Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhalt; Anforderungen an die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs; Hinweise auf die
Aufnahme eheähnlicher Beziehungen durch den Unterhaltsberechtigten
Tatbestand
Die Klägerin, deren Ehe mit dem Beklagten im Jahre 1975 aus dessen überwiegendem Verschulden geschieden wurde, nimmt diesen
auf Unterhalt in Anspruch. Sie ist nicht erwerbstätig. Bei ihr lebt das am ... 1968 geborene gemeinsame Kind der Parteien,
für das der Beklagte zunächst 200,- DM monatlichen Unterhalt bezahlt hat und seit Oktober 1977 210,- DM monatlich an die Klägerin
entrichtet. Diese lebt seit Anfang 1977 in ihrer Wohnung im Hause ihrer Eltern außerdem mit einem anderen Manne in eheähnlicher
Gemeinschaft zusammen. Der Beklagte, der seit 12. August 1977 wieder verheiratet ist, hatte in der Zeit ab November 1976 als
Angestellter ein durchschnittliches Nettogehalt von anfang 1.879,- DM und seit August 1977 von 2.383,02 DM. Außerdem erhielt
er in dieser Zeit für das Jahr 1976 eine sogenannte Jahresvergütung in Höhe von 2.104,91 DM netto. Seine jetzige Ehefrau hat
zwei Kinder im Alter von sieben und zehn Jahren mit in die Ehe gebracht und ist nicht berufstätig.
Die Klägerin hat als Unterhalt für die Zeit seit 1. April 1977 über die damals freiwillig gezahlte Rente von 300,- DM hinaus
einen weiteren Betrag von 300,- DM monatlich eingeklagt. Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, über die freiwillige
Leistung hinaus einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag an die Klägerin zu zahlen, der im Hinblick auf die Änderungen
des Gehaltes und die vom Beklagten abzutragenden Steuerschulden unterschiedlich bemessen wurde und ab 1. April 1977 39,- DM,
ab 1. August 1977 187,- DM und ab 1. März 1978 300,- DM beträgt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht
das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (Leitsatz der Berufungsentscheidung abgedruckt in FamRZ 1979, 133 unter Nr. 86). Mit der (zugelassenen) Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1.
Da die Ehe der Parteien vor Inkrafttreten des 1. EheRG geschieden worden ist, bestimmt sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin
nach früherem Recht (Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 des 1. EheRG). Maßgebend sind danach die Vorschriften der §§ 58 ff. EheG.
2.
Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Bei der Erörterung dieser Rechtsgrundlagen hat es zunächst die vom Beklagten in
den Vordergrund gestellte Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach § 66 EheG durch die eheähnlichen Beziehungen zu dem in ihre Wohnung aufgenommenen Mann geprüft. Das Gericht hat diese Frage verneint.
Es ist Jedoch sodann im Hinblick auf dieses Verhältnis zu dem Ergebnis gelangt, es begründe die tatsächliche Vermutung, daß
die Klägerin von ihrem jetzigen Lebensgefährten unterhalten werde und deshalb nicht bedürftig sei. Eine derartige Vermutung
sei im Sozialhilferecht in § 122 Abs. 1 Satz 2 (richtig: § 122 Satz 2) i.V.m. § 16 BSHG für eheähnliche Gemeinschaften gesetzlich bestimmt, müsse aber auch in anderen Bereichen, wie dem Unterhaltsrecht, anerkannt
werden, wo es auf die Bedürftigkeit dessen ankomme, der von einem anderen Leistungen zur Deckung seines Lebensbedarfs begehre.
