Höhe des Selbstbehalts des Unterhaltsverpflichteten
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht (§ 91
BSHG) auf Kindesunterhalt in Anspruch; betroffen ist die Zeit vom 01.04.1995 bis zum 31.10.1997, in der das Sozialamt der Klägerin
dem jüngsten Sohn der Beklagten, Herrn TW, Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet hat.
TW wurde am 22.02.1962 geboren. Er besuchte bis zum 14. Lebensjahr die Sonderschule. Danach ging er, ohne einen Beruf erlernt
zu haben, arbeiten. Im Alter von 19 Jahren heiratete er am 14.09.1981. Nach der Geburt der Tochter L am 22.05.1982 versorgte
er den Haushalt, während seine Ehefrau B als kaufmännische Angestellte einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachging. Zeitweilig
soll er sich als freischaffender Künstler betätigt haben.
Bei TW wurde etwa 1985 anläßlich eines luetischen Primäreffektes eine HIV-Erkrankung festgestellt, wegen der er in den folgenden
Jahren wiederholt - unter anderem vom 02. bis 24.03.1992 - stationär behandelt wurde (vgl. dazu Arztbericht vom 13.04.1992,
Gerichtsakte - GA - Bl. 233 f). Die Krankheit befand sich 1995 in einem fortgeschrittenen Stadium. Im Anspruchszeitraum war
TW nicht erwerbstätig und verfügte weder über Einkommen noch Vermögen.
Die Eheleute W trennten sich im Februar 1993. Ihre Ehe wurde am 09.10.1996 geschieden (vgl. dazu Bl. 27 f der beigezogenen
Akten AG D., abgekürzt Beiakte - BeiA -). Das Familiengericht führte den Versorgungsausgleich durch und übertrug die elterliche
Sorge auf die Kindesmutter, bei der die Tochter seit der Trennung lebte. Am 05.12.1996 wurde das Verbundurteil rechtskräftig.
BW ging ihrem Beruf auch nach der Trennung nach und verdiente monatlich etwa 2.350 DM netto zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld
(vgl. GA Bl. 162). Von November 1994 bis Mai 1995 übte sie außerdem eine Nebentätigkeit aus (vgl. GA Bl. 163 f). Zwischen
den Parteien ist streitig, ob sie im Anspruchszeitraum Schulden aus der Ehezeit abgetragen hat und ob diese gegebenenfalls
zu berücksichtigen sind (vgl. dazu unter anderem Schuldschein vom 28.02.1993 und Darlehensvertrag vom 14.12.1993, GA Bl. 167
f). Für die Zeit ab November 1997 erwirkte die Klägerin einen Titel gegen BW.
Die Beklagte, die am 23.08.1934 geboren wurde, ist ausgebildete Krankenschwester. Neben dem Sohn T hatte sie vier weitere
Kinder. Ein Sohn erkrankte gleichfalls an Aids und verstarb vor einigen Jahren. Ihr Ehemann war Alkoholiker. Nach dessen Tod
im Jahre 1972 leistete die Beklagte die Erziehung der Kinder allein und verrichtete zusätzlich Nachtdienste als Krankenschwester.
1981 lernte sie Herrn P D kennen, mit dem sie seither eheähnlich zusammenlebt. Er vermittelte ihr eine Stelle bei der Firma
X. Dort arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung am 31.12.1996. Als Betriebskrankenschwester verdiente sie bei einem Anteil
von 75 % des vollen Pensums zuletzt im Monat etwa 2.415,00 DM netto.
Dazu kam eine Witwenrente, die sich in den Jahren 1995 bis 1997 auf etwa 710,00 DM belief (vgl. dazu S. 3 der Klagebegründung,
GA Bl. 9). Seit dem 01.01.1997 bezieht die Beklagte eine Altersrente von rund 1.785,00 DM, die neben der Witwenrente gezahlt
wird.
Die Parteien haben im ersten Rechtszug über die Höhe der abzugsfähigen Positionen gestritten. Nachdem die Beklagte ihre Auskünfte
vervollständigt und die Steuerbescheide für 1995/96 vorgelegt hatte, die für 1996 eine Steuernachzahlung vorsahen (vgl. GA
Bl. 142 f), hat die Klägerin die Fahrtkosten der Beklagten anerkannt und ihre Forderung mit Schriftsatz vom 22.12.1998 (GA
Bl. 147 f) neu berechnet. Für Medikamente wendet die Beklagte monatlich 50 DM auf.
Durch Kaufvertrag vom 14.08.1990 erwarb die Beklagte zusammen mit Herrn D das Hausgrundstück Y in G. (vgl. Grundbuchauszug
GA Bl. 245 f). Das Gebäude hat drei Etagen mit einer Wohnfläche von jeweils rund 50 m², von denen die Beklagte und ihr Lebensgefährte
die beiden oberen Geschosse selbst nutzen. Den Kaufpreis finanzierten sie über zwei Kredite der A. Hypothekenbank, die sie
am 19.04./08.05.1991 in Höhe von insgesamt 295.000 DM aufnahmen (GA Bl. 186 f). Für Zinsen mußten sie anfangs monatlich 1.251,25
DM + 920,83 DM = 2.172,08 DM aufwenden (ab Oktober 1997 1.251,25 DM + 698,75 = 1.950 DM). Als Tilgungsersatz waren auf eine
Lebensversicherung, die Herr D auf seinen Namen abgeschlossen hatte, monatliche Prämien von 523,90 DM zu leisten (GA Bl. 193).
