Gesetzlicher Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Sozialleistungsträger aufgrund der darlehensweisen Gewährung von Sozialleistungen
Gründe
I.
Die am 27.03.1967 geborene Antragstellerin nimmt ihren geschiedenen Ehemann (geboren am 16.01.1959) auf nachehelichen Unterhalt
für die Zeit ab Dezember 2010 in Anspruch. Beide haben am 04.07.1997 die Ehe miteinander geschlossen, leben seit Februar 2006
voneinander getrennt und sind auf den im Januar 2008 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin durch das am 01.07.2008
verkündete Scheidungsurteil des Amtsgerichts Dinslaken (Az.: 15 F 428/07) rechtskräftig geschieden worden. Bis Juni 2008 hat der Antragsgegner Ehegattenunterhalt in monatlicher Höhe von 350,00 €
gezahlt.
Aus der Ehe ist die am 24.10.2002 geborene I. F. hervorgegangen. Über die Frage, wo das Kind nach der Trennung und Scheidung
seinen Lebensmittelpunkt haben soll, konnten die Kindeseltern zunächst kein Einvernehmen erzielen. Nach einem über zwei Instanzen
geführten Sorgerechtsverfahren ist zunächst der Antragstellerin durch Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 02.05.2007
(Az.: II-8 UF 127/06) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind übertragen worden. Etwa zwei Jahre später ist der Antragstellerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht
wegen des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung mit Beschluss vom 22.08.2008 des Amtsgerichts Dinslaken im Wege der einstweiligen
Anordnung vorübergehend entzogen worden (Az. 15 F 364/08). Das zum Ergänzungspfleger bestellte Jugendamt der Stadt D. veranlasste im September 2008 den Wechsel des Kindes in den
Haushalt des Antragsgegners, bei dem das Kind seither lebt. Mit der Antragstellerin fanden in der Folgezeit Umgangskontakte
in einem überdurchschnittlichen Umfang statt. Im Verfahren 19 F 51/10 (Amtsgericht Dinslaken) vereinbarten die Kindeseltern am 03.01.2012 eine umfangreiche Umgangsregelung. Mit Beschluss vom
gleichen Tage hat das Amtsgericht Dinslaken sodann dem Antragsgegner das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter mit Zustimmung
der Antragstellerin übertragen.
Im streitgegenständlichen Zeitraum hat die Antragstellerin zunächst Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit als Lebensberaterin
erzielt. Von März bis Dezember 2013 war sie vollschichtig bei der Firma A. beschäftigt und hat zusätzlich Nebeneinkünfte aus
ihrer Tätigkeit als Lebensberaterin erzielt, die sie nach eigenen Angaben mit einem wöchentlichen Arbeitsaufwand von 4 Stunden
neben der vollschichtigen Tätigkeit ausgeübt hat. Von Januar 2014 bis August 2015 war die Antragstellerin nach ihren Angaben
nur phasenweise erwerbstätig und erzielte Einkünfte in Höhe von insgesamt 5.994,44 €. Seit dem 08.10.2015 arbeitet sie wieder
vollschichtig für die Firma A.
Für die Zeit bis Februar 2013 erhielt die Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II in einer die Unterhaltsforderung übersteigenden Höhe, die als Darlehen gewährt wurden. Auch in der Zeit ab 2014 wurden an
die Antragstellerin ergänzende Leistungen nach dem SGB II in nicht bezifferter Höhe gezahlt, die als Zuschusszahlungen erbracht wurden (vgl. dazu Gerichtsakte - GA - Bl. 33 f., 42
f.).
Der Antragsgegner erzielte im gesamten streitbefangenen Zeitraum durchgehend Einkünfte aus einer vollschichtigen, nicht selbständigen
Tätigkeit. Zudem nutzte und nutzt er die im gemeinsamen Eigentum der Beteiligten stehende, in der H.-Str. in D. gelegene Immobilie,
ein Reiheneckhaus, gemeinsam mit der Tochter zu Wohnzwecken.
Für das Kind wurden an den Antragsgegner im Zeitraum von Februar 2011 bis zum 23.10.2014 Unterhaltsvorschussleistungen in
Höhe von insgesamt 8.058,00 € (= 11 + 12 + 12 + 9 Monate x 180,00 € + 138,00 € für Oktober 2014) gezahlt. Die Antragstellerin
hat keine Unterhaltszahlungen geleistet. Sie ist im Verfahren II-8 UF 165/15 mit Teilbeschluss vom heutigen Tage zur Unterhaltszahlung in monatlicher Höhe von 40,00 € für die Zeit von Februar bis Dezember
2012, 50,00 € für die Monate Januar und Februar 2013 und 272,00 € für die Monate März bis Dezember 2013 verpflichtet worden.