Sie beruhe auf der allgemeinen Lebenserfahrung, daß die in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden, aus einem Topf wirtschaftenden
Partner sich gegenseitig unterstützten und unterhielten. Im vorliegenden Fall werde die Vermutung der fehlenden Unterhaltsbedürftigkeit
der Klägerin durch die Tatsache bestärkt, daß ihr Lebensgefährte nach ihren Angaben monatlich 1.200,- DM netto verdiene und
ihr davon 500,- DM überlasse. Ob die Klägerin von diesem Betrag neben der Miete in Höhe von 200,- DM die sonstigen Haushaltskosten
voll zu bestreiten in der Lage sei, könne dahinstehen. Auch wenn sie mit dem Mann, mit dem sie zusammenlebe, nicht verheiratet
sei, sei sie doch gehalten, in erster Linie von ihm den zur gemeinsamen Lebensführung notwendigen Betrag zu verlangen. Daß
der Betrag von diesem nicht zu erlangen sei, habe die Klägerin nicht dargetan. Hiernach geht das Berufungsgericht davon aus,
daß der aus der Klägerin, ihrem Lebensgefährten und dem Kinde der Parteien bestehenden Gemeinschaft das Arbeitseinkommen jenes
Mannes von ca. 1.200,- DM, der Unterhaltsbetrag für das Kind von 210,- DM und 50,- DM Kindergeld, mithin ein monatlicher Betrag
von 1.460,- DM, zur Verfügung ständen. Diese Mittel reichten aus, um den Lebensbedarf, auch der Klägerin, voll zu decken.
3.
Dieser Beurteilung ist insoweit zuzustimmen, als es die Präge der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin betrifft;
im übrigen unterliegt sie jedoch durchgreifenden Bedenken.
a)
Bereits in BGHZ 31, 210, 216 hat der Senat in einem Fall, in dem der geschiedene Ehegatte mit einem neuen Partner - allerdings ohne mit ihm zusammenzuleben
- ein intimes Verhältnis unterhielt, entschieden, daß die Unterhaltung derartiger, auch länger dauernder Beziehungen die Voraussetzungen
des § 66 EheG noch nicht erfüllt. Der Verwirkungsgrund des ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandels komme nur in Betracht, wenn der Unterhaltsverpflichtete
in seinen rechtlich geschützten Interessen durch den Lebenswandel seines geschiedenen Ehegatten betroffen werde. Das aber
sei nur bei einer Lebensführung der Fall, die einen besonders groben, nach außen in Erscheinung tretenden Verstoß gegen die
sittliche Ordnung darstelle und so belastend für den früheren Ehegatten sei, daß die sich aus § 66 EheG ergebenden schwerwiegenden Rechtsfolgen in einem angemessenen Verhältnis zu jenen Belastungen ständen (ebenso
BGB-RGRK, 10. und 11. Aufl. § 57 EheG Anm. 14 i.V.m. § 66 EheG Anm. 10; Hoffmann/Stephan, EheG § 57 Rdn. 31 f. i.V.m. § 66 Rdn. 5; Brühl/Göppinger/Mutschler, Unterhaltsrecht, 3. Aufl. Bd. I Rdn. 792 ff.; Dolle, FamR Bd. I § 41 III 5 b, jeweils
m.w.N.). Daß diese Voraussetzungen allein schon durch die Tatsache des Zusammenlebens des geschiedenen Ehegatten mit einem
anderen Partner erfüllt würden, kann nicht angenommen werden.
Ebensowenig kann in dem Verhalten der Klägerin eine schwere Verfehlung gegen den Unterhaltsverpflichteten erblickt werden,
wie sie § 66 EheG als weiteren Verwirkungsgrund vorsieht. Zwar hat sich insoweit zu Recht weitgehend die Auffassung durchgesetzt, daß dieser
Grund auch dann zum Zuge kommen muß, wenn der geschiedene Ehegatte mit einem anderen Partner eine Verbindung eingeht und dabei
von einer Eheschließung absieht, um den Unterhaltsanspruch aus seiner geschiedenen Ehe nicht zu verlieren (vgl. etwa OLG Celle
NdsRpfl 1975, 69, 70; OLG Köln FamRZ 1978, 252, 253;
BGB-RGRK, a.a.O. §
57 Anm. 22; Hoffmann/Stephan, a.a.O. § 57 Rdn. 33; Brühl/Göppinger/Mutschier, a.a.O. Rdn. 795; Dolle, a.a.O.; Gernhuber, FamR
2. Aufl. § 30 VII 3 S. 314; ferner auch OLG Schleswig JR 1950, 733, 734; LG Wiesbaden FamRZ 1954, 84; LG Krefeld FamRZ 1962, 27 und Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts, 4. Aufl. S. 117). Eine derartige Handlungsweise, die zwar vom Beklagten behauptet,
aber von der Klägerin bestritten worden ist, ist hier nicht festgestellt.
