LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2018 - 8 SB 1348/18
Feststellung des Grades einer Behinderung Keine Bindungswirkung bereits festgestellter GdB-Sätze Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem früheren Behinderungszustand
1. Der Behindertenbegriff in § 2 Abs. 1 SGB IX entspricht dem Verständnis der UN-Behindertenrechtskonvention. Wie der nationale Gesetzgeber diese als Menschenrecht verstandene Teilhabe behinderter Menschen umsetzt, ist den Vertragsstaaten überlassen.
2. Die abgestufte GdB-Bewertung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen erfasst die nach dem Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung unterstellte Teilhabebeeinträchtigung in einer abstrakten Grad-Bemessung der Behinderung. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht ist darin nicht begründet.
3. Die GdB-Festsetzung dient als Grundlage für den Ausgleich von Teilhabebeeinträchtigungen in verschiedenen, aber nicht in allen Bereichen der Lebensgestaltung in der Gesellschaft. Die Verwirklichung der Teilhabe oder der Ausgleich der Teilhabebeeinträchtigung erfolgt in vielen Fällen auch ohne Anknüpfung an eine GdB-Festsetzung.
1. Die den einzelnen Behinderungen zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung; diese gehören nicht zum sogenannten Verfügungssatz eines Bescheides.
2. Es sind vielmehr Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen.
3. Zur Beurteilung, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss der gegenwärtige Zustand mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand verglichen werden.
Normenkette:
SGB IX § 2 Abs. 1 S. 1
,
SGB X § 48 Abs. 1 S. 1
,
SGG § 77
Vorinstanzen: SG Stuttgart 03.04.2018 S 6 SB 6632/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 03.04.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Entscheidungstext anzeigen: