtlichen
Behandlung als minderjähriges Kind (vgl. Senatsurteil vom 18. April 1984 a.a.O. S. 685 f.). Demzufolge ist aus dem unterhaltsrechtlich
relevanten Einkommen des Beklagten vorab der Unterhaltsbedarf der Ehefrau und - bis zur Volljährigkeit - des Sohnes des Beklagten
abzudecken. Die volljährige Tochter kann, soweit ihr Unterhaltsbedarf reicht, nur die Differenz zwischen dem verbleibenden
Einkommen und dem Selbstbehalt beanspruchen. Für die Zeit ab Volljährigkeit des Sohnes ist allein der Unterhalt der Ehefrau
vorweg zu bedienen. Soweit das verbleibende Einkommen des Beklagten nach Abzug seines angemessenen Selbstbehalts für den Unterhaltsbedarf
der Tochter und des dann ebenfalls volljährigen Sohnes nicht ausreicht, ist der verfügbare Betrag zwischen ihnen nach dem
Verhältnis der Bedarfsbeträge aufzuteilen.
Die hiernach für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Tochter benötigten Werte - Selbstbehalt des Beklagten sowie Unterhaltsbedarf
der Ehefrau einerseits und des Sohnes andererseits - hängen gleichzeitig von dem noch festzustellenden unterhaltsrechtlich
relevanten Einkommen des Beklagten (s. oben zu a) ab und unterliegen im einzelnen der tatrichterlichen Einschätzung. Auch
aus diesem Grunde ist der Rechtsstreit in dem dargelegten Umfange an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
c) Die Revision steht weiter zu Recht auf dem Standpunkt, daß der Beklagte, soweit seine laufenden Einkünfte zur Befriedigung
des Unterhaltsbedarfs der Tochter nicht ausreichen, seinen Miteigentumsanteil an dem ihm zusammen mit seiner Ehefrau zu je
1/2 gehörenden Ferienhaus zu verwerten hat.
In Ermangelung sonstiger Mittel hat ein Unterhaltspflichtiger grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung
des Unterhalts einzusetzen. Eine allgemeine Billigkeitsgrenze, wie sie insoweit etwa für den Unterhalt zwischen geschiedenen
Ehegatten gilt (§
1581 Satz 2
BGB; zum Unterhalt zwischen getrennt lebender Ehegatten vgl. Göppinger/Wenz Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 1206 sowie - bezogen
auf den Unterhaltsberechtigten - Senatsurteil vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 60/83 - FamRZ 1985, 360, 361 f.), sieht das Gesetz beim Unterhalt zwischen Verwandten gerader Linie, um den es hier geht, nicht vor. Dort ist allein
auf §
1603 Abs.
1
BGB abzustellen. Danach entfällt die Unterhaltspflicht erst, wenn der Berechtigte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen
außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Außerstande zur Unterhaltsgewährung
ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt (s. BGHZ 75, 272, 278 mit weiteren Nachweisen; Erman/Küchenhoff
BGB 7. Aufl. §
1603 Rdn. 1; Palandt/Diederichsen
BGB 44. Aufl. §
1603 Anm. 2a; Soergel/Lange
BGB 11. Aufl. §
1603 Anm. 7). Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz auch des Vermögensstammes ergeben sich allein daraus, daß nach dem
Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen
Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Daraus folgt, daß eine Verwertung des Vermögensstammes nicht verlangt werden kann, wenn
sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung weiterer Unterhaltsansprüche
oder anderer berücksichtigungswürdiger Verbindlichkeiten (vgl. insoweit allgemein Senatsurteil vom 25. November 1981 - IVb ZR 611/80 - FamRZ 1982, 157 f.). oder zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts benötigt (s. BGHZ a.a.O.; RG JW 1904, 295 und 1906, 357, 358; RG Recht
1911 Nr. 3330; Göppinger/Wenz a.a.O. Rdn. 1209 a. E.; Palandt/Diederichsen a.a.O. § 1603 Anm. 2d; Soergel/Lange a.a.O.). Auch
die Verwertung, jedenfalls die Veräußerung, eines nach den übrigen Verhältnissen der Familie angemessenen Familieneigenheims
wird im allgemeinen nicht verlangt werden können, weil es ebenfalls der Befriedigung des Unterhaltsbedarfs des Schuldners
selbst und ggf. weiterer Familienangehöriger dient und zugleich Mietaufwendungen erspart (s. Göppinger/Wenz a.a.O. Rdn. 1209;
vgl. auch - zur Bedeutung des Familienheims für die Erfüllung des Wohnbedarfs der Familie - Senatsurteil vom 7. Oktober 1981
a.a.O. S. 159). Allgemein braucht der Unterhaltsschuldner den Stamm seines Vermögens nicht zu verwerten, wenn dies für ihn
mit einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Nachteil verbunden wäre (BGHZ a.a.O.); denn auch das wäre mit der nach dem
Gesetz gebotenen Berücksichtigung der ansonsten zu erfüllenden Verbindlichkeiten nicht zu vereinbaren und müßte letztlich
den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf des Verpflichteten in Mitleidenschaft ziehen.
