Gründe:
I. Das Amtsgericht bestellte die Beteiligte zu 1, eine ausgebildete Industriekauffrau, mit Beschluß vom 24.5.1994 zur. Betreuerin
der Betroffenen für die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung,
Vermögenssorge einschließlich Entscheidung über Wohnungsauflösung, sowie Entgegennahme und Öffnen der Post. Am 10.8.1994 erweiterte
das Amtsgericht die Betreuung. und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt für Vermögensangelegenheiten an. Mit Beschluß vom
15.3.1995 entließ das Amtsgericht die Beteiligte zu 1 und bestellte an ihrer Stelle die Beteiligte zu 2 zur Betreuerin.
Am 19.3.1995 verstarb die Betroffene. Die Beteiligte zu 2 ist Miterbin.
Die Beteiligte zu 1 beantragte für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 1.9.1994 bis 2.4.1995 die Bewilligung einer Vergütung in
Höhe von 5 520 DM (138 Stunden zu je 40 DM) aus der Staatskasse am 22.5.1995 beantragte sie die Festsetzung gegen die Erben.
Mit Beschluß vom 14.6.1995 bewilligte das Amtsgericht der Beteiligten zu 1 eine Vergütung von 5 520 DM und bestimmte, daß
diese gegenüber den Erben der Betroffenen geltend zu machen sei. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 setzte das Landgericht
mit Beschluß vom 12.9.1995 die Vergütung auf 5080 DM fest. Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 2 weitere Beschwerde
ein, mit der sie allgemein die Verletzung des Gesetzes rügt.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die Beteiligte zu 2 kann als Miterbin durch die Festsetzung der Vergütung im Sinne
des § 20 Abs. 1
FGG in ihren Rechten verletzt sein, da sie gemäß §
1967
BGB für die Vergütung der Betreuerin mithaftet (BayObLG FamRZ 1994, 317).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beteiligten zu 1 stehe eine Vergütung zu, da sie Berufsbetreuerin sei; sie habe im.
Betreuungszeitraum 16 Betreuungen geführt. Der Anspruch der Betreuerin richte sich gegen die Erben, da die Betroffene nicht
mittellos gewesen sei. Sie habe am 14.3.1995 ein Vermögen von 6 065, 12 DM besessen. Die Bestimmungen über Schonvermögen fänden
keine Anwendung, da diese bezweckten, dem Betroffenen Einkünfte und Vermögen für besondere Bedarfsfälle zu belassen; dieser
Grund sei mit dem Tod der Betroffenen entfallen.
Für die Frage der Mittellosigkeit komme es nicht auf die wirtschaftliche Situation eines Betroffenen zum Zeitpunkt der Entstehung
der Forderung oder ihrer Geltendmachung gegenüber dem Vormundschaftsgericht an, sondern auf den der Bewilligung. Erst zu diesem
Zeitpunkt trete die Belastung des Betroffenen oder seiner Erben ein.
Die Vergütung sei in Höhe von 5 080 DM angemessen. Von den geltend gemachten Stunden könnten nur 127 Stunden anerkannt werden.
Ein solcher Zeitaufwand sei im Hinblick auf die Aufgabenkreise und die Schwierigkeit der Betreuung nachvollziehbar.
Der Stundensatz von 40 DM könne jedenfalls nicht herabgesetzt werden. Eine Schätzung der Kammer führe zu dem Ergebnis, daß
die Annahme eines niedrigeren Stundensatzes für eine Berufsbetreuerin nicht in Betracht komme.
Die erhobenen Vorwürfe wegen Schlechterfüllung und mangelnder Betreuung habe das Prozeßgericht zu entscheiden.
2. Diese Ausführungen halten der in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein zulässigen rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1. FGG, §
550
ZPO) stand.
a) Das Vormundschaftsgericht kann die Vergütung des Betreuers auch nach dem Tod des Betroffenen festsetzen (vgl. BayObLGZ
1989, 169, 171).