Dazu kamen die Nebenkosten (vgl. dazu GA Bl. 26 f). Die Beklagte beteiligte sich an diesen Aufwendungen mit monatlich 1.560,00
DM, die sie jeweils auf das Konto ihres Freundes überwies (vgl. dazu GA Bl. 194 f). Im übrigen nahm sie am 06.11.1995 und
06.07.1996 bei der S-Bank Darlehen auf, die in gleichbleibenden Raten abzutragen waren (GA Bl. 33 f).
TW beantragte am 11.07.1994 bei der Klägerin Sozialhilfe (GA Bl. 229 f). Vom Sozialamt der Klägerin erhielt er daraufhin Hilfe
zum Lebensunterhalt. In den Monaten April 1995 bis Oktober 1997 wurden ihm insgesamt 40.084,28 DM gezahlt (vgl. Anlage 1 zur
Anspruchsbegründung, GA Bl. 11). Die Klägerin versuchte danach, bei der - früheren - Ehefrau und der Mutter des Herrn W Rückgriff
zu nehmen, und forderte beide zur Auskunft auf, die sie von der Beklagten erst nach Verhängung von Zwangsmitteln erhielt (vgl.
zu den Auskünften GA Bl. 129 f, 170 f). Die Gewährung der Hilfe zeigte sie der Beklagten durch rechtswahrende Anzeige vom
24.03.1995 (GA Bl. 216 f) an.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin nach vergeblichen Mahnungen (GA Bl. 18, 222 f) einen Teilbetrag der geleisteten
Sozialhilfe geltend gemacht. Sie hat zunächst 30.269,22 DM zuzüglich Zinsen gefordert, die sie dann im Hinblick auf die weiteren
Auskünfte der Beklagten ermäßigt hat; hierzu hat sie die Ansicht vertreten, daß darin eine Teilerledigung liege. Die geschiedene
Ehefrau hat sie nur in einigen Monaten des Anspruchszeitraums - April und Mai sowie November und Dezember 1995 und Mai bis
Oktober 1997 - in beschränktem Umfang als leistungsfähig angesehen und ihre vorrangige Unterhaltspflicht insoweit berücksichtigt
(vgl. dazu Berechnung im Schriftsatz vom 28.04.1999 und Anlage II zur Anspruchsbegründung, GA Bl. 12, 158 f). In Höhe des
eingeklagten Betrages hat sie die Beklagte als leistungsfähig angesehen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.
rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 01.04.1995 bis 31.10.1997 für ihren Sohn TW, * 22.02.1962 in Höhe von insgesamt 23.981,10
DM,
2.
Zinsen in Höhe von 5,7 % ab Zustellung des Mahnbescheids (06.06.1998), zu zahlen.
Die Beklagte, die um Abweisung der Klage gebeten hat, hat unter anderem eingewandt, ihr Sohn habe seine Bedürftigkeit mutwillig
herbeigeführt. Seine frühere Ehefrau müsse sich in höherem Maße an seinem Unterhalt beteiligen. Sie, die Beklagte, sei selbst
nicht leistungsfähig.
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht der Klägerin antragsgemäß 23.981,10 DM zuzüglich Zinsen zuerkannt und die
Klage im übrigen - hinsichtlich der in einen Feststellungsantrag umgedeuteten Teilerledigungserklärung - abgewiesen. In der
Begründung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat es unter anderem ausgeführt, die Beklagte sei imstande, die
geforderten Beträge aufzubringen; bei ihr sei bis Ende 1995 ein Selbstbehalt von 1.600 DM und ab Januar 1996 ein solcher von
1.800 DM zu berücksichtigen. Soweit höhere Zinsen für das Haus anfielen, seien sie durch Mieteinnahmen ausgeglichen. Die Prämie
für die Lebensversicherung könne nicht anerkannt werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, die ihren
Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Sie wiederholt und ergänzt ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug: Ihr Sohn
habe seine Bedürftigkeit vorwerfbar herbeigeführt und sei einfach nicht dazu zu bewegen gewesen, einen Beruf zu erlernen.
