Sozialhilferecht - Beachtung des Bedarfsdeckungsgrundsatz bei Pflegevereinbarungen in der Sozialhilfe; E: Einschätzungsprärogative
der Schiedsstelle nach § 94 BSHG; Entgeltsystem, prospektives - bei Vereinbarung von Pflegesätzen in der Sozialhilfe; L: Leistungsfähigkeit, Beachtung der
- bei Pflegevereinbarungen in der Sozialhilfe; P: Pflegesätze in der Sozialhilfe; Pflegevereinbarungen in der Sozialhilfe;
Prognosespielraum der Schiedsstelle nach § 94 BSHG; prospektive Pflegevereinbarungen in der Sozialhilfe; S: Selbstkostendeckungsgrundsatz, Bedeutung für Höhe des Pflegesatzes
in der Sozialhilfe; Sozialhilfe, Vereinbarung von Pflegesätzen in der -; Sparsamkeit, Beachtung des Grundsatzes der - bei
Pflegevereinbarung in der Sozialhilfe; Sch: Schiedsstelle, Entscheidung der - nach § 94 BSHG; V: Vergleich der Pflegesätze in der Sozialhilfe bei Entgeltvereinbarung; W: Wirtschaftlichkeit, Beachtung des Grundsatzes
der - bei Pflegevereinbarung in der Sozialhilfe
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Abschluß einer Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 1994.
Die Klägerin zu 1 betreibt eine Einrichtung für psychisch, geistig und mehrfach Behinderte, die aus einem Krankenhaus ("Akutbereich")
und einem Pflegeheim ("Langzeitbereich") besteht. Die Bewohner des Pflegeheims erhalten überwiegend Eingliederungshilfe oder
Hilfe zur Pflege (auch) in der Zuständigkeit des Klägers zu 2 als des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe. Dieser hatte
mit der Klägerin zu 1 zuletzt für das Jahr 1993 eine Vereinbarung über den ihr zu erstattenden Pflegesatz geschlossen.
Die Klägerin zu 1 bot dem Kläger zu 2 für den hier streitigen Zeitraum die Vereinbarung eines täglichen Pflegesatzes von 222,89
DM an. Der Kläger zu 2 war lediglich zur Vereinbarung eines Pflegesatzes von 157,36 DM bereit. Die daraufhin von dem Kläger
zu 2 am 10. August 1994 als Schiedsstelle angerufene Beklagte setzte durch Entscheidung vom 26. Oktober 1994 den Pflegesatz
auf 178,40 DM fest und sah für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1994 zahlreiche inhaltliche Regelungen u.a. über Inhalt,
Umfang und Qualität der Leistungen vor.
Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung der Beklagten aufgehoben und diese verpflichtet, die Kläger unter Beachtung seiner
Rechtsauffassung neu zu bescheiden. Es hat die angefochtene Entscheidung als nicht ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen,
weil bei der Beratung und Entscheidung der Schiedsstelle auch stellvertretende Mitglieder anwesend gewesen seien, die sich
ebenfalls zur Sache geäußert hätten. Es lasse sich nicht feststellen, daß ohne diesen Verfahrensfehler keine andere Entscheidung
in der Sache hätte rechtmäßig getroffen werden können; denn die Entscheidung der Beklagten sei nur eingeschränkt gerichtlich
überprüfbar. Der Beklagten stehe ein Gestaltungsspielraum zu, wenn Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie das zu
entrichtende Entgelt im Hinblick auf eine in die Zukunft gerichtete - prospektive - Pflegevereinbarung zueinander in Beziehung
gesetzt werden sollten. Daß der der Beklagten aufgegebene billige Ausgleich der widerstreitenden Interessen hier nur in einer
Weise möglich wäre, sei nicht erkennbar. Hinsichtlich der Punkte "Inhalt und Umfang der Leistungen" sowie "Qualität der Leistungen"