Von den Unterhaltszahlungen sind jeweils 92,00 € in den Monaten März bis Dezember 2013 an das Kind zu zahlen. Die restlichen
Zahlungen gehen an das Land Nordrhein-Westfalen als Leistungsträger der Unterhaltsvorschussleistungen.
Erstinstanzlich hat die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für die Zeit von Dezember 2010 bis Juli 2013 in Höhe von 18.368,99
€ nebst Zinsen sowie laufenden Unterhalt für die Zeit ab August 2013 in monatlicher Höhe von 383,79 € geltend gemacht.
Diesen Anspruch hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Antragstellerin bis
Februar 2013 nicht aktivlegitimiert sei, weil sie Leistungen nach dem SGB II in einer die Unterhaltsforderung übersteigenden Höhe erhalten habe und der Unterhaltsanspruch auf den Leistungsträger übergegangen
sei. Dem Anspruchsübergang stehe nicht entgegen, dass die Sozialleistungen nur darlehensweise gewährt worden seien. Für die
Zeit ab März 2013 könne kein Unterhalt mehr zugesprochen werden, da der Anspruch zu befristen sei.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin den erstinstanzlich geltend gemachten Unterhaltsanspruch weiter. Sie ist
der Auffassung, dass ein Forderungsübergang auf den Sozialleistungsträger entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts aufgrund
der nur darlehensweisen Leistungsgewährung nicht erfolgt sei. Zudem macht die Antragstellerin geltend, dass es ihr nicht möglich
sei, ihren Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Es sei ihr trotz zahlreicher Erwerbsbemühungen nicht gelungen, eine Erwerbstätigkeit
zu finden, mit der sie ihren Lebensunterhalt sicherstellen könne. In G. habe sie eine Uhrmacherlehre absolviert und anschließend
im Souvenirgeschäft gearbeitet, bevor sie den Antragsgegner kennengelernt habe. Diese Tätigkeit habe sie aufgegeben und sei
zu dem Antragsgegner nach Deutschland gezogen. Aufgrund der ehelichen Rollenverteilung habe sie die Betreuung und Erziehung
des gemeinsamen Kindes übernommen, während der Antragsgegner einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Wegen der langen Erwerbsabstinenz,
der hieraus resultierenden fehlenden Berufserfahrung sowie teilweise fortbestehender sprachlicher Probleme sei es ihr nicht
möglich, ihren Bedarf allein sicherzustellen.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Dinslaken vom 14.03.2014 zu Aktenzeichen 19 F 239/11 wie folgt zu entscheiden:
den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin rückständigen nachehelichen Unterhalt für die Zeit vom 01.12.2010
bis zum 31.07.2013 in Höhe von 18.368,99 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragstellung
zu zahlen;
den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin, beginnend mit dem 01.08.2013 monatlich im Voraus nachehelichen
Unterhalt in Höhe von 383,79 € monatlich fortlaufend jeweils bis zum Dritten eines jeden Monats zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und weist insbesondere darauf hin, dass die Antragstellerin qualifizierte Bemühungen
um eine Arbeitsstelle im streitbefangenen Zeitraum nicht nachgewiesen habe.
Die Akten des Verfahrens II-8 UF 165/15 (OLG Düsseldorf) und des Scheidungsverfahrens (Amtsgericht Dinslaken, Aktenzeichen 15 F 428/07) sind zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden.
II.
Die Beschwerde hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
1.Die Antragstellerin hat für die Geltendmachung der Unterhaltsansprüche für die Zeit von Dezember 2010 bis Februar 2013 ihre
Aktivlegitimation nicht verloren, weil die bis Februar 2013 darlehensweise gewährten Sozialleistungen keinen gesetzlichen
Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger bewirkt haben. Der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung
(vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2008, Az. 15 WF 239/07; Wendl / Dose - Klinkhammer, Unterhaltsrecht 9. Aufl. § 8 Rn. 238 und Wendl / Dose - Scholz § 8 Rn. 78 zur Parallelvorschrift des § 94 SGB XII), dass auch darlehensweise gewährte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einen gesetzlichen Forderungsübergang nach
§ 33 Abs. 1 SGB II bewirken, schließt sich der Senat nicht an (ebenso: Münder im Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II 3. Aufl. § 33 Rn. 13).
