Sozialhilferecht: Übernahme der Kosten eines Zahnersatzes
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Prozeßkostenhilfe zu Recht nach §
166 VwGO in Verbindung mit §
114 Satz 1
ZPO versagt. Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten keine Geldleistung zur
Deckung ihrer durch die Allgemeine Ortskrankenkasse nicht übernommenen Kosten ihres Zahnersatzes beanspruchen.
Einen Anspruch auf Krankenhilfe nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 BSHG hat die Klägerin nicht. Grundvoraussetzung für eine Hilfegewährung ist in der Regel - worauf das Bundesverwaltungsgericht
erst kürzlich im Urteil vom 30. April 1992 - 5 C 12.87 - in DVBl 1992, 1479 hingewiesen hat -, daß noch ein Bedarf besteht. War ein Bedarf zwar entstanden, ist er inzwischen aber behoben worden, so
kann keine Sozialhilfe gewährt werden (für das Recht der Kriegsopferfürsorge: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05. Dezember
1991 - 5 C 26.86 - in Buchholz, 436.7 § 26 BVG Nr. 11 = FEVS 42, 358). Ein Fall dieser Art ist hier gegeben. Nach § 37 Abs. 1 BSHG wird Krankenhilfe an Kranke gewährt. Die Klägerin ist nicht mehr krank, jedenfalls nicht in der Weise, daß sie auf einen
Zahnersatz angewiesen ist. Den Zahnersatz, der wohl bei der Klägerin erforderlich war, hat sie bereits erhalten, wie der Rechnung
des Zahnarztes Dr. M. R.... vom 01. Juni 1990 entnommen werden kann.
Wie das Bundesverwaltungsgericht in dem angeführten Urteil vom 30. April 1992 unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung
ausgeführt hat, kommen Ausnahmen vom Erfordernis eines tatsächlich (fort-) bestehenden Bedarfs in Eilfällen, also dann in
Frage, wenn dem Hilfesuchenden wegen der Dringlichkeit des Bedarfs nicht zuzumuten war, mit der Befriedigung des Bedarfs bis
zur Entscheidung über die in Rede stehende Sozialleistung zu warten. Auch in diesen Fällen an dem Erfordernis eines tatsächlich
(fort-) bestehenden Bedarfs anzuknüpfen, würde - worauf das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen hat - dem Anspruch des Hilfesuchenden
auf die Effektivität seines Rechtsanspruchs auf Sozialleistungen und des sich möglicherweise an das Verwaltungsverfahren anschließenden
gerichtlichen Rechtsschutzes zuwiderlaufen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Befriedigung des Bedarfs für den Hilfesuchenden
"kostenlos" erfolgt ist. Sind dem Hilfesuchenden aber bei der Behebung der Notlagen Kosten in Form von Schulden entstanden,
so gebietet es die Effektivität der Rechtsgewährung, daß Sozialhilfe trotz des Wegfalls des Bedarfs gewährt wird, und zwar
in der Weise, daß anstelle der Geld- oder Sachleistung zur Deckung des ursprünglichen Bedarfs eine - nach der Rechtsprechung
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. April 1992, aaO und Senatsbeschluß vom 05. März 1990 - 12 E 4/90 -) in der Regel nicht mögliche - Übernahme der Schulden oder Geldleistung zum Zwecke der Schuldentilgung tritt.
Auf diese Ausnahme von der Regel, daß die Gewährung von Sozialhilfe das Bestehen eines Bedarfs voraussetzt und daß eine Schuldentilgung
im Wege der Sozialhilfe nur in den im Gesetz ausdrücklich geregelten Fällen möglich ist, kann sich die Klägerin nicht berufen.
Bei ihr lag kein Eilfall vor. Ihr Zahnersatz war nicht so dringend, daß er vor der Entscheidung im Sozialhilfeverfahren gefertigt
werden mußte und der Klägerin ein Zuwarten unzumutbar war.
Dies wird von der Klägerin selbst auch nicht behauptet. Sie beruft sich allein darauf, daß eine frühere Unterrichtung des
Beklagten deshalb unterblieben sei, weil ihr die Erforderlichkeit dieser Unterrichtung nicht bekannt gewesen sei. Dies ist
aber unerheblich. Die Unkenntnis der Rechtslage rechtfertigt kein Abweichen von den genannten sozialhilferechtlichen Grundsätzen.
Ebensowenig wie ein Hilfesuchender beispielsweise keine Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt für die Vergangenheit mit der Begründung
verlangen kann, daß er von der Möglichkeit, Sozialhilfe zu beanspruchen, keine Kenntnis gehabt habe, kann er mit dieser Begründung
eine einmalige Sozialhilfe für einen bereits gedeckten Bedarf beanspruchen. Bei dieser Rechtslage kommt es nicht auf die Frage
an, ob die Unkenntnis der Klägerin überwindbar war. Dafür spricht, daß es der Klägerin vor der Inanspruchnahme der mehrere
tausend DM kostenden zahnärztlichen Leistung durchaus zumutbar war, sich über die Möglichkeit, diese Kosten aufzubringen,
zu informieren.
Der Hilfsantrag der Klägerin, die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten, hat bereits deshalb keine hinreichende Erfolgsaussichten,
weil der Beklagten bei der Entscheidung über den Sozialhilfeantrag der Klägerin, insbesondere auch bei der Frage, ob von den
genannten sozialhilferechtlichen Grundsätzen eine Ausnahme zu machen ist, kein Ermessen zustand, so daß eine Aufhebung des
angefochtenen Ablehnungsbescheides wegen eines Ermessensfehlers nicht in Betracht kommt.