lasse sich die von der Beklagten getroffene Entscheidung allerdings mangels einer detaillierten Beschreibung des Leistungsangebotes
nicht hinreichend konkretisieren. Hinsichtlich der Bemessung des Entgelts hat das Verwaltungsgericht seine Rechtsansicht "zu
den zentralen streitigen Einzelansätzen" dargelegt.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin zu 1 unter Beachtung der Entscheidungsgründe
seines Urteils neu zu entscheiden. Das Berufungsurteil ist wie folgt begründet:
Im Ergebnis sei die Beklagte verpflichtet, für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1994 eine Vereinbarung über Inhalt,
Umfang, Qualität und Prüfung der von der Klägerin zu 1 zu erbringenden Leistungen entsprechend deren Leistungsangebot in der
Anlage K 4 zur Klageschrift und über die dafür zu erbringenden Entgelte in Höhe von mehr als 178,40 DM, aber wesentlich niedriger
als 222,89 DM festzusetzen. Im einzelnen hat die Vorinstanz dazu ausgeführt:
Die Klägerin zu 1 könne, da sie zutreffend Verpflichtungsklage erhoben habe, nicht mit selbständigem Antrag die Aufhebung
der Entscheidung der Beklagten wegen bestimmter Verfahrensverstöße verlangen. Die Festsetzungen der Beklagten über die von
der Klägerin zu 1 zu erbringenden Leistungen seien auch nicht unbestimmt, sondern in Verbindung mit der von der Klägerin zu
1 in der Anlage zur Klageschrift vorgelegten Leistungsbeschreibung und mit den Kenntnissen über ihre seit Jahrzehnten bestehende
Einrichtung hinreichend bestimmbar. Die Beklagte sei aber nicht befugt, Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen anders.
festzusetzen, als sie der Leistungsträger selbst beschreibe und anbiete; sie dürfe auch nicht eine bestimmte Leistung vorschreiben,
die der Einrichtungsträger nach seinem Konzept nicht erbringen wolle. Dem Rechtsstreit fehle auch nicht wegen eines der Beklagten
zustehenden Gestaltungsspielraums die Spruchreife. Bei der Anwendung der Rechtsbegriffe "Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und
Leistungsfähigkeit" habe die Schiedsstelle weder einen Gestaltungsspielraum noch Ermessen; ihre Entscheidungen unterlägen
der unbeschränkten Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte. Die für die Kalkulation des festzusetzenden Entgeltes maßgebenden
Kostenpositionen brauche das Berufungsgericht aber nicht im einzelnen selbst zu berechnen, sondern könne die Beklagte zur
Neuberechnung unter Beachtung der Entscheidungsgründe auch des Urteils des Verwaltungsgerichts und "ergänzender" Äußerungen
zu den "Hauptstreitpunkten" im Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom selben Tage (23. Oktober 1996) in dem Parallelverfahren
BVerwG 5 C 29.97 verpflichten.
Gegen das Berufungsurteil haben alle Beteiligten die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt, der Kläger
zu 2 im Wege der Anschlußrevision. Sie rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hat sich zur Frage eines Entscheidungsspielraums der Beklagten im Sinne
des Berufungsgerichts geäußert.
II.
Die Revisionen sind begründet. Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Dies führt zu seiner Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 VwGO).
Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Entscheidung der Beklagten vom 26. Oktober 1994 sei gerichtlich voll nachprüfbar,
ist mit Bundesrecht unvereinbar.
