Sozialhilferecht: Hilfeanspruch von Ausländern bei Umzug in ein anderes Bundesland
Gründe:
Die vom Senat zugelassene Beschwerde der Antragstellerinnen ist begründet; denn auch ihr Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Anordnung ist begründet. Die Antragstellerinnen haben einen Sachverhalt glaubhaft gemacht, nach dem ihnen laufende Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zusteht.
Entgegen der von dem Antragsgegner und dem Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht steht dem geltend gemachten Anspruch der
Antragstellerinnen nicht die Vorschrift des § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG entgegen.
Der Senat folgt der von dem Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 16. Juni 1997 -- 1 BvR 236/97 -- (NVwZ-Beilage Nr. 10/1997, S. 73, 74) und vom 17. September 1997 -- 1 BvR 1401/97 -- (FamRZ 1997, 1467) vertretenen Ansicht, daß die Vorschrift des § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG einen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe dann nicht ausschließt, wenn die Ausländer nach der Erteilung der ersten Aufenthaltsbefugnis
in ein anderes Bundesland umziehen, dort eine neue Aufenthaltsbefugnis erhalten und dort Leistungen der Sozialhilfe beantragen.
Bei der Anwendung des § 120 Abs. 5 BSHG kommt es dann, wenn nacheinander mehrere Aufenthaltsbefugnisse erteilt werden, nicht darauf an, in welchem Bundesland die
erste Aufenthaltsbefugnis erteilt worden ist; vielmehr ist entscheidend, ob die Ausländer in dem Bundesland Leistungen der
Sozialhilfe begehren, in dem die aktuell gültige Aufenthaltsbefugnis erteilt ist.
Soweit der seinerzeit für Verfahren aus dem Gebiet der Sozialhilfe zuständige 9. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
in seiner Rechtsprechung zu §
120 Abs.
5 Satz 2
VwGO (etwa Beschluß vom 21. Februar 1996 -- 9 TG 535/96 --) eine andere Ansicht vertreten hat, wird daran in Anbetracht der dargestellten
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht festgehalten.
Da die Antragstellerinnen in Hessen eine neue Aufenthaltsbefugnis erhalten haben, ist ihr Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe
gegenüber dem Antragsgegner nicht nach § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG ausgeschlossen.
Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob der geltend gemachte Anspruch auch aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen i. V.
m. der Genfer Flüchtlingskonvention herzuleiten ist.
Da der Antragsgegner unterlegen ist, hat er nach §
154 Abs.
1 VwGO die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Diese bestehen nur aus den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten, da nach
§
188 Satz 2
VwGO in Verfahren aus dem Gebiet der Sozialhilfe keine Gerichtskosten erhoben werden.
Dieser Beschluß ist nach §
152 Abs.
1 VwGO unanfechtbar.