b)
Kein Wegfall des Unterhaltsanspruchs ergibt sich auch aus dem Gesichtspunkt des § 67 EheG, der das Erlöschen der Unterhaltspflicht mit der Wiederheirat des Berechtigten vorsieht. Im Schrifttum ist im Hinblick auf
die dieser Vorschrift entsprechende, durch das 1. EheRG eingeführte Bestimmung des §
1586 Abs.
1 BGB die Frage aufgeworfen worden, ob diese Regelung auf den Fall der eheähnlichen Gemeinschaft analog angewendet werden sollte
(vgl. Bosch FamRZ 1977, 569, 577 N. 108). Einen derartigen Analogieschluß hält der Senat jedoch nicht für zulässig. Abgesehen davon, daß die Wiederheirat
den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten aus seiner früheren Ehe endgültig zum Erlöschen bringt (hinsichtlich des
neuen Rechtszustandes allerdings mit der Modifizierung des §
1586 a Abs.
1 BGB) und eine auf analoger Anwendung des § 67 EheG beruhende Rechtsfolge angesichts der vielfach nur vorübergehenden Dauer oder jedenfalls mit keinerlei Bestandsgarantien ausgestatteten
Eigenart eheähnlicher Verhältnisse häufig nicht tragbar erschiene, steht, wie bereits das Oberlandesgericht Köln a.a.O. mit
Recht hervorgehoben hat, einer derartigen entsprechenden Anwendung auch der Umstand entgegen, daß die Aufnahme eheähnlicher
Beziehungen im Gegensatz zur Wiederheirat keinen neuen gesetzlichen Unterhaltsanspruch begründet, der an die Stelle desjenigen
aus der früheren Ehe treten könnte. Durch den vorgeschlagenen Analogieschluß würde die eheähnliche Gemeinschaft in die Nähe
des Rechtsinstituts der Ehe gerückt und ihr damit eine Position zugewiesen, die dem geltenden Recht fremd ist. Auch das 1.
EheRG hat es im Zuge der Neuregelung des Rechts der Scheidungsfolgen in dieser Frage ausdrücklich bei der bisherigen Regelung
belassen, obwohl die Bedeutung und Problematik der eheähnlichen Gemeinschaften für das Unterhaltsrecht geschiedener Ehegatten
gerade in der heutigen Zeit bekannt waren und in der Reformdiskussion ausdrücklich die Forderung nach Einführung eines Ausschlußtatbestandes
erhoben worden war, der die eheähnliche Beziehung hinsichtlich des Erlöschens des Unterhaltsanspruchs einer neuen Ehe gleichstellen
sollte (vgl. Deubner ZRP 1972, 153, 155). Dieser Umstand steht dem fraglichen Analogieschluß gleichfalls entgegen.
