Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz in Form von Geld- anstatt von Sachleistungen.
Der Antragsteller ist kamerunischer Staatsangehöriger. Am 2. Juli 1992 stellte er in der Bundesrepublik Deutschland einen
Asylantrag, über den noch nicht unanfechtbar entschieden ist. Er besitzt eine Aufenthaltsgestattung nach dem
Asylverfahrensgesetz und ist in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber im Gebiet des Antragsgegners untergebracht.
Diese wurden ihm ab Januar 1994 in Form von Sachleistungen im Geldwert von insgesamt DM 382,50 sowie von Geldleistungen in
Höhe von DM 113,50 entsprechend Ziffer 5.2.3 einer Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung
des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 17. Januar 1994 gewährt.
Mit Schreiben vom 18. April 1994 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Gewährung der Hilfe vollständig in Form
von Barleistungen. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden.
Am 20. April 1994 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Leipzig einstweiligen Rechtsschutz begehrt mit dem Ziel, den
Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm als Geldleistungen ungekürzte Regelsätze in der nach
dem Bundessozialhilfegesetz geltenden Höhe einschließlich Kleidergeldpauschalen und Mehrbedarfszuschläge zu gewähren. Zur Begründung hat er vorgetragen,
daß er zum Personenkreis des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AsylblG gehöre und ihm deshalb der ihm zustehende Regelbedarf, Mehrbedarf und
die Kleidungshilfen gemäß § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2
BSHG regelmäßig als Geldleistung zu erbringen seien. Die Lebensmittelpakete, die er erhalte, enthielten einiges im Übermaß, anderes
aber zu wenig oder gar nicht. Die Gewährung der Hilfe als Sachleistungen empfinde er als diskriminierende Bevormundung. Der
Antragsgegner hat geltend gemacht, daß er für die Hilfe nicht zuständig und daher nicht passivlegitimiert sei. Soweit Leistungen
rückwirkend gefordert würden, habe der Antragsteller die Hilfe, wenn auch teilweise als Sachleistungen, in Höhe der geltenden
Regelbedarfssätze erhalten. Hinsichtlich künftiger Leistungen sei die Sache nicht eilbedüftig, da der Antragsteller die notwendige
Hilfe weiterhin erhalte. Die Gewährung von Sachleistungen sei auch deshalb rechtmäßig, da es ansonsten zu Spannungen unter
den Asylbewerbern innerhalb derselben Asylunterkunft käme. Im übrigen erfolge die Erbringung der Leistungen in entsprechender
Anwendung der Bestimmungen des BSHG Über Hilfeempfänger in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung.
Mit Beschluß vom 2. Juni 1994 hat das Verwaltungsgericht Leipzig den Antrag im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt,
der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er gehöre zu den Leistungsberechtigten des § 1 Abs.
1 AsylblG, auf die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AsylblG die Vorschriften des BSHG entsprechende Anwendung fänden. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Hilfe zum Lebensunterhalt
unter Berücksichtigung der § 1 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 Satz 1 BSHG im Regelfall in Form von Geldleistungen zu erbringen. Der Sozialhilfeträger könne die Hilfe aber ausnahmsweise in anderer
Form leisten, wenn besondere Umstände dies rechtfertigten.
Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall gegeben, da der Antragsteller in einer Gemeinschaftsunterkunft nach dem
Asylverfahrensgesetz untergebracht sei. Soweit dem Antragsteller Energie sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts als Sachleistungen
gewährt würden, sei dies nicht zu beanstanden, da der Energieverbrauch sowie die Nutzung des gemeinschaftlichen Hausrats für
alle Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft insgesamt abgerechnet werden würden.
Auch die Gewährung von Lebens- und Hygienemitteln in Form von Sachleistungen halte sich im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden
Ermessens, da die Erbringung von Geldleistungen zu unterkunftsinternen Konflikten zwischen den einzelnen Gruppen der Asylbewerber
führen könnte. Eine Trennung dieser Gruppen sei mit erheblichen Mehrkosten verbunden.