Er habe Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich und als freischaffender Künstler gegebenenfalls nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz erwerben und dann eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente erlangen können. Außerdem sei es keineswegs selbstverständlich,
daß ein Aidspatient nicht mehr arbeiten könne; äußerlich sei ihrem Sohn die Erkrankung nicht anzusehen, was sie kürzlich bei
einem zufälligen Zusammentreffen festgestellt habe. Er lehne aber seit Jahren jeglichen Kontakt zu ihr ab, weshalb sie sich
zu seinen ehelichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nur mit Nichtwissen erklären könne. Die Wohnung im Erdgeschoß ihres
Hauses könne sie grundsätzlich vermieten, sie habe aber mit der Vermietung "Pech gehabt", weil ein Mieter sich als zahlungsunfähig
herausgestellt habe. Erzielbar seien allenfalls 500 DM als Kaltmiete. Ihrem Partner erstatte sie mit monatlich 1.560 DM mehr
als die Hälfte der Gesamtkosten, weil er ihr vor einigen Jahren aus einer finanziellen Notlage geholfen habe. Eine Verwertung
des Grundstücks könne ihr nicht angesonnen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Grevenbroich vom 26.05.2000 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin, die um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet, verteidigt die angefochtene Entscheidung. Hierzu und wegen der
weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und die dazu
überreichten Anlagen verwiesen.
Der Senat hat die Akten des Scheidungsverfahrens der Eheleute W zu Informationszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
Die Beklagte schuldet der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Sohnes T zwar Unterhalt. Ihre Leistungsfähigkeit ist aber geringer,
als das Amtsgericht angenommen hat. Das Urteil des Familiengerichts ist damit teilweise abzuändern.
A. Anspruchsberechtigung
1.
Die Beklagte war in den Jahren 1995 bis 1997 gemäß §§
1601 f
BGB unterhaltspflichtig. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt. Insbesondere die Bedürftigkeit, die nach §
1602
BGB für jeden Unterhaltsanspruch zu fordern ist, steht nach dem Akteninhalt fest. TW verfügte damals weder über Einkommen noch
Vermögen.
a)
Tatsächliche Erwerbseinkünfte hat TW im Anspruchszeitraum unstreitig nicht erzielt. In seinem Sozialhilfe-Antrag vom 11.07.1994
hat er die Frage nach Einkommen und Vermögen verneint. Daß sich daran in der nachfolgenden Zeit etwas geändert hätte, ist
nicht ersichtlich. Die Klägerin hat in der Anspruchsbegründung von 28.07.1998 unwidersprochen vorgetragen, daß er weder Erwerbs-
noch Renteneinkünfte habe. Im Scheidungsverfahren hat seine Ehefrau mitgeteilt, daß er "während seines bisherigen Erwerbslebens
allenfalls für ein halbes Jahr gearbeitet" habe und unter anderem in der Zeit vom 18.10.1991 bis zum 31.05.1995, nach der
die Landesversicherungsanstalt im Rahmen des Versorgungsausgleichs gefragt hatte, nicht erwerbstätig gewesen sei (vgl. Bl.
28, 40 der Unterakte Versorgungsausgleich, abgekürzt VA-Heft). Da die Krankheit bei TW damals bereits ausgebrochen war, bestehen
an der Richtigkeit dieser Angaben keine Zweifel.
b)
Renten standen dem Sohn der Beklagten damals nicht zu. Da er die Voraussetzungen für eine Altersrente (§§ 35 f SGB VI in der
damals geltenden Verfassung) zweifellos noch lange nicht erfüllt hatte, wären nur Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
in Betracht gekommen. Sowohl die Rente wegen Berufs- als auch die wegen Erwerbsunfähigkeit konnten aber nur bewilligt werden,
wenn - von sonstigen Voraussetzungen abgesehen - die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt
der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten bestanden haben (vgl. §§ 43 Abs. 1 Nr. 2, 44 Abs. 1 Nr.
2
SGB VI). Bei TW war durch den Versorgungsausgleich zwar die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs. 1
Satz 1 SGB VI) erfüllt, weil ihm Rentenanwartschaften von monatlich 253,62 DM, bezogen auf den 31.05.1995, übertragen worden
waren (BeiA Bl. 34); nach der Anrechnungsvorschrift des § 52
SGB VI entspricht dies insgesamt (253,62 DM: 46,00 DM = 5,5135 Entgeltpunkte: 0,0625 Entgeltpunkte =) 88,216
Monate oder 7,35 Jahre. Es fehlte aber an den erforderlichen Pflichtbeitragszeiten. Das zeigt die Auskunft der LVA vom 17.04.1996
(VA-Heft Bl. 43 f), die zuletzt nur für die Zeit bis zum 17.10.1991 geringe Pflichtbeiträge ausweist.
Aus der Künstlersozialversicherung konnte der Sohn der Beklagten Rente nicht erwerben. Denn diese erfaßte nach § 1 des Künstlersozialversicherungsgesetzes
nur selbständige Künstler und Publizisten, wenn sie ihre Tätigkeit "erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben". Daß
TW mehr als nur eine sporadische Tätigkeit entfaltet hätte, ist indessen nicht ersichtlich. Seine Ehefrau hat zwar im Antrag
auf Ausschluß des Versorgungsausgleichs (VA-Heft Bl. 2) angedeutet, daß er "als freier Künstler tätig" gewesen sei; später
hat sie dies aber - wie schon erwähnt - korrigiert (VA-Heft Bl. 40). Auch die Beklagte hat in erster Instanz lediglich allgemein
ausgeführt, er habe es "stets vorgezogen, das Leben eines freischaffenden Künstlers zu führen und (sei) einer geregelten Tätigkeit
nicht nachgegangen" (GA Bl. 183). Die Berufungsbegründung enthält dazu keine weiterführenden Angaben (vgl. S. 3, GA Bl. 320).
c)
TW sind Einkünfte schließlich nicht im Wege einer Fiktion zuzurechnen. Allerdings war er am 01.04.1995 bereits 33 Jahre alt.