Zwar mag der Gesetzeswortlaut eine solche Auslegung zulassen. Eine solche Gesetzesauslegung würde jedoch dazu führen, dass
für den Unterhaltsberechtigten eine Rechtsschutzlücke entsteht, die die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen erschwert
oder sogar vereitelt.
a)
Es ist nicht davon auszugehen, dass der Sozialleistungsträger die auf ihn übergegangene Unterhaltsforderung gegenüber dem
Unterhaltspflichtigen geltend machen wird. In den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (Stand 21.12.2015), an
die die Mitarbeiter des Leistungsträgers gebunden sind, wird nämlich unter Zif. 33.13 bestimmt:
Werden Leistungen nur in Form eines Darlehens erbracht, löst diese Erbringung keinen Anspruchsübergang nach § 33 aus. Der Nachrang des SGB II wird über die Rückzahlung des Darlehens hergestellt.
b)
Würde bei dieser Sachlage die Familiengerichtsbarkeit einen Anspruchsübergang annehmen, hätte dies zur Folge, dass die Unterhaltsansprüche
weder von dem Sozialleistungsträger - wegen anderer Rechtsansicht - geltend gemacht werden, noch von dem Unterhaltsberechtigten
- wegen fehlender Aktivlegitimation - geltend gemacht werden können.
c)
Der Unterhaltsberechtigte, der seinen Lebensbedarf durch darlehensweise gewährte Leistungen gedeckt hat, müsste zunächst das
Darlehen zurückzahlen und damit trotz eines bestehenden Unterhaltsanspruchs seinen Bedarf jedenfalls vorläufig aus eigenen
Mitteln decken. Erst nach Darlehensrückzahlung könnte der Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden, da bei Annahme eines
gesetzlichen Forderungsübergangs der Unterhaltsberechtigte im Falle einer Darlehensrückzahlung die Rückübertragung des Unterhaltsanspruchs
beanspruchen könnte.
Eine solche zeitliche Verzögerung bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ist nicht nur mit dem Sinn und Zweck der
Unterhaltsgewährung nicht vereinbar, sondern belastet den Unterhaltsberechtigten auch mit dem Risiko, dass die Unterhaltsansprüche
gem. §
1585b Abs.
3 BGB oder wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind.
So muss die Antragstellerin vorliegend erst mit einer Rückforderung der darlehensweise gewährten Sozialleistungen rechnen,
nachdem eine Auseinandersetzung des auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch bestehenden Miteigentums an der in der H.-Str. in
D. gelegenen Immobilie erfolgt ist. Wann dies der Fall sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Eine Geltendmachung der
Unterhaltsansprüche wäre dann jedoch nach §
1585b Abs.
3 BGB ausgeschlossen.
Ein Übergang der Unterhaltsansprüche für die Zeit bis Februar 2013 scheidet damit aus.
2.Für die Zeit von Dezember 2010 bis Ende 2012 besteht ein rechnerischer Anspruch der Antragstellerin auf Aufstockungsunterhalt
in folgender Höhe:
a)
Der Antragstellerin, die nur in der Zeit von März bis Dezember 2013 vollschichtig gearbeitet hat sowie in der Zeit ab November
2015 vollschichtig arbeitet, ist für die übrige Zeit des streitbefangenen Zeitraums das aus einer vollschichtigen Beschäftigung
erzielbare Einkommen fiktiv zuzurechnen. Der Senat geht davon aus, dass es der Antragstellerin, die Bemühungen um eine Arbeitsstelle
nicht dargetan hat, bei hinreichend intensiver Suche möglich gewesen wäre, eine vollschichtige Tätigkeit zu finden und im
gesamten streitbefangenen Zeitraum auszuüben. Für die Bemessung des fiktiv zuzurechnenden Einkommens orientiert sich der Senat
an den von März bis Dezember 2013 tatsächlich erzielten Einkünften der Antragstellerin. Auf der Grundlage der Jahreszahlen
der Lohnabrechnung für Dezember 2013 (GA Bl. 360) errechnet sich bei einer Beschäftigungsdauer von 9 Monaten und 26 Tagen
ein monatliches Nettoeinkommen von 12.947,73 € Nettogesamteinkommen / (9 + 26/31) = (gerundet) 1.316,00 €. Wenn man unterstellt,
dass dieses Einkommen sich - verglichen mit den Einkünften aller versicherungspflichtig Beschäftigten - durchschnittlich entwickelt
hätte und eine Anpassung des Einkommens nach Maßgabe des vorläufigen Durchschnittsentgelts nach §
69 SGB IV vornimmt, errechnet sich für die Jahre 2010 bis 2013 ein bereinigtes Einkommen in folgender Höhe:
Das Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit, das die Antragstellerin von März bis Dezember 2013 neben ihrer vollschichtigen
Tätigkeit erzielt hat, ist im Unterhaltsrechtsverhältnis zum Antragsgegner überobligatorisch und gem. §
1577 BGB nur nach Billigkeit anzurechnen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Antragstellerin im Verfahren II-8 UF 165/15 verpflichtet worden ist, auch die von März bis Dezember 2013 erzielten Nebeneinkünfte zur Zahlung von Kindesunterhalt einzusetzen,
entspricht es bei der Bestimmung des Ehegattenunterhalts der Billigkeit, einerseits das Einkommen aus der Nebentätigkeit außer
Ansatz zu lassen, im Gegenzug aber nur den Kindesunterhalt vom Einkommen der Antragstellerin in Abzug zu bringen, der ohne
die Nebentätigkeit zu zahlen gewesen wäre, also einen Betrag von 1.250,00 € (bereinigtes Einkommen) - 1.200,00 € (angemessener
Selbstbehalt) = 50,00 €.