Einen konkreten Kleidungsbedarf oder Mehrbedarf habe der Antragsteller nicht geltend gemacht. Da der Antrag somit nicht begründet
sei, könne dahingestellt bleiben, ob der Antragsgegner passivlegitimiert sei.
Hiergegen hat der Antragsteller am 12. Juli 1994 Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht
davon ausgegangen, daß der Antragsgegner sein Ermessen ausgeübt habe. Die Unterbringung des Antragstellers in einer Gemeinschaftsunterkunft
mit Leistungsberechtigten, die Sachleistungen nach § 3 AsylblG erhielten, rechtfertigten keine Abweichung von dem Grundsatz
der Geldleistungsverpflichtung.
Eine Gleichbehandlung der Asylbewerber, die unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 AsylblG fielen, mit den übrigen Asylbewerbern
widerspreche dem Regelungsinhalt und Ermächtigungszweck dieser Bestimmung. Der Anordnungsgrund für den Erlaß der einstweiligen
Anordnung liege in der ernsthaften Gefahr, daß der Anspruch auf Geld- anstatt Sachleistungen im Hauptsacheverfahren nicht
mehr zugesprochen werden könne, wenn der Antragsteller bis dahin Sachleistungen erhalten habe. Der Antragsgegner sei auch
passivlegitimiert. Die Aufgabe der Sozialhilfe sei eine originäre Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise. Die Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes regele nicht die Übertragung
neuer Aufgaben auf den Landkreis, sondern stelle eine Verfahrensregelung hinsichtlich des Asylbewerberleistungsgesetzes dar.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluß des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 2. Juni 1994 aufzuheben und den Antragsgegner
im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab 1. Mai 1994 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt
in Form von Geldleistungen in der nach dem BSHG geltenden Höhe, hilfsweise reduziert um 9,5 v. H., hilfsweise als Darlehen, zu gewähren, 2. dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe
zu gewähren und Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte unentgeltlich beizuordnen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt darüber hinaus aus, daß ihm die Passivlegitimation fehle. Eine
Übertragung von Aufgaben auf die Landkreise sei nur durch und nicht auch aufgrund von Gesetzen zulässig. Die Durchführungsverordnung
zum
Asylbewerberleistungsgesetz verstoße insoweit gegen §
2 Abs.
2 SächsLkrO und Art. 85 Sächs Verf. Asylbewerber fielen auch nicht in den Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes, so daß sich die Zuständigkeit
nicht etwa aus dem Sächsischen Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz ergebe.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat es zwar zu Recht abgelehnt,
den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller für die Zeit bis zum Erlaß der einstweiligerf Anordnung vorläufig Hilfe
zum Lebensunterhalt in Form von Geldleistungen zu gewähren. Von diesem Zeitpunkt ab hätte es dem Antrag aber in dem im Tenor
genannten Umfang stattgeben müssen.
1. Soweit der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung Hilfe zum Lebensunterhalt in Form Barleistungen für die Zeit
ab dem 1. Mai 1994 bis zum Tag der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung begehrt, ist der Antrag unbegründet.
Es fehlt insoweit an einem Anordnungsgrund gemäß §
123 Abs.
3
VwGO i.V.m. §
920
ZPO. Für diesen Zeitraum ist davon auszugehen, daß der Antragsteller die Hilfe in Form von Sachleistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz erhalten hat. Unter diesen Umständen ist der Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Abwendungen wesentlicher Nachteile aber
nicht mehr notwendig. Denn die in der Vorenthaltung von Geldleistungen liegende Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts
des Antragsstellers ist bereits eingetreten. Etwaige durch in der Vergangenheit gewährte Sachleistungen erlittene Nachteile
können nachträglich nicht mehr beseitigt werden.
Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist aber nur zur Vermeidung künftig zu erwartender Nachteile geboten. Sind diese bereits
eingetreten, ist für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wege des §
123
VwGO kein Raum mehr (so auch BayVGH, Beschl. v. 11.4.1994, NVWZ - Beilage 1994, 36, 37; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.9.1994 - 6 S 2074/94 - S. 3).
2. Für den Zeitraum von 6 Monaten ab Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, daß
ihm ein Recht auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von Geldleistungen in Höhe von insgesamt DM 420,- monatlich
zusteht.
a) Dem Erlaß einer einstweiligen Anordnung steht insoweit nicht entgegen, daß der Antragsteller mit seinem Rechtsschutzziel
die - auch nur vorläufige - Vorwegnahme der Hauptsache begehrt. Zwar darf das Gericht entsprechend dem Wesen und Zweck der
einstweiligen Anordnung im Rahmen des Verfahrens nach §
123
VwGO grundsätzlich nicht das gewähren - sei es auch nur auf beschränkte Zeit oder unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache,
was der Antragsteller in dem Hauptsacheverfahren erreichen könnte (Kopp,
VwGO, 9. Aufl. 1992, §
123 RdNr. 13 m.w.N.; SächsOVG, Beschl. v. 17.4.1994 - 2 S 230/94 -). Im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art.
19 Abs.
4
GG gilt dieses Verbot der (auch nur vorläufigen) Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung aber ausnahmsweise dann nicht, wenn
eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, insbesondere wenn ohne sie
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragsteller entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung
die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Kopp,
VwGO, aaO., RdNrn. 13 und 15; BVerfG, Beschl. v. 25.10.1988, NJW 1989, 827 und Beschl. v. 19.10.1977, NJW 1978, 693). Ein solcher unwiderbringlicher Rechtsverlust wäre im vorliegenden Fall aber gegeben, da mit dem Verbrauch der anstatt von
Geldleistungen bis zum rechtskräftigen Abschluß des Hauptsacheverfahrens fälschlich gewährten Sachleistungen in Folge der
hierdurch eintretenden Bedarfsdeckung der Rechtsanspruch des Antragstellers auf Hilfegewährung in Form von Barleistungen erlöschen
würde (vgl. BayVGH, Beschl. v. 11.4.1994, aaO., S. 37; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.4.1994, NVWZ - Beilage 1994, 34, 36).
b) Weiterhin steht dem Erlaß der einstweiligen Anordnung nicht entgegen, daß es sich bei der Entscheidung nach § 4 Abs. 2
BSHG, auf den sich der Antragsteller beruft, um eine Entscheidung handelt, die im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde
liegt. Denn jedenfalls ist auch im Rahmen von Ermessensentscheidungen der Erlaß einer einstweiligen Anordnung dann möglich,
wenn angesichts der besonderen Umstände des Falles nur eine bestimmte Entscheidung ermessensgerecht ist (sogenannte "Ermessensreduktion
auf Null", vgl. Kopp,
VwGO, aaO., §
123 RdNr. 12). Dies wird aber vom Antragsteller gerade geltend gemacht, indem er seinen Antrag ausschließlich auf einen Geldleistungsanspruch
stützt (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.4.1994, aaO., S. 36).
c) Der Antragsgegner ist für die Entscheidung über die Gewährung der Hilfe nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz im vorliegenden Fall zuständig und damit passivlegitimiert.