Für die Frage, ob dem Betreuer wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen den Betroffenen oder wegen dessen Mittellosigkeit
gegen die Staatskasse zusteht, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (§ 23
FGG; BGH NJW 1980, 891, 892; BayObLGZ 1964, 71, 73; Bassenge/Herbst FGG/
RPflG 7. Aufl. § 23 Rn. 2; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 23 Rn. 2; Jansen FGG 2. Aufl. § 23 Rn. 12). Ist der Betroffene jedoch bereits verstorben, sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Todes maßgebend, weil ein
Vergütungsanspruch gegen die Erben nur gemäß §
1922, §
1967
BGB in Betracht kommt. Verfügt der Betroffene bei Eintritt seines Todes über Vermögen, so ist dieses in vollem Umfang bei der
Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.
aa) Der Vergütungsanspruch begründet eine Nachlaßverbindlichkeit gemäß §
1967 Abs.
1
BGB als eine vom Erblasser herrührende Schuld im Sinne von §
1967 Abs.
2
BGB (vgl. Erman/Holzhauer
BGB 9. Aufl. §
1836 Rn. 28). Der Anspruch auf Vergütung entsteht auf Grund der Bestellung zum Betreuer mit dessen Betreuertätigkeit und umfaßt
gegebenenfalls auch die Entschädigung für Tätigkeiten des Betreuers nach dem Tode des Betreuten (vgl. § 1908i
BGB. i.V.m. §
1893 Abs.
1, §
1698b
BGB; BGH FamRZ 1967, 462, 463; Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 1836 Rn. 11). Die Festsetzung der Vergütung nach § 1908i Abs.
1, §
1836 Abs.
1 S. 2
BGB durch das Vormundschaftsgericht stellt lediglich die Höhe der Vergütung fest (Palandt/Diederichsen
BGB 54. Aufl. §
1836 Rn. 18; HK-BUR-Bauer §§
1835 - 1836a
BGB Rn. 11).
(1) Das Reichsgericht hat die Auffassung vertreten, daß dem Beschluß des Vormundschaftsgerichts nach §
1836
BGB für Grund und Höhe des Vergütungsanspruchs rechtsbegründende Bedeutung zukomme (RGZ 127, 103, 106); dem hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (BGH NJW 1975, 210, 211; ebenso MüKo/Schwab
BGB 3. Aufl. §
1836 Rn. 17; Erman/Holzhauer §
1836 Rn. 28; Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 1836 Rn. 13). Das Reichsgericht begründete seine Meinung,
daß der Vormund und Pfleger vor der Bewilligung durch das Vormundschaftsgericht keinen Anspruch auf Vergütung hätten, damit,
daß sie mit der unentgeltlichen Führung einer Vormundschaft oder Pflegschaft eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht erfüllten;
Vormund und Pfleger hätten "an sich keine Vergütung zu beanspruchen; eine solche kann ihm nur das Vormundschaftsgericht bewilligen,
§
1836
BGB".
(2) Diese Meinung ist nach Auffassung des Senats durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1.7.1980 (BVerfGE
54, 251) jedenfalls für die Vergütung des Berufsbetreuers (vgl. hierzu BayObLGZ 1995 Nr. 63) überholt, da diesem das Bundesverfassungsgericht
stets einen Anspruch auf angemessene Entschädigung zugebilligt hat: "In einem solchen Fall ist der Grundsatz der Unentgeltlichkeit
nicht nur mit Art.
12 Abs.
1
GG, sondern auch mit dem im Rahmen dieses Grundrechts zu berücksichtigenden Gleichheitsgebot unvereinbar" (BVerfG aaO. S. 271).
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde durch den mit Inkrafttreten des BtG eingefügten §
1836 Abs.
2
BGB konkretisiert (Damrau/Zimmermann §
1836 Rn. 20), ihre Grundsätze sind aber auch zu beachten, wenn der Berufsbetreuer nach §
1836 Abs.
1 S. 2 und 3
BGB zu vergüten ist. Der Anspruch auf Entschädigung steht dem Berufsbetreuer nicht nur dann zu, wenn er nach §
1836 Abs.
2
BGB zu vergüten ist (so aber wohl Erman/Holzhauer §
1836 Rn. 28; MünchKomm/Schwab § 1836 Rn.28), sondern auch dann, wenn die Vergütung nach §
1836 Abs.
1 S. 2 und 3
BGB erfolgt (Barth/Wagenitz FamRZ 1994, 71, 74; Knittel BtG § 1836 Rn. 12). Insoweit ist ein Ermessen des Vormundschaftsgerichts nicht mehr gegeben (vgl. BayObLGZ 1989, 169, 172; Bienwald
Betreuungsrecht 2. Aufl. § 1836 Rn. 10).
