Gründe:
I. Der klagende Jugendhilfeausschuß und der beklagte Rat der Stadt B. streiten über die Reichweite des dem Jugendhilfeausschuß
zustehenden Beschlußrechts in Angelegenheiten der Jugendhilfe.
In B. bestehen 10 Stadtbezirke. Die Aufgaben der Bezirksvertretungen auf dem Gebiet der Jugendhilfe sind in § 7 Abs. 2 der
Hauptsatzung der Stadt B. in der hier maßgeblichen Fassung der 3. Änderungssatzung vom 2. Mai 1986 wie folgt geregelt:
"(2) Die Bezirksvertretungen entscheiden im Rahmen der vom Rat bereitgestellten Haushaltsmittel in allen Angelegenheiten,
deren Bedeutung nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht. In diesem Rahmen entscheiden sie insbesondere über:
a) Unterhaltung und Ausstattung der im Stadtbezirk gelegenen Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen und sonstigen öffentlichen
Einrichtungen wie Sportstätten einschließlich Bäder, Altenheime, Büchereien, Gemeinschaftshäuser und ähnliche soziale und
kulturelle Einrichtungen sowie - nach Vorberatung im Jugendwohlfahrtsausschuß - der Jugend- und Freizeitheime, Kindergärten
und Kindertagesstätten, soweit es sich nicht um Maßnahmen der Substanzerhaltung oder der Gefahrenabwehr handelt; ..."
Der Kläger fühlt sich hierdurch in seinen bundesrechtlich gewährleisteten Kompetenzen verletzt. Seine am 7. Mai 1987 erhobene
Klage, zuletzt gerichtet auf die Feststellung, daß die teilweise Übertragung der Entscheidungsbefugnis über die Unterhaltung
und Ausstattung der im Stadtbezirk gelegenen Jugend- und Freizeitheime sowie Kindergärten und Kindertagesstätten auf die Bezirksvertretungen
sein innerorganisatorisches Beschlußrecht in Fragen der Jugendhilfe verletzt, hatte im ersten (vgl. VG Minden, VR 1989, 249 = ZfJ 1989, 145 m. abl. Anm. U. Preis) und im zweiten Rechtszug keinen Erfolg. Das Berufungsurteil (veröffentlicht in NWVBl 1992, 17 = Jugendwohl 1993, 92 m. abl. Anm. Happe) ist im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei zulässig. Das Feststellungsinteresse sei durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung
des Kinder- und Jugendhilferechts - KJHG - zum 1. Januar 1991 nicht berührt worden. Denn die Kompetenzen des klagenden Ausschusses, der als Jugendhilfeausschuß im
Sinne des neuen Rechts gelte, seien in Art. 1 § 71 Abs. 3
KJHG inhaltsgleich mit dem alten Recht geregelt, und die Streitfrage bestehe zwischen den Beteiligten nach deren Angaben in der
mündlichen Verhandlung fort. Die Klage sei auch zu Recht gegen den Rat gerichtet, da diesem die mit der Klage bekämpfte Verletzung
des beanspruchten körperschaftsinternen Alleinentscheidungsrechts angelastet werde.