Die sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners ergibt sich aus § 10 des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen a n Asylbewerber
vom 30. Juni 1993 (BGBl. I S. 1074) - AsylblG i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des
Innern zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 22.12.1993 (SächsGVBl.1994, S. 100) - DVAsylblG -. Danach sind
die aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung bestimmten Landratsämter (als Behörden der Landkreise, vgl. § 1 Abs. 4 SächLkrO)
zuständig, wenn und soweit Leistungen der Unterkunft einschließlich Heizung, Ernährung, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des
Haushalts und Mittel zur Gesundheits- und Körperpflege nicht als Sachleistungen erbracht werden können. Nicht als Sachleistungen
erbracht werden können Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz auch dann, wenn Sachleistungen aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen rechtlich nicht zulässig sind, wie dies in den Fällen
des § 2 Abs. 1 AsylblG unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Die Zuständigkeitsbestimmung des § 1 Abs. 2 Satz 2 DVAsylblG verstößt entgegen der Auffassung des Antragsgegners weder gegen
die verfassungsrechtliche Bestimmung des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf noch gegen die einfachgesetliche Regelung des § 2
Abs. 2 SächsLkrO. Beide Vorschriften sehen vor, daß den Landkreisen bestimmte Aufgaben zur Erledigung durch Gesetz übertragen
werden können. Die Formulierung "durch Gesetz" legt nach ihrem Wortlaut zwar nahe, daß eine Aufgabenzuweisung grundsätzlich
nur durch ein förmliches vom Landesgesetzgeber erlassenes Gesetz und nicht schon durch jede abstrakt-generelle materielle
Regelung, wie Rechtsverordnungen oder Satzungen, erfolgen kann. Inwieweit hier der Gesetzeswortlaut eine Schlußfolgerung auf
die zulässige Rechtsform einer Aufgabenübertragung zuläßt (vgl. hierzu SächsVerfGH1 Urt. v. 21.7.1994 - Vf. 1-VIII-93, S.
4 f.), kann im vorliegenden Fall jedoch offen bleiben. Denn selbst wenn Art. 85 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf und § 2 Abs. 2 SächsLkro
eine Beschränkung ausschließlich auf förmliche Gesetze vorsehen würden, wäre das Sächsische Staatsministerium des Innern bei
Erlaß der Durchführungsverordnung zum
Asylbewerberleistungsgesetz hieran nicht gebunden gewesen. Denn die bundesgesetzliche Bestimmung des §
10 AsylblG enthält die Ermächtigung des Bundesgesetzgebers an die Exekutive des betreffenden Landes, die Durchführung der Aufgaben
nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz im Wege einer Rechtsverordnung im Sinne des Art.
80 Abs.
1
GG auf die zuständigen Behörden zu übertragen und beseitigt damit gemäß Art.
31
GG insoweit die Bindung der Landesexekutive an möglicherweise entgegenstehende Bestimmungen der Landesverfassung und des sonstigen
Landesrechts (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.6.1968, BWVBl. 1968, 184, 186). Daß Rechtsverordnungen von Landesorganen, die auf einer bundesgesetzlichen
Ermächtigung gemäß Art.
80 Abs.
1 Satz 1
GG beruhen, Landesrecht sind und die Landesorgane bei Erlaß solcher Rechtsverordnungen grundsätzlich von der Beachtung der Landesverfassung
und der Landesgesetze nicht frei sind (BVerfG, Beschl. v. 23.3.1965, BVerfGE 18, 407, 419), steht dem nicht entgegen. Dieser Grundsatz berührt nämlich im vorliegenden Fall nicht die Form der nach § 10 AsylblG erlassenen Rechtsverordnung. Denn die Bindung des Verordnungsgebers an Landesrecht kann gemäß Art.
31
GG nur insoweit bestehen, als nicht der Bundesgesetzgeber selbst eine ausdrückliche vorrangige Regelung in Bezug auf einen bestimmten
Gegenstand getroffen hat, wie bei § 10 AsylblG hinsichtlich der Form der Regelung der Aufgabenübertragung durch Rechtsverordnung gemäß Art.
80 Abs.
1
GG. Im übrigen sieht § 123 Abs.
3 SächsGemO, der auch im Rahmen der Sächsischen Landeskreisordnung Anwendung findet (vgl. § 65 Abs. 2 SächsLkrO), ausdrücklich
die Übertragung von Pflichtaufgaben auf kommunale Gebietskörperschaften im Wege einer aufgrund einer auf einer bundesgesetzlichen
Ermächtigungsnorm beruhenden Rechtsverordnung im Sinne des Art.
