Sozialhilferecht - Regelsatzfestsetzung, Festlegung der Regelsätze für Haushaltsangehörige nach einem Statistikmodell
Gründe:
I.
Die Klägerinnen verlangen vom Beklagten für die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1990 höhere laufende Leistungen
zum Lebensunterhalt nach höheren als den damals festgesetzten Regelsätzen, die Klägerin zu 1 in Höhe von monatlich 71 DM,
die Klägerin zu 2 in Höhe von monatlich 64 DM, die Klägerin zu 3 in Höhe von monatlich 46 DM und die Klägerin zu 4 in Höhe
von monatlich 64 DM.
Mit Bescheiden vom 26. September 1990 setzte der Beklagte die Höhe der zu gewährenden Leistungen für die Zeit ab Oktober 1990
neu fest, wobei er jeweils höhere Regelsätze zugrunde legte, bei der Klägerin zu 1 als Haushaltsvorstand 449 DM (statt vormals
426 DM), bei der am 3. Juni 1976 geborenen Klägerin zu 2 404 DM (statt vormals 320 DM) und bei der am 5. November 1980 geborenen
Klägerin zu 3 sowie bei der am 19. Dezember 1979 geborenen Klägerin zu 4 292 DM (statt vormals 277 DM).
Die Widersprüche der Klägerinnen mit der Begründung, die Regelsätze seien zu niedrig bemessen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden
vom 6. Dezember 1990 unter Hinweis darauf zurück, daß er für eine Erhöhung der Regelsätze nicht zuständig sei. Hiergegen haben
die Klägerinnen Klage erhoben und vorgetragen, daß die für die Zeit ab Juli 1990 festgesetzten Regelsätze den Mindestbedarf
für ein menschenwürdiges Leben nicht deckten. Die Bemessung der Regelsätze nach dem Statistikmodell sei fehlerhaft, weil es
sich am Ausgaben- und Verbrauchsverhalten von Referenzgruppen orientiere, die von unzureichenden Sozialhilfeschwellen ausgingen
und zu ihnen einen zu geringen Abstand einhielten. Auch sei der regelsatzrelevante Verbrauch vom Jahr der letzten Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe 1983 systematisch fehlerhaft statt mit der Verbrauchssteigerungsrate mit der allgemeinen Preissteigerungsrate
auf das Jahr 1990 hochgerechnet worden. Zudem sei die nach dem Statistikmodell ermittelte Bedarfserhöhung bei der Regelsatzfestsetzung
unzulässig nur zu einem Drittel berücksichtigt worden.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung der Klägerinnen ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht
ist bei der Prüfung der auf der Grundlage des Statistikmodells festgesetzten Regelsätze zu dem Ergebnis gekommen, daß die
von den Klägerinnen als nicht bedarfsdeckend beanstandeten Regelsatzhöhen zwar neben den systematischen Vorgaben nach dem
Statistikmodell auch finanzpolitische Erwägungen berücksichtigten, die Wirksamkeit der Regelsatzfestsetzungen davon aber unberührt
bleibe. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle sei auf die Anwendung des sogenannten Vertretbarkeitsmaßstabes beschränkt, weil
dem Verordnungsgeber im Rahmen seiner normativen Gestaltungsfreiheit eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Festsetzung
der Regelsatzhöhe zustehe. Die Regelsatzfestsetzungen basierten auf sachverständigen Stellungnahmen, insbesondere einem Gutachten
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, und seien im Rahmen der eingeschränkten richterlichen Überprüfbarkeit
nicht zu beanstanden.
Mit ihrer Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter. Der Beklagte und der Oberbundesanwalt verteidigen das angefochtene
Urteil.
II.
Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Das Berufungsurteil ist mit Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO) vereinbar. Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, daß die Festsetzungen der für die Klägerinnen maßgeblichen Regelsätze
in der nordrhein-westfälischen Verordnung zur Anpassung der Regelsätze der Sozialhilfe 1990 vom 19. Juni 1990 (GV NW 1990,
S. 327) - Regelsatzhöheverordnung 1990 - rechtmäßig waren und die Klägerinnen keine Ansprüche auf höhere Regelsatzleistungen
für den streitigen Zeitraum haben.