In der Sache sei für die begehrte Feststellung auf der Grundlage des nunmehr maßgeblichen Art. 1 § 71 Abs. 3
KJHG kein Raum. Die dort geregelten Kompetenzen des Jugendhilfeausschusses hätten nicht die vom Kläger vorausgesetzte Reichweite;
insbesondere beinhalteten sie kein Alleinentscheidungsrecht in allen die Unterhaltung und Ausstattung von Jugend- und Freizeitheimen
sowie Kindergärten und Kindertagesstätten betreffenden Fragen. Das folge aus dem Wortlaut des Art. 1 § 71
KJHG und dem systematischen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Das Bundesrecht
ziehe der aus dem Kommunalverfassungsrecht abgeleiteten Regelungsbefugnis von Ländern und Gemeinden nur insofern eine Grenze,
als der Jugendhilfeausschuß nicht nur der äußeren Form nach, sondern auch inhaltlich, also in Hinsicht auf die zugewiesenen
Aufgaben, ein beschließender Ausschuß sein müsse. Das erfordere, daß ihm Aufgaben von substantiellem Gewicht zur eigenen Entscheidung
verbleiben müßten; auch könnte ein unantastbarer Kernbestand des Beschlußrechts gewährleistet sein. Die vom Kläger angegriffene
Regelung halte sich in diesen Grenzen. Denn die Entscheidungsbefugnisse der Bezirksvertretungen beschränkten sich auf Angelegenheiten
mit im wesentlichen bezirksinterner Bedeutung und gegenständlich auf Unterhaltung und Ausstattung der streitigen Einrichtungen,
während die Entscheidung über Substanzerhaltung, Errichtung, Auflösung und Standortbestimmung solcher Einrichtungen bei den
zentralen Kollegialorganen der Stadt verblieben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er sein Feststellungsbegehren weiterverfolgt. Er rügt Verletzung
insbesondere des Art. 1 § 71 Abs. 3
KJHG.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht dagegen teilt die Auffassung
des Klägers.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet, so daß sie zurückzuweisen ist (§
144 Abs.
2
VwGO). Daß das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen
hat, verletzt Bundesrecht nicht.
Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Klage als kommunalverfassungsrechtliche Feststellungsklage für zulässig gehalten.
Sie zielt auf die Kontrolle einer Handlung des kommunalen Rechtsetzungsorgans am Maßstab der kommunalverfassungsrechtlichen
Zuständigkeitsordnung, aus der der Kläger eigene, gegenüber der Satzungsgewalt des Rates wehrfähige Rechte ableitet.
Weiterhin geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß die Zulässigkeit der kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage
weder durch den Ablauf der Wahlperiode für die Vertretungskörperschaft noch durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung
des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz - KJHG) vom 26. Juni 1990 (BGBl I S. 1163), das das Jugendwohlfahrtsgesetz - JWG - durch das Achte Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - ersetzt hat (Art. 1
KJHG), berührt worden ist. Zwar sind Rat und Jugendwohlfahrts- bzw. Jugendhilfeausschuß der Stadt B. aufgrund der am 1. Oktober
1989 und am 16. Oktober 1994 durchgeführten Kommunalwahlen personell neu besetzt worden. Damit sind jedoch die Beteiligten
des vorliegenden Kommunalverfassungsstreits nicht untergegangen. Denn nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts ist der
im Parlamentsrecht geltende Grundsatz der Diskontinuität, der zum Verlust der Beteiligtenfähigkeit führen könnte (vgl. auch
- zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses - StGH für das Land Bad.-Württ., Urteil vom 13. Oktober 1989 - GR 4/87 - ESVGH 40, 14 [16]), für den Rat der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen nicht anwendbar, weil er kein Parlament im eigentlichen
Sinne ist (vgl. OVG Münster, Urteil vom 29. März 1971 - II A 1315/68 - [OVGE 26, 225]). Für den Jugendhilfeausschuß gilt - wie für den früheren Jugendwohlfahrtsausschuß - nichts anderes. Auch
das Bundesrecht sieht ihn als Teil des auf Dauer zu errichtenden Jugendamtes (vgl. § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 2 JWG; inhaltsgleich
§ 69 Abs. 3, § 70 Abs. 1
SGB VIII) und damit als permanentes kommunales Verfassungsorgan.
