OLG Köln, Urteil vom 29.09.1987 - 4 UF 125/87
c. Verwendung von Schmerzensgeld zur Finanzierung der Prozeßkosten (Abs. 2)
(c) ist unzumutbar;
Fundstellen: DRsp IV(409)246c, FamRZ 1988, 95
Normenkette:
BSHG § 76 Abs.2, § 77 Abs.2, § 88 Abs.2, Abs.3
,
ZPO § 115 Abs.1, Abs.2
»... Der Bedürftigkeit steht nicht entgegen, daß der Bekl. im Sommer 1987 durch Urteil des OLG Köln Schmerzensgeld in Höhe von 25 000 DM zugesprochen erhalten hat. Dieses Schmerzensgeld wird für die Spätfolgen eines Verkehrsunfalls gezahlt, den der Bekl. 1972 erlitten hat und der zu einer Erwerbsminderung von 50 % und zu einem epileptischen Anfallsleiden geführt hat. In der Rechtspr. und Literatur ist allerdings umstritten, ob Schmerzensgeld zum einsatzpflichtigen Vermögen i. S. des § 115 Abs. 2 ZPO gehört (für Einsatzpflicht: OLG Bremen, NJW 1957, 1931; OLG Karlsruhe, NJW 1959, 1373; LG Dortmund, VersR 1974, 503 .. gegen Einsatzpflicht: OLG Celle, NJW 1968, 111; OLG Düsseldorf, VersR 1974, 391; KG, VersR 1979, 869; OLG Hamm, AnwBl 1981, 72 ..). Eine ausdrückliche gesetzl. Regelung fehlt, denn § 115 Abs. 2 ZPO verweist zum Einsatz des Vermögens nur auf § 88 BSHG, dort ist aber das Schmerzensgeld Ä im Gegensatz zu § 77 Abs. 2 BSHG Ä nicht als »Schonvermögen« aufgeführt.
Es muß daher geklärt werden, ob der Einsatz des Schmerzensgeldes i. S. des § 115 Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO zumutbar ist. Zur näheren Bestimmung der Zumutbarkeit kann dabei auf die gesetzl. Regelung in § 115 Abs. 1 ZPO, die den Einsatz des Einkommens betrifft, zurückgegriffen werden. Insoweit ist überwiegend anerkannt, daß bei der näheren Bestimmung des einsatzpflichtigen Einkommens nicht nur auf den ausdrücklich erwähnten § 76 Abs. 2 BSHG, sondern auf
§ 76 Abs. 1 BSHG und die Verordnung zur Durchführung des § 76 Abs. 1 BSHG zurückgegriffen werden kann .., wenn auch diese Regelungen für das PKH-Recht keine bindende Anweisung darstellen.«
Indes sei in § 76 Abs. 2 BSHG ausdrücklich geregelt, daß die Grundrente, die eine ähnliche Funktion wie das Schmerzensgeld habe, nicht zum Einkommen i. S. des BSHG zähle. Da die PKH [Prozeßkostenhilfe], obwohl in § 27 BSHG nicht aufgeführt, der Sache nach einer Sozialhilfeleistung in einer besonderen Lebenslage entspreche, sei bei der Ausfüllung des Zumutbarkeitsbegriffs in § 115 Abs. 2 ZPO die gesetzgeberische Entscheidung für die Nichtanrechnung zu berücksichtigen. Das gleiche gelte für § 77 Abs. 2 BSHG, denn die zum Einkommen zählende Schmerzensgeldrente sei im Sozialhilferecht nicht einsatzpflichtig. Das gelte aber auch für eine Schmerzensgeld-Kapitalzahlung. Zwar erfasse § 77 Abs. 2 BSHG nur das Einkommen und § 88 Abs. 2 BSHG erwähne das Schmerzensgeld nicht. Der Einsatz sei aber regelmäßig als besondere Härte nach § 88 Abs. 3 BSHG ausgeschlossen, weil es lediglich auf die zufällige Gestaltung ankomme, ob ein Kapitalbetrag oder eine laufende Rente gezahlt wird. Der Funktion nach sei auch der Kapitalbetrag auf die Dauer der Beeinträchtigung zu verteilen und solle laufenden Ausgleich bieten.
»Die Besonderheiten des PKH-Rechts rechtfertigen keine andere Beurteilung, auch nicht eine Prüfung, ob im Einzelfall wegen der Höhe des Schmerzensgeldes ein Teil davon zumutbarerweise angesetzt werden kann (so aber Lemcke-Schmalzl/Schmalzl, aaO.). ...«