LAG Köln, Urteil vom 16.10.2010 - 7 Sa 385/09
Verzugslohnansprüche eines verstorbenen Arbeitnehmers bei Bezug von Sozialleistungen; Anspruchsübergang auf Träger der Sozialleistungen bei Leistungen an Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft; gerichtliche Geltendmachung von Nachlassforderungen aus dem Arbeitsverhältnis für die Erbengemeinschaft durch Arbeitnehmerwitwe
1. Gemäß §§ 1922 Abs. 1, 2032 Abs. 1, 2039 S. 1 BGB kann die Witwe eines verstorbenen Arbeitnehmers zum Nachlass gehörende Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis für die Erbengemeinschaft gerichtlich geltend machen.
2. Gemäß § 115 SGB X gehen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Annahmeverzugsentgelt nur insoweit auf den Träger von Sozialleistungen über, als dieser Sozialleistungen an den Arbeitnehmer erbracht hat, die aufgrund dessen eigener sozialrechtlicher Ansprüche für diesen selbst bestimmt sind.
3. Dies ist insbesondere dann zu beachten, wenn der Arbeitnehmer Mitglied einer sog. Bedarfsgemeinschaft i. S. v. §§ 7, 9, 38 SGB II war/ist. Die für die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bestimmten Sozialleistungen werden von dem Anspruchsübergang auch dann nicht erfasst, wenn der Arbeitnehmer dem Sozialleistungsträger gegenüber als Vertreter und "Zahlstelle" i. S. v. § 38 SGB II für die gesamte Bedarfsgemeinschaft aufgetreten ist (zu den Rechtsverhältnissen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft vgl. grundlegend und instruktiv: BSG v. 7.11.2006, NZS 2007, 328 ff.).
4. § 11 S. 1 Nr. 3 KSchG hat neben § 115 SGB X keine eigenständige Bedeutung.
Normenkette:
BGB § 611 Abs. 1
,
BGB § 615 S. 1
,
BGB § 1922 Abs. 1
,
BGB § 2032 Abs. 1
,
BGB § 2039 S. 1
,
KSchG § 11 S. 1 Nr. 3
,
SGB X § 115 Abs. 1
,
SGB II § 7 Abs. 3
,
SGB II § 9 Abs. 2
,
SGB II § 38
Vorinstanzen: ArbG Köln 24.09.2008 3 Ca 9557/05
Tenor
Auf die Berufung der Klagepartei hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.09.2008 in Sachen
3 Ca 9557/05 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft des verstorbenen Arbeitnehmers V, bestehend aus dessen Ehefrau Dsowie seinen Kindern D, Jund K, 58.548,25 - brutto abzüglich auf die Träger der Sozialleistungen übergegangener 22.304,06 - netto zuzüglich Zinsen auf den Differenzbetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2006 zu zahlen. Die weitergehende Zinsforderung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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