80 Abs.
1
GG vor. Diese Bestimmung macht deutlich, daß der Landesgesetzgeber selbst davon ausgeht, daß eine Aufgabenübertragung durch
Rechtsverordnung im Sinne des Art.
80 Abs.
1
GG möglich und zulässig ist, obwohl § 2 Abs. 2 SächsGemO, wie auch die entsprechende Bestimmung des § 2 Abs. 2 SächsLkrO, vorsieht, daß eine Übertragung von Pflichtaufgaben
"durch Gesetz" zu erfolgen hat (vgl. Gern, Sächsisches Kommunalrecht, München 1994, RdNr. 252; Quecke/Schmid, Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen, Stand 1994, G § 2 RdNr. 47; Kunze/Bronner, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Aufl. 1989, § 2 RdNr. 26).
d) Rechtsgrundlage für den Anspruch des Antragstellers bildet § 2 Abs. 1 Nr. 1 AsylblG i.V.m. §§ 4 Abs. 2, 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG.
Der Antragsteller gehört zu den Leistungsberechtigten im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 1 AsylblG. Daß die
Voraussetzungen dieser Vorschriften gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der Antragsteller ist nach
den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Ausländer, der sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhält und eine Aufenthaltsgestattung
nach dem
Asylverfahrensgesetz besitzt.
Über seinen Asylantrag wurde innerhalb von 12 Monaten nach Antragstellung nicht unanfechtbar entschieden. Der Antragsteller
ist auch nicht vollziehbar zur Ausreise verpflichtet.
In der Rechtsfolge ergibt sich daraus, daß hinsichtlich des Antragstellers "abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylblG das Bundessozialhilfegesetz entsprechend anzuwenden ist", § 2 Abs. 1 1. Halbsatz AsylBlG. Dies bedeutet, daß die dem Antragsteller zu gewährenden Leistungen zwar keine unmittelbaren Sozialhilfeleistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz darstellen, was durch § 120 Abs. 2
BSHG und § 9 Abs. 1 AsylblG ausdrücklich klargestellt ist. § 2 Abs. 1 1. Halbsatz AsylblG ist aber als Verweisungsvorschrift dahingehend zu verstehen, daß sich die in §§ 3 bis 7 AsylblG
genannten Leistungen nicht nach diesem Gesetz, sondern vielmehr nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes richten.
Dabei bezieht sich der Ausschluß der Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht nur auf den Umfang der Hilfe, sondern
auch auf die Art und Form der zu erbringenden Leistungen (so auch BayVGH Beschl. v. 19.1.1994, InfAuslR 1994, 151, 152; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.5.1994, NVWZ - Beilage 1994, 46). Die §§ 3 bis 7 AsylblG sind vollständig
durch die entsprechenden Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes zu ersetzen. Dieses Verständnis des § 2 Abs. 1 AsylblG
entspricht dem Wortlaut und seinem Sinn und Zweck, wie er auch der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung zu entnehmen ist
(so auch BayVGH Beschl. v. 19.1.1994, aaO.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.5.1994, aaO.). So findet sich im Gesetzesentwurf
zu § 2 AsylblG, der auf Vorschlag des Ausschusses für Familie und Senioren in den Bundestag eingebracht wurde, folgende Begründung
(BT-Drs. 12/5008, S. 15): "Für einzelne Gruppen von Leistungsberechtigten werden in einem neuen § 1 a (jetzt: § 2) Sonderregelungen
gegenüber den folgenden §§ 2 bis 6 (jetzt: §§ 3 bis 7) getroffen.
In Abs. 1 wird einleitend festgelegt, daß in diesen Fällen das Bundessozialhilfegesetz entsprechend anzuwenden ist. Die danach zu erbringenden Leistungen sind aber keine Leistungen der Sozialhilfe. Sie sind Leistungen
nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz, bestimmen sich jedoch nach den näheren Leistungsvoraussetzungen, den Bestimmungen über Art, Form und Maß der Leistung und
den einzelnen Verfahrensregelungen des Bundessozialhilfegesetzes, soweit sich aus den §§ 1 und 7 bis 11 (jetzt: §§ 1 und 8
- bis 12) des Asylbewerberleistungsgesetzes nichts anderes ergibt.
