Sozialhilferecht: Fürsorgeleistungen zur Pflege - Besitzstand nach Art. 51 PflegeVG
Tatbestand:
Der 1939 geborene Kläger ist seit 1983 aufgrund einer Querschnittslähmung schwerbehindert. Er erhält seit 1988 vom Beklagten
Pflegegeld und einmalige Beihilfen. Ab Januar 1991 erhielt er von seiner Krankenkasse häusliche Pflegehilfe in Höhe der Pauschale
von 400,-- DM nach §
57 SGB V. Von diesem Betrag rechnete der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 07.02.1991 seit 01.01.1991 monatlich 200,-- DM
auf das gewährte Pflegegeld nach dem BSHG an. Dieses betrug seinerzeit dann statt 833,-- DM nur noch 633,-- DM im Monat, bis Mitte 1995 statt 1.031,-- DM 831,-- DM.
Im Mai 1991 führte der soziale Außendienst des Beklagten beim Kläger einen Hausbesuch durch, bei dem die Notwendigkeit einer
Haushaltshilfe für den Kläger angesprochen wurde. Mit Bescheid vom 06.06.1991 gewährte der Beklagte dann ab 16.03.1991 monatlich
425,-- DM als Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG.
Ab 01.04.1995 erhält der Kläger von seiner Krankenkasse unter Wegfall der bisher gewährten 400,-- DM monatlich 1.300,-- DM
Pflegegeld nach Pflegestufe III gemäß §
37 SGB XI und pauschal 60,-- DM monatlich für Pflegehilfsmittel. Darauf stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28.08.1995 zum 01.04.1995
die Zahlung des Pflegegelds von monatlich 831,-- DM und zum 01.07.1995 die Leistungen der Haushaltshilfe von monatlich 425,--
DM ein mit der Begründung, nach § 69 BSHG gehöre zur Pflege auch die hauswirtschaftliche Versorgung Auf die Leistungen nach § 11 Abs. 3 BSHG sei daher ein Pflegegeldanteil von einem Drittel von 1.300,- DM, also 433,33 DM anzurechnen, und das bisher gewährte
Pflegegeld in Höhe von 1.031,-- plus 200,-- DM habe 69,-- DM unter dem jetzt gewährten Betrag von 1.300,-- DM gelegen.
Dagegen legte der Kläger, ''beschränkt auf die Problematik der Haushaltshilfe'', Widerspruch ein mit der Begründung, unter
dem Gesichtspunkt der Besitzstandsregelung sei es nicht korrekt, ein Drittel des Pflegegelds nach Pflegestufe III auf die
Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG anzurechnen. Die notwendige Ermessensentscheidung sei fehlerhaft durchgeführt worden.
Mit Bescheid vom 26.01.1996 wies das Landratsamt den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, seit Inkrafttreten
des Pflegeversicherungsgesetzes (PflegeVG) sowie der Neufassung der §§ 68 ff. BSHG sei eine Konkurrenz der Vorschriften des
SGB XI und der §§ 68 ff. BSHG zur Hilfevorschrift des § 11 Abs. 3 BSHG entstanden. Die Gewährung der erweiterten Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG komme nur noch dann in Betracht, wenn die notwendigen Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung über den Leistungskatalog
des §
14 Abs.
4 Nr.
4 SGB XI hinausgingen. Dies mache der Kläger aber nicht geltend. Ein Ermessen bestehe deshalb nicht mehr. Eine auf freiwilliger Basis
durchgeführte Prüfung des Besitzstands der erweiterten Hilfe habe zudem ergeben, daß der für die hauswirtschaftliche Versorgung
gedachte Teil des Pflegegelds, nämlich 1/3, die bislang nach § 11 Abs. 3 BSHG gewährte Leistung übersteige. Art. 51 PflegeVG greife nicht. Soweit der Kläger behaupte, er habe jetzt weitaus geringere Einnahmen, sei er auf seine Wahlmöglichkeit gemäß
den §§
36,
37 und
38 SGB XI zu verweisen, insbesondere auf die Möglichkeit, Pflege- und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung in Anspruch zu
nehmen oder Geld- und Sachleistungen anteilig zu kombinieren.