Auch durch das Inkrafttreten des neuen Kinder- und Jugendhilferechts am 1. Januar 1991 (vgl. Art. 24
KJHG) hat das Verfahren keine Erledigung gefunden. Nach Art. 13 Abs. 1
KJHG gilt ein am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehender und nach § 14 JWG zusammengesetzter Jugendwohlfahrtsausschuß als Jugendhilfeausschuß, bis sich die erstmals nach diesem Zeitpunkt gewählte
Vertretungskörperschaft konstituiert hat. Die Geltung dieser Übergangsregelung, deren Sinn es ist, eine kontinuierliche Arbeit
der noch nach altem Recht zusammengesetzten Ausschüsse zu ermöglichen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines KJHG, BTDrucks 11/5948 S. 120 zu Art. 12), hat mit der Kommunalwahl am 16. Oktober 1994 ihr Ende gefunden, und an die Stelle des als Jugendhilfeausschuß neuen Rechts
geltenden Jugendwohlfahrtsausschusses (§ 14 JWG, §§ 2, 3 AG-JWG in der Fassung vom 1. Juli 1965 [GV. NW. S. 248]) ist der
nach neuem Jugendhilferecht (§ 71
SGB VIII und §§ 4, 5 AG-KJHG vom 12. Dezember 1990 [GV. NW. S. 664]) gebildete Jugendhilfeausschuß getreten.
Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich dargelegt, daß das Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung nicht
durch das neue Kinder- und Jugendhilferecht beseitigt worden ist. Denn es hat weder an der inhaltlichen Ausgestaltung des
in seiner Reichweite umstrittenen Beschlußrechts etwas geändert noch die zwischen den Beteiligten bestehende Streitfrage geklärt.
Die Beteiligten haben demgemäß auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, die Streitfrage bestehe
zwischen ihnen fort.
Auch in der Sache ist das Berufungsurteil jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Beschlußrecht des Jugendhilfeausschusses
in Angelegenheiten der Jugendhilfe hat nicht die vom Kläger beanspruchte uneinschränkbare Wehrfähigkeit gegenüber satzungsrechtlichen
Zugriffen der kommunalen Vertretungskörperschaft. Im Ergebnis zu Recht hat dabei das Berufungsgericht allein auf das neue
Recht abgestellt. Denn das Kinder- und Jugendhilfegesetz mißt sich für alle bei seinem Inkrafttreten noch anhängigen jugendhilferechtlichen Verwaltungsstreitsachen Geltung bei (vgl.
Art. 17 Abs. 1
KJHG und die Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 11/5948 S. 121 zu Art. 15 Abs. 1 und 3), soweit sie sich nicht auf abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Lebenssachverhalte beziehen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1991 - BVerwG 5 C 27.88 - [Buchholz 436.51 § 6 JWG Nr. 13 S. 12 = NJW 1991, 3165]), und der Kläger hat seinen Feststellungsantrag nicht in die Vergangenheit
gerichtet.
Das durch Art. 1
KJHG in Kraft gesetzte Achte Buch Sozialgesetzbuch, nunmehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Mai 1993 (BGBl I S. 637),
bestimmt die Kreise und kreisfreien Städte zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und schreibt ihnen die Errichtung
eines aus Amtsverwaltung und Jugendhilfeausschuß bestehenden Jugendamtes vor (§§ 69, 70
SGB VIII). Bundesrechtlich geregelt sind weiterhin Vorgaben für die Zusammensetzung des Ausschusses und seine Stellung innerhalb der
Kommunalverfassung. Dem Jugendhilfeausschuß gehören als stimmberechtigte Mitglieder mit drei Fünfteln des Anteils der Stimmen
Mitglieder der Vertretungskörperschaft des Jugendhilfeträgers oder von ihr gewählte Frauen und Männer an, die in der Jugendhilfe
erfahren sind (§ 71 Abs. 1 Nr. 1
SGB VIII). Zwingend ist die Wahl von Frauen und Männern auf Vorschlag der im Bereich des öffentlichen Trägers wirkenden und anerkannten
Träger der freien Jugendhilfe, wobei Vorschläge der Jugendverbände und der Wohlfahrtsverbände angemessen zu berücksichtigen
sind; diesen Mitgliedern stehen zwei Fünftel des Anteils der Stimmen im Ausschuß zu (§ 71 Abs. 1 Nr. 2
SGB VIII). Der Jugendhilfeausschuß befaßt sich mit allen Angelegenheiten der Jugendhilfe, insbesondere mit der Erörterung aktueller
Problemlagen junger Menschen und ihrer Familien sowie mit Anregungen und Vorschlägen für die Weiterentwicklung der Jugendhilfe,
der Jugendhilfeplanung und der Förderung der freien Jugendhilfe (§ 71 Abs. 2
SGB VIII). Der Ausschuß soll vor jeder Beschlußfassung der Vertretungskörperschaft in Fragen der Jugendhilfe und vor der Berufung
des Leiters des Jugendamtes gehört werden und hat das Recht, an die Vertretungskörperschaft Anträge zu stellen (§ 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII). Vor allem aber hat er Beschlußrecht in Angelegenheiten der Jugendhilfe im Rahmen der von der Vertretungskörperschaft bereitgestellten
Mittel, der von ihr erlassenen Satzung und der von ihr gefaßten Beschlüsse (§ 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII).