Die weitgehende Angleichung des Leistungsrechts an das Sozialhilferecht folgt der Überlegung, daß bei einem längeren Zeitraum
des Aufenthaltes und - mangels Entscheidung - noch nicht absehbarer weiterer Dauer nicht mehr auf einen geringen Bedarf abgestellt
werden kann, der bei einem in der Regel nur kurzen, vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland entsteht.
Insbesondere sind nunmehr Bedürfnisse anzuerkennen, die auf eine stärke Angleichung an die hiesigen Lebensverhältnisse und
auf bessere soziale Integration gerichtet sind."
Dementsprechend richtet sich die Hilfeform, also die Frage, ob die Hilfe in Geld- oder Sachleistungen oder auch als persönliche
Hilfe zu erbringen ist, unter Ausschluß des § 3 AsylblG nach den Bestimmungen der 5§ 4 Abs. 2, 8 Abs. 1, 22 Abs. 1
BSHG.
§ 4 Abs. 2
BSHG stellt Form und Maß der Hilfe in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde, soweit das Bundessozialhilfegesetz das Ermessen nicht ausschließt. Ein solcher Ausschluß des Ermessens liegt entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht
in den Bestimmungen der §§ 22 Abs. 1 Satz 1 und 21 Abs. 3
BSHG, aus denen sich entnehmen läßt, daß die Hilfe zum Lebensunterhalt in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen mit
Ausnahme eines angemessenen Barbetrages zur Verfügung gerade nicht als Geldleistung zu gewähren ist. Denn bei der Gemeinschaftsunterkunft
für Asylbewerber, in der der Antragsteller untergebracht ist, handelt es sich nicht um eine derartige Einrichtung. Gemeint
sind damit vielmehr gemäß § 94 Abs. 4
BSHG solche Einrichtungen, die der Pflege, Behandlung oder sonstigen im Bundessozialhilfegesetz vorgesehenen Maßnahmen oder der Erziehung dienen.
Eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber dient diesen Zwecken nicht, sondern der Unterbringung von Asylbewerbern aus
ordnungspolitischen Gründen. Mögen damit auch Maßnahmen der Fürsorge verbunden sein, so ergeben sich diese allenfalls als
Folge aus dieser Form der Unterbringung, sind aber nicht ihr vornehmlicher Zweck (BayVGH, Beschl. v. 11.4.1994, aaO., S. 38;
VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.4.1994, aaO., S. 35, OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.5.1994, aaO.).
Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 BSHG werden laufende Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen nach Regelsätzen
gewährt. Dieser Vorschrift läßt sich zwar keine Vorentscheidung des Gesetzgebers des Inhalts entnehmen, daß die Hilfe zum
Lebensunterhalt regelmäßig als Geldleistung zu gewähren ist. Im Rahmen des nach § 4 Abs. 2
BSHG eingeräumten Ermessens hat die Behörde aber alle geschriebenen und ungeschriebenen Grundsätze zu beachten, die sich aus dem
Bundessozialhilfegesetz und anderen Rechtsvorschriften ergeben. Zu diesen gehören auch § 3 Abs. 1 und 2
BSHG, wonach bei der Hilfegewährung die Besonderheiten des Einzelfalles und die Wünsche des Hilfeempfängers zu berücksichtigen
sind, sowie § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG, wonach dem Hilfeempfänger ermöglicht werden soll, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Dazu gehört,
daß dem erwachsenen Menschen die Möglichkeit gelassen wird, im Rahmen der ihm nach dem Gesetz zustehenden Mittel seine Bedarfsdeckung
frei zu gestalten. Aufgrund dieser Überlegungen hat der Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich einen Anspruch
darauf, daß ihm die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von Geld gewährt wird.
