Sozialhilferecht - Vom Regelsatz abweichende Bemessung der Sozialhilfe
Gründe:
Die auf die Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet. Die Rechtssache hat nicht die
mit der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO).
In ihrer Beschwerdebegründung bezeichnet die Beklagte als klärungsbedürftig und höchstrichterlich bisher nicht entschieden
die Frage, "ob und nach welchen Maßstäben bei kostenloser PKW-Nutzung eine abweichende Bemessung der Regelsätze zulässig ist".
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 1986 - BVerwG 5 C 72.84 - (BVerwGE 72, 354) sei noch unter der Geltung des Warenkorbmodells ergangen. Im übrigen bezieht sich die Beklagte zur Begründung auf ihren
Schriftsatz vom 21. Oktober 1994, der allerdings keine andere Fragestellung erkennen läßt, und auf den Beschluß des Verwaltungsgerichts
Hannover vom 15. November 1994, in dem die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 131 Abs. 3 Nr. 1
VwGO damit begründet worden ist, daß "die Frage, ob und nach welchen Maßstäben eine abweichende Bemessung des Regelsatzes seit
der Einführung des sog. Statistik-Modells als Bemessungsschema für die Regelsätze nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG zulässig ist, höchstrichterlicher Klärung bedarf".
Der vorliegende Streitfall bietet keinen Anlaß für eine über BVerwGE 72, 354 (360) hinausgehende Klärung in bezug auf eine von den Regelsätzen abweichende Bemessung laufender Leistungen zum Lebensunterhalt
nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG. Die Vorinstanzen haben zwar die Frage erörtert, ob und inwieweit es mit Rücksicht auf die den Regelsätzen zugrundeliegende
Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung einerseits und die grundsätzliche Dispositionsfreiheit des Hilfeempfängers
in der Verwendung seiner Regelsatzleistung andererseits überhaupt möglich sei, die Sozialhilfe geringer als nach den Regelsätzen
zu bemessen; streitentscheidend war diese Frage aber nicht. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht
haben die als möglich angenommene unentgeltliche Kraftfahrzeugnutzung zu Recht dem Verkehrsbedarf bzw. Beförderungs- oder
Transportbedarf und damit der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse zugeordnet und dargelegt, daß dieser Bedarf eine
regelsatzrelevante Bedarfsposition sowohl nach dem Warenkorbmodell als auch nach dem Statistikmodell, wenn auch mit unterschiedlichen
Ansätzen und in unterschiedlicher Höhe, ist. Sie haben also nicht in Frage gestellt, daß unentgeltliche Nutzungen im Bereich
der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse gegebenenfalls eine von den Regelsätzen nach unten abweichende Bemessung der
laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt rechtfertigen mögen. Streitentscheidend haben sie auf die Höhe der möglichen Einsparung
von allenfalls 24,41 DM und damit unter 5 % des maßgeblichen Regelsatzes abgestellt. Sie haben den Streitfall damit auf der
Grundlage der vom Bundesverwaltungsgericht - unabhängig von einem bestimmten Bedarfsbemessungsschema - bereits geklärten Rechtsfrage
entschieden, wonach die Frage, "ob die Besonderheit im Einzelfall die abweichende Bemessung gebietet", davon abhängt, "ob
eine Gesamtbetrachtung - Kompensationsüberlegungen einschließend - zu dem Ergebnis nötigt, die die Besonderheit ausmachenden
Umstände haben auf den Bedarf, wie er in seiner Vielgestaltigkeit der Bemessung der Regelsatzhilfe zugrunde liegt, einen nicht
unwesentlichen Einfluß" (BVerwGE 72, 354 (360)). Der Umstand allein, daß das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Streitfall einen Betrag von 24,41
DM als von unwesentlichem Einfluß auf den Bedarf angenommen hat, während das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (Beschluß
vom 20. Dezember 1994 (NVwZ-RR 1995, 400 = FEVS 46, 110)) eine Kürzung der Regelsatzleistung bereits bei einem Betrag von 23 DM für gerechtfertigt hielt, wirft für
sich als zwei Einzelfallbeurteilungen noch keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage auf. Daß diese Einzelfallbeurteilungen
- die Aussage des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) zu § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG war nicht streitentscheidend - auf unterschiedlichen, grundsätzlich klärungsbedürftigen Beurteilungsmaßstäben beruhten, ist
von der Beklagten in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt worden.
Die Aussage des Berufungsgerichts (UA S. 11), "selbst bei einem Regelsatzanteil für Transportleistungen von 37,40 DM wäre
(danach) eine Regelsatzkürzung nicht im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG geboten", betrifft eine zusätzliche Begründung des Berufungsgerichts. Streitentscheidend ging das Berufungsgericht mit dem
Verwaltungsgericht davon aus, daß der Anteil im Regelsatz für fremde Verkehrsleistungen auf der Grundlage des Statistikmodells
allenfalls auf einen Betrag von 24,41 DM bemessen werden könne (UA S. 10).