Die beklagte Schiedsstelle wurde auf der Grundlage von § 94 BSHG in der Fassung von Art. 1 Nr. 10 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms - 2. SKWPG - vom 21. Dezember
1993 (BGBl I S. 2374) errichtet, um mit Wirkung vom 1. Juli 1994 (vgl. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 2. SKWPG) auf der Grundlage von § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG in der Fassung des 2. SKWPG (F. 1994) tätig zu werden, wenn der Träger der Sozialhilfe und der Träger einer Einrichtung oder
sein Verband sich nicht über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie das dafür zu entrichtende Entgelt (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG >F. 1994<) einigen können. Die Schiedsstelle nach § 94 BSHG ist der Schiedsstelle nach §
76 SGB XI nachgebildet (vgl. BTDrucks 12/5510 vom 4. September 1993, S. 11, zu § 94), wobei der Gesetzgeber auf Erfahrungen mit der
Schiedsstelle im Bereich der Krankenhausfinanzierung zurückgriff (s. BTDrucks aaO). Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG (F. 1994) entscheidet die Schiedsstelle, wenn eine Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG innerhalb von sechs Wochen nicht zustande kommt, nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, auf Antrag
einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte. Gegen die Entscheidung der
Schiedsstelle ist nach § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG der Verwaltungsrechtsweg gegeben, ohne daß es zuvor einer Nachprüfung in einem Vorverfahren bedarf (§ 93 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG); damit ist die Schiedsstellenentscheidung vom Gesetzgeber als Verwaltungsakt ausgestaltet worden, gegen den unmittelbar
die Klage zulässig ist (BTDrucks aaO, S. 11 zu § 93 Buchstabe b). Ihre Befugnis, durch Verwaltungsakt zu entscheiden, unterscheidet die Schiedsstelle nach § 94 BSHG von der Schiedsstelle nach § 18 a KHG (vgl. dazu BVerwGE 94, 301 >303<; Wagner, NJW 1991, 737).
Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, die auf der Grundlage des § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG ergangene Schiedsstellenentscheidung verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen, führt indessen nicht zu einer vollinhaltlichen,
sondern nur zu einer Überprüfung mit eingeschränkter "Kontrolldichte". Dies folgt aus dem Wesen und den Aufgaben der Schiedsstelle
nach § 94 BSHG sowie aus der Eigenart ihrer Entscheidungen.
Die Aufgabe der Beklagten ist in der Gesetzesbegründung unter Hinweis auf § 93 Abs. 2 bis 5 BSHG dahin umschrieben, daß sie im Konfliktfall über Leistungsinhalte, Leistungsstandards, Personalausstattung, das Prüfungsverfahren
sowie Inhalt und Durchführung der Prüfung zu entscheiden habe; ihre Hauptaufgabe sei in der Definition und Ausfüllung der
Rechtsgrundsätze Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit in bezug auf die Beurteilung der Höhe und des Umfangs
von strittigen Positionen zu sehen; im Konfliktfall komme ihr die Entscheidung über Kalkulationsgrundlagen zu (BTDrucks aaO,
S. 12). Diese Aufgabenstellung bedingt, daß der Beklagten ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum
belassen wird, dessen Grenzen von der Funktion und rechtlichen Einordnung der Schiedsstellenentscheidung abhängen.
Die Einrichtung einer Schiedsstelle zur Entscheidung von Konflikten zwischen Sozialhilfeträgern und von ihnen in die Erfüllung
ihrer Aufgaben einbezogenen Leistungsträgern ist begriffen worden als Ausdruck einer Konfliktlösung nach dem "Vereinbarungsprinzip"
(BTDrucks aaO, S. 11) außerhalb des Bereiches staatlicher Verwaltung und Justiz innerhalb der Rechtssphäre der Vertragsparteien
(vgl. auch Schellhorn/Jirasek/Seipp, Das Bundessozialhilfegesetz, 15. Aufl. 1997, § 93 Rn. 48: "Lösung ... im Bereich des Vertragsrechts"). In ähnlicher Weise hat das Bundessozialgericht die Funktion des Schiedsamtes
nach § 368 h
RVO als "Schlichtung, nicht ... Rechtsfindung" gekennzeichnet (BSGE 20, 73 >76<), dessen Spruch die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung habe (BSGE 52, 253 >254<). Vor dem Hintergrund, daß der Gesetzgeber durch die paritätische Besetzung der Schiedsstelle gemäß § 94 Abs. 2 BSHG erreichen wollte, "alle Einrichtungsträger - freigemeinnützige und privatgewerbliche - gleichermaßen an dem Abschluß von
Pflegesatzvereinbarungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (zu beteiligen)" (BTDrucks aaO, S. 12), wird für die Schiedsstelle nach § 94 BSHG - wie schon vom Bundessozialgericht (BSGE 20, 73 >76, 81<) für das Schiedsamt nach § 368 h
RVO - gefolgert, daß Rechte und Pflichten der Schiedsstelle dieselben seien wie diejenigen der Vertragsparteien selbst (vgl.