Gegen den ihm am 31.01.1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 29.02.1996 beim Verwaltungsgericht Stuttgart
Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, ihm weiterhin monatlich 425,-- DM zu gewähren und die Bescheide
vom 28.08.1995 und vom 26.01.1996 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen. Zur Begründung hat der Kläger sein bisheriges
Vorbringen wiederholt und ergänzend geltend gemacht, nach Inkrafttreten des PflegeVG sei keine Anspruchskonkurrenz entstanden. Die Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG sei keine Hilfe in besonderen Lebenslagen, sondern Hilfe zum Lebensunterhalt. Gemäß §
13 Abs.
3 Nr.
1-3
SGB XI könnten diese Leistungen mangels Sachgleichheit also nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Er müsse sich auch nicht auf
Sachleistungen verweisen lassen. Derzeit übernehme seine Lebensgefährtin die Pflege; sollte die beantragte Leistung nicht
bewilligt werden, sei sie aus finanziellen Gründen gezwungen, wieder berufstätig zu werden. Er müsse dann einen ambulanten
Dienst in Anspruch nehmen. Die Stundensätze für hauswirtschaftliche Hilfen lägen aber so hoch, daß bei der erforderlichen
Stundenzahl kaum noch Raum für die Grundpflege bleibe. Zu Unrecht sei auch die Besitzstandsschutzregelung des Art. 51 PflegeVG nicht berücksichtigt worden. Tatsächlich hätten sich seine Einkünfte vermindert. Die Berechnung des Beklagten gehe von falschen
Voraussetzungen aus. Sein Anspruch ergebe sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz; andere Landratsämter gewährten entsprechende
Leistungen weiter. - Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.1996 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, der
Kläger könne sein Begehren nicht auf § 11 Abs. 3 BSHG stützen, denn ihm werde die Hilfe für die Besorgung einzelner Hilfstätigkeiten im Rahmen der Bestimmungen der §§
14,
28 und
37 SGB XI und des diesen Bestimmungen entsprechenden § 68 BSHG gewährt. § 69 b BSHG, Art. 51 PflegeVG, die Bestimmungen des
SGB XI und Art.
3 GG schieden als Anspruchsgrundlagen aus.
Gegen den ihm am 18.12.1996 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.01.1997 Berufung eingelegt. Zur Begründung
wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und macht noch geltend, er zähle zum Personenkreis des § 68 BSHG und habe deshalb Anspruch auf Hilfe nach § 69 a und § 69 b BSHG; es kämen auch Leistungen nach § 70 BSHG in Frage. Die Pflegeversicherung decke die benötigten Hilfeleistungen nur zum Teil. Er genieße Bestandsschutz nach § 143 BSHG.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefaßt),
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26.11.1996 zu ändern, den Beklagten zu verpflichten, ihm ab 01.07.1995
bis zum 31.01.1996 die bisher gewährten Leistungen für eine Haushaltshilfe in Höhe von 425,-- DM im Monat weiterzugewähren
und die Bescheide des Beklagten vom 28.08.1995 und vom 26.01.1996 insoweit aufzuheben, als sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Dem Senat liegen neben den Akten des Verwaltungsgerichts die zur Sache gehörenden Akten (2 Hefte) des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Mit Einwilligung der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§
101 Abs.
2 VwGO).
Die Berufung ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Klage in
vollem Umfang abgewiesen. Der Kläger hat für den entscheidungserheblichen Zeitraum zwischen Einstellung der Leistung und Erlaß
des Widerspruchsbescheids Anspruch auf Gewährung von 265,-- DM monatlich für eine Haushaltshilfe.