c)
Ebensowenig ist - jedenfalls für den vorliegenden, dem bisherigen Recht unterliegenden Fall - die Annahme gerechtfertigt,
daß der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten für die Dauer seines Zusammenlebens mit dem neuen Partner nach §
242 BGB aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung entfalle. Bei der Rechtsverfolgung der Klägerin geht es um die Realisierung
eines Unterhaltsrechts, das nicht nur durch die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers und Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners
bestimmt wird, sondern, im Gegensatz zum Unterhaltsanspruch nach neuem Recht, außerdem darauf beruht, daß die Ehe der Parteien
überwiegend durch die Eheverfehlungen des Unterhaltspflichtigen zerrüttet und deswegen aus seinem überwiegenden Verschulden
geschieden worden ist. Gerade diesem Umstand mißt das hier zur Anwendung kommende Recht bei der Frage des Verlustes jenes
Anspruchs ein wesentliches Gewicht bei und leitet aus ihm, wie die bereits dargelegte Rechtsprechung zu § 66 EheG deutlich macht, die Rechtfertigung ab, nur im Falle grober und für den Unterhaltspflichtigen besonders belastender Verstöße
eine Verwirkung anzunehmen. Aus dieser Sicht verbietet es sich, die nach bisherigem Recht abzuwickelnden Unterhaltsrechtsverhältnisse
geschiedener Ehegatten in der Frage, wann sich aus dem Verhalten des Unterhaltsberechtigten nachteilige Folgen für den Bestand
seines Anspruchs ergeben, anderen als den in § 66 EheG normierten rechtlichen Maßstäben zu unterwerfen.
d)
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es auch nicht möglich, das Problem der eheähnlichen Verbindungen im Rahmen
des Unterhaltsrechts geschiedener Ehegatten durch die entsprechende Anwendung der §§ 122 Satz 2, 16 BSHG zu lösen und mit Hilfe einer aus diesen Vorschriften abgeleiteten Rechtsvermutung die Unterhaltsbedürftigkeit des mit einem
anderen Partner eheähnlich verbundenen geschiedenen Ehegatten zu verneinen. Dieser Lösungsweg, der in neuester Zeit in der
Rechtsprechung wiederholt beschritten worden ist (vgl. außer der angefochtenen Entscheidung noch OLG Köln FamRZ 1978, 252; OLG Frankfurt am Main FamRZ 1979, 438 sowie die bislang nicht veröffentlichten Entscheidungen des OLG Braunschweig vom 8. November 1978 - 1 UF 83/78 - und 15. November 1978 - 1 UF 65/78 -; ferner wohl auch OLG Bremen NJW 1978, 1331 Nr. 15 und OLG Bamberg FamRZ 1979, 515 - nur Leitsatz -), unterliegt schon deshalb Bedenken, weil er auf einem im Kern unzutreffenden Verständnis der fraglichen
Rechtsvorschriften beruht.
aa)
Es entspricht im Sozialhilferecht ganz herrschender Auffassung, daß § 122 Satz 2 BSHG nicht die in § 16 BSHG vorgesehene Rechtsvermutung auf das Verhältnis der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft zueinander für anwendbar erklärt,
sondern lediglich besagt, daß die Verwandten und Verschwägerten des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft ebenso zu behandeln
sind wie die in § 16 BSHG genannten Verwandten und Verschwägerten des Hilfesuchenden und die Vermutung des § 16 BSHG somit etwa auch gilt, wenn der Hilfesuchende in Haushaltsgemeinschaft mit einem Verwandten lebt, der Partner einer eheähnlichen
Gemeinschaft ist (vgl. BVerwGE 39, 261, 267 f.; Gottschick/Giese, BSHG 6. Aufl. § 122 Rdn. 4; Knopp/Fichtner, BSHG 4. Aufl. Rdn. 5 f.; Mergler/Zink, BSHG 2. Aufl. Anm. 11, jeweils zu § 122). Deshalb bedeutet die Verweisung in § 122 Satz 2 BSHG nicht, daß Einkommen und Vermögen des Partners des Hilfesuchenden nur unter den Voraussetzungen der in § 16 BSHG vorgesehenen Vermutung berücksichtigt werden könnten und folglich nicht angerechnet werden dürften, wenn der Hilfesuchende
von seinem Partner tatsächlich keine entsprechenden Leistungen erhält. Ausgehend von dem Grundsatz des § 122 Satz 1 BSHG, wonach Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht bessergestellt
werden dürfen als Ehegatten, sind entsprechend der in § 11 BSHG für Ehegatten getroffenen Regelung auch in einer eheähnlichen Gemeinschaft Einkommen und Vermögen des Partners des Hilfesuchenden
stets - und nicht nur im Falle der widerlegbaren Vermutung des § 16 BSHG - zu berücksichtigen. Eine derartige Gleichstellung der eheähnlichen Gemeinschaft mit der Ehe ist, wie bereits dargelegt,
im Unterhaltsrecht nicht zulässig.
