Zu den voraussichtlichen Kosten für die Prozessführung in einem sozialgerichtlichen Klageverfahren, wenn nur ein Mitglied
einer mehrköpfigen SGB II-Bedarfsgemeinschaft PKH beantragt - Prozesskostenhilfe; Bedarfsgemeinschaft; Auftraggeber; Rechtsanwaltsvergütung; Ratenzahlung;
Prozesskosten; Gesamtschuld; Erhöhungsgebühr
Gründe:
I.
Der Beklagte wendet sich in seiner Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Mai 2011. Die Kläger zu
1. bis 4. hatten am 6. Dezember 2011 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts beantragt
und Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Der Bevollmächtigte der Kläger hat mit
Schreiben vom 1. Juli 2013 für den Kläger zu 2. und mit weiterem Schreiben vom 18. Dezember 2013 für die Kläger zu 3. und
4. den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgenommen.
II.
Die Klägerin zu 1. hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten,
Rechtsanwalt W. aus H.
Nach §
73a Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §§
114 ff.
Zivilprozessordnung (
ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller
gemäß §
115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände
unzumutbar ist.
1.
Da der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung nicht zu prüfen (§
119 Abs.
1 Satz 2
ZPO).
2.a.
Die Klägerin zu 1. verfügt über monatliche Gesamteinkünfte i.H.v. 1.599,85 EUR. Dazu zählen ihr Nettoeinkommen i.H.v. 1.522,34
EUR (Zahlbetrag Juni 2013) sowie das von den beiden bei ihr wohnenden minderjährigen Klägern zu 3. und 4. nicht benötigte
Kindergeld und Unterhalt i.H.v. insgesamt 77,51 EUR. Das der Klägerin zu 1. bewilligte Kindergeld (368,00 EUR) und der Unterhalt
des geschiedenen Klägers zu 2. für beide Kinder (500 EUR) sind als deren Einkommen zu berücksichtigen, soweit diese nicht
zur Bestreitung deren notwendigen Lebensunterhalts zu verwenden sind. Dabei zählt als notwendiger Lebensunterhalt der Pauschbetrag
gemäß §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
2 ZPO i.H.v. jeweils 296 EUR (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2005, XII ZB 234/03). Darüber hinaus sind für diese anteilige Mietkosten i.H.v. 198,49 EUR zu berücksichtigen (s.u.). Daher verbleibt ein der
Klägerin zu 1. zuzurechnendes Einkommen von 77,51 EUR (2 x 296 EUR + 198,49 EUR abzgl. 368 EUR und 500 EUR).
Abzusetzen sind für die Klägerin zu 1. gemäß §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
1b,
2a ZPO ein Pauschbetrag i.H.v. 442 EUR sowie ein Erwerbstätigenfreibetrag i.H.v. 201 EUR. Für die Kläger zu 3. und 4. ist kein weiterer
Betrag nach §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
2b ZPO abzusetzen, da diese wegen der eigenen Einkünfte aus Kindergeld und Unterhalt nicht unterhaltsberechtigt sind.
Ferner sind gemäß §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
3 ZPO anteilig die Kosten der von den Klägern zu 1., 2. und 4. bewohnten Mietwohnung i.H.v. 348,11 EUR abzusetzen. Auszugehen ist
von einem Gesamtbetrag von 546,60 EUR (Kaltmiete, Betriebs - und Heizkostenabschlag). Die geltend gemachten Stromkosten (60,00
EUR), die wechselnden Telefonkosten und der gesondert angemietete Pkw-Stellplatz (18,00 EUR) gehören nicht zu den Unterkunftskosten
(BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008, VIII ZB 18/06; Kalthoehner/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe 6. Aufl., Rdnr. 274). Die Kosten sind
im Verhältnis der Einkünfte der Mitbewohner zu berücksichtigen. Dabei entfällt auf die Klägerin zu 1. der anteilige Betrag
von 348,11 EUR und auf die Kläger zu 3. bis 4. der Restbetrag i.H.v. 198,49 EUR.
