Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung trotz vertraglicher Gestaltung nach außen als Werkvertragsleistung
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs gegen einen Betriebsprüfungsbescheid
der Antragsgegnerin, mit dem diese sie auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie darauf entfallener Säumniszuschläge
in Anspruch nimmt.
Die Antragstellerin ist eine Verwaltungsgesellschaft, die unter anderem das Gut I in C verwaltet und unter der Registernummer
HRB 000 beim Amtsgericht (AG) Köln in das Handelsregister eingetragen. Der Geschäftsführer der Antragstellerin ist der Eigentümer
des Gutes I. Das Hauptzollamt (HZA) Köln leitete im Jahr 2010 wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
Ermittlungen gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin ein (nunmehr: Aktenzeichen - Az. - Amtsgericht Aachen Az. 451 Ds-301 Js 429/10-636/12). Das Strafverfahren ist vor dem Amtsgericht Aachen nach §
153a Abs.
2 Strafprozessordnung (
StPO) gegen eine Geldauflage von 500,00 EUR eingestellt worden.
Im Rahmen einer Außenprüfung des HZA am 13. bzw. 15.5.2010 wurden drei polnische Arbeitskräfte, die Herren A, L1 und L angetroffen,
die gleichlautende auf den 22.04.2010 datierende Werkverträge mit dem jeweils nicht näher spezifizierten Vertragsgegenstand
"Garten- und Landschaftsbau" mit der B GmbH vorlegten. Diese Gesellschaft hat seit dem 13.5.2011 ihren Firmensitz in C und
firmiert seitdem unter dem Namen der Antragstellerin (AG Köln HRB 000, vormals AG Aachen 00XX).
Die festgelegte Vergütung betrug jeweils zwischen 1.250,00 EUR und 1.290,00 EUR. Der Vertragspartner unterliege "keinem Weisungs-
und Direktionsrecht [ ] hat jedoch fachliche Vorgaben der Besteller insoweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung
erfordert". Auf Befragung erklärte der Arbeiter L, seit dem 22.4.2010 als "Ogrodnik" für monatlich 1.250,00 EUR zu arbeiten.
Auch die Arbeiter A und L1 gaben an, ab dem 22.4.2010 als "Ogrodnik" bzw. im Garten tätig zu sein, wobei ein Entgelt i.H.v.
1.290,00 EUR monatlich angegeben wurde.
Im Rahmen einer am 3.11.2010 durchgeführten Durchsuchung der Geschäftsräume der Antragstellerin und der Wohnräume ihres Geschäftsführers
stellte das HZA diverse Stundenzettel und Werkverträge von weiteren Arbeitskräften sicher. Wegen der Einzelheiten dieser Unterlagen
wird auf die Auflistung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 2.11.2012 verwiesen.
Im Zuge der Durchsuchung trafen die Ermittler auf Gut I einen weiteren polnischen Arbeiter, Herrn H, beim Ausmisten der Pferdestallung
an. Er legte Stundenaufzeichnungen für die Monate September bis November 2010 und einen Werkvertrag mit der B GmbH vom 9.9.2010
vor, indem ein Entgelt i.H.v. 1.300,00 EUR angegeben war. Die Arbeiten waren als nicht näher bezeichnete "Holz- und Bautenschutzarbeiten"
definiert. Nach den Stundenzetteln war er im September 314 Stunden zu einem Stundenlohn von 6,00 EUR, im Oktober 310,5 Stunden
und im November 23 Stunden tätig. Unterlagen über Rechnungsstellungen oder Zahlungen der werkvertraglich vereinbarten Beträge
wurden insbesondere hinsichtlich der Herren A, L1, L und H nicht aufgefunden. Bezüglich Herrn L1 fand das HZA einen weiteren
auf den 9.9.2010 datierenden Werkvertrag. Die Arbeiten waren ebenfalls als nicht näher bezeichnete "Holz- und Bautenschutzarbeiten"
definiert. Die Vergütung sollte in Höhe von 1.450,00 EUR erfolgen. Für einen Herrn Aleksander L2 wurden eine polnische Gewerbeanmeldung
vom 11.2.2009 (Art der Gewerbetätigkeit: diverse näher spezifizierten Bautätigkeiten, Installations-, Verputz- und Ausbauarbeiten,
Dienstleistungen zur Förderung pflanzlicher Produktion und zur Förderung der Zucht von Wirtschaftstieren, Metallarbeiten,
Import/Export, etc.) sowie vier Rechnungen aus den Monaten Juli bis Oktober 2010 gefunden. Aufgefunden wurde zudem eine Gewerbeanmeldung
vom 16.6.2010 des Herrn A, mit welcher ein Gewerbe rückwirkend zum 1.6.2010 für "Holz- und Bautenschutz, Garten- und Landschaftsbau,
Fliesen- und Laminatverlegung, Trockenbau" mit der Betriebsstätte I in C angemeldet und steuerlich beim Finanzamt (FA) C erfasst
worden ist.