b)
Das aus der Berechnung ersichtliche Einkommen des Antragsgegners hat der Senat auf der Grundlage der Jahressalden in den Dezemberabrechnungen
(GA Bl. 253 f., 284, 304, 322, 325) in folgender Höhe ermittelt:
c)
In Abzug zu bringen ist der Bedarf des im Haushalt des Antragsgegners lebenden Kindes der Beteiligten nach Einkommensgruppe
3 der Altersstufe zwei (ab Oktober 2014 der Altersstufe drei) der Düsseldorfer Tabelle. Bedarfsdeckend anzurechnen sind die
Unterhaltsvorschussleistungen, die für das Kind gewährt wurden. Die Unterhaltszahlungen, zu denen die Antragstellerin im Verfahren
II-8 UF 165/15 verpflichtet worden ist, fließen an den Träger der Unterhaltsvorschussleistungen und vermindern den Bedarf des Kindes nur
in den Monaten März bis Dezember 2013 um monatlich 92,00 €
d)
Weiter ist dem Antragsgegner der objektive Nettowohnwert für die im gemeinsamen Eigentum der Beteiligten stehende Immobilie,
die er gemeinsam mit der Tochter I. nutzt, zuzurechnen. Die Antragstellerin hat keine näheren Angaben zum Nettowohnwert der
Immobilie gemacht. Der Antragsgegner hat bei seiner Befragung angegeben, dass es sich bei der Immobilie um ein bebautes Hausgrundstück
mit einer Wohnfläche von 100 qm handelt und das Haus im Jahr 1965 erbaut worden sei. Die Zahlungsverpflichtung auf die zur
Finanzierung der Immobilie aufgenommen Bauspardarlehen habe zunächst 400,00 € betragen, habe sich im streitbefangenen Zeitraum
jedoch auf 330,00 € reduziert.
Die Antragstellerin ist diesen Angaben nicht entgegengetreten.
Auf der Grundlage dieser Angaben schätzt der Senat den Nettowohnwert der Immobilie auf 216,00 € in den Jahren 2010 und 2011
und auf 224,00 € in den Jahren 2012 und 2013. Grundlage der Schätzung sind die Durchschnittsmietwerte im Mietspiegel der Stadt
D. , der die qm - Miete für Wohnungen einer Größe von über 90 qm in mittlerer Lage, die von 1960 bis 1969 erbaut wurden, mit
einem Mittelwert von 4,75 € in den Jahren 2010 und 2011 und 4,82 € in den Jahren 2012 und 2013 beziffert. Die Mietwerte sind
jeweils um 15 % auf 5,46 € bzw. 5,54 € zu erhöhen, weil es sich bei der von dem Antragsgegner bewohnten Immobilie um ein Reiheneckhaus
handelt, bei dem die Möglichkeit der Gartennutzung unterstellt werden kann. Bei einer Wohnfläche von 100 qm errechnet sich
nach Abzug der Finanzierungskosten ein objektiver Wohnwert von 546,00 € - 330,00 € = 216,00 € bis Dezember 2011 und 554,00
€ - 330,00 € = 224,00 € von Januar 2012 bis Dezember 2013.
e)
In der Zeit ab 2014 besteht weiter ein rechnerischer Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Der Antragsgegner hatte im Jahr 2014
ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.234,66 €; im Jahr 2015 sind seine monatlichen Einkünfte auf durchschnittlich
2.763,30 € gestiegen. Unterhaltsmindernd wirkt sich der Wegfall der Unterhaltsvorschussleistungen im Oktober 2014 sowie der
Wechsel des Kindes in die dritte Altersstufe aus. Auf eine Darstellung der Berechnung wird im Hinblick auf die nachfolgenden
Ausführungen verzichtet.