Der Kläger erhält ab Mitte 1995 Pflegegeld für ''selbst beschaffte'' Pflegehilfen im Höchstbetrag von 1.300,-- DM nach den
§§
15 und
37 SGB XI. Gemäß §
37 Abs.
1 S. 2
SGB XI ist das dort geregelte Pflegegeld dazu bestimmt, die erforderliche Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung durch
eine vom Pflegebedürftigen selbst ausgewählte Pflegeperson sicherzustellen. Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten einer
Haushaltshilfe bei einem Hilfebedürftigen, der wie der Kläger keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, war bisher
§ 11 Abs. 3 BSHG (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1995, FEVS 47, 63 = NDV-RD 1996, 119; Beschluß d. Senats v. 26.11.1993 - 6 S 1971/93).
§ 70 Abs. 1 BSHG kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, denn die dort geregelte Hilfe zur Weiterführung des Haushalts, die eine besondere
Art der Hilfe in besonderen Lebenslagen ist (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 10 BSHG), setzt unabhängig von der Dauer der Notlage voraus, daß die Gewährung der Hilfe nur vorübergehend, nämlich nur als Überbrückungsmaßnahme
notwendig ist (vgl. Beschluß d. Senats v. 26.11.1993 a.a.O. m.w.N.).
Nach §
13 Abs.
3 S. 1
SGB XI gehen die Leistungen der Pflegeversicherung den ''Fürsorgeleistungen zur Pflege'' nach dem BSHG vor. Die Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG ist - jedenfalls im Fall des Klägers - eine solche Fürsorgeleistung zur Pflege. Der Beklagte war danach grundsätzlich berechtigt,
die Übernahme der Kosten für die Haushaltshilfe ab dem Zeitpunkt der Gewährung des Pflegegelds nach §
37 SGB XI einzustellen.
Dem standen zunächst keine besonderen, der Wahrung des Besitzstands dienenden Vorschriften entgegen. Art. 51 PflegeVG (in der am 01.04.1995 rückwirkend in Kraft getretenen Fassung des Änderungsgesetzes vom 15.12.1995, BGBl., 1724) kommt ungeachtet
des (früheren) Streits darüber, ob ein Anspruch nach §
37 SGB XI bestehen muß und welcher Pflegebedürftigkeitsbegriff zugrunde zu legen ist (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluß v. 23.08.1995, NDV 1995, 492; BayVGH, Beschluß v. 11.10.1995, BayVBl. 1996, 84; Schellhorn, NDV 1995, 54, 60; Zeitler, NDV 1995, 143, 147), jedenfalls nur denjenigen Personen zugute, deren nach §
37 SGB XI tatsächlich bezogenes Pflegegeld die Höhe des vor dem 01.04.1995 tatsächlich bezogenen Pflegegelds nach § 69 BSHG a.F. und nach §
57 SGB V nicht erreicht (vgl. Schellhorn a.a.O.; Zeitler, NDV 1996, 6 ff.; Mergler/Zink, BSHG, Stand August 1997, § 69 a RdNr. 5). Abgesehen davon, daß die Pflegegeldregelung im Bescheid vom 28.08.1995 wegen der nur beschränkt eingelegten Berufung
nicht im Streit ist, erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen aber auch nicht. Er bezog zum maßgeblichen Zeitpunkt einschließlich
der Leistungen nach §
57 SGB V 1.231,-- DM Pflegegeld, also weniger als die dann gewährten 1.300,-- DM. Ein Aufstockungsbetrag ergibt sich auch nicht dadurch,
daß die nach § 11 Abs. 3 BSHG gewährte Haushaltshilfe dem Besitzstand hinzuzurechnen wäre. Zwar umfaßt das Pflegegeld nach §
37 SGB XI auch die hauswirtschaftliche Versorgung, so daß es bei der Besitzstandsregelung des Art. 51 PflegeVG an sich nahegelegen hätte, vorher gesondert gewährte Haushaltshilfe in den Besitzstand mit einzubeziehen. Dies ist aber nicht
geschehen. Weder die alte Fassung des Art. 51 (BGBl. 1994, 1064) noch die neue Fassung aufgrund des Änderungsgesetzes vom 15.12.1995 (BGBl., 1724) enthalten eine entsprechende Regelung.