Die Festsetzung der Regelsätze kann auch außerhalb eines Normenkontrollverfahrens in einem auf Gewährung von höheren Sozialhilfeleistungen
gerichteten Verwaltungsrechtsstreit gerichtlich überprüft werden (BVerwGE 94, 326 [329]). §
47 VwGO läßt die Berechtigung und Verpflichtung der Gerichte, untergesetzliche Normen im Rahmen anderer Verfahren inzident zu prüfen,
unberührt.
Die angegriffenen Regelsatzfestsetzungen verstoßen nicht gegen Bundesrecht. Maßgeblich für die Beurteilung der Regelsatzhöhe
sind insbesondere die § 1 Abs. 2, § 11 Abs. 1, §§ 12 und 22 BSHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 1987 (BGBl I S. 401, 494) und die Regelsatzverordnung in der Fassung der Verordnung vom 21. März 1990 (BGBl I S. 562). Danach soll die Hilfe zum Lebensunterhalt dem Bedürftigen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, indem sie ihm den notwendigen
Lebensunterhalt gewährleistet. § 22 Abs. 3 BSHG, der die Länder ermächtigt, die Höhe der Regelsätze zu konkretisieren, enthält die Vorgaben, die tatsächlichen Lebenshaltungskosten
und örtlichen Unterschiede sowie das Lohnabstandsgebot zu berücksichtigen. Die nordrhein-westfälische Regelsatzhöheverordnung
1990 hält sich mit der hier im Streit stehenden Festsetzung in diesem Rahmen.
Regelsatzfestsetzungen sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, weil den Ländern bei der konkreten Festsetzung der
Regelsätze nach allgemeiner Auffassung eine Einschätzungsprärogative - teilweise wird auch von Gestaltungsspielraum, Vertretbarkeit
der Wertungen oder administrativer Letztentscheidungsbefugnis gesprochen - zusteht (vgl. BVerfGE 87, 153, 170; BVerwGE 25, 307; 94, 326). Die Regelsatzfestsetzung ist ein Akt wertender Erkenntnis und gestaltender sozialpolitischer Entscheidung darüber, mit
welcher Regelsatzhöhe der notwendige Lebensunterhalt für den Regelbedarf sichergestellt ist.
Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich auf die Kontrolle, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten wurde. Hierzu hat der
Senat in BVerwGE 94, 326 im Anschluß an BVerwGE 25, 307 entschieden, daß sich die gerichtliche Überprüfung in tatsächlicher Hinsicht darauf bezieht, ob sich die Regelsatzfestsetzung
auf ausreichende Erfahrungswerte stützen kann, und in bezug auf die der Festsetzung zugrundeliegenden Wertungen darauf, ob
diese im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar sind. Obwohl sich diese Entscheidung auf eine Regelsatzfestsetzung durch
Verwaltungsvorschrift bezog, hat das Berufungsgericht die darin aufgezeigten Maßstäbe für die gerichtliche Kontrolldichte
zu Recht auch auf die hier streitgegenständliche Regelsatzfestsetzung durch Rechtsverordnung angewandt. Denn eine Rechtsverordnung
unterliegt jedenfalls keiner intensiveren Gerichtskontrolle als eine Verwaltungsvorschrift.
Die beanstandete Regelsatzfestsetzung wird diesen Maßstäben gerecht.
Ein Bedarfsbemessungssystem war vom Bundesgesetzgeber in der hier einschlägigen Fassung des § 22 Abs. 3 BSHG nicht vorgeschrieben worden. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz vom 25. - 27. Oktober 1989 in Düsseldorf beschlossen die
Länder auf der Grundlage eines von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachtens des Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge (DV) "Neues Bedarfsbemessungssystem für die Regelsätze in der Sozialhilfe: Ableitung der Regelsätze für sonstige
Haushaltsangehörige" (Frankfurt am Main, 1989) die Einführung des sogenannten Statistikmodells zum 1. Juli 1990. Dieses Modell
löste nach jahrelangen Vorarbeiten das Warenkorbmodell ab. Das Statistikmodell orientiert sich an den durchschnittlichen Ausgaben
und dem Verbrauchsverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Die erforderlichen Daten werden anhand einer Bundesstatistik,
der sogenannten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), ermittelt, die seinerzeit aus dem Jahr 1983 stammte und alle fünf
Jahre neu erhoben wird.
Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß das Statistikmodell ein geeignetes Bedarfsbemessungssystem ist. Als Ergebnis
intensiver Vorüberlegungen und Arbeiten unter Mitwirkung u. a. auch des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
als eines sachverständigen Vereins (vgl. BVerwGE 25, 307 [316]; 35, 178 [180]) beruht das Statistikmodell auf Expertenwissen. Es geht von dem nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe statistisch
ermittelten durchschnittlichen Ausgaben- und Verbrauchsverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen aus und berücksichtigt
davon als regelsatzrelevanten Verbrauch nur den Ausgaben- und Verbrauchsanteil, der auf den Regelbedarf entfällt, also den
ohne Besonderheiten des Einzelfalles (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG) bei vielen Hilfeempfängern (zu deren Gruppeneinteilung vgl. § 2 Regelsatzverordnung) gleichermaßen bestehenden, nicht nur einmaligen Bedarf aus den in § 1 Abs. 1 Regelsatzverordnung genannten Bedarfsgruppen und -posten (vgl. BVerwGE 87, 212 [216]; 91, 156 [159]). Während das Warenkorbmodell den regelsatzrelevanten Bedarf konkret, d. h. ausgehend von bestimmten Bedarfsgegenständen,
bestimmten Bedarfsmengen und bestimmten Preisen, ermittelte, wobei der konkrete Warenkorb nicht als in den Einzelheiten feststehender
Bedarf, sondern nur als ein Bedarfsmuster neben möglichen anderen verstanden werden durfte, knüpft das Statistikmodell zur
Ermittlung des Bedarfs am Verbrauch an. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Den Bedarf nach dem Verbrauch zu bemessen,
ist nur scheinbar ein Widerspruch. Denn der Bedarf des Sozialhilfeempfängers wird nicht am Verbrauch von Sozialhilfeempfängern,
sondern am Verbrauch von Personen in unteren Einkommensgruppen gemessen, die statistisch zuverlässig über der Sozialhilfeschwelle
liegen. Dies entspricht der Aufgabe der Sozialhilfe, einem Hilfebedürftigen zu ermöglichen, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern
ähnlich wie diese zu leben; allerdings ist das Lohnabstandsgebot (§ 22 Abs. 3 BSHG) zu beachten.
Die Umsetzung des Statistikmodells durch die zum 1. Juli 1990 in Kraft getretene nordrhein-westfälische Regelsatzhöheverordnung
1990 ist vertretbar. Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist der Verordnungsgeber von richtigen und vollständigen
Tatsachengrundlagen ausgegangen. Die Einkommen der Referenzgruppe, also der Gruppe von Haushalten im unteren Einkommensbereich,
deren Verbrauchsverhalten als Maßstab auch für das Verbrauchsverhalten von Sozialhilfeempfängern angesehen wird, liegt mit
einer Bandbreite von 4 v. H. bis 25 v. H. ausreichend über der sogenannten Sozialhilfeschwelle, um eine Überschneidung beider
Gruppen und damit einen Zirkelschluß weitestgehend zu vermeiden (Gutachten des DV S. 13 und 55). Das Berufungsgericht hat
zutreffend dargelegt, daß auch die Sozialhilfeschwelle nicht fehlerhaft zu niedrig angesetzt worden ist. Weiter läßt die Bestimmung
des gemäß § 1 Regelsatzverordnung regelsatzrelevanten privaten Verbrauchs anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 1983 und der für den Teilbereich
Haushaltsenergie relevanten Haushaltskundenbefragung der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) Fehler nicht erkennen.
Auch die weiteren, von der Revision in zweierlei Hinsicht geltend gemachten Bedenken gegen die Regelsatzfestsetzung zum 1.