z.B. Heinze, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend >Hrsg.<, Prospektive Pflegesätze im BSHG >1994<, S. 61). Inhaltliche Grenzen der Kompetenzen der Schiedsstelle könnten sich aus dieser Sicht im wesentlichen nur aus
den für öffentlich-rechtliche Verträge geltenden Nichtigkeitsgründen des § 58 Abs. 2 SGB X ergeben.
Doch läßt es sich nicht rechtfertigen, die Grenzen der rechtlichen Befugnisse der nach § 94 BSHG gebildeten Schiedsstelle erst dort zu ziehen, wo die rechtlichen Befugnisse der Vertragsparteien selbst enden und damit den
Schiedsspruch auf Grund der Verweisung in § 61 Satz 2 SGB X auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Leistungsbestimmung
durch Dritte (§§
317,
319 BGB) dem nur auf offenbare Unbilligkeit überprüfbaren billigen Ermessen der Schiedsstelle zu unterstellen. Dagegen, das "materielle
Entgeltvereinbarungsrecht" des Bundessozialhilfegesetzes allein aus der Sicht des "freiheitlichen Prinzips der Vertragsverhandlungen"
(Heinze aaO, S. 61) zu bestimmen, spricht, daß jenem Prinzip in den §§ 93, 94 BSHG nicht vollständig Geltung verschafft, die "Vertragsfreiheit des Vereinbarungsrechtes" (so die Stellungnahme des Oberbundesanwalts)
im Schiedsstellenverfahren nicht durchgehend verwirklicht ist. Der für einen Einrichtungsträger begründete wirtschaftliche
Zwang, sich einer gegebenenfalls erforderlich werdenden Schiedsstellenentscheidung zu unterwerfen, läßt sich nicht als Ausdruck
von Vertragsautonomie und einer freiwilligen Unterwerfung unter ein vertragliches Schlichtungsverfahren begreifen, da das
Schiedsstellenverfahren der §§ 93, 94 BSHG nicht auf einer vertragsautonomen Entscheidung der Verfahrensbeteiligten, sondern auf staatlicher Setzung beruht. Auch Erklärungsmodelle
wie etwa das der Vertragshilfe (s. dazu Heinze aaO, S. 56; Armborst NDV 1996, 262; ders., NDV 1998, 191 f.) können es vor diesem Hintergrund nicht rechtfertigen, den gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber einem "Verwaltungsakt
mit der Wirkung einer vertraglichen Vereinbarung" (Hatzl, NZS 1995, 448 >451<) auf die Kontrolle zu beschränken, ob die Grenzen der Vertragsautonomie nicht überschritten sind. Ungeachtet der Vorstellung
des Gesetzgebers, es handele sich bei der Schiedsstellenentscheidung um einen Akt der Beteiligung aller Einrichtungsträger
an dem Zustandekommen von Pflegesatzvereinbarungen auf der Grundlage der Vertragsfreiheit des Vereinbarungsrechtes, kann darum
zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiver Rechtsschutzgewährung (Art.
20 Abs.
3, Art.
19 Abs.
4 GG) gegenüber einer Schiedsstellenentscheidung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG nicht auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle verzichtet werden. Dabei ist allerdings den gesetzlichen Aufgaben der Schiedsstelle
Rechnung zu tragen.