Mit diesen Grundsätzen ist es nicht zu vereinbaren, daß das Berufungsgericht eine Obliegenheit des Beklagten zur Verwertung
seines Miteigentumsanteils an dem Ferienhaus verneint hat. Dieses dient hier weder als Einkommensquelle noch ist es zur Befriedigung
des Wohnbedarfs der Familie vonnöten. Ein solcher Vermögensgegenstand muß, wenn die laufenden Einkünfte nicht ausreichen,
für berechtigte Unterhaltsbedürfnisse eingesetzt werden. Die unterhaltsrechtlichen Vorschriften lassen es nicht zu, einen
Unterhaltsbedürftigen öffentlicher Hilfe anheimfallen zu lassen, während der unterhaltspflichtige Verwandte (Mit-) Eigentümer
eines eigenen Ferienhauses ist. Ein Unterhaltspflichtiger in dieser Lage ist nicht im Sinne des §
1603 Abs.
1
BGB "außerstande", für den Unterhalt des Bedürftigen zu sorgen.
Daß hier eine Verwertung zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen nicht möglich wäre, hat der Beklagte in seinen von dem
Berufungsgericht in Bezug genommenen Schriftsätzen selbst nicht geltend gemacht. Er hat lediglich eingewendet, da ein Verkauf
des Ferienhauses nicht ausreichen werde (Schriftsatz vom 24. August 1983). Darauf kommt es jedoch nicht an. Die unterhaltsrechtliche
Obliegenheit zur Verwertung von Vermögen entfällt nicht deshalb, weil der Unterhaltsschuldner nur vorübergehend in die Lage
versetzt würde, den vollen Unterhaltsbedarf zu befriedigen. Er ist dann eben nach der Erschöpfung der erzielten Geldmittel
wieder nur in geringerem Umfange leistungsfähig.
Eine Unverwertbarkeit zu wirtschaftlichen Bedingungen ergibt sich vorliegend auch nicht aus der Erwägung des Berufungsgerichts,
daß das Ferienhaus dem Beklagten nur zusammen mit seiner Ehefrau gehöre, ein derartiger Miteigentumsanteil kaum verwertbar
sei und die Ehefrau zu einer gemeinschaftlichen Verwertung nicht gezwungen werden könne. Das Berufungsgericht übersieht dabei,
daß jedenfalls einer Verwertung des Miteigentumsanteils in der Form der Beleihung (vgl. insoweit RG JW 1907, 674) nichts im
Wege steht, ferner, daß der Beklagte jederzeit die Auseinandersetzungsversteigerung betreiben kann, wenn sich die Ehefrau
nicht zu einer gemeinschaftlichen freihändigen Veräußerung bereitfindet. Im übrigen kommt in Betracht, daß die Ehefrau, bei
der es sich offenbar um die Mutter des Kindes handelt, ihrerseits zur Verwertung des Ferienhauses gehalten ist.
