I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger nach dem Wechsel aus einem Studium der Medizin für sein Studium der Zahnheilkunde
dem Grunde nach Ausbildungsförderung nach dem -
Bundesausbildungsförderungsgesetz -
BAföG - zusteht.
Der 1959 geborene Kläger erwarb im Juni 1977 die Hochschulreife. Seitdem strebt er den Beruf des Kieferchirurgen an, für den
ein abgeschlossenes Studium der Medizin und der Zahnheilkunde erforderlich ist. Vom Wintersemester 1977/78 bis zum Wintersemester
1980/81 bewarb er sich erfolglos um einen Studienplatz für Zahnheilkunde und sodann vom Sommersemester 1981 bis zum Sommersemester
1982 ebenfalls erfolglos für Medizin. Währenddessen absolvierte er eine Ausbildung zum Zahntechniker und arbeitete in diesem
Beruf. Vom Wintersemester 1982/83 bis zum Sommersemester 1984 studierte er an der Universität D. Medizin und bestand dort
im August 1984 die ärztliche Vorprüfung. Im Wintersemester 1984/85 nahm er ein Studium der Zahnheilkunde an der Technischen
Hochschule A. auf. Dabei wurde ihm das Medizinstudium mit drei Semestern auf den vorklinischen Teil des Studiums der Zahnheilkunde
angerechnet.
Am 4. Oktober 1984 beantragte der Kläger bei der Technischen Hochschule A., ihm die bisher für sein Medizinstudium gewährte
Ausbildungsförderung auch weiterhin für sein Studium der Zahnheilkunde zu leisten. Zur Begründung trug er vor, daß er ein
Parallelstudium beider Fächer anstrebe. Dieses sei jedoch in Nordrhein-Westfalen - anders als in Baden-Württemberg und Bayern
- unzulässig. Seine Bewerbungen an Universitäten in Baden-Württemberg für den klinischen Studienabschnitt sowie alle Versuche
eines Studienplatztausches seien indes erfolglos geblieben. Deshalb habe er sich im Fach Medizin exmatrikulieren müssen, um
das Studium der Zahnmedizin an der Technischen Hochschule A. aufnehmen zu können.
Durch Bescheid vom 8. Januar 1985 lehnte die Technische Hochschule A. den »Antrag über Ausbildungsförderung für eine andere
Ausbildung gem. §
7 Abs.
3 BAföG von Medizin nach Zahnmedizin« ab. Das Landesamt für Ausbildungsförderung wies den Widerspruch des Klägers zurück.
Während des Verfahrens über die hiergegen gerichtete Klage setzte der Kläger sein Studium der Zahnheilkunde seit Sommersemester
1986 an einer Universität in Baden-Württemberg fort. Parallel zu diesem - im Juni 1988 erfolgreich abgeschlossenen - Studium
wurde er dort mit dem Sommersemester 1987 unter Einstufung in das 7. Fachsemester auch wieder im Fach Medizin immatrikuliert.
Nachdem der Kläger aufgrund des Hochschulwechsels die Klage gegen den jetzigen Beklagten gerichtet hatte, hat das zunächst
angerufene Verwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Sigmaringen verwiesen.
Es hat den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Grunde nach vorab zu entscheiden, daß
die Voraussetzungen für die Förderung des Zahnmedizinstudiums des Klägers in T. vorliegen. Die hiergegen eingelegte Berufung
des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Dabei hat er den Tenor des erstinstanzlichen Urteils in der Weise
neu gefaßt, daß der Beklagte verpflichtet wird, zu entscheiden, daß die Voraussetzungen für die Förderung des Zahnmedizinstudiums
des Klägers ab dem Wintersemester 1984/85 dem Grunde nach vorliegen. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof folgendes
ausgeführt: Zwar könne der Kläger seinen Anspruch auf Förderung des Studiums der Zahnmedizin nicht aus §