bb)
Ebensowenig erscheint es vertretbar, eine Vermutung, wie sie § 16 BSHG für den dortigen - andersartigen - Bereich vorsieht, im Unterhaltsrecht für das Verhältnis der Partner eheähnlicher Gemeinschaften
zueinander anzunehmen. Eine derartige Heranziehung der fürsorgerechtlichen Regelung als Vorbild für die Lösung des vorliegenden,
ähnlich scheinenden unterhaltsrechtlichen Problems unterliegt Bedenken. Sie geht davon aus, daß das sowohl im Sozialhilferecht
als auch im Unterhaltsrecht als Voraussetzung der Leistungspflicht verwendete Merkmal der Bedürftigkeit gleichen Maßstäben
unterliege und seine Feststellung daher denselben Kriterien unterworfen werden könne. Das trifft jedoch nicht zu. Der Begriff
der Bedürftigkeit ist nicht eindeutig, und seine Verwendung auf verschiedenen Rechtsgebieten gibt keine Gewähr für die Identität
seines jeweiligen Inhalts. Dieser muß vielmehr gesondert ermittelt werden. Im Sozialhilferecht wird die Bedürftigkeitsprüfung
von dem Grundsatz beherrscht, daß nicht möglicherweise bestehende Rechtsansprüche, sondern die faktischen wirtschaftlichen
Verhältnisse des Hilfesuchenden maßgebend sind. Es kommt nur auf die Frage an, ob die zur Deckung seines notwendigen Unterhalts
erforderlichem Mittel tatsächlich vorhanden sind. Deshalb wird eile Bedürftigkeit des Hilfesuchenden grundsätzlich durch alles
beeinflußt, was er, gleich aus welchem Grunde, zur Bestreitung seines Lebensunterhalts tatsächlich erhält (§§ 11, 76 BSHG; vgl. BVerfGE 9, 20, 29; BVerwG FamRZ 1977, 392, Knopp/Fichtner, a.a.O. § 78 Rdn. 1, Gottschick/Giese, a.a.O § 76 Rdn. 2.1). Zuwendungen aufgrund rechtlicher Verpflichtung
werden solche gleichgeachtet, die lediglich aufgrund einer sittlichen Pflicht gewähre werden. Neben diesen beeinflussen außerdem
auch alle sonstigen freiwilligen Leistungen die Bedürftigkeit. Sie sollen nach § 78 Abs. 2 BSHG nur außer Betracht bleiben, wenn ihre Berücksichtigung für den Empfanger eine besondere Härte darstellt. Aus dieser Sicht
erschließt sich auch der Sinn der Regelung des § 16 BSHG. Diese geht von dem Gedanken aus, daß die in einem gemeinsamen Haushalt zusaummenlebenden Angehörigen sittlich zu gegenseitiger
Hilfe verpflichtet sind unabhängig davon, ob eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht. Der Allgemeinheit soll nicht zugemutet
werden, mit Hilfeleistungen einzuspringen, wenn der Hilfesuchende mit leistungsfähigen - wenn auch nicht unterhaltspflichtigen
- Angehörigen in Haushaltagemeinschaf lebt, solange nicht zweifelsfrei feststeht, das diese Angehörigen dem Hilfesuchenden
den Lebensunterhalt nicht gewähren (vgl. Knopp/Fichtner a.a.O § 16 Rdnu. 1; Mergler/Zink, a.a.O § 16 Anm. 7 f.; Oestreicher, BSHG § 16 Rdn. 3). Anders dagegen im Unterhaltsrechts: Hier werden Leistungen an den Unterhaltsberechtigten, duren die einer (nur)
Sittetlichen Pflicht entsprochen wird, den Zuwendungen aufgrund rechtlicher Verpflichtung nicht gleichgestellt. Soweit der
Unterhaltsberechtigte auf ihm von dritter Seite gemachte Zuwendungen keinen Anspruch hat, stellen diese freiwillige Leistungen
dar, deren Anrechenbarkelt grundsätzlich von dem Willen des Dritten abhängt. Geht dieser Wille dahin, daß nur der Beschenkte
