Gründe:
Die nach §
172 Abs.
1 und §
173 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin griechischer Staatsangehörigkeit gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin
vom 26. Juni 2009 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den am 11. Juni 2009 bei Gericht eingegangenen, anwaltlich gestellten
Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem
12. Juni 2009 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -SGB II- zu bewilligen und die Kosten der Unterkunft im Wohnprojekt
"D" in Höhe von 16,34 € pro Tag vom 23. April 2009 bis zum 7. Juni 2009 zu übernehmen, zu Recht abgelehnt.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung
setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die
Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als
auch der Anordnungsgrund sind gemäß §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) i. V. m. §
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG glaubhaft zu machen.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Anspruchsgrundlage für die von ihr begehrten Leistungen
der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach erhalten Leistungen nach diesem Gesetz zwischen
15 und 65 Jahre alte erwerbsfähige Personen, die hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben. Ausgenommen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus
dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist bei der Antragstellerin der Fall. Ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich allein aus
dem - von ihr eingeräumten - Zweck der Arbeitssuche gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alternative des Gesetzes über die allgemeine
Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986) in der Fassung vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970), wonach freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger sind, die sich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten
wollen. Die 27jährige Antragstellerin, von deren Erwerbsfähigkeit mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen ist,
ist eigenem Vortrag nach im Dezember 2008 in die Bundesrepublik eingereist und sucht hier Arbeit. Sie verfügt über eine Bescheinigung
gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU), die sie zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland
berechtigt. Der Einwand, hierauf komme es deshalb nicht an, weil sie vom 1. Februar 2009 bis zum 12. März 2009 in Hohen-Neuendorf
im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses gearbeitet habe, führt zu keiner anderen Beurteilung. Hieraus lässt
sich ein Status als Arbeitnehmerin nicht herleiten, denn für das Fortbestehen des Arbeitnehmerstatus trotz Arbeitslosigkeit
im Sinne des § 2 Abs. 3 FreizügG-EU ist Voraussetzung eine unfreiwillige, durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigte Arbeitslosigkeit. Die Antragstellerin
hat bereits nicht vorgetragen, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet zu haben. Bei der von der Antragstellerin
ausgeübten Tätigkeit in Hohen-Neuendorf handelte es sich zudem nicht um eine versicherungspflichtige Beschäftigung, sondern
um eine geringfügige Tätigkeit. Hieraus lässt sich ein Aufenthaltsrecht deshalb nicht ableiten.
Ein Aufenthaltsrecht aus sonstigen Gründen kommt nicht in Betracht. Denn die Antragstellerin hat weder vorgetragen, eine Arbeitsstelle
zu besitzen noch eine Berufsausbildung zu absolvieren. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht folgt kein über den Zweck der Arbeitssuche
hinausgehendes Aufenthaltsrecht.
Artikel 6 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger
und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mietgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158/77; sog. Unionsbürgerrichtlinie) sieht ein (bis auf Passförmlichkeiten) voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern
nur für einen Zeitraum von drei Monaten vor; dieser Zeitraum ist hier abgelaufen. Artikel 7 der Unionsbürgerrichtlinie gewährt
ein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate nur, wenn der Unionsbürger Arbeitnehmer oder Selbständiger ist (Absatz 1
Buchstabe a), er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres
Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen
über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen (Buchstabe b), oder eine näher bezeichnete
Ausbildung absolviert (Buchstabe c). Keine der genannten Voraussetzungen liegt hier vor.
Auch aus Art. 18 Abs. 1 des EG-Vertrages folgt kein weitergehendes Aufenthaltsrecht, wonach jeder Unionsbürger grundsätzlich
das Recht hat, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Diese Vorschrift stellt jedoch das
Aufenthaltsrecht ausdrücklich unter den Vorbehalt der im EG-Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen
und Bedingungen. In der Rechtssache Trojani hat der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 7. September 2004, C-456/02, Juris, Tz. 33) ausdrücklich festgestellt, dass zu den Beschränkungen und Bedingungen des Rechts des Unionsbürgers aus Art.