Die Antragsgegnerin wertete sodann die ihr vom HZA übersandten Unterlagen aus und hörte die Antragstellerin mit Schreiben
vom 3.9.2010 zu einer beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. 51.215,78 EUR inklusive Säumniszuschläge
in Höhe von 10.076,00 EUR an. Die in der Anhörung näher bezeichneten Personen seien als Arbeitnehmer anzusehen und unterlägen
daher der Sozialversicherungspflicht. Zudem sei bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge nicht der offenbar vereinbarte
Stundenlohn i.H.v. 6,50 EUR bis 7,00 EUR zu Grunde zu legen. Vielmehr sei der gesetzliche Mindestlohn für das Baugewerbe und
dem dazu zählenden Holz- und Bautenschutz gemäß der Rechtsnormen des allgemein gültigen Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne
im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 23.5.2009 anzuwenden. Das entspreche einem gesetzlichen
Mindestlohn für den Zeitraum 1.4.2010 bis 31.8.2010 in Höhe von 12,90 EUR pro Stunde und vom 1.9.2010 bis 30.11.2010 in Höhe
von 12,95 EUR pro Stunde.
Im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 19.9.2012 teilte die Antragstellerin mit, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
der Beitragsnachforderung bestünden. Die Werkverträge mit den polnischen Subunternehmern seien lediglich "auf Vorrat" geschlossen
worden, da im Zeitpunkt der Durchsuchung eine abschließende Baugenehmigung für die beabsichtigten Baumaßnahmen noch nicht
erteilt worden sei. Es hätten lediglich vorbereitende Maßnahmen stattgefunden, da der eigentliche Baubeginn erst im Januar
2011 liegen sollte. Die im Mai 2010 angetroffenen Herren A, L und L1 seien lediglich für einige Stunden vor Ort gewesen, um
Sicherungsmaßnahmen zur Erhaltung der Bausubstanz vorzunehmen. Die Werkverträge seien letztlich nicht zur Ausführung gelangt,
da die Antragstellerin nach der Durchsuchung von ihrem Einsatz abgesehen habe. Der im November 2010 angetroffene Arbeiter
H sei nur für die Betreuung der Pferde auf dem Gut und als Bauhelfer für Ausbesserungen tätig gewesen. Er sei insoweit der
Nachfolger von Herrn L2. Beide Herren hätten höchstens für eine kurze Übergangszeit gleichzeitig auf dem Gut I gearbeitet.
Zudem habe es sich um projektbezogene Einsätze gehandelt, z.B. wenn aufgrund besonderer Umstände eine höhere Pflegebedürftigkeit
der Pferde vorgelegen oder eine reguläre Kraft sich im Urlaub befunden habe. Es habe sich nicht um eine sozialversicherungspflichtige
Tätigkeit gehandelt, denn der Jahresverdienst habe unter 4.800,00 EUR gelegen.
Mit Bescheid vom 2.11.2012 forderte die Antragsgegnerin für den Zeitraum 1.4.2010 bis 30.11.2010 eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen
inklusive der Umlagen zu den Umlagekassen U1 und U2, der Insolvenzgeld-Umlage sowie Säumniszuschlägen in Höhe von 51.215,78
EUR. Die enthaltenen Säumniszuschläge belaufen sich auf 10.076,00 EUR. Auf die weitere Begründung des Bescheides wird Bezug
genommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin über ihren Prozessbevollmächtigten am 28.11.2012 Widerspruch ein und beantragte
gleichzeitig die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Neben den Ausführungen im Anhörungsverfahren wies sie ergänzend darauf
hin, dass Herr H der Nachfolger von Herrn L2 gewesen sei. Dieser sei Anfang Oktober 2010 zuletzt tätig geworden und sodann
abgereist. Werkverträge könnten auf Vorrat dahingehend geschlossen werden, dass das Werk erst zu einem späteren Zeitpunkt
fertig zu stellen ist. Darüber hinaus bedeute die Zahlung der festgesetzten Beiträge die Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin
und führe zu einer unzumutbaren Härte.
Mit Schreiben vom 28.11.2012 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
abgelehnt werde.
Am 21.12.2012 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht (SG) Köln gestellt. Ergänzend und vertiefend zu ihrem Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren hat sie vorgetragen, dass der
Sachverhalt weiterhin nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf die Unterlagen des
HZA berufen, da diese unvollständig seien. Die Herren L, A und L1, die im Mai 2010 auf dem Gut angetroffen worden seien, seien
lediglich für ein paar Stunden vor Ort gewesen und hätten Sicherungsmaßnahmen zur Erhaltung der Bausubstanz vorgenommen. Die
Arbeiten hätten keinen wesentlichen Umfang gehabt. Dementsprechend habe das HZA auch die entsprechenden Stundenzettel nicht
auffinden können. Es sei unzutreffend, dass die Aufzeichnungen der Antragstellerin zu den Lohnunterlagen unvollständig seien.
Eine Schätzung verbiete sich insofern. Im Übrigen bestreite die Antragstellerin die Aussagen der angetroffenen Arbeiter. Im
Ermittlungsverfahren seien diese Aussagen nicht mehr getätigt worden. Sie sei zudem gezwungen, bei Vollziehung des Bescheides
Insolvenz anzumelden, da ihr die zur Begleichung der Beitragsforderung erforderlichen Mittel fehlten.
Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.11.2012 gegen den Beitragsbescheid vom 2.11.2012 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten und auf ihren Vortrag im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren
verwiesen. Eine unbillige Härte durch die sofortige Vollziehbarkeit des Nachforderungsbescheides sei nicht gegeben. Konkret
sei zu der drohenden Insolvenz nichts vorgetragen worden. Die monatlich fest vereinbarte Vergütung spreche gegen einen Werkvertrag,
da dieser Form der Vergütung kein Gewerk gegenüberstehe, sondern eine Arbeitsleistung.
Auf Nachfrage des SG hat die Antragstellerin noch eine betriebswirtschaftliche Auswertung vorgelegt, welche das 3. Quartal 2012 betrifft, ein
Schreiben der W-Bank e.G., X, vom 4.2.2013, wonach keine weiteren Kreditmittel zur Verfügung gestellt würden, und eine eidesstattliche
Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin.
Das SG hat mit Beschluss vom 8.4.2013 teilweise die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.11.2012 gegen den Nachforderungsbescheid
vom 2.11.2012 i.H.v. 31.259,84 EUR zuzüglich der hierauf entfallenden Säumniszuschläge angeordnet und im Übrigen den Antrag
abgelehnt. Soweit die Antragsgegnerin Beiträge zur Sozialversicherung für die Mitarbeiter A, L1, L, H und L2 nachfordere,
bestünden keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Die Mitarbeiter seien abhängig beschäftigt gewesen.
Die Herren A, L1 und L seien für eine feste Vergütung im Monat bei der Antragstellerin als Gärtner tätig gewesen. Dies sei
von ihnen mündlich bestätigt worden. Für die Herren H und L2 gelte Vergleichbares. Der Mitarbeiter H habe einen erheblichen
zeitlichen Aufwand geleistet. Da es sich bei der Betreuung der Pferde und seiner Bauhelfertätigkeit letztlich um eine Dauertätigkeit
handele, könne nicht von einer projektbezogenen Tätigkeit ausgegangen werden. Die Antragstellerin habe zudem auch eingeräumt,
dass der Arbeiter L2 vor dem Arbeiter H diese Tätigkeit ausgeübt habe. Eine unbillige Härte könne nicht gesehen werden. Diese
sei nicht substantiiert dargelegt worden. Hinsichtlich der weiteren Personen bestünden allerdings ernsthafte Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids.
Gegen den ihr am 10.4.2013 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 10.5.2013 Beschwerde eingelegt. Die Arbeiter
A, L1, L, H und L2 hätten nicht in dem von dem SG angenommenen Umfang Arbeiten für die Antragstellerin geleistet.
Die Antragstellerin hat ursprünglich beantragt, den Beschluss des SG Köln vom 8.4.2013 teilweise aufzuheben und die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs vom 28.11.2012 gegen den Bescheid vom 2.11.2012 auch in Höhe des noch offenen Betrages anzuordnen.
Nachdem die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 6.6.2013 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen und die Antragstellerin
am 10.7.2013 dagegen Klage vor dem SG Köln (S 25 R 1006/13) erhoben hat, beantragt sie nunmehr sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichtes Köln vom 8.4.2013 teilweise aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10.7.2013
gegen den Bescheid vom 2.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2013 auch in Höhe des weiteren Betrages
von 9.879,94 EUR zzgl. darauf entfallender Säumniszuschläge Euro anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG für zutreffend und nimmt auf ihrer bisherigen Ausführungen Bezug.
Am 8.7.2013 hat die Antragstellerin drei jeweils zweisprachige Erklärungen der Herren A, L und L1, die auf den 26.6.2013 datieren
und mit "Eidesstattliche Versicherung" überschrieben sind, zu den Akten gereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen
den Bescheid vom 2.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2013, soweit ihm das SG nicht bereits entsprochen hat. In dieser Auslegung ist der Antrag zulässig. Insbesondere hat der Erlass des Widerspruchsbescheides
das ursprünglich gegen den Bescheid vom 2.11.2012 gerichtete einstweilige Rechtsschutzbegehren nicht erledigt. Die Möglichkeit,
die aufschiebende Wirkung nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) anzuordnen, stellt im Ergebnis die Situation her, die ohne die Ausnahmetatbestände des §
86a Abs.