Sinn dieser Regelungen über die kommunalen Jugendämter, die bereits das Jugendwohlfahrtsgesetz in fast unveränderter Form
enthielt (vgl. §§ 12 ff. JWG), ist es, den "Bürgern, die durch freie Mitarbeit am Gemeinwohl Gemeinsinn bewiesen haben", Mitverantwortung
für die Erziehung der Jugend zu übertragen, um auf diese Weise den Sachverstand und die großen Erfahrungen der freien Träger
der Jugendhilfe, insbesondere der Jugend- und der Wohlfahrtsverbände, auch in der öffentlichen Jugendarbeit zum Tragen zu
bringen (vgl. Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des RJWG, BTDrucks I/3641 S. 5
zu § 9 - 14 sowie S. 6 zu § 9 a; vgl. auch den 3. Jugendbericht, BTDrucks VI/3170 S. 135).
Der Jugendhilfeausschuß stellt sich demnach als bundesrechtlich konstituiertes Kommunalorgan dar, das den sog. beschließenden
Ausschüssen des Kommunalrechts ähnelt, aber die Besonderheit aufweist, daß es nur teilweise die politischen Mehrheitsverhältnisse
der Vertretungskörperschaft widerspiegelt und im übrigen von Vertretern der freien Jugendhilfe und sachverständigen Bürgern
besetzt wird. Obwohl mit Regelungen dieser Art der Bundesgesetzgeber der Sache nach kommunales Verfassungs-, Organisations-
und Verfahrensrecht regelt, für das an sich ausschließlich die Länder gesetzgebungsbefugt sind, hat das Bundesverfassungsgericht
die entsprechenden Regelungen des Jugendwohlfahrtsgesetzes als sachbezogene und für die Gewährleistung eines wirksamen Gesetzesvollzuges
notwendige Annexregelungen akzeptiert, die der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit zur materiellen Regelung der
öffentlichen Fürsorge gemäß Art.
84 Abs.
1
GG treffen kann (BVerfGE 22, 180 [211]).
Die Beschränkung des Bundesgesetzgebers auf das für die Effektivität des Gesetzesvollzuges Notwendige prägt auch die Ausgestaltung
des zwischen den Beteiligten dieses Kommunalverfassungsstreits bestrittenen Beschlußrechts des Jugendhilfeausschusses. § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII enthält eine unabgeschlossene, gleichsam "unfertige" Regelung. Zunächst fällt auf, daß das Gesetz - im Gegensatz zur Umschreibung
der Befassungsbefugnis des Jugendhilfeausschusses in § 71 Abs. 2
SGB VIII - das Beschlußrecht nicht auf alle Angelegenheiten der Jugendhilfe bezieht und damit davon ausgeht, daß der dem Beschlußrecht
offenliegende Aufgabenbereich kleiner ist oder doch zumindest sein kann als der in § 71 Abs. 2
SGB VIII umschriebene. Weiterhin gewährt § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII das Beschlußrecht nur "im Rahmen der von der Vertretungskörperschaft bereitgestellten Mittel, der von ihr erlassenen Satzung
und der von ihr gefaßten Beschlüsse". Dieser Vorbehalt entspricht wörtlich der Formulierung in § 15 Satz 2 JWG, dessen Inhalt
ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 96 zu Absatz 3) in das neue Recht übernommen werden sollte. Folglich
hat noch immer Gültigkeit, was die Begründung des Regierungsentwurfs der Novelle zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz vom 28.