18 EG auch der Art. 1 der (seinerzeit geltenden) Richtlinie 90/364/EWG gehöre. Danach können die Mitgliedstaaten von Angehörigen
eines Mitgliedstaats, die das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wollen, verlangen, dass sie für sich
und ihre Familienangehörigen über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmestaat alle Risiken abdeckt, sowie über ausreichende
Existenzmittel verfügen, durch die sichergestellt ist, dass sie während ihres Aufenthaltes nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats
in Anspruch nehmen müssen. Mangels ausreichender Existenzmittel bestehe daher ein Recht eines Unionsbürgers, der sich in einer
Situation wie der des dortigen Klägers befindet, aus Art. 18 EG auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, dessen
Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, nicht (EuGH, Urteil vom 7. September 2004, aaO., Tz. 36). Nichts anderes gilt für Art.
7 Abs. 1 Buchstabe b der Unionsbürgerrichtlinie (mit der die zuvor genannte Richtlinie 90/364 insgesamt aufgehoben worden
ist), der der Sache nach der Regelung in Art. 1 der Richtlinie 90/364 entspricht. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob
die Unionsbürgerrichtlinie eine abschließende sekundärrechtliche Regelung über das Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern darstellt
und Art. 18 EG daneben von vornherein nicht mehr anwendbar ist.
Ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist umstritten (vgl.
die zahlreichen Nachweise bei Hailbronner, Ansprüche nicht erwerbstätiger Unionsbürger auf gleichen Zugang zu sozialen Leistungen,
ZFSH/SGB 2009, 195, 200). Nach Auffassung des Senats ist der Ausschlusstatbestand jedoch gemeinschaftsrechts-konform, sofern
er, wie hier, solche Leistungen nach dem SGB II betrifft, die nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, sondern den Lebensunterhalt
sichern sollen. Denn Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie erlaubt es einem Mitgliedstaat ausdrücklich, andere Personen
als Arbeitnehmer oder Selbständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen während der
ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Absatz 4 Buchstabe b der
Richtlinie - diese Regelung betrifft Unionsbürger, die in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um
Arbeit zu suchen - von einem Anspruch auf "Sozialhilfe" auszunehmen (siehe auch die 21. Begründungserwägung der Richtlinie).
Sozialhilfeleistungen im Sinne der Vorschrift sind, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie
ergibt, alle finanziellen Mittel, die der Existenzsicherung dienen. Nicht dazu zählen finanzielle Leistungen, die den Zugang
zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, Rs. C-22/08 und C-23/08, www.curia.eu, Tz. 45).
Die hier streitige Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II ist - wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat - keine Leistung,
die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll, sondern eine Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie (so auch OVG Bremen,
Beschluss vom 15. November 2007 - S 2 B 426/07 - Juris; Hailbronner, aaO., S. 201). Sie dient der Sicherung des Lebensunterhalts Hilfebedürftiger, wie sich schon der Überschrift
und dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen lässt. Dies bestätigt auch die in § 1 Abs. 2 SGB II vorgenommene Unterscheidung
der Leistungsarten nach Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung
in Arbeit (Nummer 1) und solchen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Nummer 2). Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte
und dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach für Erwerbsfähige zwar der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe durch einen Anspruch
auf Arbeitslosengeld II ersetzt, der Leistungsanspruch insofern allerdings mit dem steuerfinanzierten System der Sozialhilfe
zusammengeführt wurde. Auch nach dem Ergebnis der Leistung (vgl. zu diesem Kriterium EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, aaO.,
Tz. 42) bezweckt diese nicht, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, sondern die Existenzsicherung. Denn die Regelleistung
betrifft, wie sämtliche Leistungen des 1. Unterabschnittes des 2. Abschnittes des 3. Kapitels des SGB II, allein Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes, nämlich die in § 20 Abs. 1 SGB II aufgezählten Regelbeispiele - Ernährung, Kleidung,
Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens, Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen
Leben - einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 Satz 1 SGB II). Die Regelleistung enthält
keine Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die im Wesentlichen im 1. Abschnitt des 3. Kapitels des SGB II geregelt
sind, und sie ist auch keine Entgeltersatzleistung.
Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit Art. 39 Abs. 2 EG vereinbar
(so auch im Ergebnis EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, aaO., Tz. 46). Nach Art. 39 Abs. 2 EG haben Staatsangehörige eines Mitgliedstaats,
die in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung suchen, Anspruch auf die in der Bestimmung vorgesehene Gleichbehandlung.