2 SGG im Fall von Widerspruch und Klage nach §
86a Abs.
1 Satz 1
SGG bestünde. Danach haben Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des jeweiligen Bescheides
(Senat, Beschluss v. 2.7.2012, L 8 R 1133/11 B ER, [...], m.w.N.).
Das SG hat es jedoch zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung in vollem Umfang anzuordnen.
Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich
der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren: Senat, Beschluss v. 07.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Beschluss vo.9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER, Beschluss v. 27.6.2013, L 8 R 114/13 B ER m.w.N.; jeweils [...]). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet
wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen
Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die
Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge
hätte.
Da §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier der Klage, zumindest
überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise
noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt
der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v.
07.1.2011, a.a.O.; Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, a.a.O.; Beschluss v. 27.6.2013, a.a.O.; [...], jeweils m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen keine ernsthaften Zweifel nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
gebotenen summarischen Prüfung an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 2.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 6.6.2013, soweit die Antragsgegnerin von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (dazu unter a)) bei der Antragstellerin
(dazu unter b)) ausgeht. Auch hinsichtlich der Berechnung der auf diese Tätigkeiten entfallenden Sozialversicherungsbeiträge
einschließlich der Säumniszuschläge bestehen keine Zweifel (dazu unter c)).
a) Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist §
28 p Abs.
1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe
der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-,
Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§
5 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung -
SGB V, §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -
SGB XI, §
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung -
SGB VI, §
25 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung -
SGB III).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige
Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st.Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. zuletzt BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, [...]; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Nach diesen Grundsätzen bestehen sowohl hinsichtlich der Herren A, L1 und L (dazu unter aa)) als auch der Herren H und L2
(dazu unter bb)) keine wesentlichen Bedenken, dass diese bei der Antragstellerin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung
tätig gewesen sind.
aa) Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Tätigkeit der Herren A, L1 und L als selbständige Tätigkeit und nicht
als abhängige Beschäftigung einzustufen ist. Es ist nach dem gebotenen Prüfungsmaßstab im einstweiligen Rechtsschutz vielmehr
von einer Eingliederung in die betriebliche Organisation der Antragstellerin und einem Weisungsrecht nach Zeit, Dauer, Art
und Ort der Ausführung der Tätigkeit auszugehen.
Das HZA hat im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung am 13. bzw. 15.5.2010 auf Gut I die Herren A, L1 und L angetroffen.
Herr A gab ausweislich des Erfassungsbogens des HZA vom 13.5.2010 gegen 9:40 Uhr an, ab dem 22.4.2010 als "Ogrodnik" und damit
als Gärtner (nach PONS- Das Onlinewörterbuch, http://de.pons.eu/polnisch-deutsch/ogrodnik, abgerufen am 16.12.2013) gegen
ein Entgelt i.H.v. 1.290,00 EUR tätig zu sein. Ähnliches gilt für die Herren L1 und L. Diese bestätigten in den jeweiligen
Erfassungsbögen vom 15.5.2010 ebenfalls, seit dem 22.4.2010 als "Ogrodnik" bzw. im "Garten" für 1.250,00 EUR bzw. 1290 EUR
zu arbeiten. Die Angaben bestätigten die Befragten jeweils mit ihrer Unterschrift.
Sie sind damit in einem fremden Betrieb, nämlich auf dem von der Antragstellerin verwalteten Gut I, tätig gewesen. Es bestehen
bisher auch keine wesentlichen Anhaltspunkte dafür, dass sie im Rahmen ihrer Arbeit als Gärtner nicht in diesen Betrieb eingegliedert
gewesen sind. Gleiches gilt für das vereinbarte Entgelt. Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass es sich bei diesem nicht
um einen monatlichen Arbeitslohn, sondern um einen einmaligen Werklohn gehandelt haben soll.
Zwar sind für die Arbeitskräfte gleichlautende, auf den 22.4.2010 datierende Werkverträge mit dem jeweils nicht näher spezifizierten
Vertragsgegenstand "Garten- und Landschaftsbau" abgeschlossen worden, die eine festgelegte Vergütung zwischen 1.250,00 EUR
und 1.290,00 EUR nach Abnahme beinhalten.
Allerdings ist der Vortrag der Antragstellerin zum Abschluss, der jeweiligen Vertragsdurchführung und den Umständen der Beschäftigung
der Arbeitskräfte äußerst widersprüchlich, so dass die schriftlichen Verträge gerade keine eindeutige Einordnung erlaubt.