Er hatte deshalb grundsätzlich selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Volljährige Kinder, die sich nicht mehr in einer Berufsausbildung
befinden, sind gehalten, ihre Arbeitskraft bestmöglich auszunutzen, um ihren Bedarf sicherzustellen. Sie müssen ähnlich strengen
Anforderungen gerecht werden wie Eltern, die ihren minderjährigen unverheirateten Kindern nach §
1603 Abs.
2 Satz 1
BGB verschärft haften (vgl. nur Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rdnr. II 345 m. w. N.). Kommen sie dieser Erwerbsobliegenheit
nicht gehörig nach, müssen sie sich im allgemeinen so behandeln lassen, als hätten sie diesen Anforderungen entsprochen.
Der Sohn der Beklagten war indessen unstreitig bereits seit Jahren krank. Wie der Bericht des Krankenhauses vom 13.04.1992
beweist, mußte er Anfang März 1992 "notfallmäßig" aufgenommen und wegen einer akuten Verschlechterung seines Allgemeinzustandes
behandelt werden. Die Diagnose lautete auf Aidsstadium IV. In dem Therapievorschlag des Internisten Dr. M vom 30.05.1995 (GA
Bl. 240) wurde jedenfalls das Stadium III angenommen. Angesichts dieser Befunde bestand für den Sohn der Beklagten im Anspruchszeitraum
keine realistische Chance auf dem Arbeitsmarkt. Er hat unstreitig einen Beruf nicht erlernt und Berufspraxis nicht erworben.
Wie sich dem Versicherungsverlauf und den Angaben seiner Ehefrau (VA-Heft Bl. 40, 45) entnehmen läßt, hat er nur in geringem
Umfang gegen Entgelt gearbeitet. Im übrigen hat er sich bis zur Trennung als Hausmann betätigt. Bei Bewerbungen hätte er seine
schwere Erkrankung offenbaren müssen. Da der Arbeitsmarkt bereits damals angespannt war, hätte er nach Einschätzung des Senats
bei lebensnaher Betrachtung eine Anstellung nicht erhalten.
Die Beklagte hat im Senatstermin eingewandt, ihr anderer Sohn habe trotz seiner Aidserkrankung gearbeitet und später eine
Erwerbsunfähigkeitsrente erhalten. Daraus können für den vorliegenden Fall keine Rückschlüsse gezogen werden. Denn die Beklagte
hat gleichzeitig angegeben, alle ihre Kinder - bis auf T - hätten eine Berufsausbildung erfahren. Demnach war auch der ältere
Bruder vor seiner Erkrankung bereits arbeitstätig gewesen und hat infolge dessen später die Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen.
Diese Abfolge läßt sich nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichen, in dem sich einem Patienten erst nach dem Erreichen eines
fortgeschrittenen Krankheitsstadiums und nach dem Scheitern seiner Ehe, in der er versorgt war, die Notwendigkeit einer Arbeitsaufnahme
stellt.
Daß der Sohn vor der Trennung von seiner Ehefrau einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen war, kann ihm ebenso
wenig vorgehalten werden. Ab Februar 1982 mußte die Tochter L betreut werden. Diese Aufgabe konnte BW neben ihrer Berufstätigkeit
nicht wahrnehmen. Ebenso wie in dem umgekehrten Fall, in dem die Ehefrau die Kindererziehung übernimmt, ist diese Rollenverteilung
hier hinzunehmen (§
1360 Satz 2
BGB). Das gilt auch im Verhältnis zu der Beklagten, weil der Unterhalt des Sohnes während der intakten Ehe durch das Arbeitseinkommen
seiner Frau gesichert war. Im Zeitpunkt der Trennung war die Entwicklung - wie ausgeführt -wegen der manifesten Erkrankung
dagegen nicht mehr zu ändern.
2.
Ansprüche gegen die Ehefrau schlossen die Bedürftigkeit nicht aus.
Die Klägerin hat das Arbeitseinkommen der Ehefrau geprüft und mit rund 2.350 DM festgestellt (vgl. GA Bl. 162 und tabellarische
Übersicht GA Bl. 159). Daß sie dabei zu unrichtigen Ergebnissen gekommen wäre, ist weder erkennbar noch von der Beklagten
behauptet worden. Ihre Einwände richten sich vielmehr gegen bestimmte Abzüge, die die Klägerin vorgenommen hat. Diese Rügen
sind aber teils unbegründet, teils für das Ergebnis ohne Bedeutung.