7 Abs.
3 BAföG herleiten. Denn er habe sein Medizinstudium nicht abbrechen, sondern nur unterbrechen wollen. Dem Förderungsbegehren sei
jedoch aufgrund von §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG zu entsprechen. Die Voraussetzungen dieses Härte- und Auffangtatbestandes seien hier anzunehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten. Dieser meint, auch §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG komme als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht in Betracht. Denn die Gewährung von Ausbildungsförderung
nach dieser Vorschrift setze zwingend voraus, daß bereits eine berufsqualifizierend abgeschlossene Ausbildung vorliege. Dieses
Merkmal erfülle der Kläger nicht.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil: Studenten, die ihre Ausbildung straffen und sich der Belastung eines Doppelstudiums
unterziehen wollten, dürften nicht mit dem Entzug der Förderung bestraft werden.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hält die Klage für im Ergebnis begründet. Der Anspruch des Klägers folge
jedoch nicht aus §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG, sondern lasse sich unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks aus §
7 Abs.
3 BAföG herleiten. Der Kläger habe nämlich einen Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund vorgenommen.
II. Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, daß die Voraussetzungen
für die Förderung des Zahnmedizinstudiums des Klägers nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz -
BAföG - in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645) ab dem Wintersemester 1984/85 dem
Grunde nach vorgelegen haben. Zwar beruhen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auf einer fehlerhaften Anwendung
des Bundesrechts (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Die Entscheidung selbst stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§
144 Abs.
4 VwGO).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger einen Anspruch auf Förderung seines Studiums der Zahnmedizin
nicht aus §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG herleiten. Wie sich aus Wortlaut und Systematik des §
7 BAföG ergibt und vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung hervorgehoben wurde, setzt die Förderung einer »weiteren« Ausbildung
nach Absatz 2 dieser Vorschrift voraus, daß der Auszubildende zuvor eine Erstausbildung im Sinne des §
7 Abs.
1 BAföG berufsqualifizierend abgeschlossen hat (vgl. BVerwGE 54, 191 [192]; 55, 194 [196]; 55, 325 [336]; 68, 84 [86]). Der Kläger hatte jedoch bei Aufnahme seines Zahnmedizinstudiums noch keinen
berufsqualifizierenden Abschluß einer Erstausbildung im Sinne des §
7 Abs.
1 BAföG erreicht. Insbesondere hatte er sein Medizinstudium noch nicht berufsqualifizierend abgeschlossen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich der Anspruch des Klägers auf Förderung seines Studiums der Zahnmedizin
dem Grunde nach jedoch aus §
7 Abs.
3 BAföG. Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß der Kläger sein bisheriges Medizinstudium, weil er die Ablegung des
medizinischen Staatsexamens nur aufgeschoben, nicht aber aufgegeben hat, nur unterbrochen (vgl. §
20 Abs.
2 BAföG) und nicht im Sinne des §
7 Abs.
3 und des §
15 a Abs.
4 BAföG abgebrochen hat. Bundesrecht verletzt jedoch die das Berufungsurteil tragende Ansicht, §
7 Abs.
3 BAföG scheide damit als Anspruchsgrundlage auf Förderung des vom Kläger für das Wintersemester 1984/85 aufgenommenen Zahnmedizinstudiums
aus.
Ausbildungsförderung für eine andere als die zuvor geförderte Ausbildung wird nach §
7 Abs.
3 BAföG in der hier noch maßgeblichen, seit 1971 unverändert gebliebenen Fassung nicht nur geleistet, wenn der Auszubildende die
Ausbildung aus wichtigem Grund abgebrochen hat; Ausbildungsförderung erhält vielmehr auch, wer die Fachrichtung aus wichtigem
Grund gewechselt hat. Ein solcher Fachrichtungswechsel liegt vor, wenn der Auszubildende mit der Ausbildung, für die er nunmehr
Förderung begehrt, einen anderen berufsqualifizierenden Abschluß oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel anstrebt (vgl.
BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1977 - BVerwG 5 C 51.76 - [Buchholz 436.36 §
7 BAföG Nr. 3]). Dabei ist bei einem Hochschulstudenten grundsätzlich darauf abzustellen, in welcher Fachrichtung er an der Hochschule
eingeschrieben ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. April 1981 - BVerwG 5 C 28.79 - [Buchholz 436.36 §
17 BAföG Nr. 4], vom 7. Juni 1983 - BVerwG 5 C 5.81 - [Buchholz 436.36 §
7 BAföG Nr. 36] und vom 28. November 1985 - BVerwG 5 C 64.82 - [Buchholz, aaO., Nr. 50]). Ein Fachrichtungswechsel setzt ferner voraus, daß die Ausbildung in der bisherigen Fachrichtung
noch nicht beendet war (vgl. BVerwGE 54, 191 [193 f.]; 55, 194 [198]).
Einen solchen fachlichen Wechsel der Einschreibung vor Beendigung der Ausbildung hat der Kläger hier vorgenommen, als er sich
zum Wintersemester 1984/85 aus dem Studiengang Medizin exmatrikulierte und in den nach Ausbildungsgang und Ausbildungsziel
davon verschiedenen Studiengang Zahnmedizin immatrikulierte. Damit sind die Merkmale eines Fachrichtungswechsels erfüllt.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts setzt ein Fachrichtungswechsel nicht voraus, daß der Auszubildende sein ursprüngliches
Ausbildungsziel endgültig aufgegeben, seine bisherige Ausbildung also im Sinne des §
15 a Abs.
4 BAföG abgebrochen hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits für ein Doppelstudium entschieden, das als Parallelstudium
durchgeführt und bei dem Förderung geleistet wird für die als Hauptstudium betriebene Ausbildung. Wechselt hier der Auszubildende
Haupt- und Nebenstudium aus, bricht er also das frühere Hauptstudium nicht ab, sondern führt es als Nebenstudium fort, kann
er für das neue Hauptstudium Ausbildungsförderung (nur) unter den Voraussetzungen des §
7 Abs.
3 BAföG beanspruchen, es sei denn, der Austausch stelle sich als bloße Verlagerung des Studienschwerpunkts dar (BVerwGE 62, 180 [184]). Für ein Doppelstudium, das - wie hier - in der Form eines Schachtelstudiums durchgeführt wird, kann nichts anderes
gelten.
Allerdings ist, worauf der Senat bereits mehrfach hingewiesen hat (vgl. BVerwGE 55, 325 [335 ff.]; 62, 180 [184]), bei der Anwendung des §
7 Abs.
3 BAföG auf Doppelstudien stets die Systematik des §
7 BAföG im Blick zu behalten. Nach §
7 Abs.
1 BAföG besteht grundsätzlich nur Anspruch auf die Förderung einer Ausbildung; eine weitere wird nur unter den Voraussetzungen des
§
7 Abs.
2 BAföG gefördert. Diese gesetzgeberische Entscheidung darf nicht über §
7 Abs.
3 BAföG umgangen werden. Daraus folgt: Führt der Doppelstudent die weitere Ausbildung nicht im zeitlichen Anschluß an den berufsqualifizierenden
Abschluß der ersten durch, sondern - wie hier - als Schachtelstudium in der Zeit der Unterbrechung der Erstausbildung, dürfen
Förderungsleistungen für die weitere Ausbildung unter Berufung auf §
7 Abs.
3 BAföG nur dann gewährt werden, wenn diese Ausbildung - zeitlich nach dem berufsqualifizierenden Abschluß der ersten betrieben -
die Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 BAföG erfüllen würde. Das ist im Falle des Klägers, der den Beruf des Kieferchirurgen anstrebt, unzweifelhaft; denn der Beruf des
Kieferchirurgen ist in den Gesetzesberatungen als typischer Anwendungsfall des §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG herausgestellt worden (vgl. Regierungsentwurf eines 7.
BAföG-Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 9/410, S. 12 f.).