3.Der Unterhaltsanspruch ist bis zum 31.12.2012 zu befristen und zusätzlich für die Zeit von Januar bis Dezember 2012 auf
300,00 € herabzusetzen, weil eine weitergehende Unterhaltsverpflichtung i.S.d. §
1578b Abs.
1 und
2 BGB unbillig wäre.
Ehebedingte Nachteile hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargetan. Sie trägt nicht vor, dass sie sich um einen Wiedereinstieg
in ihren gelernten Beruf überhaupt bemüht hat oder aus welchem Grund dies von vornherein aussichtslos wäre. Zudem ist nicht
ersichtlich, dass die Antragstellerin ohne die Ehe ein höheres Einkommen erzielen könnte, zumal ihre Entscheidung, bereits
in G. nicht in dem gelernten Beruf als Uhrmacherin, sondern im Souvenirhandel zu arbeiten, nicht ehebedingt war.
Aus dem Versicherungsverlauf des Antragsgegners ist ersichtlich, dass dieser in den beiden der Eheschließung vorausgehenden
Jahren ein Einkommen erzielte, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung zu einem Anrechtserwerb in Höhe von 1,4940 Entgeltpunkten
bzw. 1,7371 Entgeltpunkte führte. Während der Ehezeit sank sein beitragspflichtiges Einkommen auf ein Niveau unter 1,4 Entgeltpunkten.
Im Ergebnis ist deshalb die Feststellung gerechtfertigt, dass die derzeit bestehenden Einkommensdifferenzen auf Unterschieden
im Qualifikationsniveau der Beteiligten beruhen, die bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden waren.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Ehe bis zur Zustellung des Scheidungsantrages rund 10 1/2 Jahre dauerte und
damit allenfalls von leicht überdurchschnittlicher Dauer war. Zugunsten der Antragstellerin fällt ins Gewicht, dass der Antragsgegner
nach Trennung und Scheidung durch Unterhaltspflichten nur im geringen Umfang belastet war. Zugunsten des Antragsgegners ist
zu berücksichtigen, dass dieser nach Trennung und Scheidung einen weit überdurchschnittlichen Beitrag zur Betreuung und Versorgung
der gemeinsamen Tochter geleistet hat. Neben der Betreuung des Kindes in seinem Haushalt seit September 2008 ist er zudem
gezwungen, den finanziellen Bedarf des Kindes jedenfalls weit überwiegend zu decken, weil die Kindesmutter jedenfalls bis
Februar 2013 in ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt war und bisher keinen Beitrag zum Unterhalt des Kindes geleistet hat.
Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich hieran grundsätzlich etwas ändern wird. Ob künftig Unterhaltsansprüche des Kindes
gegen die Antragstellerin durchsetzbar sind, erscheint zweifelhaft.
Nach Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte hält der Senat insgesamt eine zeitnahe Befristung, verbunden mit einer
Herabsetzung der Unterhaltshöhe im letzten Jahr der Unterhaltsverpflichtung auf 300,00 € für geboten.
Es errechnet sich somit ein Unterhaltsanspruch von 1 x 442,00 € (für Dezember 2010) + 12 x 485,00 € (für das Jahr 2011) +
12 x 300,00 € (für das Jahr 2012) = 9.862,00 €.
III.
Es besteht kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 01.03.2016
unter Vorlage aussagefähiger Belege behauptet, dass die Antragstellerin Teile ihrer laufenden Einkünfte verschwiegen hat.
Dass sie auch in dem Zeitraum bis Ende 2012, in dem Unterhalt zugesprochen wurde, unvollständige Angaben zu den damals erzielten
Einkünften gemacht hat, wird nicht behauptet und ist auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar.
Die Begründetheit des zugesprochenen Zinsanspruchs, beantragt für die Zeit "ab Antragstellung", also dem Eingang des erstinstanzlichen
Leistungsantrags bei Gericht (Bl. 77 der Gerichtsakte), folgt aus §§
288 Abs.
1,
286 Abs.
2 Nr.
1,
247 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit folgt aus § 116 FamFG.
IV.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Rechtsfortbildung geboten,
da die Rechtsfrage, ob die darlehensweise Gewährung von Sozialleistungen zum gesetzlichen Übergang bestehender Unterhaltsansprüche
führt, in obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt wird. Hierzu reicht es aus, die Rechtsbeschwerde
für den Unterhaltszeitraum zuzulassen, in dem der Antragsgegner durch die vorliegende Entscheidung zur Unterhaltszahlung verpflichtet
worden ist.
Im Umfang der Zurückweisung der ab Januar 2013 geltend gemachten Unterhaltsansprüche besteht für die Zulassung der Rechtsbeschwerde
kein Anlass.