Die Klägerin hat bis einschließlich April 1997, d. h. bis zum Ende des 12. Lebensjahres der Tochter L, einen Betreuungsbonus
von 209 bzw. 251 DM angesetzt. Das begegnet keinen Bedenken, weil BW neben der vollen Erwerbstätigkeit die Kinderbetreuung
allein bewältigen mußte. In derartigen Fällen hat die Rechtsprechung dem alleinerziehenden Elternteil einen Bonus zugebilligt;
dadurch soll der besondere Einsatz, der mit der gleichzeitigen Erwerbstätigkeit und Kindererziehung verbunden ist und über
die konkreten Kosten der Betreuung hinausgeht, erfaßt werden (vgl. BGH NJW 1986, 2054/2055 = FamRZ 1986, 790 f. m. w. N.; Wendl/Staudigl, a. a. O., Rdnrn. 1, 454 und IV 193; siehe auch BGH NJW 1991, 697 f = FamRZ 1991, 182 f). Die Berechnung der Klägerin steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung.
Die Höhe des Abzugs ist ebenfalls unbedenklich. Im Mai 1995 hat Frau W nämlich noch zusätzlich eine Nebentätigkeit ausgeübt,
und die Klägerin hat die daraus erzielten Einkünfte in ihre Berechnung einbezogen. Bis einschließlich Oktober 1995 war zudem
das Existenzminimum der Ehefrau (1.300 DM gemäß Anm. B IV 1 zur Düsseldorfer Tabelle Stand 01.07.1992) nicht mehr gewahrt;
bei Einhaltung des notwendigen Selbstbehalts wäre Leistungsunfähigkeit bereits eingetreten, wenn der Betreuungsbonus nur mit
rund 150 DM bemessen worden wäre. In den Monaten Januar bis April 1997 fehlten zum notwendigen Selbstbehalt (nunmehr 1.500
DM gemäß Düsseldorfer Tabelle Stand 01.01.1996) sogar mehr als 100 DM; der Betreuungsbonus hätte wiederum auf rund 150 DM
gekürzt werden können, ohne daß BW leistungsfähig geworden wäre.
Ob die Kreditraten - wie es die Klägerin unterstellt hat - bei einer Unterhaltsklage des Herrn W hätten abgezogen werden können,
bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner abschließenden Entscheidung. Denn auf das Ergebnis wirkt sich diese Frage nicht
aus. Wollte man mit der Beklagten den Schulden die Anerkennung versagen, würde sich das anrechenbare Einkommen der Ehefrau
um monatlich 250 DM und - bis einschließlich Oktober 1995 - um weitere 154 DM erhöhen. Dann hätten BW im Anspruchszeitraum
weitere (31 x 250 + 7 x 154 =) 8.828 DM zur Verfügung gestanden. Auch damit wäre aber der Aufwand der Klägerin nicht gedeckt
worden. Denn sie hat an den Sohn der Beklagten insgesamt 40.084,28 DM gezahlt. Davon macht sie mit Rücksicht auf die begrenzte
Leistungsfähigkeit der Beklagten nur 23.981,10 DM geltend. Die Differenz von 16.103,18 DM ist deutlich höher als die zusätzliche
Verteilungsmasse von 8.828,00 DM, die sich ohne Berücksichtigung der Schulden ergäbe. Da die Beklagte aber - wie noch auszuführen
ist - tatsächlich nur in geringerem Umfang leistungsfähig ist, ist die Deckungslücke im Ergebnis noch größer.
3.
Die Beklagte ist nur eingeschränkt leistungsfähig. Im Verhältnis zu dem volljährigen Sohn mußte ihr der sogenannte angemessene
Eigenbedarf verbleiben, §
1603 Abs.
1
BGB. Dieser kann im vorliegenden Fall nicht mit einem Tabellenwert von 1.600 DM bzw. ab Januar 1996 von 1.800 DM angesetzt werden,
wie es das Amtsgericht getan hat.
a)
In der Rechtsprechung - auch des Bundesgerichtshofs - ist anerkannt, daß zur Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe wie
zum Beispiel angemessener oder notwendiger Unterhalt Tabellenwerke verwandt werden können (vgl. BGH NJW 2000, 954/955 = FamRZ 2000, 358 f); dadurch soll eine möglichst einheitliche Behandlung gleicher Lebenssachverhalte erreicht werden. Der Senat orientiert
sich deshalb in ständiger Rechtsprechung an den Werten der Düsseldorfer Tabelle. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß
diese Vorgaben in jedem Einzelfall auf ihre Angemessenheit überprüft werden müssen. Darauf wird in den Anmerkungen zur Düsseldorfer
Tabelle hinsichtlich des angemessenen Eigenbedarfs ausdrücklich hingewiesen. Denn während der notwendige Selbstbehalt nach
Anmerkung A 5 Abs. 1 grundsätzlich mit einem festen Betrag anzusetzen war, sollte der angemessene Eigenbedarf nach Abs. 2
nur "in der Regel mindestens monatlich" 1.600 bzw. 1.800 DM betragen. Diese Formulierung zeigt, daß auch höhere Werte in Betracht
kommen können (vgl. dazu Scholz FamRZ 1993, 125/127/134). Dies hält der Senat im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf den Finanzierungsaufwand
für das Hausgrundstück für angezeigt.
b)
Die Beklagte und ihr Lebensgefährte mußten seit 1991 an die X Hypothekenbank monatlich 2.172,08 DM und ab Oktober 1997 monatlich
1.950 DM für Zinsen entrichten. Dazu kam die Prämie für die Lebensversicherung in Höhe von monatlich 523,90 DM. Die Zahlung
an die Y Versicherung stellt zwar mittelbar eine Vermögensbildung dar. Sie dient hier aber als Tilgungsersatz und muß deshalb
berücksichtigt werden. Ohne diese Leistung wäre der Kredit kaum bewilligt worden. Die Beklagte hätte vielmehr ein Darlehen
mit Annuitäten aufnehmen müssen, die Zins- und Tilgung eingeschlossen und dann entsprechend höhere Monatsraten begründet hätten.
