LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.07.2018 - 21 AS 2387/17
Vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung EU-Bürger Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft Gesamtbeurteilung einer Tätigkeit
1. Bei der Bestimmung eines Aufenthaltsrechts als Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist auf den unionsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers i.S.v. Art. 45 AEUV abzustellen und der Begriff darf nicht eng ausgelegt werden.
2. Allein anhand objektiver Merkmale sind Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen, wobei geringe Wochen- oder Monatsarbeitszeiten oder ein nicht existenzsichernder Lohn noch nicht auf eine völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit schließen lassen.
3. Es bleiben nur Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen.
4. Zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft bedarf es einer Gesamtbeurteilung, die anhand aller ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte zu treffen ist, u.a. der Arbeitszeit, der Höhe der Vergütung, der Ansprüche auf bezahlten Urlaub, der Geltung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, der Anwendung des Tarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag, der Zahlung von Beiträgen und gegebenenfalls der Art dieser Beiträge.
Normenkette:
SGG § 86b Abs. 2 S. 2
,
FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 1
,
AEUV Art. 45
Vorinstanzen: SG Düsseldorf 19.12.2017 S 24 AS 4779/17 ER
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 wird zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für Januar 2018 Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren zu 3/4.

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