So erläutert die Antragstellerin zunächst, dass sämtliche Werkverträge mit den polnischen Subunternehmern lediglich "auf Vorrat"
geschlossen seien, da im Zeitpunkt der Durchsuchung eine abschließende Baugenehmigung für die beabsichtigten Baumaßnahmen
auf Gut I noch nicht erteilt worden sei. Es hätten lediglich vorbereitende Maßnahmen stattgefunden, der eigentliche Baubeginn
sollte erst im Januar 2011 liegen. Unerklärlich ist in diesem Zusammenhang, weswegen für eine im Januar 2011 beginnende Baumaßnahme,
die noch der Baugenehmigung der zuständigen Behörde bedurfte, bereits im April 2010 Arbeitskräfte angeworben worden sind.
Zudem wurden mit diesen Arbeitskräften Werkverträge geschlossen, deren Vertragsgegenstände sich nicht - wie zu vermuten wäre
- auf die Baumaßnahme beziehen, sondern stattdessen nicht näher spezifiziert mit "Garten- und Landschaftsbau" angegeben werden.
Unter Bezugnahme darauf dürften auch die Arbeiten im Mai 2010, die nach Angabe der Antragstellerin tatsächlich durchgeführt
worden sind, nämlich "einige Sicherungsmaßnahmen zur Erhaltung der Bausubstanz", nicht unter den angegebenen Vertragsgegenstand
fallen. Lediglich bezüglich Herrn L1 fand das HZA noch einen weiteren Werkvertrag, nach welchem er für nicht näher bezeichnete
"Holz- und Bautenschutzarbeiten" eine Vergütung von 1.450,00 EUR erhalten sollte. Dieser wurde allerdings erst am 9.9.2010
geschlossen. Offen bleibt bislang zudem, warum diese "auf Vorrat" geschossenen Werkverträge nach Angaben der Antragstellerin
nicht zur Ausführung gelangt sind, sondern die Antragstellerin von dem Einsatz der Arbeitskräfte bei der im Januar 2011 scheinbar
doch begonnene Baumaßnahme abgesehen hat, denn zumindest wird in dem Internetauftritt des Gut I der Umbau der denkmalgeschützten
Hofanlage zu einem Event- und Tagungshotel im Jahr 2011 beschrieben (http://www.gutI.de/index.php/index.html; abgerufen am
16.12.2013).
Es ist auch nicht glaubhaft, dass die Vertragspartner der Antragstellerin keinem Weisungsrecht unterlegen haben. Zwar sehen
die Verträge vom 22.4.2010 eine entsprechende Klausel vor. Dass diese Regelung in der Praxis umgesetzt worden ist, ist jedoch
nicht glaubhaft. Bei dem nicht näher spezifizierten Vertragsgegenstand "Garten- und Landschaftsbau" handelt es sich nämlich
lediglich um die Benennung eines bestimmten Aufgabensektors, ohne dass die daraus zu entrichtende Tätigkeit bzw. das zum Erfolg
zu führende Gewerk näher bezeichnet wäre. Fachliche Vorgaben im Sinne von Weisungen der Antragstellerin waren daher notwendig,
um die durch die Mitarbeiter zu entrichtenden Tätigkeiten zu konkretisieren.
Auch die typischen Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit liegen nach summarischer Prüfung nicht vor. Die Arbeitskräfte
verfügten weder über eine eigene, im vorliegenden Fall auch genutzte Betriebsstätte noch ist erkennbar, dass sie unternehmerisches
Risiko trugen.
Die vorgelegte Gewerbeanmeldung des Herrn A führt nicht zu einer abweichenden Einschätzung. Es spricht mehr dafür als dagegen,
dass er diese ausschließlich im Zusammenhang mit der durchgeführten Prüfung des HZA beantragt hat. Obwohl er in seiner Erklärung
vom 26.06.2013 behauptet, nur für ein paar Stunden auf Gut I gewesen zu sein und die Antragstellerin erklärt, dass er für
eine Baumaßnahme Anfang 2011 angeworben worden ist, ist die Gewerbeanmeldung vom 16.6.2010 für "Holz- und Bautenschutz, Garten-
und Landschaftsbau, Fliesen- und Laminatleger, Trockenbau" rückwirkend auf den 1.6.2010 ausgestellt. Der angeblich fehlenden
betrieblichen Eingliederung zum Trotz gibt er als Betriebsstätte seiner nunmehr angemeldeten selbständigen Tätigkeit "I" in
C an. Das spricht aus Sicht des Senates gerade nicht für eine kurzfristige bzw. erst in der Zukunft beabsichtigte Zusammenarbeit.
Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten auf den 26.06.2013 datierenden Erklärungen der Herren A, L und L1 führen auch im Weiteren
zu keinem anderen Ergebnis. Diese Erklärungen lassen bereits nicht ersehen, ob die Erklärenden über die Folgen einer falschen
eidesstattlichen Versicherung belehrt worden sind. Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls bestätigen die Mitarbeiter darin
lediglich, dass sie sich am 5.5.2010 nur für ein paar Stunden auf Gut I aufgehalten haben. Die Außenprüfung des HZA, im Zuge
dessen die Befragungen stattgefunden haben, fand jedoch am 13. bzw. 15.5.2010 statt. An der Erklärung des Herrn L1 bestehen
zudem auch deshalb Zweifel, da dieser noch am 9.9.2010 einen weiteren Vertrag mit der Antragstellerin schloss, was erneut
nicht auf eine kurzfristige Zusammenarbeit schließen lässt.
Aufgrund der ausgeführten Bedenken gegen die vorgetragene Vertragslage spricht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand
mehr für als gegen eine monatliche Bezahlung der Arbeitskräfte. Ein Vergütungsrisiko ist mit Ausnahme des auch von einem abhängig
Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Arbeitgebers nicht ersichtlich. Weitere Feststellungen müssen gegebenenfalls
dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
bb) Im Hinblick auf die Tätigkeit der Herren H und L2 besteht ebenfalls nach der gebotenen summarischen Prüfung eine überwiegende
Wahrscheinlichkeit, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt.
Im Rahmen der am 3.11.2010 durchgeführten Durchsuchung auf Gut I wurde Herr H beim Ausmisten der Pferdestallungen angetroffen.
Er legte Stundenaufzeichnungen für die Monate September bis November 2010 und einen Werkvertrag vom 9.9.2010 vor, indem ein
Entgelt i.H.v. 1.300,00 EUR nach Abnahme angegeben war. Die Arbeiten waren als nicht näher bezeichnete "Holz- und Bautenschutzarbeiten"
definiert. Die Vertragspartner sollten zudem nach diesen Verträgen "keinem Weisung- und Direktionsrecht [ ]" unterliegen,
"jedoch fachliche Vorgaben der Besteller insoweit zu beachten" haben, "als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert".
Hinsichtlich des vertraglich ausgeschlossenen Weisungsrechts kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Im vorliegenden
Fall ist allerdings bereits zweifelhaft, ob der Ausschluss des Weisungsrechts sich überhaupt auf die durch Herrn H ausgeführten
Tätigkeiten bezog. Denn der Vertrag bezieht sich auf "Holz- und Bautenschutzarbeiten", tatsächlich war er jedoch für die Betreuung
der Pferde und Reparaturen zuständig.
Auch im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel an der Durchführung des Vertrages. So folgt aus den sichergestellten Unterlagen,
dass Herr H gerade nicht mittels eines Entgelts i.H.v. 1.300,00 EUR nach Abnahme, sondern nach Stunden zu einem vereinbarten
Stundenlohn entlohnt worden ist. Dementsprechend fanden sich im Rahmen der Durchsuchung keine Unterlagen über Rechnungsstellungen
oder Zahlungen der werkvertraglich vereinbarten Beträge für Herrn H. Stattdessen wurden Stundenzettel aufgefunden. Nach diesen
war er im September 314 Stunden zu einem Stundenlohn von 6,00 EUR, im Oktober 310,5 Stunden und im November bis zur Durchsuchung
23 Stunden tätig. Dem Stundenzettel für September ist ferner zu entnehmen, dass scheinbar unabhängig vom Vertrag ein stundenabhängiges
am Monatsende fällig werdendes Entgelt zwischen den Beteiligten in Höhe von 6,00 EUR pro Stunde vereinbart worden ist. Die
Arbeitszeit betrug damit im Wesentlichen zwischen elf und zwölf Stunden täglich und lag damit noch über der Arbeitszeit eines
Arbeitnehmers. Zudem arbeitete Herr H auch an Sonn- und Feiertagen. Allein die hohen Anwesenheitszeiten sprechen für eine
erhebliche Einbindung in die Organisation der Antragstellerin.
Dem steht der Vortrag der Antragstellerin nicht entgegen. Vielmehr geht sie selbst von einer abhängigen Beschäftigung, wenn
auch geringfügiger Art aus. Herr H sei danach lediglich für die Betreuung der Pferde auf dem Gut und als Bauhelfer für Ausbesserungen
tätig gewesen. Es habe sich um projektbezogenen Einsätze gehandelt, z.B. wenn aufgrund besonderer Umstände eine höhere Pflegebedürftigkeit
der Pferde vorgelegen oder eine reguläre Kraft sich im Urlaub befunden habe, die im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung
ausgeübt worden sei.
Die geringfügige Beschäftigung ist allerdings vor dem erheblichen Arbeitseinsatz des Herrn H wenig glaubhaft. Entsprechendes
gilt unter Zugrundelegung des den Stundenzetteln zu entnehmenden Stundenlohns (September 314 Stunden + Oktober 310,5 Stunden
+ November 23 Stunden x 6,00 EUR = 3.885,00 EUR). Es fehlt substantiierter Vortrag, dass es sich bei den Tätigkeiten des Herrn
H tatsächlich um projektbezogene Einsätze gehandelt hat bzw. dass seine Tätigkeit tatsächlich nach dem 3.11.2010 beendet worden
ist. Weitere Feststellungen müssen gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Herr H verfügte letztlich weder
über eine eigene Betriebsstätte noch trug er unternehmerisches Risiko.