selbst unterstützt werden soll so berührt die Zuwendung dessen Bedürftigkeit im allgemeinen nicht (vgl. Palandt/Diederichsen,
BGB 35. Aufl. Anm. 3; RGRK-
BGB, a.a.O. Anm. 44; Hoffmann/Stephan, a.a.O. Rdn. 40, jeweils zu § 58 EheG; Brühl/Göppinger/Mutschler, a.a.O. Rdn. 545; Köhler, a.a.O. § 8 II 1, S. 18 f.). Das hat mit den Einschränkungen, wie sie
sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter e) ergeben, grundsätzlich auch für das Verhältnis von Personen zu gelten, die
in eheähnlicher Gemeinschaft leben, da diese als solche keine Rechtsbeziehungen und gegenseitigen Rechtsansprüche zwischen
den Partnern schafft. Damit aber muß die Möglichkeit, an eine derartige Gemeinschaft eine § 16 BSHG entsprechende Vermutung zu knüpfen, entfallen.
Unter diesen Umständen können die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin verneint
hat, keinen Bestand haben. Daß deren Lebensgefährte ein monatliches Einkommen von etwa 1.200,- DM hat und diese Mittel zusammen
mit dem Kindergeld und den Unterhaltszahlungen des Beklagten für das Kind an sich ausreichen mögen, um den Lebensbedarf der
dreiköpfigen Wohngemeinschaft und damit auch der Klägerin zu decken, rechtfertigt die Annahme fehlender Bedürftigkeit der
Klägerin nicht.
e)
Um die Frage zu entscheiden, inwieweit sich aus dem eheähnlichen Verhältnis, in dem der unterhaltsberechtigte geschiedene
Ehegatte lebt, Auswirkungen auf seine Bedürftigkeit ergeben, bedarf es zunächst der Feststellung, welche Zuwendungen ihm von
seiten seines Lebensgefährten unmittelbar oder über dessen Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung zufließen. Hieran schließt
sich die Prüfung der Anrechenbarkeit dieser Leistungen als Einkommen des Berechtigten. Insoweit ist zunächst ein Abzug in
Höhe des Betrages zu machen, der erforderlich ist, um die durch die Versorgung des Partners verursachten (Mehr-)Ausgaben zu
bestreiten. Hinsichtlich des übrigen ist zwar der Grundsatz zu beachten, daß freiwillige Leistungen, die nach dem erkennbaren
Willen des Partners nur den Beschenkten selbst unterstützen sollen, die Bedürftigkeit im allgemeinen nicht einschränken. Es
ist jedoch weiter zu berücksichtigen, daß in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Klägerin den Partner in ihre Wohnung
aufgenommen hat, ihn versorgt und den Haushalt führt, in den von dem Partner geleisteten Beiträgen und Zuwendungen zumindest
teilweise ein Entgelt für die Wohnungsgewährung, Haushaltsführung und sonstige Versorgungsleistung zu erblicken ist. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob die beiden Partner insoweit entsprechende Absprachen getroffen haben. Wie in Rechtsprechung und
Schrifttum für den Fall, daß der Unterhaltsberechtigte gegenüber Angehörigen entsprechende Versorgungsleistungen erbringt
und von ihnen seinerseits Zuwendungen erhält, anerkannt ist, muß es insoweit als ausreichend angesehen werden, daß den Zuwendungen
der Angehörigen in den ihnen gegenüber erbrachten Versorgungsleistungen ein wirtschaftlicher Gegenwert gegenübersteht, der
geeignet ist, die Zuwendungen insoweit abzugelten. In Höhe dieses Gegenwertes sind die Zuwendungen als Einkommen anzurechnen
(vgl. BayObLG FamRZ 1962, 120; Palandt/Diederichsen, a.a.O. Anm. 3;
