BGH, Beschluss vom 07.09.2011 - XII ZB 12/11
Hinzuziehung eines minderjährigen Kindes als formeller Verfahrensbeteiligter durch das Familiengericht im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sorge; Vertretung eines minderjährigen Kindes im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sorge; Entzug der prozessualen Vertretungsbefugnis eines Elternteils im Zusammenhang mit einem Kindschaftsverfahren im Fall eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind
a) Das minderjährige Kind ist im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sorge vom Familiengericht hinzuzuziehen und somit formeller Verfahrensbeteiligter ("Muss-Beteiligter"). Ist das Kind nicht selbst verfahrensfähig und bedarf es im Verfahren daher der gesetzlichen Vertretung, so ist diese grundsätzlich von den sorgeberechtigten Eltern ungeachtet ihrer eigenen Verfahrensbeteiligung wahrzunehmen.
b) Auch im Fall eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind darf den Eltern die Vertretungsbefugnis im Zusammenhang mit einem Kindschaftsverfahren dann nicht entzogen werden, wenn bereits durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands für eine wirksame Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden kann. Dass der Verfahrensbeistand nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist, steht dem nicht entgegen.
Fundstellen: BGHZ 191, 48, FGPrax 2011, 293, FamRB 2011, 371, FamRZ 2011, 1788, FamRZ 2011, 1859, FuR 2012, 26, MDR 2011, 1293, NJW 2011, 3454
Normenkette: , , ,
FamFG § 7
,
FamFG § 9
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FamFG § 158
Vorinstanzen: AG Leer 01.06.2010 5c F 4237/10 PF , OLG Oldenburg 28.10.2010 14 UF 114/10
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Mutter wird der Beschluss des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. Oktober 2010 abgeändert.
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leer vom 1. Juni 2010 aufgehoben.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Wert: 900 €

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