Gleiches gilt für den Vorgänger des Herrn H, Herrn L2. Nach Angaben der Antragstellerin hat er die gleichen Tätigkeiten ausgeführt
wie Herr H und ist Anfang Oktober 2010 zuletzt tätig geworden. Auch hier trägt sie vor, dass es sich um eine geringfügige
- damit aber auch abhängige - Beschäftigung gehandelt hat. Daher ist im Rahmen summarischer Prüfung auch davon auszugehen,
dass sich der zeitliche Umfang und die Einbindung in den Betrieb vergleichbar gestalteten.
Hinsichtlich der typischen Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit fehlt es auch hier an substantiiertem Vortrag der Antragstellerin.
Ein schriftlicher Vertrag liegt zwar vor. Die maßgeblichen Gründe, auf denen die erheblichen Zweifel an der tatsächlichen
Durchführung der Verträge beruhen, wurden bereits ausgeführt. Der polnischen Gewerbeanmeldung vom 11.2.2009 ist nur zu entnehmen,
dass Herr L2 in Polen ein bestimmtes Gewerbe betreibt, nicht aber, dass er dieses auch vorliegend ausgeübt hat. Die aufgefundenen
Rechnungen behandeln lediglich den Zeitraum 2.8. bis 14.8.2010 und 4.5. bis 10.6.2010. Nach Vortrag der Antragstellerin war
Herr L2 jedoch bis Anfang Oktober tätig.
b) Es bestehen im Rahmen der summarischen Prüfung auch keine überwiegenden Zweifel an der Arbeitgebereigenschaft der Antragstellerin.
Zwar sind die Werkverträge mit der B GmbH geschlossen worden, doch firmiert diese nunmehr unter dem Namen der Antragstellerin.
3. Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung spricht mehr für als gegen die derzeitige Höhe der Beitragserhebung.
In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wurde im Streitzeitraum der Beitragsbemessung bei versicherungspflichtig
Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§
226 Abs.1 Satz 1 Nr.
1 SGB V, §
57 Abs.
1 SGB XI, §
162 Nr.
1 SGB VI, §
342 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht,
unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang
mit ihr erzielt werden.
Die Beitragsberechnung ist nach §
14 Abs.
2 Satz 2
SGB IV nach summarischer Prüfung zu Recht auf der Grundlage eines hochzurechnenden Nettoarbeitsentgeltes erfolgt. Voraussetzung
hierfür ist das Vorliegen einer sog. illegalen Beschäftigung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt hierzu in objektiver
Hinsicht, dass der Arbeitgeber - wie oben festgestellt - die Betroffenen zu Unrecht als selbstständig behandelt und insgesamt
weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung abgeführt hat. In subjektiver Hinsicht ist darüber
hinaus zumindest bedingter Vorsatz auf die Vorenthaltung der Beiträge und Steuern zu fordern (BSG, Urteil v. 9.11.2012, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13). Nach summarischer Prüfung ist ein solcher hier zu unterstellen. Denn es ist kaum vorstellbar,
dass die Antragstellerin bei den vorbeschriebenen Verhältnissen nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, Beiträge
zu schulden (vgl. Senat, Beschluss v. 8.4.2013, L 8 R 1114/12 B ER).
Die Antragsgegnerin ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass sie bei untertariflicher Bezahlung die Versicherungspflicht
und die Beitragshöhe nach dem tariflich zustehenden und nicht lediglich nach dem zugeflossenen Arbeitsentgelt zu beurteilen
hat (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, [...]). Dabei kann sie sich nach summarischer Prüfung auf § 2 Abs. 6 des Tarifvertrages zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen
im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin (TV Lohn/West)
vom 23.5.2009, wonach die Löhne der Lohngruppen 1 und 2 nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 23.5.2009 festgelegt werden, berufen. Nach § 2 Abs. 3 lit. a)
TV Mindestlohn ist für die Zeit bis zum 31.8.2010 ein Mindestlohn in der seitens der Antragsgegnerin angenommenen Lohngruppe
2 in Höhe von 12,90 EUR pro Stunden und ab dem 1.9.2010 in Höhe von 12,95 EUR zugrunde zu legen.
Nach § 1 der Siebten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe (gültig ab dem 1.9.2009, BauArbbV 7), die
auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) erlassen worden ist, finden die in der Anlage 1 der BauArbbV 7 aufgeführten Rechtsnormen des TV Mindestlohn zudem auf alle
nicht an den Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung, die unter seinem am 1.9.2009
gültigen Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung überwiegend Bauleistungen i.S.d.