August 1953 (BGBl I S. 1035), mit der das Beschlußrecht des damaligen Jugendwohlfahrtsausschusses eingeführt worden ist, zum
Verhältnis dieses Beschlußrechts zu den Befugnissen der politischen Vertretungskörperschaft des örtlichen Trägers ausgeführt
hat (BTDrucks I/3641 S. 6 f. zu § 9 b): "Das Hauptgewicht der Jugendarbeit verbleibt ... bei der politischen Vertretungskörperschaft
der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes, wie es die Gemeindeordnungen vorsehen. Das Recht, über den Etat des Jugendamtes zu
entscheiden und über die Angelegenheiten der Jugendhilfe zu entschließen, steht der Vertretungskörperschaft bereits auf Grund
des Gemeindeverfassungsrechtes zu ... . Als weitere Aufgabe hat ... die Vertretungskörperschaft die Satzung für das Jugendamt
gemäß landesrechtlicher Vorschriften zu erlassen ... . Ein Beschlußrecht hat der Jugendwohlfahrtsausschuß nur im Rahmen der
Satzung und der Beschlüsse der Vertretungskörperschaft. Daß dies so sein muß, ist eine Konsequenz des vollen Einbaues des
Jugendamtes in den Selbstverwaltungsorganismus der Gemeinde bzw. des Gemeindeverbandes. In der Bildung des Willens ist die
Vertretungskörperschaft das übergeordnete Organ, und eine besondere Willensbildung des für das Gebiet der öffentlichen Jugendhilfe
eingesetzten Jugendwohlfahrtsausschusses kann nur innerhalb der von diesem übergeordneten Organ gezogenen Grenzen erfolgen."
Daß unter die rahmensetzenden Beschlüsse der Vertretungskörperschaft auch solche generell-abstrakter Art, also auch Satzungen,
fallen sollten, wurde im Gesetzgebungsverfahren in den Auseinandersetzungen über die Erforderlichkeit einer Stadtstaatenklausel
ausdrücklich hervorgehoben und dabei der weitgespannte Rahmen der Bundesregelung unterstrichen, innerhalb dessen durch die
politische Vertretungskörperschaft jeweils "Sonderregelungen" getroffen werden könnten. Andererseits wurde aber auch auf die
Bedeutung einer beschließenden Mitwirkung der Wohlfahrts- und Jugendverbände hingewiesen, auf die "im Interesse einer wirksamen
Jugendarbeit" nicht in einem Land zur Gänze verzichtet werden könne (BTDrucks I/3641 S. 19 zu Nr. 29).