Berücksichtigt man, daß die Änderung des Art. 51 PflegeVG notwendig wurde, weil ''der Wille des Gesetzgebers in der geltenden Fassung ... nicht zum Ausdruck kommt'' (BTDrs. 13/2940;
Zeitler a.a.O.), so wird deutlich, daß bei der Neufassung der Wille des Gesetzgebers dahin ging, Leistungen nach § 11 Abs. 3 BSHG nicht in den Besitzstand einzubeziehen.
§ 143 BSHG (eingeführt durch Art. 1 Nr. 39 des Gesetzes zur Reform der Sozialhilfe vom 23.07.1996, BGBl., 1088) ist keine eigenständige Besitzstandsregelung.
Diese Vorschrift regelt lediglich die Anwendung des § 3a BSHG, dessen Neufassung durch das genannte Gesetz den vorbehaltlosen Vorrang der häuslichen Pflege in § 3 a BSHG a.F. dann einschränkt, wenn stationäre Pflege zumutbar und die ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden
wäre. Darum geht es hier aber nicht. Daß der Kläger eine relativ kostengünstige Pflegealternative in Anspruch nimmt, bestreitet
niemand. Das beruht aber auf seiner eigenen Wahl, also darauf, daß er sich nicht auf Pflegesachleistungen nach §
36 SGB XI verweisen lassen möchte, und kann für sich allein nicht dazu führen, daß die Haushaltshilfe weiter zu gewähren wäre.
Einen solchen Anspruch hat der Kläger - jedenfalls teilweise - aber unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt: Leistungen
der Pflegeversicherung haben zwar Vorrang vor den Leistungen nach dem BSHG (§
13 Abs.
3 S. 1
SGB XI), doch nur in dem Umfang, in dem sie als gleichartige Leistungen gewährt werden. Während die soziale Pflegeversicherung auf
eine Grundleistung ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse ausgerichtet ist, hat die Sozialhilfe den an den individuellen
Gegebenheiten zu messenden gesamten Bedarf zu berücksichtigen. Stellt sich heraus, daß Leistungen der Pflegeversicherung daran
gemessen unzureichend sind, sind zusätzliche Leistungen zur Aufstockung oder Ergänzung durch den Träger der Sozialhilfe zu
erbringen. Insoweit bleiben dem Grunde oder der Höhe nach weitergehende Leistungen der Sozialhilfe unberührt (§
13 Abs.
3 S. 2
SGB XI; Mergler/Zink a.a.O., §
68 RdNr.
15, 19.1, 38, 48 a; Schellhorn a.a.O., S. 54, 57).
Aufgrund des Bedarfsdeckungsprinzips sind auch die in den §§
36 ff.
SGB XI genannten Höchstbeträge für die Sozialhilfe nicht bindend, vor allem steht für die Sozialhilfe nicht zwingend fest, daß das
vom Kläger bezogene Höchstpflegegeld des §
37 Abs.
1 Nr.
3 SGB XI den individuellen Bedarf an Grundpflege und an hauswirtschaftlicher Versorgung in jedem Fall deckt. Das unterliegt schon
deshalb einer am Einzelfall ausgerichteten Betrachtung, weil die hauswirtschaftliche Versorgung zwar Bestandteil der häuslichen
Pflege ist, jedoch nur ergänzende Bedeutung hat (Mergler/Zink a.a.O., RdNr. 48 b, 64).
Im Fall des Klägers ist nicht zu verkennen, daß dieser bis zur Mitte des Jahres 1995 insgesamt 1.231,-- DM Pflegegeld und
425,-- DM Haushaltshilfe, insgesamt also 1.656,-- DM erhielt, von da an jedoch nur noch 1.360,-- DM. Anhaltspunkte, daß der
Betrag von 1.656,-- DM überhöht gewesen sein könnte, gibt es nicht, er dürfte vielmehr dem individuellen Bedarf des Klägers
entsprochen haben. Andererseits hat aber wegen der nur auf die Haushaltshilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG beschränkten Berufung die Höhe des Pflegegelds außer Betracht zu bleiben, und es ist nur noch - isoliert - über die Weiterzahlung
der 425,-- DM für die Haushaltshilfe zu befinden. Bei diesem Begehren kann indes nicht außer Betracht bleiben, daß das - in
seiner Höhe nicht mehr anfechtbare - Pflegegeld nach §
37 SGB XI auch die hauswirtschaftliche Versorgung abdecken soll. Dieser Teil der Hilfe hat daher Vorrang vor den Leistungen nach §
11 Abs. 3 BSHG mit der Folge, daß zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang bisher im Rahmen von § 11 Abs. 3 gewährte Leistungen nun der Hilfe
zur Pflege zuzurechnen sind (vgl. auch Schellhorn a.a.O., S. 59).