BGB-RGRK, a.a.O. Anm. 45; Hoffmann/Stephan, a.a.O. Rdn. 57, jeweils zu § 58 EheG; Brühl/Göppinger/Mutschler, a.a.O. Rdn. 588). Dasselbe hat für die hier betroffenen Zuwendungen zu gelten, die dem Unterhaltsberechtigten
von seiten seines Partners zufließen oder in dessen Beiträgen zur Haushaltsführung enthalten sind. Die Höhe des hiernach anzurechnenden
Betrages hat das Gericht zu ermitteln. Dabei Können ihm Richtsätze, die auf die gegebenen Verhältnisse abgestellt sind und
der Lebenserfahrung entsprechen, als Anhalt dienen, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung bedingen
(vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1979 - IV ZR 189/79 -, FamRZ 1979, 692). Im allgemeinen werden sogar die gesamten Zuwendungen und Beiträge des Partners - von dem genannten, zur Bestreitung der
Mehraufwendungen erforderlichen Abschlag abgesehen - zur Abgeltung der hauswirtschaftlichen Tätigkeit und sonstigen Versorgung
bestimmt sein, so daß es in der Regel gerechtfertigt sein wird, die Zuwendung in diesem Umfang auch als Einkommen zu berücksichtigen.
f)
Ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin über den so zu ermittelnden Betrag hinaus noch weiter zu kürzen ist, hängt davon ab,
ob ihr auch eine Tätigkeit im Erwerbsleben zugemutet werden könnte und das daraus zu erwartende Einkommen jenen Betrag überstiege.
Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bisher keine Feststellungen getroffen. Vor
allem ist offen, ob die Klägerin im Hinblick auf die Behinderung ihres rechten Armes zu einer derartigen Erwerbstätigkeit
in der Lage wäre. Daß sie das jetzt 11-jährige Kind der Parteien zu betreuen hat, läßt eine Erwerbstätigkeit nicht von vorneherein
als unzumutbar erscheinen; vielmehr käme insoweit eine Teilzeitbeschäftigung, vor allem in den Vormittagsstunden, während
das Kind die Schule besucht, in Betracht (vgl. Urteile des Senats in FamRZ 1979, 571, 572). Keine Gründe für die Unzumutbarkeit einer derartigen Erwerbstätigkeit ergäben sich auch daraus, daß die Klägerin durch
die Tätigkeit gegebenenfalls an der weiteren Versorgung ihres Partners gehindert würde. Eine derartige Konsequenz könnte im
Verhältnis zum unterhaltspflichtigen Beklagten keine Berücksichtigung finden.
Die vorgenannten, für die Frage der Zumutbarkeit einer anderweitigen Erwerbstätigkeit bedeutsamen Umstände stehen übrigens
einer Anrechnung der erörterten Zuwendungen, die der Klägerin von Seiten ihres Partners zufließen, nicht entgegen. Zwar sind
derartige Zumutbarkeitsgesichtspunkte, wie der Senat entschieden hat (FamRZ 1979, 210, 211), auch bei der Frage der Anrechnung von tatsächlich erzielten Einkünften im Rahmen von § 58 Abs. 1 EheG zu berücksichtigen. Der Anrechnung eines Einkommens der vorliegenden Art werden sie jedoch in aller Regel nicht entgegenstehen,
da die fragliche Tätigkeit von dem Unterhaltsberechtigten freiwillig übernommen worden ist und zudem genau derjenigen entspricht,
die auch zuvor in der Ehe zu bewältigen war. Unter diesen Umständen wird sich grundsätzlich nicht sagen lassen, daß die Tätigkeit
ihrer Art nach unzumutbar sei. Der vorliegende Fall rechtfertigt insoweit keine Ausnahme.
Damit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der vorstehenden
Ausführungen an die Vorinstanz zurückzuverweisen.