Juli 1990 greifen nicht durch. Sie betreffen zum einen die Hochrechnung des für das Jahr 1983 ermittelten Eckregelsatzes in
Höhe von 407,34 DM auf den 1. Juli 1990, zum anderen die nur stufenweise Umsetzung der Bedarfsbemessung nach dem Statistikmodell.
Der Eckregelsatz wurde einem Vorschlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge folgend mit der allgemeinen
Preissteigerungsrate hochgerechnet. Alternativ dazu hatte der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge vorgeschlagen,
anstelle der allgemeinen Preissteigerungsrate die deutlich höhere regelsatzrelevante Verbrauchssteigerungsrate zugrunde zu
legen. Von 1983 bis 1988 betrug die allgemeine Preissteigerungsrate bezogen auf einen Haushaltsvorstand lediglich 5, 8 v.H.,
während sich die regelsatzrelevante Verbrauchssteigerungsrate auf 13, 9 v.H. belief. Bei Berücksichtigung der letztgenannten
Rate hätte sich für 1988 ein Aufwandsbetrag von 464 DM ergeben (s. Gutachten DV, Tabelle S. 18 und S. 16/17). Aus dem vom
Verordnungsgeber mit der allgemeinen Preissteigerungsrate ermittelten Betrag von 431 DM für 1988 errechnete sich zum 1. Juli
1990 ein Eckregelsatz von 457 DM. Der Regelsatz wurde jedoch auf nur 449 DM festgelegt, weil der aus dem Statistikmodell folgende
Mehrbetrag in jährlichen Stufen zum jeweils 1. Juli der Jahre 1990, 1991 und 1992 umgesetzt werden sollte (vgl. Gutachten
des DV S. 33 und insbesondere BRDrucks 34/90 S. 3). Zum 1. Juli 1990 wurden die Regelsätze nur um rund ein Drittel der Differenz
von 31 DM zwischen dem zum Juli 1990 errechneten Regelsatz in Höhe von 457 DM und dem bisherigen, dem ab Juli 1989 geltenden
Regelsatz in Höhe von 426 DM, d. h. um 10 DM, erhöht, zuzüglich eines Ausgleichsbetrages für die erwartete Preissteigerung
in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis 30. Juni 1991 in Höhe von 13 DM.
Sowohl bei der Wahl der Hochrechnungsmethode als auch bei der stufenweisen Umsetzung ließ sich der Verordnungsgeber von Kostenerwägungen
leiten. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß finanzpolitische Erwägungen wegen des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers
solange nicht zu beanstanden sind, wie die Bemessung des Bedarf unter Berücksichtigung des gesetzlichen Zwecks, dem Hilfeempfänger
die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, vertretbar ist. Das ist hier der Fall:
Beim Statistikmodell ist eine Hochrechnung erforderlich, weil die für dieses Bedarfsbemessungssystem wesentlichen statistischen
Erhebungen nur alle fünf Jahre durchgeführt werden und danach erst nach längerer Zeit ausgewertet für neue Regelsatzfestsetzungen
zur Verfügung stehen. Ausgehend vom systematischen Ansatz des Statistikmodells, das den Bedarf auf der Grundlage des Ausgaben-
und Verbrauchsverhaltens bemißt, wäre es an sich konsequent, den regelsatzrelevanten Verbrauch in Zeiten zwischen den Auswertungen
zweier Einkommens- und Verbrauchsstichproben mit der Steigerungsrate des regelsatzrelevanten Verbrauchs hochzurechnen (vgl.