Die Frage des ''ob'' beantwortet sich aus §
13 Abs.
3 S. 1
SGB XI. Zwar sind die Leistungen nach § 11 Abs. 3 BSHG keine Leistungen der Hilfe zur Pflege, sondern erweiterte Hilfe zum Lebensunterhalt; es bestehen jedoch keine Bedenken, diese
Leistungen, für die es im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen bisher keine Rechtsgrundlage gab - zu den Verrichtungen
des § 69 Abs. 3 S. 1 BSHG a.F. gehörten die hauswirtschaftlichen grundsätzlich nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1977, FEVS 26, 1) -, dann ''den Fürsorgeleistungen
zur Pflege'' nach dem BSHG (§
13 Abs.
3 S. 1 Nr.
1 SGB XI) zuzurechnen, wenn sie wie hier einer Person, auf die § 68 BSHG a.F. zutrifft, gewährt werden.
Grundsätzlich war der Beklagte deshalb berechtigt, die Gewährung dieser Leistungen im Anschluß an die Gewährung des Pflegegelds
nach §
37 SGB XI einzustellen. Freilich bedurfte es dazu einer Bestimmung des Umfangs des im Pflegegeld nach §
37 SGB XI enthaltenen Anteils für die hauswirtschaftliche Versorgung. Diesen hat der Beklagte mit einem Drittel angesetzt. Eine Begründung
dafür gibt es außer dem Hinweis im Widerspruchsbescheid auf in der Rahmenvereinbarung nach §
75 SGB XI enthaltene Zeitwerte nicht.
Der Senat folgt der vom Beklagten vorgenommenen Einteilung nicht. Dem am 01.04.1995 in Kraft getretenen ''Rahmenvertrag nach
§
75 Abs.
2 SGB XI im Land Baden-Württemberg'' selbst läßt sich zu der hier entscheidungserheblichen Frage nichts entnehmen. Die vom Beklagten
im Schriftsatz vom 10.12.1997 angegebenen Werte ergeben sich allenfalls aus der Anlage 1 ''Leistungspakete im Rahmen der ambulanten
Pflegeleistungen''. Inwieweit die Werte dieser ''Leistungspakete'' eine zuverlässige Grundlage bieten können und inwieweit
sie überhaupt Bindungswirkung entfalten, kann aber offen bleiben, denn allgemeingültiger Maßstab für den zeitlichen Aufwand
der Pflege konnte dieser Vertrag schon deshalb nicht sein, weil sein in §
75 Abs.
2 SGB XI umschriebener Regelungsgehalt die Festlegung des zeitlichen Aufwands einzelner Pflegeleistungen gar nicht umfaßt und weil
der Vertrag nur für das Land Baden-Württemberg abgeschlossen war, das
SGB XI aber ein Bundesgesetz ist.