Die Annahme eines Fachrichtungswechsels hat zur Folge, daß der Kläger für sein Studium der Zahnmedizin nur dann Ausbildungsförderung
beanspruchen kann, wenn für diesen Fachrichtungswechsel ein wichtiger Grund nach §
7 Abs.
3 BAföG anzuerkennen ist. Davon ist hier in Übereinstimmung mit dem Oberbundesanwalt auszugehen.
Ein wichtiger Grund für einen Fachrichtungswechsel ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann
gegeben, wenn dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung
aller im Rahmen der Ausbildungsförderung erheblichen Umstände - insbesondere also sowohl der an Ziel und Zweck der Ausbildungsförderung
orientierten öffentlichen Interessen als auch der Interessen des Auszubildenden - nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BVerwGE
50, 161 [164 ff.]; 67, 235 [236]; 82, 156 [158]). Bei der anhand dieses Grundsatzes vorzunehmenden Interessenabwägung ergibt sich,
daß dem Kläger nicht zugemutet werden konnte, zunächst sein Studium in der Fachrichtung Medizin berufsqualifizierend abzuschließen
und dafür auf die von ihm zum Wintersemester 1984/85 erreichte Zulassung für die Fachrichtung Zahnmedizin zu verzichten.
Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, daß der Kläger sich entschlossen hatte, den Beruf des Kieferchirurgen anzustreben, für
den abgeschlossene Ausbildungen in beiden Fachrichtungen erforderlich waren, die dann, wenn er sie nacheinander absolviert
hätte, gemäß §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG ohne weiteres hätten gefördert werden müssen. Da es sich bei dem zunächst begonnenen Medizinstudium gerade nicht um ein Parkstudium
mit möglicherweise nutzloser Inanspruchnahme von Ausbildungskapazität und Ausbildungsförderung handelte, führte auch der Umstand,
daß der Kläger sich während dieses Studiums nicht weiter am Vergabeverfahren beteiligt hat, zu keiner Beeinträchtigung von
Interessen der Förderungsträger. Im Gegenteil lag die durch das Schachtelstudium mit wechselseitiger Anrechnung von Semestern
erreichbare Straffung und Verkürzung der Gesamtausbildung des Klägers gerade auch im Interesse an möglichst rationeller Ausnutzung
der vorhandenen Ausbildungskapazitäten durch eine sinnvolle, umsichtig geplante und zielstrebig durchgeführte Ausbildung und
ist deshalb bei der im Rahmen des §
7 Abs.
3 BAföG gebotenen Interessenabwägung zugunsten des Klägers berücksichtigungsfähig (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. November 1985 - BVerwG
5 C 64.82 - und vom 16. Mai 1990 - BVerwG 5 C 9.87 - [Buchholz 436.36 §
7 BAföG Nrn. 50 und 93]). Am Ziel und Zweck der Ausbildungsförderung orientierte öffentliche Interessen standen der Förderung des
Zahnmedizinstudiums des Klägers demgemäß nicht entgegen.
Umgekehrt sprachen aus der Sicht des Klägers gewichtige ausbildungsbezogene Umstände dafür, sein Studium in der von ihm vorgenommenen,
den hochschulrechtlichen Zulassungsbeschränkungen Rechnung tragenden Weise fortzuführen. Da in der Fachrichtung Zahnmedizin
ein strengerer Numerus clausus herrschte als in der Fachrichtung Medizin, wäre es im Hinblick auf seinen Berufswunsch unvernünftig
gewesen, die ihm angebotene Zulassung für das Studium der Zahnmedizin abzulehnen und damit das Risiko einzugehen, in absehbarer
Zeit keinen Studienplatz in diesem Fach mehr zu erhalten. Dies gilt erst recht für die Aussichten einer Bewerbung nach abgeschlossenem
Medizinstudium, die nur noch im Rahmen der Quote von 3 v.H. nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b der Vergabeverordnung vom 2O. Mai 1980 (GV.NW. S. 566) hätte berücksichtigt werden können. Demgegenüber war die Möglichkeit eines späteren Wiedereinstiegs
in das Medizinstudium wegen des bereits erreichten Ausbildungsfortschritts und des in den klinischen Semestern weniger strengen
Numerus clausus rechtlich und faktisch unproblematisch, wie auch die tatsächliche Entwicklung gezeigt hat.