Soll die Form der Hilfegewährung gegenüber dem Hilfeempfänger abweichend von diesen Grundsätzen geregelt werden, so müssen
besondere Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Einzelfall die Abweichung zu rechtfertigen (BVerwG, Urt. v. 16.1.1986,
BVerwGE 72, 354, 356 f; vgl. auch BVerwG, Urt. 25.11.1993, Buchholz 436.0 § 22
BSHG Nr. 19 S. 24; BayVGH, Beschl. v. 11.4.1994, aaO., S. 39; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.4.1994, aaO., S. 35; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.5.1994, aaO., S. 46; OVG Brandenburg,
Beschl. v. 8.9.1994, 4 B 48/94, S. 4 ff.).
Solche eine Abweichung von der Grundregel der Geldleistungspflicht rechtfertigenden besonderen Umstände können im vorliegenden
Fall aber entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht mit der allgemeinen Gefahr unterkunftsinterner Konflikte
zwischen Asylbewerbern, die Sachleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylblG erhalten, und denjenigen, die Leistungen entsprechend den Bestimmungen des BSHG enthalten, begründet werden. Weder das
Asylbewerberleistungsgesetz noch das Bundessozialhilfegesetz sehen nach ihrer zweckrichtung vor, solchen Gefahren entgegenzuwirken oder sie zu verhüten.
Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 2 AsylblG bewußt eine Differenzierung zwischen Asylbewerbern, die die Voraussetzungen
dieser Bestimmung erfüllen, und den übrigen Asylbewerbern vorgenommen und evtl. daraus resultierende nachteilige Folgen in
Kauf genommen. Würde man wegen solcher Nachteile die vorgenommene Differenzierung zwischen den genannten Gruppen der Asylbewerber
wieder beseitigen, würde damit der gesetzgeberische Wille unterlaufen. Es ist Sache des Gesetzgebers, solche nachteiligen
Folgen durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen abzuwenden, wenn er dies wünscht. Die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen
sind klar und eindeutig auf eine differenzierende Behandlung der Asylbewerber ausgerichtet. Für eine gegenteilige Auslegung
der Gesetze ist kein Raum. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet nicht, alle Bewohner einer Asylbewerberunterkunft
gleich zu behandeln. Denn bei § 2 AsylblG handelt es sich um einen vom Gesetzgeber bewußt aufgegriffenen sachlichen Differenzierungsgrund,
der die unterschiedliche Behandlung der Asylbewerber rechtfertigt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.1.1994, aaO., S. 153).
Auch der vom Antragsgegner weisungsgemäß angewandte Entwurf für eine Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums
des Innern zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 17. Januar 1994 (nicht veröffentlicht) bietet keine rechtliche
Grundlage für eine Anwendung des Sachleistungsprinzips im vorliegenden Fall. Nach Ziffer 5.2.3 dieses Entwurfes erhalten Leistungsberechtigte
nach § 2 AsylblG, die in Gemeinschaftsunterkünften oder anderweitig untergebracht sind, Sozialleistungen in Höhe des Betrages
nach § 3 Abs. 2 AsylblG und Geldleistungen (§ 4 Abs. 2
BSHG). Die Höhe des Geldbetrages wird dabei aus der Differenz zwischen dem Betrag nach § 3 Abs. 2 AsylblG und den jeweils festgesetzten Regelsätzen nach den 22 und 23 BSHG abzüglich eines bestimmten anteiligen Betrages für Verbrauchsgüter des Haushalts errechnet. Diese Richtlinie kann das nach
§ 4 Abs. 2
BSHG eingeräumte Ermessen nicht einschränken, zumal ein sachlicher Grund für eine solche Ermessensbeschränkung aus ihr nicht hervorgeht.
Allein die Tatsache, daß es sich hierbei um eine ministerielle Richtlinie handelt, an die die untergeordnete Behörde gebunden
ist, rechtfertigt keine Abweichung von dem Grundsatz des Geldgewährleistungsanspruchs des Antragstellers. Die Richtlinie stellt
vielmehr einen Verstoß gegen § 2 AsylblG dar und ist daher für die Gerichte nicht bindend.