Die Beklagte hat im Senatstermin erklärt, daß die Rechte aus der Lebensversicherung an die Hypothekenbank abgetreten worden
seien.
Neben diesen Aufwendungen sind die verbrauchsunabhängigen Kosten zu berücksichtigen, die auch bei der Bestimmung des sogenannten
Wohnvorteils zu beachten sind (vgl. z. B. BGH NJW 2000, 284/287 = FamRZ 2000, 351 f). Für Grundsteuern und Gebäudeversicherung waren in den Jahren 1995 bis 1997 806,87 + 322,40 = 1.129,27 oder monatlich
94,11 DM zu zahlen (GA Bl. 334 bis 348). Der Gesamtaufwand belief sich mithin auf 2.172,08 + 523,90 + 94,11 = 2.790,09 DM.
Bezieht man die Kehrgebühren und die Kosten, die für die Wartung der Heizung berechnet wurden (GA Bl. 106 f), ein, sind rund
2.800,00 DM anzusetzen. Die sonstigen Positionen sind nicht anzuerkennen, weil sie zum allgemeinen Lebensbedarf gehören.
Diesem Aufwand sind die Einnahmen gegenüberzustellen, die durch die Vermietung der Wohnung im Erdgeschoß hätten erzielt werden
können. Der Senat schätzt den Nettoertrag auf monatlich 400,00 DM, so daß Kosten von monatlich 2.400,00 DM verbleiben. Auf
die Beklagte als hälftige Miteigentümerin entfielen somit 1.200,00 DM.
Der Beklagten, die sich auf die erheblichen Aufwendungen für Haus und Grundstück beruft, hätte es oblegen, ihr Vermögen möglichst
gewinnbringend zu nutzen. Sie wußte seit der rechtswahrenden Anzeige vom 24.03.1995, daß die Klägerin ihren Sohn unterstützte,
weil er sozialhilfebedürftig geworden war. Sie hätte sich deshalb nunmehr auf einen Rückgriff einstellen können. In der Berufungsbegründung
(S. 7, GA Bl. 324) hat sie vorgetragen, daß sie mit der Vermietung "Pech" gehabt habe, weil der Mieter sich als zahlungsunfähig
herausgestellt habe. Das konnte sie aber nicht davon entlasten, die Räume nach dem Auszug dieses Mieters an andere Interessenten
zu vermieten. Soweit sie im Senatstermin erstmals eingewandt hat, die Wohnung sei nicht zu vermieten, kann dies nicht überzeugen.
Zum einen stehen dem die frühere Vermietung und die Ausführungen in der Berufungsbegründung entgegen, zum anderen ist nicht
ersichtlich, was die Beklagte unternommen hat, um die Wohnung wieder vermieten zu können. Nachdem das Amtsgericht ihr aber
im Urteil (S. 9, GA Bl. 287) Mieteinnahmen zugerechnet hatte, hätte sie aufzeigen müssen, weshalb diese Feststellung fehlerhaft
gewesen sein soll (§
519 Abs.
3
ZPO).
In der Berufungsbegründung hat die Beklagte die erzielbare Kaltmiete unwidersprochen mit 500 DM beziffert. Davon sind die
anteiligen Bewirtschaftungskosten abzuziehen, die auf 20 % geschätzt werde können. Für Steuern sind zusätzliche Abzüge nicht
gerechtfertigt, weil sie durch Werbungskosten (zum Beispiel die anteiligen Finanzierungskosten) ausgeglichen worden wären.
c)
In den Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle ist seit 1996 im angemessenen Eigenbedarf für die Warmmiete ein Anteil von 800,00
DM ausgewiesen (vgl. Nr. A 5 Abs. 2 Satz 2). Die Beklagte mußte dagegen für das Wohnen monatlich 1.200,00 DM aufwenden. Für
die Heizung fielen zusätzlich etwa 80,00 DM an (vgl. z. B. Abrechnung vom 31.12.1994, GA Bl. 97 f: 1.316,21 + 374,79 + 197,43
+ 56,22 = 1.944,65 12 = 162,05 DM; davon als Anteil der Beklagten 50 % oder rund 80 DM). Der Aufwand lag demnach in den Jahren
1996/97 um 480,00 DM über dem Tabellensatz für die Warmmiete.