Die Gesetzesmaterialien bestätigen also, was sich bereits aus dem Wortlaut der Kompetenznorm ergibt: Es wird kein allumfassendes,
schrankenloses und fertig ausgeformtes Alleinentscheidungsrecht des Jugendhilfeausschusses in allen Angelegenheiten der Jugendhilfe
gewährt, sondern ein Beschlußrecht, das seine konkrete Gestalt und Reichweite erst im Zusammenspiel der bundesgesetzlichen
Regelung mit dem Kommunalverfassungsrecht der Länder und der dort konstituierten Haushalts-, Beschluß- und Satzungsgewalt
der politischen Vertretungskörperschaft gewinnt. Von ihr gefaßte Beschlüsse in Fragen der Jugendhilfe, seien sie haushaltsrechtlicher,
sonstiger normativer oder schlicht jugendpolitischer Natur, gehen im Grundsatz dem Beschlußrecht des Ausschusses vor: Sie
konstituieren den Rahmen, innerhalb dessen der Ausschuß Beschlußrecht hat. Das entspricht der besonderen demokratischen Rolle,
die der Rat als die unmittelbar vom Volk legitimierte zentrale Führungsinstanz der Gemeinde hat (vgl. BVerfGE 47, 253 [275]) und die ihm die Kompetenz-Kompetenz zuweist. Freilich läßt das Bundesrecht diese Kompetenz-Kompetenz ihrerseits nicht
schrankenlos, sondern gibt ihr - im Interesse effektiver Jugendarbeit - eine Bestandsgarantie vor: Der Jugendhilfeausschuß
"hat" Beschlußrecht (§ 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII).
In welchem Umfang die Vertretungskörperschaft im Hinblick auf dieses Beschlußrecht bei der Inanspruchnahme ihrer Kompetenzen
bundesrechtlichen Beschränkungen unterliegt, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Unstreitig ist Anlaß für
den vorliegenden Rechtsstreit allein die Übertragung der Entscheidungsbefugnis über "Unterhaltung und Ausstattung der im Stadtbezirk
gelegenen ... Jugend- und Freizeitheime, Kindergärten und Kindertagesstätten" bei nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgehender
Bedeutung der Angelegenheit. Nach der das Revisionsgericht gemäß §
173
VwGO in Verbindung mit §
562
ZPO bindenden Auslegung des hier einschlägigen, zufolge §
137 Abs.
1
VwGO nicht revisiblen Landesrechts durch die Vorinstanz verbleiben dem Jugendhilfeausschuß im Hinblick darauf, daß die Übertragung
die Beschlußfassung über alle Angelegenheiten mit im wesentlich über einen Stadtbezirk hinausgehender Bedeutung unberührt
läßt und außerdem mit der Entscheidung über Substanzerhaltung, Errichtung, Auflösung und Standortbestimmung der aufgeführten
Jugendhilfeeinrichtungen gerade die in die Zukunft weisenden wesentlichen Strukturentscheidungen auf dem Gebiet der städtischen
Jugendhilfe von der Übertragung ausgenommen sind, Aufgaben von substantiellem Gewicht, so daß von einer substantiellen Aushöhlung
des dem Ausschuß zustehenden Beschlußrechts in Angelegenheiten der Jugendhilfe nicht die Rede sein könne. Mehr jedenfalls
gebietet Bundesrecht nicht.
Weitergehende Bindungen für. die Wahrnehmung der Kompetenz-Kompetenz durch die Vertretungskörperschaft gibt § 71 Abs. 3
SGB VIII nicht vor. Die Abgrenzung zwischen ihrem Beschlußrecht und dem des Jugendhilfeausschusses kann insbesondere nicht mit Kategorien
des jugendhilferechtlichen Fachgehalts einer bestimmten Fragestellung vorgenommen werden. Ebensowenig tragfähig sind Anleihen
bei den Grundsätzen der Rahmengesetzgebung, weil es hier nicht um die Abgrenzung von Gesetzgebungszuständigkeiten in föderalen
Konkurrenzlagen geht, sondern um innerkommunale Zuständigkeitsfragen im Rahmen der Jugendhilfeverwaltung. Entsprechendes gilt
für Rückgriffe auf die für den Schutz verfassungsrechtlich verbürgter Institute und institutioneller Garantien entwickelte
Kernbereichslehre (vgl. z.B. BVerfGE 79, 127 [146]) und die dem Grundrechtsschutz dienende Wesensgehaltsgarantie (Art.
19 Abs.
2
GG).