§
175 Abs.
2 SGB III in der seinerzeit gültigen Fassung erbringt.
Daran bestehen nach derzeitigem Kenntnisstand keine überwiegenden Zweifel. Bauleistungen i.S.d. §
175 Abs.
2 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 2.3.2009 (BGBl. I S. 416) sind alle Arbeiten am Bauwerk, d.h. am erdverbundenen Bau (BSG, Urteil v. 15.2.2000, B 11 AL 41/99, SozR 3-4100 § 75 Nr. 3). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Begriff der Bauleistung
umfassend zu verstehen (BSG, Urteil v. 15.2.2000, a.a.O.). Zu den Bauleistungen gehören alle Arbeiten, die herkömmlich vom Baugewerbe verrichtet werden
und die "zur bestimmungsgemäßen Nutzung eines Bauwerks erforderlich sind" (BSG, Urteil v. 15.2.2000, a.a.O.). Für die Auslegung des Begriffs "Bauleistungen" kann daher der Katalog der zu § 1 Nr. 2 Bundesrahmentarifvertrag
für das Baugewerbe (BRTV i.d.F. vom 20.8.2007) aufgeführten Bauarbeiten herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil v. 1.6.1978, 12 Rar 52/77, SozR 4100 §
76 Nr. 3; Bieback in: Rolfs/ Giesen/Kreikebohm/ Udsching, Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht,
SGB III, Stand: 1.12.2011, §
175 Rdnr. 7 m.w.N.).
Derzeit spricht mehr dafür als dagegen, dass es sich auch zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Antragstellerin um einen Betrieb
handelte, der überwiegend Bauleistungen in diesem Sinne erbracht hat. Die Antragstellerin ist der Annahme der Antragsgegnerin
in keiner Weise entgegen getreten. Zudem ist Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin die Vermittlung von Handwerksleistungen
aller Art sowie die Durchführung von Sanierungs-, Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen bei der Altbaurenovierung sowie
nach Brand- und Wasserschäden unter Hilfenahme selbstständiger Handwerksmeister, Hausmeisterservice sowie Hausverwaltung (AG
Köln, HRB 000). Vergleichbares gilt für die B GmbH. Auch deren Unternehmensgegenstand bezog sich neben Dienstleistungen, dem
Groß- und Einzelhandel mit Telekommunikation, Hausmeisterservice auch auf die Sanierung von Altbauten (AG Aachen HRB 00XX).
Hinweise für die Annahme einer Ausnahme i.S.d. § 2 BauArbbV 7 bestehen nicht. Gegenteiliges hat die Antragstellerin auch nicht
vorgetragen. Die Arbeitskräfte unterfallen als Arbeitnehmer ebenfalls dem Anwendungsbereich. Anhaltspunkte dafür, weitergehend
an der Berechnung der Nachforderung durch die Antragsgegnerin zu zweifeln, bestehen derzeit nicht.
Hinsichtlich der akzessorisch auf diesen Sachverhalt entfallenden Säumniszuschläge gilt Entsprechendes.
4. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin schließlich darauf, die Vollziehung des Beitragsbescheides bedeute für sie
eine unbillige Härte. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für einen Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen
Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten
sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinaus gehende,
nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung hat die Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt.
Diese müssten im Weiteren auch noch das Interesse an der Durchsetzung der Forderung gerade vor dem Hintergrund der nicht ernstlichen
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides überwiegen. Das Interesse der Antragsgegnerin an einer
zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung wird aber gerade dann hoch sein, wenn die Antragstellerin behauptet, dass
Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation ist die Antragsgegnerin gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben
um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungspflicht sicher zu stellen. Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also
nur dann denkbar, wenn das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung des Geschäftsbetriebes
zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einen Abwarten der Hauptsache aber nicht weiter gefährdet wäre als
aktuell.
Zudem wird eine umfassende Darstellung der Einkommens- und Vermögenssituation der Antragstellerin nicht vorgelegt. Die Bestätigung
der W-Bank e.G., dass keine Kredite mehr vergeben werden, bezieht sich auf den Geschäftsführer der Antragstellerin. Dass damit
auch deren Geschäftsbeziehung erfasst ist und nicht nur die des Herrn I persönlich wird nicht glaubhaft gemacht. Gleiches
gilt für die persönliche Erklärung des Geschäftsführers vom 1.2.2013. Die vorgelegte kurzfristige Erfolgsrechnung der Antragstellerin
bezieht sich lediglich auf das 3. Quartal 2012 und ist über die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation auch wenig aussagekräftig.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i. V. m. §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §
197a SGG i. V. m. § 52 Abs., 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig
nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist. Vorliegend ist die Hauptsache mit 12.298,18 EUR zu
beziffern (9.879,94 EUR zzgl. 24% der Säumniszuschläge).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).