Der für die neu eingerichtete Küche im Mai 2011 aufgenommene Kredit, der in monatlichen Raten von 69,40 EUR abzuzahlen ist,
kann nicht als besondere Belastung i.S.v. §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
4 ZPO angesehen werden. Denn in Ansehung oder während eines laufenden Prozesses eingegangene Verpflichtungen sind grundsätzlich
nicht als besondere Belastung zu berücksichtigen. Der Antragsteller muss von diesem Zeitpunkt an seine Lebensführung auf den
bevorstehenden Prozess einrichten (Kalthoehner/Büttner/Wrobel-Sachs, aaO., Rdnr. 294). Unerheblich ist insoweit, dass die
Berufung von dem Beklagten eingelegt worden ist. Zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme musste die Klägerin zu 1. davon ausgehen,
dass dieser gegen ein positives Urteil Berufung eingelegt könnte.
Der Kredit für das im Eigentum der Klägerin zu 1. stehende und allein von dem Kläger zu 2. bewohnte Einfamilienhaus i.H.v.
452 EUR/Monat ist nicht zu berücksichtigen. In dieser Höhe zahlt der Kläger zu 2. der Klägerin zu 1. monatlich Miete.
Nach §
115 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) sind als mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben die Hortkosten i.H.v. 70 EUR/Monat abzusetzen.
Ferner sind als besondere Belastungen gemäß §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
1a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII Beiträge für eine Lebensversicherung i.H.v. 10,00 EUR/Monat, eine Risikolebensversicherung i.H.v. 5,18 EUR/Monat, eine Hausratsversicherung
i.H.v. 13,05 EUR/Monat (ohne den Anteil der Immobilienversicherung für das von dem Kläger zu 2. allein bewohnte Einfamilienhaus)
und die Kfz-Haftpflichtversicherung i.H.v. 23,52 EUR/Monat zu berücksichtigen, insgesamt 51,75 EUR.
Dies führt zu einem monatlich einzusetzenden Einkommen von 486,99 EUR und gemäß §
115 Abs.
2 ZPO zu einer Ratenzahlungsverpflichtung der Klägerin zu 1. i.H.v. 175 EUR.
b.
Mit dieser Ratenzahlungsverpflichtung ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §
115 Abs.
4 ZPO ausgeschlossen. Denn die voraussichtlichen Kosten der Prozessführung der Klägerin zu 1. werden vier Monatsraten, d.h. 700
EUR, nicht übersteigen.
Für die nach § 14 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) im sozialgerichtlichen Verfahren maßgebliche Rahmengebühren ist, ausgehend jeweils von einer Mittelgebühr, eine Verfahrensgebühr
i.H.v. 310 EUR, eine Terminsgebühr i.H.v. 200 EUR, die Post- und Telekommunikationspauschale i.H.v. 20 EUR und die darauf
entfallende Mehrwertsteuer i.H.v. 100,70 EUR zu Grunde zu legen.
Die Erhöhungsgebühr für mehrere Auftraggeber von 0,3 je Person ist nicht einzurechnen. Denn nach § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG schuldet der jeweilige Auftraggeber nur die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem
Auftrag tätig geworden wäre. Im Falle einer gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme der Klägerin zu 1. gemäß §
426 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) könnte ihr Prozessbevollmächtigter daher nur einen Betrag gegen diese geltend machen, der sich bei einer Alleinbeauftragung
ergeben würde.
Somit ergeben sich voraussichtliche Verfahrenskosten für die Klägerin zu 1. i.H.v. höchstens 630,70 EUR. Dieser Betrag liegt
unter den einzusetzenden vier Monatsraten i.H.v. 700 EUR.
Es kann somit die Rechtsfrage dahin stehen, ob der Klägerin zu 1. nur Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Erhöhungsbeträge
für mehrere Auftraggeber bewilligt werden könnte (BGH, Beschluss vom 1. März 1993, II ZR 179/91), ob auf den im Innenverhältnis der Streitgenossen zu tragenden Anteil abzustellen wäre (OLG Köln, Beschluss vom 9. Juni
2009,17 B 108/09; Sozialgericht Magdeburg, Beschluss vom 2. April 2013, S 2 SF 206/11 E), oder ob der Vergütungsanspruch die vollen, durch die Vertretung der bedürftigen Partei ausgelösten Anwaltsgebühren auslösen
würde (OLG Celle, Beschluss vom 22. November 2006, 23 W 13/06).
3.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).