Hierunter fällt auch die Gleichbehandlung in Bezug auf finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern
sollen. Solche Leistungen erfasst aber Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie nicht, weil zur "Sozialhilfe" im Sinne der
Richtlinie gerade nicht, wie oben ausgeführt, finanzielle Mittel zählen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen.
Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist auch mit Art. 12 EG vereinbar, jedenfalls für den Fall (wie hier), dass der
Unionsbürger sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleiten kann und weder eine Aufenthaltserlaubnis
(nach nationalem Recht) noch ein Daueraufenthaltsrecht besitzt. Nach Art. 12 Unterabsatz 1 EG ist unbeschadet besonderer Bestimmungen
des EG-Vertrages in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs kann sich ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger bei Leistungen der Sozialhilfe aber
(nur) in den Fällen auf Art. 12 EG berufen, in denen er sich im Aufnahmestaat "für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufgehalten
hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt" (EuGH, Urteil vom 7. September 2004, aaO., Tz. 43). Der Europäische Gerichtshof
hat in der Rechtssache Trojani ausgeführt, dass eine Berufung auf Art. 12 EG zwecks Beanspruchung von Sozialhilfe erst dann
in Betracht kommt, "sobald" der Unionsbürger, der sich in einer Situation wie der des dortigen Klägers befindet, eine Aufenthaltserlaubnis
besitzt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor und besteht im Übrigen grundsätzlich nicht in den von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr.
2 SGB II erfassten Fällen. Ergibt sich nämlich das Recht zum Aufenthalt allein aus dem Zweck der Arbeitssuche, kann kein Fall
gegeben sein, in dem der Unionsbürger eine (nationale) Aufenthaltserlaubnis oder ein Daueraufenthaltsrecht (vgl. § 2 Abs.
2 Nr. 7 FreizügG/EU) hat. Der Europäische Gerichtshof hat es mit Blick auf Art. 12 EG auch nicht beanstandet, dass Unionsbürger von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen werden, die Drittstaatsangehörigen
etwa nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden (Urteil vom 4. Juni 2009, aaO., Tz. 51 ff.).
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin steht der Wirksamkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB
II auch nicht das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (-EFA- BGBl. 1956, Teil II, S. 564) entgegen. Das EFA
ist durch Zustimmungsgesetz in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des Einzelnen begründendes Recht transformiert
worden, weil der Zweck des Vertrages, den Angehörigen der Vertragsstaaten auf den Gebieten der sozialen und der Gesundheitsfürsorge
Gleichbehandlung mit den Inländern einzuräumen, nur erreicht werden kann, wenn diese die Gleichbehandlung mit den Inländern
nach Maßgabe der im Anhang I des Abkommens genannten nationalen Gesetze unmittelbar geltend machen können. In Art. 1 EFA hat
sich jeder der Vertragsschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden, die sich in irgendeinem
Teil seines Gebietes, auf welches dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen,
in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und
Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Das EFA
findet gemäß seinem Art. 2 Abs. b nur auf die im Anhang genannten Rechtsvorschriften Anwendung. Von der nach wie vor gültigen
Fassung aus dem Jahr 2000 ist naturgemäß das SGB II nicht erfasst, sondern neben Vorschriften des SGB VIII und des Gesetzes zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten nur das Bundessozialhilfegesetz (BGBl. 2001, Teil II, S. 1086, 1088). Eine Neufassung dieses Anhanges und Anpassung an die aktuelle Gesetzeslage ist nicht
erfolgt.