dazu z. B. Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, S. 17). Das schließt jedoch die Wahl einer
anderen Hochrechnung nicht aus, wenn dafür vertretbare Gründe bestehen. Das ist bei der hier zu beurteilenden Regelsatzfestsetzung
1990/1991 der Fall. Denn diese Regelsatzfestsetzung war die erste auf der Grundlage des Statistikmodells. Um starke Brüche
als Folge des Wechsels der Bedarfsbemessungssysteme zu vermeiden, durfte der Verordnungsgeber bei der Neufestsetzung der Regelsätze
nach dem neuen Bedarfsbemessungssystem für eine Übergangszeit auch Kriterien berücksichtigen, die - vom bestehenden Regelsatz
ausgehend - zu einer erst allmählichen Anpassung führen. Deshalb war es vertretbar, daß der Verordnungsgeber ausgehend vom
Regelsatz zum 1. Juli 1989 in Höhe von 426 DM den nach dem Statistikmodell mit den Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
1983 für 1983 ermittelten Verbrauch in Höhe von 407,34 DM statt mit einer Steigerungsrate des regelsatzrelevanten Verbrauchs
von 13,9 v.H. auf 464 DM nur mit der allgemeinen Preissteigerungsrate von 5, 8 v. H. auf 431 DM für 1988 hochrechnete und
auf dieser Grundlage zum 1. Juli 1990 statt eines höheren nur einen Regelsatz von 457 DM errechnete.
Aus dem gleichen Grund, nämlich um sprunghafte Veränderungen des Regelsatzes von einem auf das andere Jahr zu vermeiden, wenn
diese nicht durch sprunghafte Veränderungen der Lebensverhältnisse bedingt sind, ist es vertretbar, den zum 1. Juli 1990 erstmals
nach dem Statistikmodell mit 457 DM ermittelten Regelsatz nicht voll anzusetzen, sondern die sich aus der Differenz zum vorherigen
Regelsatz (426 DM) ergebende Erhöhung von 31 DM nur stufenweise, hier in drei Stufen, beginnend mit 10 DM, umzusetzen.
Zusammen mit dem Ausgleichsbetrag in Höhe von 13 DM für die erwartete Preissteigerung in der Zeit der Regelsatzgeltung wurde
damit für 1990 ein Regelsatz in Höhe von 449 DM (426 DM [Regelsatz 1989] + 10 DM [1. Teilstufe der Erhöhung] + 13 DM [Ausgleich
für Preissteigerung]) festgesetzt, der einerseits eine im Vergleich zum Vorjahr sprunghafte Veränderung des Regelsatzes vermied,
andererseits mit 5, 4 v.H. eine deutlich über der allgemeinen Preissteigerungsrate liegende Erhöhung des Regelsatzes bewirkte.
Auch die für die Klägerinnen zu 2 bis 4 maßgeblichen Regelsätze sind nicht zu beanstanden. Sie beruhen ebenfalls auf dem Statistikmodell,
wobei ihnen modifizierte Differenzrechnungen ausgehend von den mit Hilfe der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelten
regelsatzrelevanten Ausgaben von Haushalten von Alleinlebenden, von Ehepaaren ohne Kind und Ehepaaren mit einem Kind zugrunde
liegen (s. Gutachten des DV S. 7 ff., 49 ff.).
Die Besonderheit der Regelsatzfestsetzungen für die haushaltsangehörigen Klägerinnen zu 2 bis 4 besteht darin, daß sie auf
zwei Rechtsverordnungen beruhen, zum einen auf der Regelsatzverordnung in der Fassung der Verordnung vom 21. März 1990 (BGBl I S. 562) und zum anderen auf der nordrheinwestfälischen Regelsatzhöheverordnung 1990. Die in § 1 der bezeichneten Landesverordnung
für die Haushaltsangehörigen angegebenen Regelsätze sind das rechnerische Ergebnis aus der in dieser Verordnung festgesetzten
Regelsatzhöhe für den Haushaltsvorstand und den in der Regelsatzverordnung des Bundes für die Haushaltsangehörigen festgesetzten Prozentsätzen (s. § 2 Abs. 3 und 4 Regelsatzverordnung).
Der vorliegende Streitfall gibt allerdings keine Veranlassung, der im Gutachten des DV S. 24 aufgeworfenen Frage nachzugehen,
in welchem Abhängigkeitsverhältnis für die Regelsätze der Haushaltsangehörigen einerseits die Festsetzung des Regelsatzes
für den Haushaltsvorstand durch den Landesverordnungsgeber und andererseits die Festlegung der Prozentsätze durch den Bundesverordnungsgeber
stehen. Denn die in der nordrhein-westfälischen Regelsatzhöheverordnung 1990 für die Haushaltsangehörigen nach Maßgabe des
Regelsatzes für den Haushaltsvorstand und der Prozentsätze nach § 2 Abs. 3 Regelsatzverordnung festgesetzten Regelsätze sind gerichtlich nicht zu beanstanden. Sowohl der Landes- als auch der Bundesverordnungsgeber sind
bei ihren Festsetzungen in bezug auf die Regelsätze für die Haushaltsangehörigen von den Berechnungen des Deutschen Vereins
für öffentliche und private Fürsorge in seinem Gutachten von 1989 ausgegangen (s. BRDrucks 34/90 S. 4 f.) und haben sich mit
diesem für modifizierte Differenzrechnungen entschieden (s. dazu Gutachten des DV S. 7 ff., 49 ff.). Die Wahl dieser Berechnungsmethode
ist vertretbar. Danach wird der Verbrauch eines erwachsenen Haushaltsangehörigen aus der Differenz der regelsatzrelevanten
Aufwendungen der Haushalte von Ehepaaren ohne Kind und solcher Aufwendungen der Haushalte von Alleinlebenden sowie der Verbrauch
eines Kindes in bestimmten Altersgruppen aus der Differenz der regelsatzrelevanten Aufwendungen der Haushalte von Ehepaaren
mit einem Kind aus dieser Altersgruppe und solcher Aufwendungen der Haushalte von Ehepaaren ohne Kind ermittelt, wobei die
maßgeblichen Referenzgruppen so bestimmt wurden, daß sie mit einer Bandbreite von jedenfalls 4 v. H. bis 25 v.H. ausreichend
über der Sozialhilfeschwelle liegen, und der Einkommensbereich dort angehoben wurde, wo es erforderlich war, um statistisch
ausreichende Fallzahlen sicherzustellen (s. Gutachten des DV S. 49 ff., 58 ff.).
Vertretbar ist hier auch, wie bereits zum Regelsatz für den Haushaltsvorstand dargelegt, zum einen die Bedarfshochrechnung
mit der allgemeinen Preissteigerungsrate und zum anderen die nur stufenweise Anhebung des Regelsatzes von 1989 auf 1990. Ausgehend
von den insoweit gerundeten Daten im Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (a.a.O. S. 16 und
17) errechnete sich bezogen auf das Jahr 1988 für Haushaltsangehörige mit 15 Jahren, wie die Klägerin zu 2, ein Bedarf von
404 DM, das sind 93, 73 % des Bedarfs eines Haushaltsvorstandes von 431 DM, und für Haushaltsangehörige mit 10 bzw. 11 Jahren,
wie die Klägerinnen zu 3 und 4, ein Bedarf von 280 DM, das sind 64, 96 % des Bedarfs eines Haushaltsvorstandes von 431 DM.
Die Regelsatzfestsetzung 1990/1991 für Haushaltsangehörige wie die Klägerinnen zu 3 und 4 auf 65 % des Regelsatzes für einen
Haushaltsvorstand entspricht ihrem nach der modifizierten Differenzrechnung auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
1983 ermittelten Bedarf und ist deshalb nicht zu beanstanden. Die Regelsatzfestsetzung 1990/1991 für Haushaltsangehörige wie
die Klägerin zu 2 auf 90 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand bleibt zwar mit 3, 73 % hinter dem nach der modifizierten
Differenzrechnung auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1983 ermittelten Bedarf zurück, ist aber auch
noch vertretbar. Denn der Verordnungsgeber kann bei der Festlegung der Prozentsätze darauf achten, daß sie nicht zu differenziert
sind. Daß er sich hier statt für eine Aufrundung auf 95 % für die Abrundung auf 90 % entschieden hat, ist nicht zu beanstanden.
Denn jedenfalls bei der Regelsatzfestsetzung 1990/1991, die hier allein im Streit steht, errechnete sich auch mit 90 % noch
ein Regelsatz für 15 jährige Haushaltsangehörige, der 26, 25 % über dem vorjährigen Regelsatz für 1989/1990 lag.
Die Revision der Klägerinnen muß demnach mit der Kostenfolge aus §
154 Abs.
2, §
159 VwGO, §
100 ZPO zurückgewiesen werden. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf §
188 Satz 2
VwGO.