BVerwG, Beschluss vom 20.12.1990 - 5 B 113.89, FEVS 42, 183
Sozialhilferecht: Eingliederungshilfe bei Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein bereits vorhandenes Kraftfahrzeug
»Der Anspruch auf Hilfe für besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein bereits vorhandenes Kraftfahrzeug ist
allein nach § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 11 EinglH-VO - unabhängig von § 8 EinglH-VO - zu beurteilen.«
Fundstellen: DÖV 1991, 751, FEVS 42, 183, NVwZ-RR 1991, 561, ZfS 1991, 145
Normenkette: BSHG § 40 Abs. 1 Nr. 2
,
EinglH-VO § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 11
Vorinstanzen: VG Stuttgart 26.01.1989 9 K 2260/88 , VGH Baden-Württemberg 09.08.1989 6 S 841/89
Entscheidungstext anzeigen:
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht (§
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO). Die von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob "die Angewiesenheit des Behinderten auf ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 11 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglH-VO) gleiche oder zumindest gleichschwere Voraussetzungen verlangt, wie dies für die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges
im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 EinglH-VO erforderlich ist", bedarf keiner Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren, weil
sich ihre Antwort ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt.
Nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 BSHG ist die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie mit orthopädischen oder anderen Hilfsmitteln eine Maßnahme der Eingliederungshilfe.
Art und Umfang einer solchen Hilfe sind, soweit sich die Hilfe auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs bezieht, in verschiedenen
Vorschriften der Verordnung nach § 47 BSHG (Eingliederungshilfe-Verordnung - EinglH-VO -) in der Fassung vom 1. Februar 1975 (BGBl. I S. 434) geregelt: §§ 8, 9 (§ 17) und § 10 EinglH-VO. Die Vorschriften der §§ 8, 9 und 10 EinglH-VO sind - auch soweit sie sich auf
ein Kraftfahrzeug bzw. dessen Benutzung beziehen - eigenständige Regelungen. Jede Vorschrift betrifft eine eigenständige Bedarfslage
und setzt die Anspruchsvoraussetzungen eigenständig fest. Daß dabei gleiche Tatbestandsmerkmale verwandt werden (.... wenn
der Behinderte wegen ... seiner Behinderung ... auf ... ein Kraftfahrzeug angewiesen ist ...), spricht für deren grundsätzlich
gleiche Auslegung, schließt aber die Beachtlichkeit weiterer, je nach Norm unterschiedlicher Anspruchsvoraussetzungen nicht
aus.
Die vom Beklagten vertretene einheitliche Gesamtbetrachtung dahin, daß die besonderen Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte
für Kraftfahrzeuge den anderen Hilfsmitteln im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 2 BSHG nach § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 11 EinglH-VO nur dann zugeordnet werden können, wenn auch die Kraftfahrzeugbeschaffungsvoraussetzungen nach § 8 EinglH-VO vorliegen,
kann dem Gesetz nicht entnommen werden. § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 11 EinglH-VO knüpft nicht an die Anspruchsvoraussetzungen des
§ 8 EinglH-VO an, sondern bestimmt seine Anspruchsvoraussetzungen unabhängig selbst. Anders als die Beschwerdeschrift (S.
6) hat der Senat die Leistungsvoraussetzung nach § 8 EinglH-VO, daß die Notwendigkeit der Benutzung eines Kraftfahrzeugs ständig,
nicht nur vereinzelt und gelegentlich bestehen müsse, nicht der Anspruchsvoraussetzung in § 10 Abs. 6 EinglH-VO "die regelmäßige
Benutzung eines Kraftfahrzeugs" entnommen; vielmehr gelangte er zu diesem Ergebnis durch Auslegung des § 8 EinglH-VO selbst.
Bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Hilfe für besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für sein bereits
vorhandenes Kraftfahrzeug hat das Berufungsgericht somit zutreffend allein die Anspruchsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und
2 Nr. 11 EinglH-VO geprüft. Danach kam es neben § 39 BSHG darauf an, ob der Kläger auf (die Benutzung eines) ein Kraftfahrzeug angewiesen war (Merkmal der Notwendigkeit; vgl. BVerwGE
55, 31 [33]). Das hat der Verwaltungsgerichtshof für den Einzelfall und damit unangreifbar bejaht.