Der Senat vermag auch nicht der Ansicht der Antragstellerin zu folgen, wonach die Regelungen des SGB II und diejenigen des
SGB XII an die Stelle des im Anhang I genannten BSHG als Fürsorgegesetz im Sinne des Artikel 1 EFA getreten sind. Dieser erweiternden, also das SGB II einbeziehenden Auslegung des Anhangs I des EFA steht jedoch das Anliegen
der Bundesregierung, Verpflichtungen zur Gewährung von Fürsorgeleistungen nur eingeschränkt zu übernehmen, entgegen. Dieses
Anliegen ergibt sich bereits aus dem Vorbehalt der Bundesregierung gem. Anhang II Nr. 1 zum EFA, wonach "...die in Anhang
I aufgeführte deutsche Gesetzgebung die Gewährung von Beihilfen und Darlehen sowie von Ausbildungshilfen vorsieht für Zwecke
der Existenzgründung und der Erlangung der Erwerbs- und Berufsbefähigung, und da diese Hilfe außerhalb des Rahmens der Fürsorge
im Sinne des Abkommens liegt, kann die Regierung der Bundesrepublik Deutschland diese besondere Hilfe auch den Staatsangehörigen
der übrigen Vertragsschließenden gewähren, ohne jedoch hierzu verpflichtet zu sein" (BGBl 1956, Teil II, S. 576). Die Befugnis der Bundesregierung, einen Vorbehalt zu erklären, ergibt sich aus Artikel 16 Abs. b Satz 2 EFA. Danach kann
jeder Vertragsstaat Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung neuer Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden
erklären. Um eine neue Rechtsvorschrift im Sinne des Artikel 16 b EFA handelt es sich bei den Regelungen des SGB II, da dieses
kein reines Nachfolgegesetz zum BSHG ist, sondern auch Vorschriften der Arbeitsförderung enthält, die zuvor im
SGB III enthalten waren (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. November 2008, Az.: L 5 B 801/08 AS ER, zitiert nach Juris-Datenbank). Eine erweiternde Auslegung des Anwendungsbereiches in Anhang I des EFA ohne Berücksichtigung
des Vorbehaltes in Anhang II des EFA ist deshalb nicht überzeugend.
Zwar enthält der Vertragstext des EFA mit seinen Anlagen keine dem § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechenden ausdrücklichen
Einschränkungen oder Vorbehalte. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass den vertragsschließenden Staaten
Ausschlussregelungen, die wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen verhindern
sollen, untersagt wären. Hierfür wäre nur dann Raum, wenn eine entsprechende ausdrückliche Regelung im EFA selbst enthalten
wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Der Wortlaut des EFA steht damit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB
II nicht entgegen.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch mit Sinn und Zweck des EFA vereinbar. Das EFA will, Fälle der Durchreise und des nur
vorübergehenden Aufenthalts vernachlässigt, vielmehr nur den Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten Inländergleichbehandlung
garantieren, die sich zur Zeit des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits in dem um Hilfe ersuchten Staat erlaubt aufhalten.
Es findet jedoch keine Anwendung, wenn der Staatsangehörige eines anderen Vertragsstaates eingereist ist, um hier Leistungen
nach dem SGB II in Anspruch zu nehmen. Diese Auffassung findet eine Grundlage in der Denkschrift zum EFA und zum Zusatzprotokoll
(BT-Drucksache 1882 vom 24. November 1955, S. 22 und 23). Dort heißt es mit Blick auf den in Art. 6 EFA vereinbarten grundsätzlichen
Verzicht auf die Rückschaffung der Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten, wenn hierfür lediglich Gründe der Hilfebedürftigkeit
maßgebend sind: "Gemeinsam beschreiten hiermit die Vertragsschließenden einen Weg des sozialen Schutzes für die Staatsangehörigen
aller beteiligten Staaten, die den gewöhnlichen Aufenthalt in irgendeinem dieser Staaten beizubehalten wünschen, aber ohne
die soziale Hilfe des Aufenthaltsstaates nicht beizubehalten vermögen." Nicht daran gedacht haben die Vertragsschließenden,
auch allen denjenigen Staatsangehörigen anderer Vertragsschließenden sozialen Schutz zu gewähren, die bereits in der Absicht
eingereist sind, hier Fürsorgeleistungen in Anspruch zu nehmen. Für dieses dem Sinn und Zweck des EFA entsprechende Verständnis
spricht auch das völkerrechtliche Auslegungsprinzip, im Zweifel das die staatliche Souveränität weniger einschränkende Auslegungsergebnis
zu wählen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 5. Mai 1982 =NDV 1983, S. 245, 247).
Die Antragstellerin kann sich deshalb nicht mit Erfolg auf die Geltung des EFA berufen, denn sie gehört zu demjenigen Personenkreis,
der nicht vom Schutzbereich des Abkommens erfasst wird. Denn sie ist in der Absicht eingereist, hier Sozialleistungen zu erlangen.
