Feststellung einer Schwerbehinderteneigenschaft
Gehörsverletzung durch Nichtbeachtung eines Verlegungsantrages
Erheblicher Grund für eine Verlegung
Verhinderung des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten
Gründe:
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung (GdB)
von 50. Er ist französischer Staatsangehöriger, wohnt in Frankreich und arbeitet als Installateur bei einem deutschen Arbeitgeber.
Der Beklagte hat den GdB mit 30 wegen eines Teilverlustes des Dickdarms sowie eines chronischen Schmerzsyndroms festgestellt
(Bescheid vom 19.8.2015, Bescheid vom 23.12.2015; Widerspruchsbescheid vom 12.5.2016). Das anschließende Klageverfahren blieb
ebenso erfolglos (Gerichtsbescheid vom 17.11.2016) wie das Berufungsverfahren vor dem LSG (Urteil vom 22.2.2018).
Nach einer ersten Terminbestimmung auf den 7.12.2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 17.10.2017
einen Terminverlegungsantrag gestellt und anwaltlich versichert, dass er als alleiniger Sachbearbeiter am späten Vormittag
des anberaumten Termins eine umfangreiche Verhandlung in einer Arzthaftungssache wahrzunehmen habe. Daraufhin hat das LSG
den Termin am 24.10.2017 aufgehoben und die mündliche Verhandlung bestimmt auf den 22.2.2018, 9:55 Uhr. Mit Schriftsatz vom
29.12.2017 hat der Prozessbevollmächtigte erneut eine Terminverlegung beantragt, da er als alleiniger Sachbearbeiter einen
bereits seit längerer Zeit anberaumten Gerichtstermin beim OLG Karlsruhe wahrzunehmen habe. Mit Schreiben vom 3.1.2018 hat
das LSG mitgeteilt, dass eine erneute Verlegung des Termins nicht in Betracht komme. Es bestehe die Möglichkeit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung oder der Terminwahrnehmung durch einen Kollegen. Mit Schriftsatz vom 9.1.2018 hat der Prozessbevollmächtigte
erwidert, dass eine Terminvertretung "durch einen Kollegen" nicht in Betracht komme. Der allein sachbearbeitende Unterzeichner
sei der einzige Fachanwalt für Sozialrecht in der Sozietät. Er sei gerade deshalb vom Kläger beauftragt worden. Mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sei der Kläger nicht einverstanden. Wenn Termine verlegt werden müssten, weil Prozessbevollmächtigte
verhindert seien, sei dem Verlegungsersuchen grundsätzlich stattzugeben. Mit Schreiben vom 11.1.2018 hat das LSG geantwortet,
der Termin bleibe aufrechterhalten. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 29.1.2018 seinen Terminverlegungsantrag
nochmals bekräftigt.
In der Begründung des Urteils vom 22.2.2018 hat das LSG ua ausgeführt, dass der erneute Verlegungsantrag wegen eines - behaupteten,
aber nicht glaubhaft gemachten - seit längerer Zeit anberaumten Termins beim OLG Karlsruhe abzulehnen sei, weil der Prozessbevollmächtigte
Mitglied einer Sozietät von Rechtsanwälten sei und der Termin ohne Weiteres von einem anderen Mitglied der mangels ausdrücklich
mitgeteilter Beschränkung insgesamt mandatierten Sozietät hätte wahrgenommen werden können.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Soweit das LSG
in seinem Urteil ausführe, die erneute Verhinderung sei nicht glaubhaft gemacht, könne hierauf die Ablehnung der Terminverlegung
nicht gestützt werden. Denn eine Glaubhaftmachung sei vom Berufungsgericht nicht verlangt worden. Sein Prozessbevollmächtigter
habe deutlich gemacht, dass er aufgrund seiner besonderen Expertise den Termin wahrnehmen müsse, da er der einzige Fachanwalt
für Sozialrecht in der Sozietät sei. Dementsprechend habe der Kläger auch eine besondere Gebührenvereinbarung mit dem Prozessbevollmächtigten
abgeschlossen. Es sei daher nicht zutreffend, wenn das LSG behaupte, "eine ausdrücklich Beschränkung (des Mandatsauftrages
an den allein sachbearbeitenden Unterzeichner) sei nicht vorgetragen worden". Zwar sei anlässlich des zweiten Verlegungsersuchens
in dem Antrag und im Folgenden nicht "expressis verbis" mitgeteilt worden, dass es sich auch in diesem Fall um ein Arzthaftungsverfahren
gehandelt habe. Das LSG könne jedoch nicht verlangen, dass ein sachbearbeitender Prozessbevollmächtigter in einem anderen
Verfahren ausgetauscht werden müsse, damit ein Verfahren vor dem LSG von dem ansonsten verhinderten Anwalt einer Sozietät
wahrgenommen werden könne.