Eine Abweichung vom Grundsatz der Geldleistungsverpflichtung ergibt sich im vorliegenden Fall allerdings insoweit, als der
Antragsteller Leistungen des Antragsgegners, bedingt durch die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft, tatsächlich
als Sachleistungen in Anspruch nimmt. Insoweit sind Regelsatzleistungen in Geld ausgeschlossen. Der notwendige Lebensunterhalt
umfaßt gemäß § 12
BSHG besonders Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens.
Welche dieser zum notwendigen Lebensunterhalt nach § 12
BSHG gehörenden Bedarfsgruppen durch Regelsatzleistungen abgegolten sind, bestimmt sich nach der Regelsatzverordnung vom 20.7.1962 (BGBl I S. 515) in der zuletzt geänderten Fassung vom 7.10.1991 (BGBl I S. 1971) (BVerwG, Urt. v. 25.11.1993,
aaO., S. 24). Gemäß § 1 Abs. 1 RegelsatzVO umfassen die Regelsätze die laufenden Leistungen für Ernährung, hauswirtschaftlichen
Bedarf einschließlich Haushaltsenergie sowie für persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Dazu gehören die laufenden
Leistungen für die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert, für die Instandsetzung von Kleidung,
Schuhen und Hausrat in kleinerem Umfang sowie die Körperpflege und die Reinigung. Diese in § 1 RegelsatzVO genannten Bedarfe
sind nach den obigen Ausführungen in der Regel durch Geldleistungen zu decken. Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen,
daß der Antragsteller in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne des §
53
AsylVfG untergebracht ist und ihm deshalb die mit dieser Art der Unterbringung unmittelbar zusammenhängenden Mittel notwendigerweise
nur als Sachleistungen gewährt werden können. Namentlich handelt es sich dabei um die anteiligen Kosten der Haushaltsenergie
(z. B. Warmwasser, Beleuchtung, Haushaltsgeräteenergie etc.) sowie des Hausrats von geringem Anschaffungswert (§ 1 Abs. 1
Satz 2 RegelsatzVO). Eine Auszahlung von Geld hinsichtlich dieser Leistungen ist, wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt
hat, nicht möglich, da der Antragsteller ansonsten Doppelleistungen erhalten würde.
Der Senat schätzt die Höhe dieser Leistungen im Rahmen der nach §
123
VwGO gebotenen summarischen Prüfung auf 10 v. H. für die Haushaltsenergie (vgl. Ziffer 12.18. SHR, abgedruckt in: Sozialhilferecht
in Sachsen, Herausgeber: Sächsischer Landkreistag und Sächsischer Städte- und Gemeindetag) sowie 5 v. H. für Hausrat. Hieraus
errechnet sich unter Berücksichtigung des seit 1. Juli 1994 in Sachsen festgesetzen Regelsatzes für Haushaltsvorstände und
Alleinstehende in Höhe von DM 496 (veröffentlicht in: NDV 1994, S. 329) nach Abzug des anteiligen Betrages für Haushaltsenergie
von DM 49,60 und für Hausrat von DM 24,80 der Restbetrag von 421,70, abgerundet der im Tenor genannte Betrag von DM 420.
In diesem Umfang ist dem Antrag für die Zeit ab Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung stattzugeben. Der Senat beschränkt
den Geldzahlungsanspruch auf einen Zeitraum von 6 Monaten, damit gegebenenfalls späteren Änderungen der Sach- oder Rechtslage
hinreichend Rechnung getragen werden kann.
Die - Entscheidung hinsichtlich der Gewährung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts richtet sich §
166
VwGO i.V.m. S§ 114, 121 Abs.
2
ZPO-Die Kostenentscheidung beruht auf §
155 Abs.
1 und §
188
VwGO.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar, §
152 Abs.
1
VwGO.