Um diesen Betrag ist folglich der angemessene Eigenbedarf zu erhöhen. Soweit die Beklagte ihrem Partner tatsächlich 1.560
DM erstattet hat, sind darin auch Positionen enthalten, die hier nicht anzuerkennen sind, weil sie zum allgemeinen Lebensbedarf
gehören; im übrigen hat sie nicht näher dargetan, welche Zuwendungen in der Vergangenheit ausgeglichen werden sollten.
Für 1995 war in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.1992) eine Warmmiete noch nicht ausgewiesen. Setzt man die Zahlen der
beiden Tabellen ins Verhältnis, errechnet sich ein Betrag von etwa 700 DM (x: 1.600 = 800: 1.800 = 711,11 DM). Für 1995 ist
der angemessene Selbstbehalt daher auf rund 1.600 + 580 = 2.180 DM anzuheben.
d)
Bei dieser Entscheidung weiß sich der Senat im Einklang mit anderen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur. So legen das
OLG Karlsruhe (NJW 1999, 2680 f) und Kalthoener/Büttner (Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rdn. 48) den erhöhten Eigenbedarf von 2.250
DM zugrunde, der nach Abschnitt D Abs. 1 Satz 1 der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.1999) für den Bereich des Verwandtenunterhalts
vorgesehen ist (vgl. auch Scholz, a. a. O. S. 134). Wie der Senat geht der "Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge"
vor, der "Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger" ausgesprochen hat. Diese Empfehlungen haben Eingang in
die Praxis der Sozialämter gefunden und sind in einzelnen Bundesländern in Richtlinien für die Sozialhilfe aufgenommen worden
(vgl. Schellhorn, FuR 2000,305 sowie BGH NJW 1992, 1393/1395 = FamRZ 1992, 795 f). In der nunmehr veröffentlichten 4. Auflage dieser Empfehlungen (FuR 2000, 309 f = FamRZ 2000, 788 f) wird ausdrücklich anerkannt, daß "in Fällen nicht gesteigerter Unterhaltspflicht ... Schuldverpflichtungen, die vor Kenntnis
von der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten eingegangen worden sind, in der Regel vom unterhaltsrelevanten Einkommen
abgesetzt werden" sollten (Ziff. 86 Abs. 3 Satz 1) und "in den Fällen des Elternunterhalts ... die im Zusammenhang mit einem
selbst bewohnten Hausgrundstück ... bereits eingegangenen Schuldverpflichtungen (Zins und Tilgung) stets berücksichtigungsfähig"
seien (Satz 2). Damit liegt diesen Empfehlungen dieselbe Wertung zugrunde wie der Entscheidung des Senats (vgl. für den hier
interessierenden Zeitraum die Erläuterung b) zu Ziffern 108 bis 112 der 3. Auflage der Empfehlungen, abgedruckt in Heft 17
der Schriftenreihe des Deutschen Vereins).
Daß die Erhöhung des Eigenbedarfs sachlich gerechtfertigt ist, zeigt im vorliegenden Fall zudem der zeitliche Ablauf. Die
Beklagte hatte das Grundstück bereits 1990 gekauft (Auflassung laut Grundbuchauszug am 14.08.1990, GA Bl. 247) und 1991 finanziert.
Damals war ihr Sohn noch verheiratet und lebte mit seiner Ehefrau zusammen. Die Beklagte mußte mit einer Inanspruchnahme nicht
im Entferntesten rechnen. Die Notwendigkeit einer Unterstützung trat erst auf, nachdem sich der Gesundheitszustand ihres Sohnes
massiv verschlechtert hatte und seine Ehe gescheitert war. Die Beklagte war bei Zugang der rechtswahrenden Anzeige indessen
bereits 60 Jahre alt und nur noch 11/2 Jahre berufstätig, ihr Sohn hatte schon das 33. Lebensjahr vollendet. Im letzten Abschnitt
des Anspruchszeitraums hatte sie sogar schon Altersrente bezogen. Daß ihr in dieser Phase die Veräußerung des Objekts und
der Umzug in eine andere Wohnung nicht mehr zuzumuten war, bedarf nach Auffassung des Senats keiner weiteren Begründung (ähnlich
OLG Karlsruhe a. a. O. S. 2682). Es genügt der Hinweis, daß die Beklagte nach dem Tod ihres Ehemannes allein für die fünf
Kinder gesorgt und zusätzlich einen anstrengenden Beruf ausgeübt hat.
e)
Eine weitere Erhöhung des Selbstbehalts im Hinblick auf die sonstigen Versicherungen oder Kreditverpflichtungen hält der Senat
dagegen nicht für angemessen. Diese Kosten sind aus dem allgemeinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Andererseits sieht er auch
von einer Kürzung des Eigenbedarfs ab. Der Tabellenwert von 1.800 DM ist auch für Unterhaltspflichtige im Rentenalter anzusetzen
(vgl. Scholz a. a. O. S. 134).
4.