Wieweit sich die Obliegenheit des Beklagten zur Verwertung seines Miteigentumsanteils an dem Ferienhaus auf die hier zu treffende
Entscheidung auswirkt, läßt sich nach dem derzeitigen Sachstand nicht abschließend beurteilen. Zu diesem Rückgriff auf den
Vermögensstamm ist der Beklagte nur insoweit gehalten, als seine laufenden Einkünfte nicht ausreichen. Es ist daher zunächst
festzustellen, wie hoch das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Beklagten unter Mitberücksichtigung des Wohnens im
eigenen Haus (s. dazu oben a) ist und wieviel davon nach den dargelegten Verteilungsgrundsätzen (s. oben b) der Tochter zusteht.
Erst dann läßt sich übersehen, in welchem Umfange der Unterhaltsbedarf der Tochter aus der Verwertung des Ferienhauses zu
decken ist. Davon wiederum hängt es ab, ob dem Beklagten eine Verwertung durch Veräußerung obliegt oder ihm zuzugestehen ist,
auf eine Beleihung auszuweichen, um auf diese Weise den endgültigen Verlust des Ferienhauses zu vermeiden. In diesem Zusammenhange
verdienst ggf. auch die von der Revision angestellte Erwägung Berücksichtigung, daß eine Beleihung mindestens insoweit naheliegen
kann, als der Kredit aus mit Hilfe des Ferienhauses erzielbaren Einkünften verzinst werden kann. Weiter kommt es etwa darauf
an, welcher Erlös bei der Veräußerung des Miteigentumsanteils erzielbar ist bzw. in welchem Umfange eine Beleihung in Betracht
kommt. Letztlich ist nicht auszuschließen, daß sich die Unterhaltspflicht des Beklagten ermäßigt, wenn nämlich seine Ehefrau
als die Mutter des Kindes ebenfalls zur Verwertung ihres Anteils an dem Ferienhaus gehalten ist und darüber ihrerseits als
teilweise leistungsfähig anzusehen ist. Alle diese Fragen erfordern teils weitere tatsächliche Feststellungen, teils Wertungen
im tatrichterlichen Verantwortungsbereich und sind daher insgesamt der Entscheidung des Berufungsgerichts zu überlassen.
IV. Das angefochtene Urteil ist auch insoweit aufzuheben, als es die Verweisung an das Landgericht als Berufungsgericht zur
Entscheidung über den von dem Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus einem von dem Beklagten (nach der Auffassung
des Klägers) abgegebenen abstrakten Schuldversprechen ausspricht. Zum einen kommt weiterhin in Betracht, daß der Klage aufgrund
des von dem Kläger in erster Linie verfolgten Unterhaltsanspruchs in vollem Umfange stattzugeben ist. Aber auch insoweit es
darauf ankommt, ob der Beklagte ein abstraktes Schuldversprechen abgegeben hat, ist für eine Verweisung kein Raum. Es handelt
sich dabei nach Lage des Falles nicht um die Geltendmachung eines gesonderten prozessualen Anspruchs, sondern lediglich um
eine andere sachlich-rechtliche Begründung für das nämliche Klagebegehren. In einem solchen Falle scheidet eine Prozeßtrennung
aus. Vielmehr hat das nach dem Schwergewicht der Sache zuständige Gericht - und das ist hier der Familiensenat des Oberlandesgerichts
- auch über die an sich nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Anspruchsgrundlage mitzuentscheiden (Senatsbeschluß
vom 10. November 1982 - IVb ARZ 44/82 - FamRZ 1983, 155 f).
C. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin: Soweit die Mieteinnahmen noch nicht greifbar
sind und deshalb aus den bisherigen Miteinnahmen Rückschlüsse auf die Höhe dieser Einnahmen in der Folgezeit gezogen werden
müssen, dürfen nicht ohne weiteres die Verhältnisse des zuletzt belegten Jahres zugrundegelegt werden, wie es das Berufungsgericht
für die Zeit am 1 Januar 1983 auf der Basis der Werte des Jahres 1982 getan hat. Vielmehr ist angesichts der in den Jahren
1980 bis 1982 nicht unerheblich schwankenden Höhe der Mieteinnahmen des Beklagten ein - möglichst zeitnaher - Mehrjahresdurchschnitt
zu bilden, damit nicht ein zufällig günstiges oder ungünstiges Jahr als Maßstab für die Zukunft dient (vgl. Senatsurteil vom
16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - a.a.O. S. 358, 359, 360).