(3) Eine Vorlagepflicht gemäß § 28 Abs. 2
FGG besteht nicht, da die Abweichung von der Meinung des BGH auf einer Rechtsänderung beruht (BGH NJW 1973, 417; Bassenge/Herbst § 28
FGG Rn. 5).
bb) Die Annahme des Landgerichts, die Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch gegen die Erben lägen vor, obwohl die Betreute
nur über ein Vermögen von 6065,12 DM verfügt habe, ist nicht zu beanstanden. Der Betreute selbst wäre bei einem solchen Vermögen
unter Heranziehung der Bestimmungen des BSHG als mittellos im Sinne von §
1835 Abs.
4
BGB anzusehen (BayObLGZ 1995, 212). Der Schutz, der dem Betreuten damit gewährleistet wird, gilt nicht für die Erben. Sinn des
Schonvermögens ist, dem Betreuten Barvermögen als Rücklage für besondere Fälle zu belassen (LG München FamRZ 1995, 509). Dagegen besteht kein Anlaß, den Nachlaß auf Kosten der Allgemeinheit zu entlasten (LG Kleve BtPrax 1995, 185; LG Göttingen NdsRpfl. 1994, 133; Knittel §
1835
BGB Rn. 28).
Dem Erben steht auch nicht der Vermögensfreibetrag nach § 92c Abs. 3 Nr. 1, § 81 Abs. 1
BSHG zu (LG Kleve aaO.;a.A. LG Mainz Rpfleger 1990, 358 mit zust. Anmerkung Kirsch). Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Sonderregelung des Sozialhilferechts.
b) Das Landgericht hat auch die übrigen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs rechtsfehlerfrei festgestellt.
Die Beteiligte zu 1 führte sechzehn Betreuungen; das Landgericht durfte sie daher als Berufsbetreuerin einstufen (vgl. BayObLGZ
1995 Nr. 68).
Bei der Vergütung eines Berufsbetreuers eines vermögenden Betreuten sind die beim Betreuer angefallenen Bürokosten einschließlich
der Personalkosten und der Mehrwertsteuer zu. berücksichtigen. Die Vergütung muß über den Ersatz von Kosten hinaus ein angemessenes
Honorar für einen Berufsbetreuer erbringen (BayObLGZ 1995, 35, 39).
Über die Höhe der zu bewilligenden Vergütung entscheidet das Vormundschaftsgericht und das im Beschwerdeverfahren an dessen
Stelle tretende Landgericht nach pflichtgemäßem Ermessen (BayObLGZ 1983, 96, 98; 1986, 448, 450 und 452; 1990, 184, 186; BayObLG
FamRZ 1994, 317, 318; vgl. Palandt/Diederichsen § 1836 Rn.4). Dabei sind der zeitliche Aufwand des Betreuers, die Bedeutung und die Schwierigkeit
der ihm obliegenden Geschäfte und der sich hieraus ergebende Grad der Verantwortung und alle sonstigen Umstände des Falles
zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung; vgl. BayObLGZ 1986, 448, 450; 1990, 184, 185; vgl. auch Palandt/Diederichsen
§ 1836 Rn.4 - 6).
Die vom Landgericht bewilligte Vergütung hält sich im Rahmen des den Tatsacheninstanzen bei der Festsetzung der Vergütung
zustehenden Ermessens. Sie ist jedenfalls nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin zu hoch angesetzt. Das Landgericht hat dargelegt,
warum 127 der von der Beteiligten zu 1 berechneten Stunden als vergütungsfähig anzuerkennen seien. Diese Ausführungen des
Landgerichts sind nicht zu beanstanden. Der zugebilligte Stundensatz von 40 DM für einen Berufsbetreuer liegt an der untersten
Grenze des Vertretbaren (vgl. BayObLGZ 1993, 323, 324). Der Grundsatz des Verbots der Schlechterstellung, der auch im Vergütungsverfahren
gilt (vgl. BayObLGZ 1995, 35, 37; 1990, 184, 188) hindert den Senat zu überprüfen, ob nicht ein höherer Stundensatz für die
Betreuerin angemessen wäre.