Nach ihrer schon im Gesetzgebungsverfahren deutlich gewordenen Aufgabenstellung ist die Schiedsstelle auch zu einer inhaltlichen
Gestaltung der Vertragsbeziehungen befugt (zu der mit Wirkung vom 1. Januar 1999 geänderten Aufgabenumschreibung s. § 93 b BSHG in der Fassung von Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 >BGBl I S. 1088<). Sie ist mithin nicht etwa - wie
die Klägerin zu 1 mit ihrer Revision geltend macht - darauf beschränkt, ein ihr von einer der Vertragsparteien unterbreitetes
Angebot entweder abzulehnen oder mit Wirkung gegenüber dem anderen Vertragspartner gewissermaßen en bloc anzunehmen.
Soweit es hierbei um eine "Definition und Ausfüllung der Rechtsgrundsätze Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit
in bezug auf die Beurteilung der Höhe und des Umfangs von strittigen Positionen" geht (BTDrucks aaO, S. 12) - worin der Gesetzgeber
die "Hauptaufgabe" der Schiedsstelle (BTDrucks aaO) sieht -, muß eine gerichtliche Überprüfung der Schiedsstellenentscheidung
deren Wesen als Schlichtungsmaßnahme eines weisungsfreien, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetzten
Gremiums gerecht werden. Mit dieser Besetzung bringt das Gesetz zum Ausdruck, daß es die Mitglieder der Schiedsstelle als
mit der zu regelnden Materie vertraute und zu einer vermittelnden Zusammenführung von u.U. gegenläufigen Interessen der Beteiligten
berufene Personen für geeignet hält, eine sach- und interessengerechte Lösung zu finden. Diese vom Gesetz gerade ihnen zugetraute
Kompetenz gebietet es, die gerichtliche Überprüfung auf die der Schiedsstelle gesetzten rechtlichen Vorgaben zu beschränken
und ihr für ihre Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe (insbesondere Wirtschaftlichkeit,
Sparsamkeit, Leistungsfähigkeit, leistungsgerechtes Entgelt) einen Spielraum, eine Einschätzungsprärogative zu belassen (zur
beschränkten Überprüfbarkeit von Regelsatzfestsetzungen vgl. BVerwGE 94, 326 >331<).
Allerdings hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Anwendung des unbestimmten Gesetzesbegriffs der
"sparsamen Wirtschaftsführung" im Bereich der Krankenhausfinanzierung eine behördliche Einschätzungsprärogative verneint (Urteil
vom 19. Januar 1984 - BVerwG 3 C 45.81 - Buchholz 451.74 § 17 KHG Nr. 6 = NJW 1984, 2648 >2649< = DVBl. 1984, 525; vgl. auch schon BVerwGE 62, 86 >100<). Das Recht der Krankenhausfinanzierung ist jedoch mit dem Entgeltvereinbarungsrecht des Bundessozialhilfegesetzes
schon deshalb nicht vergleichbar, weil es dort um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bei der Festsetzung eines Pflegesatzes
durch die zuständige Behörde geht, während hier die Anwendung vergleichbarer unbestimmter Rechtsbegriffe durch eine in erster
Linie zur Schlichtung, nicht aber zu bloßer Rechtsanwendung berufene Schiedsstelle zu beurteilen ist.
Ausgehend von einer Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle hat sich das Gericht bei der Überprüfung der dem Schiedsspruch
zugrunde liegenden Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange darauf zu beschränken, festzustellen, ob die
Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen
Erkenntnisse gewonnen und die Abwägung frei von Einseitigkeit in einem den gesetzlichen Vorgaben des § 94 Abs. 3 BSHG entsprechenden fairen und willkürfreien Verfahren, inhaltlich orientiert an den materiellrechtlichen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts,
vorgenommen hat.
Eine allgemeine normative Vorgabe für die Schiedsstelle und damit zugleich auch Prüfungsmaßstab im gerichtlichen Verfahren
nach § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG ist der Bedarfsdeckungsgrundsatz des Sozialhilferechts (vgl. auch BVerwGE 97, 53 >57 f.<). Er gebietet, daß auf der Grundlage der zwischen den Trägern der Sozialhilfe und den Einrichtungsträgern unter Hinzuziehung
der Schiedsstelle zustande gekommenen Vereinbarungen die von den Hilfesuchenden benötigten Sozialhilfeleistungen so erbracht
werden können, daß den Anforderungen von § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 BSHG genügt ist. Darum bestimmt § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG (F. 1994), daß die Leistungsentgelte es einer Einrichtung ermöglichen müssen, eine "bedarfsgerechte Hilfe" zu leisten.
