OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.12.1987 - 12 A 120/87
Verwaltungsrechtsweg für die Klage, mit der ein Arzt aufgrund der Kostenübernahmeerklärung eines Sozialhilfeträgers Kosten für die Behandlung eines. Sozialhilfeempfängers geltendmacht.
Fundstellen: DRsp V(556)219b, DÖV 1988, 741
Normenkette:
BSHG § 28, § 37 Abs.2
,
VwGO § 40
»Die Auffassung des Senats, daß es sich bei der [die ärztlichen Behandlungskosten für einen Sozialhilfeempfänger betreffenden] Kostenübernahmeerklärung der Kreisverwaltung [Sozialhilfeträger] um eine dem öffentl. Recht zuzuordnende Willenserklärung handelt, gründet sich maßgeblich auf die Urteile des BSG .. (BSGE 51, 108) und des BGH .. (BGHZ 89, 250). In diesen Urteilen haben beide Gerichte übereinstimmend entschieden, daß für Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Krankenhausträger von der gesetzl. Krankenkasse aufgrund deren Kostenübernahmeerklärung die Kosten für die Behandlung eines Kassenpatienten einklagt, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist, weil diese Rechtsstreitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur sind. Die für diese Auffassung maßgeblichen und in den zitierten Urteilen überzeugend dargelegten Gründe, die sich der Senat zu eigen macht, gelten auch für die Qualifizierung der der vorliegenden Zahlungsklage zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse, die zwischen den Ärzten und der Kreisverwaltung als Sozialhilfeträger im Rahmen des § 37 BSHG bestehen .. . Hiernach ergibt sich der öffentlich-rechtliche Charakter der Rechtsverhältnisse zwischen der Kreisverwaltung und den behandelnden Ärzten hinsichtlich deren Honoraransprüchen aus folgenden Erwägungen:
I. d. R. kommen öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen zustande, wenn an ihnen ein Hoheitsträger aufgrund besonderer, speziell ihn berechtigender oder verpflichtender Rechtsvorschriften beteiligt ist. Dabei wird mit dem Begriff des Hoheitsträgers nicht eine übergeordnete Stellung .. betont, sondern die Eigenschaft als hoheitlicher Träger einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe .. . Die Kreisverwaltung ist vorliegend mit der Kostenübernahmeerklärung aufgrund der gerade sie verpflichtenden öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 37 BSHG tätig geworden. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung hat sie Kranken, die in finanzieller Hinsicht i. S. des § 28 BSHG bedürftig sind, Krankenhilfe zu leisten. Nach § 37 Abs. 2 BSHG umfaßt diese Krankenhilfe u. a. auch die ärztliche Behandlung. Da die Kreisverwaltung die Krankenhilfe im Falle ambulanter Behandlung in Form sachlicher Hilfe, nämlich durch die Einschaltung von Ärzten, gewährt .., beinhalten die Ausstellung des Krankenbehandlungsscheins und die Zusicherung der Kostenübernahme die Maßnahmen, die sie zur Erfüllung ihres gesetzl. Auftrages zu treffen hat .. .
Der öffentlich-rechtliche Charakter der Kostenübernahmeerkläruog wird nicht deshalb in Frage gestellt, weil die Kreisverwaltung nur gegenüber Frau K. als Sozialhilfeempfängerin gemäß § 37 BSHG, nicht aber gegenüber den Ärzten öffentlich-rechtlich verpflichtet war. Denn das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen der Kreisverwaltung und Frau K. prägt auch das Verhältnis zwischen der Kreisverwaltung und den Ärzten. Aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung gegenüber Frau K. ist die Kreisverwaltung auch gegenüber den Ärzten bei der Abgabe der Kostenübernahmeerklärung ersichtlich als Trägerin ihrer öffentl. Aufgaben im Bereich der Sozialhilfe aufgetreten. ... Auch die Tatsache, daß das im Rahmen der Krankenhilfe nach § 37 BSHG zustande kommende Behandlungsverhältnis zwischen dem Arzt und dem Patienten (Hilfeempfänger) wohl zivilrechtlicher Art ist (so für das Behandlungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkassenmitglied BGH aaO.; offengelassen in BSGE 51, 108), steht der Qualifizierung des Kostenabrechnungsverhältnisses zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Arzt als öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis nicht entgegen.«
Ansprüche dieser Art könnten von Kassenärztlichen Vereinigungen in gewillkürter Prozeßstandschaft geltendgemacht werden.