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig. Der Kläger hat den von ihm allein gerügten Verfahrensmangel der Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 S 3
SGG erforderlichen Weise bezeichnet.
Einem Verfahrensbeteiligten wird rechtliches Gehör ua versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache entscheidet,
obwohl er gemäß §
202 S 1
SGG iVm §
227 Abs
1 ZPO einen Verlegungsantrag gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat. Das Gericht ist in einem solchem Fall verpflichtet,
den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen. Zu den erheblichen Gründen iS des §
202 S 1
SGG iVm §
227 Abs
1 S 1
ZPO gehört auch die Verhinderung des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten durch einen anderen Gerichtstermin (BSG Beschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 303/07 B - Juris RdNr 8 mwN). Dies gilt insbesondere, wenn nur das sachbearbeitende Mitglied der Sozietät Fachanwalt für Sozialrecht
ist und bisher kein anderes für die Vertretung zur Verfügung stehendes Mitglied der Sozietät mit der Sache befasst war (BSG aaO - Juris RdNr 9).
Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung nicht vorgetragen, einen iS des §
227 Abs
1 S 1
ZPO ordnungsgemäß gestellten Verlegungsantrag mit einem substantiiert geltend und ggf glaubhaft gemachten Terminverlegungsgrund
gestellt zu haben. Der Vortrag, sein Prozessbevollmächtigter habe als alleiniger Sachbearbeiter der Sozietät am Tag der mündlichen
Verhandlung vor dem LSG am 22.2.2018 einen anderen Termin beim OLG Karlsruhe wahrnehmen müssen, reicht ebenso wenig aus wie
die Darlegung, dass das LSG bei dem zweiten Terminverlegungsantrag keine Glaubhaftmachung verlangt habe. Die eine Terminverlegung
rechtfertigenden "erheblichen Gründe" iS des §
202 S 1
SGG iVm §
227 Abs
1 S 1
ZPO sind nur solche Umstände, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs-
und Konzentrationsgebots erfordern (BSG Beschluss vom 30.9.2015 - B 3 KR 23/15 B - Juris RdNr 8 mwN). Bezüglich seines hier maßgeblichen zweiten Terminverlegungsantrags hat der Kläger nicht dargelegt, welchen
konkreten Termin vor dem OLG Karlsruhe (Aktenzeichen, Terminladung, Uhrzeit) sein Prozessbevollmächtigter habe wahrnehmen
müssen. Er selbst räumt ein, dass sein Prozessbevollmächtigter nicht "expressis verbis" mitgeteilt habe, dass es sich bei
diesem Termin vor dem OLG um einen Arzthaftungstermin gehandelt habe, welcher ggf ebenfalls nicht durch einen Partner der
Sozietät habe vertreten werden können. Zwar hat das LSG im Rahmen des zweiten Terminverlegungsantrags keine Glaubhaftmachung
iS von §
227 Abs
2 ZPO hinsichtlich der Umstände des Verlegungsantrags verlangt. Vor dem Hintergrund der Vorgeschichte hat die Beschwerde jedoch
nicht aufgezeigt, weshalb hierzu überhaupt eine Veranlassung bestanden haben könnte (vgl BSG Beschluss vom 1.7.2010 - B 13 R 561/09 B - Juris RdNr 12).
Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht alles getan, das LSG von der Notwendigkeit zu überzeugen,
den Termin vom 22.2.2018 zu verlegen, um ihm eine Teilnahme zu ermöglichen. Denn nachdem das LSG mit Schreiben vom 11.1.2018
mitgeteilt hatte, dem Verlegungsantrag seines Prozessbevollmächtigten nicht Folge leisten zu wollen, wäre es diesem möglich
und zumutbar gewesen, den Termin vor dem anderen Gericht mit Aktenzeichen, Beginn, voraussichtlicher Dauer und Anforderungen
an die fachliche Qualifikation zu benennen und glaubhaft zu machen. Erhebliche Gründe für eine Terminverlegung iS von §
227 Abs
1 S 1
ZPO sind aber nur dann vorgebracht, wenn sich daraus eine Verhinderung so schlüssig ergibt, dass sich das Gericht auf der Grundlage
des Vorgebrachten in der Lage sieht, die Frage der behaupteten Verhinderung selbst zu beurteilen (BSG Beschluss vom 2.8.2010 - B 4 AS 48/10 B - Juris RdNr 7 mwN). Dies ist hier - wie oben ausgeführt - nicht geschehen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.