Weitere gesetzliche Vorgaben des materiellen Entgeltrechts ergeben sich aus dem ab 1. Juli 1994 geltenden sog. prospektiven
Entgeltsystem: Nach § 93 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG (F. 1994) sind die Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 BSHG vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen. In dieser
Hinsicht richtet sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob dieses System durch den Schiedsspruch folgerichtig umgesetzt
wird (Systemgerechtigkeit). Die gesetzlich vorgeschriebene "prospektive" Berechnung der Pflegesätze hat die "Funktion, ...
konkrete stationäre Hilfen leistungsgerecht zu vergüten" und "dem geltenden Gebot der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und
Leistungsfähigkeit ... verstärkt Rechnung (zu tragen)" (BTDrucks aaO, S. 10). Die prospektiven Entgelte sind darum nicht kosten-,
sondern leistungsorientiert. Dies bedeutet eine "Abkehr von der bisherigen Abrechnung der Kosten auf der Grundlage von Selbstkostenblättern"
(BTDrucks aaO, S. 11) und damit eine grundlegende Änderung des bis dahin für Pflegesätze praktizierten Entgeltsystems (vgl.
auch die Nachweise in dem im Parallelverfahren BVerwG 5 C 29.97 ergangenen Beschluß des Senats vom 23. September 1997 - BVerwG 5 B 51.97 - >Buchholz 436.0 § 93 BSHG Nr. 3, S. 12 f.<.) Eine Bemessung der Pflegesätze nach den tatsächlich entstandenen Selbstkosten (Selbstkostendeckungsprinzip)
entspricht mithin seit dem 1. Juli 1994 nicht mehr dem geltenden Recht.
Mit dem System der Prospektivität ist eine Orientierung an bereits entstandenen Kosten (retrospektiven Selbstkosten) allerdings
nicht generell unvereinbar. Nur ist die tatsächliche Höhe der in der Vergangenheit entstandenen Kosten jetzt nicht mehr Ausgangspunkt,
sondern lediglich einer von mehreren Anhaltspunkten für die Entgeltgestaltung (vgl. Igl, Einführung leistungsgerechter Entgelte
bei der Hilfe in Einrichtungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, Studie, erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit >1995<, S. 223). Zur Höhe der Entgelte bestimmt § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG (F. 1994), daß sie leistungsgerecht sein und einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen
müssen, eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten. Nachträgliche Ausgleiche sind nach Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 nicht zulässig.
Durch die Forderung des Gesetzes, daß die Entgelte leistungsgerecht sein und einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher
Betriebsführung ermöglichen müssen, eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten, soll den Einrichtungen ein "auskömmlicher, leistungsgerechter
Preis ... gewährleistet" werden (BTDrucks aaO, S. 11). Auf Grund des prospektiven Entgeltsystems sollen Einrichtungen daher
nicht gezwungen werden, die von ihnen erwarteten Leistungen unterhalb ihrer Gestehungskosten anzubieten (vgl. auch Igl aaO,
S. 100, 178; Endt/Kirchhof/Mezger/Weber-Sieb, ZfS 1995, 66 >67<). (Prospektive) Selbstkosten sind folglich, sofern sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit
entsprechen, auch bei prospektiven Pflegesätzen die Untergrenze des festzusetzenden Entgelts. Die Beurteilung, ob ein Anbieter
den von ihm geltend gemachten Pflegesatz zur Deckung seiner Selbstkosten wirklich benötigt, ist nicht möglich, ohne daß die
Schiedsstelle eine an jenen Grundsätzen orientierte "Entscheidung über Kalkulationsgrundlagen" (BTDrucks aaO, S. 12) trifft
(siehe auch BVerwGE 97, 53 >55< für die Kostenübernahme nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BSHG).
