Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Keine Verpflichtung des Berufungsgerichts zu Hinweisen auf eine mögliche Beweiswürdigung
Gründe:
Mit Urteil vom 19.2.2018 hat das Hessische LSG einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung
verneint und seine Berufung gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 29.9.2015 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Er macht als Zulassungsgrund Verfahrensmängel
(§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Der Kläger benennt im Rahmen des von ihm sinngemäß geltend gemachten Verstoßes gegen §
103 SGG schon keinen solchen vor dem LSG gestellten Beweisantrag. Auch wenn ein Beteiligter - wie hier der Kläger - im Berufungsverfahren
nicht rechtskundig vertreten war, muss er nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG darlegen, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt zu haben, und deshalb angeben, welche konkreten Punkte
er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen
sollen, um den Fall weiter aufzuklären. Auch unvertretene Kläger müssen dem Berufungsgericht verdeutlichen, dass und ggf aus
welchem Grund sie die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansehen und deshalb im Berufungsverfahren auf die weitere
Sachverhaltsaufklärung hinwirken (vgl BSG Beschluss vom 28.5.2013 - B 5 R 38/13 B - BeckRS 2013, 69985 RdNr 8 mwN). Ebenso wie bei vor dem LSG rechtskundig vertretenen Klägern ist im Rahmen der Begründung
der Nichtzulassungsbeschwerde der Beweisantrag so genau zu bezeichnen, dass ihn das Revisionsgericht ohne Weiteres auffinden
kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; Nr 21 RdNr 5).
Soweit der Kläger ferner anlässlich der sinngemäß geltend gemachten Verletzung von §
106 SGG vorträgt, er habe den Rechtsstreit in beiden Instanzen alleine geführt und das LSG habe ihn deshalb im Rahmen seiner Fürsorgepflicht
auf sein Recht hinweisen müssen, einen Beweisantrag zu stellen, wenn er den Sachverhalt nicht für ausermittelt halte, enthält
auch dieses Vorbringen keine ausreichende Bezeichnung eines Verfahrensmangels. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass
das LSG nicht auf die Stellung von Beweisanträgen hinwirken oder vorab Hinweise auf eine mögliche Beweiswürdigung zum Nachteil
eines Verfahrensbeteiligten geben musste (vgl BSG Beschluss vom 12.2.2002 - B 11 AL 249/01 B - Juris RdNr 7), auch nicht nach der Mitteilung des Klägers, er nehme die Berufung nicht zurück. Die vom Kläger zur Begründung
einer entsprechenden Fürsorgepflicht zitierten Entscheidungen betrafen dagegen die Wahrung der prozessualen Rechte eines prozessunfähigen
Beteiligten (vgl BSG Beschluss vom 14.11.2013 - B 9 SB 84/12 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 3) und eines nicht rechtskundig vertretenen, blinden und auf die Hilfe anderer Personen beim Lesen
von Post bzw Schreiben angewiesenen Beteiligten (vgl BSG Beschluss vom 31.10.2012 - B 13 R 165/12 B - SozR 4-1500 § 67 Nr 11).
Ebenfalls nicht ausreichend bezeichnet der Kläger den geltend gemachten Verfahrensfehler, das Gericht habe einen Beweisantrag
unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) verhindert. Ausführungen dazu, dass der Kläger von einer Rechtsauffassung des LSG überrumpelt oder in sonstiger Weise unfair
behandelt wurde (vgl BSG Beschluss vom 6.9.1989 - 9 BV 64/88 - SozR 1500 § 160 Nr 70 RdNr 4) enthält die Beschwerdebegründung nicht.
Mit seinem Vortrag, ihm sei die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung vor dem LSG verwehrt worden, rügt der Kläger schließlich
sinngemäß ebenfalls die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit einen weiteren Verfahrensmangel nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG. Auch einen solchen Verfahrensmangel hat der Kläger nicht ausreichend bezeichnet. Das LSG hat nach §§
124 Abs
2,
153 Abs
1 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden und dazu ausgeführt, die Beteiligten hätten ihr Einverständnis dazu erteilt. Weitergehende
Ausführungen dazu enthält die Beschwerdebegründung nicht. Allein der Vortrag, aus den Unterlagen des Klägers habe eine Zustimmung,
dass der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, nicht entnommen werden können, genügt den Anforderungen
an eine hinreichende Begründung ebenso wenig wie der Hinweis auf eine Verletzung des hier nicht einschlägigen §
158 S 2
SGG (Verwerfung der Berufung als unzulässig).
2. Dem Kläger kann für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts schon deshalb nicht gewährt werden (vgl §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 ZPO), weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Auch hat der Kläger keine Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§
73a Abs
1 SGG iVm §
117 Abs
2 und
4 ZPO) bis zum Ablauf der bis zum 30.5.2018 verlängerten Beschwerdefrist eingereicht (vgl BSG SozR 1750 § 117 Nr 1, 3 und 4; BGH VersR 1981, 884; BFH-NV 1989, 802; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.