Vielmehr richtet sich das Verhältnis von Grundpflegebedarf zum Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung nach §
15 Abs.
3 SGB XI. Diese Vorschrift sah zunächst nur vor, daß der zeitliche Pflegeaufwand in den einzelnen Pflegestufen in der Verordnung zu
§ 16 und in den Richtlinien nach §
17 näher zu regeln sei. Auch im Verlauf des Verfahrens zur Änderung des
SGB XI war lediglich geplant, das Wort ''Pflegeaufwand'' durch die Wörter ''Aufwand für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche
Versorgung im Sinne des § 14'' zu ersetzen (vgl. BT-Drucks. 13/3696). Über den Vermittlungsausschuß kam es dann aber zu einer
Überarbeitung (vgl. BT-Drucks. 13/4521 und 13/4688), und §
15 Abs.
3 SGB XI in der Fassung des am 25.06.1996 (Art. 8 Abs. 2) in Kraft getretenen 1.
SGB XI-ÄndG vom 14.06.1996 (BGBl., 830) trifft nunmehr entsprechend der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Ausschusses vom 13.03.1996
(BT-Drucks. 13/4091) eine Regelung dahingehend, daß der Zeitaufwand einer nicht ausgebildeten Pflegeperson in der Pflegestufe
III täglich mindestens 5 Stunden betragen muß, wobei auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen müssen. Das ergibt
ein Verhältnis von Grundpflegebedarf zum Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 4:1.
Dieses legt auch der Senat zugrunde. Die Anwendung dieses Maßstabs scheitert insbesondere nicht daran, daß diese nunmehr ins
einzelne gehende Regelung für den hier zugrunde zu legenden Zeitraum von Juli 1995 bis Januar 1996 noch nicht galt. Denn die
Neuregelung schreibt nur fest, was schon seit Inkrafttreten des
SGB XI Bemessungsgrundlage war, nämlich die nach den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien und der Begutachtungsanleitung vorgesehenen
und in der Begutachtungspraxis angewendeten Zeitvorgaben. Das ergibt sich aus der Begründung zur Beschlußempfehlung vom 13.03.1996
(a.a.O., S. 41 ''zu Nr. 5'').
Der Senat geht weiter davon aus, daß der individuelle Bedarf des Klägers für die hauswirtschaftliche Versorgung - wie oben
bereits ausgeführt - mindestens die vom Beklagten bis Mitte 1995 gewährten 425,-- DM beträgt. Diesem Bedarf hinzuzurechnen
sind aber noch 100,-- DM des ebenfalls bis Mitte 1995 gewährten pauschalen Pflegegelds nach §
57 SGB V. Denn dieses umfaßte die beiden Komponenten der häuslichen Pflege, nämlich Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung,
gleichgewichtig (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.03.1993, BVerwGE 92, 220, 229; Urt. v. 15.12.1995 a.a.O.). Zwar unterliegt diese Leistung wegen der nur beschränkt eingelegten Berufung nicht mehr
der inhaltlichen Beurteilung durch den Senat; das hindert jedoch nicht ihre Berücksichtigung als Rechnungsfaktor bei der Beurteilung
des Bedarfs des Klägers an hauswirtschaftlicher Versorgung. Dem Kläger standen dafür mithin bis Mitte 1995 525,-- DM zur
Verfügung; dieser Betrag kann gleichzeitig auch als sein individueller Bedarf gelten. Schon mit Bescheid vom 06.06.1991 hatte
der Beklagte die Kosten einer Haushaltshilfe für 14 Stunden in der Woche übernommen und hatte bei einem Stundensatz von 7,--
DM 425,-- DM monatlich gewährt. Ausgehend von dieser Stundenzahl und einem 1995/1996 bei etwa 9,-- DM liegenden Stundensatz
sind 525,-- DM monatlich nicht zu hoch gegriffen. Legt man beim Pflegegeld nach §
37 SGB XI das Verhältnis von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung, wie oben dargelegt, mit 4:1 fest, so ergibt sich, daß
dem Kläger jetzt für die hauswirtschaftliche Versorgung nur ein Fünftel von 1.300,-- DM, also nur 260,-- DM zur Verfügung
stehen. Dies reicht zur Sicherstellung der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht aus; der Kläger hat Anspruch auf ergänzende
Sozialhilfeleistungen nach den §§ 68 ff. BSHG n. F. in Höhe von 265,-- DM im Monat (vgl. zu allem auch Gutachten vom 03.09.1996, NDV 1997, 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
155 Abs.
1 S. 1, 188 S. 2
VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des §
132 Abs.
2 VwGO gegeben ist.