Soweit es um die Beachtung der Grundsätze der "Wirtschaftlichkeit", der "Sparsamkeit" und der "Leistungsfähigkeit" geht, hat
sich die gerichtliche Kontrolle gemäß dem Willen des Gesetzgebers, daß die Definition und Ausfüllung dieser Begriffe "Hauptaufgabe"
(BTDrucks aaO, S. 12) der Schiedsstelle selbst und nicht der Gerichte sein soll, auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die
Bewertungen der Schiedsstelle dem Sinngehalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe gerecht werden und, gemessen daran, in Anbetracht
des von der Schiedsstelle vollständig ermittelten Sachverhalts vertretbar sind.
Solche Bewertungen setzen notwendig einen Vergleich voraus. Dabei kommt in Betracht, daß Entgelte verschiedener Einrichtungen
für vergleichbare Leistungen verglichen werden ("externer Vergleich") oder daß einzelne, interne Positionen der Pflegesatzkalkulation
eines Einrichtungsträgers gesondert daraufhin überprüft werden, ob sie einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung
entsprechen ("interner Vergleich"; zur Kostenübernahme auf der Grundlage von § 93 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 BSHG i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 >BGBl I S. 1532< s. Beschluß des Senats vom 23. September
1997 aaO, S. 12). Dabei sind nicht die konkreten Kosten der in Rede stehenden Einrichtung maßgeblich, sondern es gilt - was
auch aus der Wortwahl des Gesetzes hervorgeht, das auf "eine Einrichtung" abstellt - ein genereller, nicht auf "die" jeweilige
individuelle Einrichtung abstellender Maßstab. Die Erforderlichkeit eines "externen" Vergleichs, also des Vergleichs mit Entgelten,
wie sie auch andere Einrichtungen für vergleichbare Leistungen erheben, folgt aus der Verpflichtung der Sozialhilfeträger,
nur wirtschaftliche und sparsame Pflegesätze zu vereinbaren (vgl. BVerwGE 94, 202 >208<; zur Bedeutung eines externen Vergleichs für einen Kostenvergleich bei der Berücksichtigung des Wunschrechts des Hilfesuchenden
auf der Grundlage von § 93 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 BSHG siehe BVerwGE 97, 53 >58 f.<). Bei der konkreten Beurteilung der Vergleichbarkeit der dem Pflegesatzangebot zugrundeliegenden Leistungen kommt
die Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle zum Tragen. Erweist sich hiernach, daß der betreffende Einrichtungsträger der
preisgünstigste Anbieter ist, reicht der "externe Vergleich" aus. Kann der betreffende Einrichtungsträger hingegen nicht geltend
machen, der günstigste Anbieter zu sein, kann er nach Maßgabe der Grundsätze des § 93 Abs. 2 Satz 3 BSHG und des Merkmals "leistungsgerechtes Entgelt" in § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG nur berücksichtigt werden, wenn der von ihm gewünschte Pflegesatz innerhalb der Bandbreite der Entgelte für vergleichbare
Leistungen anderer Einrichtungen liegt (sog. "marktgerechter" Preis).
Weder die Beklagte noch die Vorinstanzen sind der Frage nachgegangen, wie sich die Höhe des von der Klägerin zu 1 geltend
gemachten Pflegesatzes zu den Entgelten für vergleichbare Leistungen anderer Einrichtungen verhält. Dem Bundesverwaltungsgericht
ist es verwehrt, die hierzu in tatsächlicher Hinsicht erforderlichen Feststellungen zu treffen (vgl. §
137 VwGO). Diese sind vielmehr dem Oberverwaltungsgericht vorzubehalten.
Da das Berufungsurteil jedenfalls aus diesen Gründen keinen Bestand hat, kann offenbleiben, wie die mit den Revisionen erhobenen
Verfahrensrügen zu beurteilen sind.