Der Senat sieht dieses Erfordernis auch dann als erfüllt an, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, nicht der einzige Einreisegrund
ist. Das Erfordernis ist vielmehr auch dann erfüllt, wenn bei unterschiedlichen Einreisemotiven der Zweck der Inanspruchnahme
von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung war. Die Möglichkeit, auf Sozialleistungen angewiesen zu
sein, muss für den Einreiseentschluss des Ausländers, sei es allein, sei es neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam
und nicht nur anderen Einreisezwecken untergeordnet gewesen sein. Unter Beachtung dieser Grundsätze muss davon ausgegangen
werden, dass die Antragstellerin auch mit der Absicht in die Bundesrepublik eingereist ist, hier von Sozialleistungen zu leben.
Die Antragstellerin ist im Dezember 2008 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat zunächst in München gearbeitet.
Offen geblieben ist, um welcher Art von Tätigkeit es sich dabei handelte und ob die Einkünfte ausreichten, ihren Lebensunterhalt
zu decken. Ab dem 1. Februar 2009 bis zum 13. März 2009 war sie als Köchin im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig,
nach der fristlosen Kündigung durch ihren Arbeitgeber hat sie am 23. April 2009 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II
gestellt. Sie hat vorgetragen, über keinerlei Einkünfte oder Vermögen zu verfügen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die
Antragstellerin bereits mittellos in die Bundesrepublik eingereist ist. Auch wenn sie gehofft haben sollte, in Berlin schon
bald eine Arbeit zu finden, konnte sie nicht darauf vertrauen, sie werde bereits kurz nach ihrer Einreise in der Lage sein,
ihren notwendigen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen zu beschaffen. Es ist nicht erkennbar dass sie davon ausgegangen ist,
für sie werde es bei der Arbeitssuche keine Schwierigkeiten geben. Eine solche Erwartung hätte auch jeder Grundlage entbehrt.
Denn sie beherrscht nicht die deutsche Sprache. Ob sie sich hier bei Bewerbungen überhaupt auf Zeugnisse und Empfehlungen
berufen kann, ist offen. Unbekannt ist auch, ob die Antragstellerin bis zum Dezember 2008 in ihrer Heimat über eigenes Einkommen
aus selbständiger oder unselbständiger Arbeit verfügt hat. Ist sie im Dezember 2008 nicht allein in der Absicht in die Bundesrepublik
eingereist, hier ihren Lebensunterhalt aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten, so war sie sich zumindest bewusst für die nächste
Zeit hilfsbedürftig und auf öffentliche Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen zu sein, wenn sich die Erwartung,
eine Arbeit zu finden mit welcher sie ihren Lebensunterhalt vollständig bestreiten kann, nicht erfüllen sollte. Diese Erwartung
hat sich zu keinem Zeitpunkt erfüllt, denn auch die geringfügige Beschäftigung erlaubte ihr erkennbar nicht dauerhaft, von
öffentlichen Leistungen unabhängig zu sein. Da sie offensichtlich über keinerlei Rücklagen verfügte, musste ihr bereits bei
ihrer Einreise in die Bundesrepublik klar gewesen sein, dass sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ihren Lebensunterhalt
nicht selbst würde bestreiten können.
Unabhängig von Vorstehendem hat die Antragstellerin auch nicht - im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung - das
Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor
dem Hintergrund des Art. 19 Absatz 4 des Grundgesetzes darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten,
in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und
unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache
nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - Juris und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Juris). Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie wie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II gefordert, alle Möglichkeiten
zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausgeschöpft hat und insbesondere in ihrem Heimatstaat keinen Anspruch
auf finanzielle Unterstützung hat. Sie hat nicht hinreichend plausibel dargetan, aus welchen Gründen eine sonstige staatliche
Hilfe zur Existenzsicherung in Griechenland nicht bestehen oder jedenfalls für sie nicht erreichbar sein soll. Dafür, dass
ihr auch eine vorläufige Rückkehr nach Griechenland nicht zumutbar wäre, fehlt es an aussagekräftigen Anhaltspunkten.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §
73a Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
114 Abs.
1 ZPO kommt mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens nicht in Betracht.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).