BGH, Urteil vom 17.09.1986 - IVb ZR 59/85
Sittenwidrigkeit einer unterhaltsrechtlichen Verzichtsvereinbarung (hier für Unterhaltsrückstände aus der Vergangenheit), die eine Unterstützungsbedürftigkeit des Unterhaltsschuldners zu Lasten der Sozialhilfe zur Folge hat.
Fundstellen: BGHR BGB § 138 Abs. 1 Unterhaltsverzicht 1, BGHR BGB § 1613 Abs. 1 Verzugsfolgen 1, BGHR BGB § 284 Abs. 1 Verzugsfolgen 1, BGHR BSHG § 91 Abs. 2 Unterhaltsverzicht 1, BGHR ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 Bestimmtheit 2, DRsp I(111)151f, FamRZ 1987, 40 , JZ 1987, 50 , MDR 1987, 216 , NJW 1987, 1546
Normenkette:
BGB § 138
,
BSHG § 90 Abs.1
»...Wie der Senat [in] FamRZ 1983, 137, 139 [hier: I(111) 128 c] entschieden hat, kann eine Vereinbarung, in der ein nicht erwerbsfähiger und nicht vermögender Ehegatte auf Unterhalt verzichtet mit der Folge, daß er zwangsläufig auf Sozialhilfeleistungen angewiesen ist, auch dann gegen die guten Sitten verstoßen und nichtig sein, wenn ihr eine Schädigungsabsicht zu Lasten des Trägers der Sozialhilfe nicht zugrunde liegt.
Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit einer unterhaltsrechtlichen Verzichtsvereinbarung sind im vorl. Fall erfüllt. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, daß die .. Einigung der Parteien keine zukünftigen Unterhaltsansprüche betraf, sondern sich auf Unterhaltsrückstände aus der Vergangenheit bezog. Da die Ehefrau in dem hier fraglichen Zeitraum nicht erwerbstätig war und über die erhaltenen Unterhaltsleistungen des Ehemannes hinaus bereits Sozialhilfe bezogen hatte, lief die .. Vereinbarung der Parteien objektiv zwangsläufig auf eine Belastung des Trägers der Sozialhilfe hinaus. Dies war geradezu der Inhalt der .. Vereinbarung, die darin bestehen sollte, daß die zwischen den Parteien getroffene Einigung über die Höhe des für den fraglichen Zeitraum geschuldeten Unterhalts weitergehende Ansprüche ausschließen sollte. Als »weitergehende Ansprüche« kamen hierbei nach dem Sinn und Zweck der Einigung nur diejenigen in Betracht, auf die sich die Rechtswahrungsanzeige der Stadt B. bezogen hatte und die später gemäß § 90 Abs. 1 BSHG auf die Stadt übergeleitet wurden. ...«