Rechtlich bedeutungslos ist im vorliegenden Zusammenhang auch, daß die Einbuße an Beschlußkompetenz, die der Kläger aufgrund
der umstrittenen Satzungsbestimmung des Beklagten erfährt, nicht dem Beklagten zugute kommt, sondern den Bezirksvertretungen
in B. Insonderheit widerspricht dies nicht einem das Verhältnis zwischen Jugendhilfeausschuß und kommunaler Vertretungskörperschaft
prägenden bundesrechtlichen Grundsatz der Ratsunmittelbarkeit. Denn ein solcher Grundsatz, sollte es ihn geben, könnte angesichts
des Wortlauts des § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nur bedeuten, daß die Konkretisierung der dort vorbehaltenen Schranken nur unmittelbar durch die politische Vertretungskörperschaft
des örtlichen Jugendhilfeträgers vorgenommen werden darf. Eine Ratsunmittelbarkeit in diesem Sinne aber wahrt die Kompetenzregelung
in § 7 Abs. 2 der Hauptsatzung des Beklagten. Weiteres, insbesondere ein an die Vertretungskörperschaft gerichtetes Verbot,
ihr auf dem Gebiet der Jugendhilfe zustehende Kompetenzen an andere kommunale Organe zu delegieren oder die Kompetenzen des
Jugendhilfeausschusses zugunsten anderer kommunaler Organe einzuschränken, ist dem § 71 Abs. 3
SGB VIII dagegen nicht zu entnehmen.
Ebensowenig läßt sich gegen die Kompetenzregelung zugunsten der Bezirksvertretungen einwenden, § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII beziehe die Anhörungsbefugnisse des Ausschusses auf Beschlüsse der Vertretungskörperschaft selbst. Hieraus folgt nämlich
nicht, daß der Jugendhilfeausschuß nicht gegenüber anderen Kommunalorganen auf ein Anhörungsrecht beschränkt werden dürfte.
Denn weder § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII noch das Kommunalverfassungsrecht setzen der Kompetenz-Kompetenz des zentralen demokratischen Verfassungsorgans auf jugendhilferechtlichem
Gebiet inhaltliche Schranken dieser Art. § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII regelt das Anhörungsrecht des Jugendhilfeausschusses, wenn die politische Vertretungskörperschaft Beschlüsse faßt; er setzt
deren Beschlußfassungsbefugnis voraus. Ob sich die Vertretungskörperschaft ihres Beschlußrechts zugunsten anderer Kommunalverfassungsorgane
entäußern darf, wird von § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII dagegen nicht geregelt.
Schließlich erfordert auch die Wahrnehmung der Gesamtverantwortung des örtlichen Jugendhilfeträgers (vgl. § 79 Abs. 1
SGB VIII), z.B. um im gesamten Stadtgebiet einheitliche Standards durchzusetzen, nicht zwingend eine Beschlußkompetenz des Jugendhilfeausschusses
auch für den auf die Bezirksvertretungen übertragenen Bereich. Denn sie ist bereits dadurch gewahrt, daß die Entscheidungsbefugnis
der Bezirksvertretungen nur gewährt wird "im Rahmen der vom Rat erlassenen allgemeinen Richtlinien" und "der vom Rat bereitgestellten
Haushaltsmittel" (§ 13 b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 GO NW F. 1984 = § 37 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GO NW F. 1994). Außerdem hat der Oberbürgermeister ein Widerspruchsrecht gegen nach seiner Auffassung das Wohl der Stadt gefährdende
Beschlüsse der Bezirksvertretungen, mit dem er eine endgültige Entscheidung des Rates auslösen kann (§ 13 b Abs. 6
GO NW F. 1984 = § 37 Abs. 6
GO NW F. 1994). Dem Jugendhilfeausschuß bleibt es unbenommen, auf den Rat bei der Wahrnehmung der Gesamtverantwortung für die
Jugendhilfe auch im Bereich der Bezirke vermittels seines Anhörungs- und Antragsrechts einzuwirken.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2
VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus §
188 Satz 2
VwGO (vgl. BVerwGE 47, 233 [238]).