Setzt man in die Aufstellung der Klägerin (Schriftsatz vom 22.12.1998, S. 2, GA Bl. 148) die höheren Selbstbehalte ein, reduziert
sich die "Unterhaltsfähigkeit" der Beklagten, und es ergibt sich folgende Berechnung:
April bis Juni 1995
2.720,32 - 2.180 = 540,32 x 3 = 1.620,96 DM
Juli bis Dezember 1995
2.724,61 - 2.180 = 544,61 x 6 = 3.267,66 DM
Januar bis Juni 1996
2.469,35 - 2.280 = 189,35 x 6 = 1.136,10 DM
Juli bis Dezember 1996
2. 472,63 - 2.280 = 192,63 x 6 = 1.155,78 DM
Januar bis September 1997
2.433,60 - 2.280 = 153,60 x 9 = 1.382,40 DM
Oktober 1997 (bei geringeren Zinsen = rund 220 DM: 2.172,08 - 1.950 DM) 2.433,60 - (2.280 - 220) = 373,60 DM
Summe 8.936,50 DM
Da diese Gesamtforderung allein von der Leistungsfähigkeit der Beklagten abgeleitet ist, kann es auf sich beruhen, daß die
Klägerin für TW durchwegs einen höheren Bedarf angesetzt hat, als dies in der Düsseldorfer Tabelle für volljährige Kinder
mit einem eigenen Hausstand vorgesehen war (950 bzw. 1.050 DM gemäß Anmerkung A 7 zur Düsseldorfer Tabelle Stand: 01.07.1992
und 01.01.1996).
5.
Der Anspruch ist nicht verwirkt. Die Voraussetzungen des §
1611 Abs.
1 Satz 2
BGB sind nicht erfüllt. Die Verbindung zwischen der Beklagten und ihrem Sohn ist zwar vor vielen Jahren abgerissen. Diese Entwicklung
wurde aber nicht durch ein sittliches Verschulden des Sohnes ausgelöst. Die Beklagte hat bei der Erörterung dieses Punktes
im Senatstermin erklärt, T habe das Elternhaus mit 18 Jahren verlassen und sei danach nur gelegentlich zurückgekommen. Sie
habe 1981 Herrn D kennen gelernt. Danach sei der Kontakt zu ihrem Sohn abgebrochen. Diese Angaben deuten darauf hin, daß sich
TW mit dem Partner seiner Mutter nicht verstanden und deshalb beide gemieden hat. Die Ereignisse - Vollendung des 18. Lebensjahres
im Februar 1980 und Beginn der Partnerschaft mit Herrn D - stehen in einem relativ engen zeitlichen Zusammenhang. Die Entwicklung
kann die Beklagte dann nicht einseitig ihrem Sohn anlasten. Sie hat eingeräumt, daß sie sich nach dem Tod ihres Mannes nur
wenig um die Kinder kümmern konnte. Daß sie später versucht hätte, ein besseres Verhältnis zu ihrem jüngsten Sohn aufzubauen
und ihm beispielsweise in seiner schwierigen Lage nach dem Ausbruch der Krankheit und dem Scheitern seiner Ehe zu helfen,
ist nicht dargetan.
B. Anspruchsübergang
In Höhe von 8.936,50 DM ist der Anspruch gemäß § 91
BSHG auf die Klägerin übergegangen. Gründe, die dem Übergang nach § 91 Abs. 1 Satz 2 f, Abs. 2
BSHG entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Übergang kann insbesondere nicht als unbillige Härte nach Abs. 2 Satz
2 angesehen werden. Ein Regelbeispiel im Sinne des zweiten Halbsatzes dieser Bestimmung liegt nicht vor. In den Jahren 1995
bis 1997 zählte TW nicht zu den behinderten oder pflegebedürftigen Personen, und die Klägerin hat ihm unstreitig ausschließlich
Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 11 Abs. 1
BSHG) und nicht Eingliederungshilfe für Behinderte oder Hilfe zur Pflege (§§ 39 f, 68 f
BSHG) gewährt. Eine ausdehnende Auslegung dieser Vorschrift auf andere Leistungen der Sozialhilfe ist nicht zulässig (vgl. Scheuhorn/Jirasek/Seipp,
BSHG, 15. Aufl., § 91 Rdnr. 98). Da der Anspruch zudem im Hinblick auf den erhöhten Eigenbedarf der Beklagten erheblich gekürzt worden ist, kann
hinsichtlich des verbleibenden Teils der Forderung eine unbillige Härte nicht mehr angenommen werden. Mit Zahlungen, die zum
überwiegenden Teil bereits durch die erzielbare Miete gedeckt werden könnten, wird die Beklagte nicht unzumutbar belastet.
C. Nebenentscheidungen
Die Entscheidung über Zinsen, Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§
284,
288
BGB,
92,
97,
708 , 713Nr. 10. Daß das Amtsgericht der Beklagten die Kosten teilweise wegen verspäteter Auskunft nach § 93 d
ZPO auferlegt hat, begegnet keinen Bedenken und ist mit der Berufung auch nicht gerügt worden.
Der Senat sieht keinen Anlaß, die Revision zuzulassen, weil er sich bei der Bestimmung des angemessenen Selbstbehalts - wie
ausgeführt - in Übereinstimmung mit einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung und Literatur befindet.
Streitwert: 23.981,10 DM.