Berücksichtigung von Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder bei Bemessung des Unterhaltsbedarfs
eines geschiedenen Ehegatten
Tatbestand
Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie
hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober
2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden.
Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet.
Am 1. März 2006 wurde der Kläger durch das Amtsgericht -Familiengericht - O. unter Anwendung deutschen Rechts zur Zahlung
nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschaffenburg
vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich
221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1.
Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.
Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert, dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008
keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin
nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht
zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden
ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
Berufungsgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen
Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil
auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne
ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.
Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach §
1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt,
dass der Sohn unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen
Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher
Betreuung und der sich daraus für die Beklagte ergebenden psychischen Belastung sei ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit
zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige
Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn
von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe.
Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere.
Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung
seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen
Arbeitsverhältnisses gefallen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach §
1609 Nr. 2
BGB gleichrangig mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen
sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln.
Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig
und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives
Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit
nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende
Möglichkeit der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen
Kindern in Betracht.
Der Kläger habe im Jahre 2008 ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 €
belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige
mit einem neuen Partner zusammen, sei im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben
zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht
möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise zugutekomme.
Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen
und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten um einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten
um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis
durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser
betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert.
In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und des Bedarfs eines mit ihm zusammenlebenden
Ehegatten nicht zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich somit ein Unterhaltsbedarf der Beklagten
in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.
II.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens
nach deutschem materiellem Recht beurteilt.
Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den
Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5).
Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen
Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische
Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind.
Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen
(vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.).
Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und
vom 25. April 2007, die auf der Grundlage des deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über
den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung
dieses Unterhaltstitels Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht §
323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung
der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr
nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach §
323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht - sei es das inländische oder ein ausländisches - nicht
austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung
vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse
(Senatsurteile vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 386/81 - FamRZ 1983, 806, 808 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.
2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den
Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese auf dem Wegfall
des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar
erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach
den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem seiner früheren Rechtsprechung
zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.
a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB grundsätzlich jedenfalls durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks.
7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.; vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 18. März 1992 -XII ZR 23/91 -FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 -IV b ZR 39/87 -FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.).
Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind somit grundsätzlich die Umstände zu berücksichtigen,
die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen auch schon vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil
vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 f.). Ebenso ist grundsätzlich auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu
berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten
beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand
(vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).
aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen
aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 -IV b ZR 39/87 -FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 -IV b ZR 42/87 -FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach §
1609 Nr. 4
BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit aus
(zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn.
1). Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen
erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).
bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach §
1615 l
BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem
unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene
Ehegatte nach §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt
und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach §
1615 l
BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993
- XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ 2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach §
1615 l
BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind,
vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von den erst während der Ehe
hinzugekommenen Unterhaltspflichten seines Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht
gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis
des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.) zugrunde liegt, kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat,
sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den
Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt,
dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß §§
1615 l Abs.
3 Satz 1,
1610 Abs.
1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen
übersteigen könne, überzeugt nicht. Denn ob die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als
die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach
der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist (Senatsurteil
vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst ein Umstand der Leistungsfähigkeit nach §
1603 Abs.
1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.
cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen
Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach §
1610 Abs.
1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten
ermittelt hat.
b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und
mit der Ehe in Zusammenhang stehen.
aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen
voraus, damit die Auslegung noch vom Wortlaut des §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt
waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der
Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011, 445, 446; Graba FF 2011, 102, 103 und Born FF 2011, 136, 138 f., 142).
bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen können nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene
Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985 - IV b ZR 87/84 - FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse, wenn es sich
um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen
Einkommensrückgang (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil
BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480). Auch nacheheliche Veränderungen im Ausgabenbereich sind dann bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen
Lebensverhältnissen zu berücksichtigen, wenn dies auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten war, wie etwa der umzugsbedingte
Wegfall von Fahrtkosten (Senatsurteil vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575, 576). Dass die spätere Entwicklung dem Unterhaltspflichtigen nicht vorwerfbar sein darf (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70 und Maurer FamRZ 2011, 849, 854), ergibt sich schon daraus, dass eine dem Unterhaltspflichtigen vorwerfbare Einkommensverringerung zum Ansatz fiktiver
Einkünfte führen würde und deswegen letztlich unberücksichtigt bliebe (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f.).
Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit
und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen
Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die
Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.
c) Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung,
die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere
für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG
FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden finanziellen Vorteile, wie den Splittingvorteil (BVerfGE
108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs
der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs
seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf
die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A.
wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860).
Auch die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für dessen nicht mit dem Vater verheiratete
Mutter nach §
1615 l
BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung
an die geschiedene Ehe. Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR 2011, 182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche von einer Wiederheirat unabhängige
Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht
jedenfalls nicht die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung
aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art.
6 Abs.
5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
ebenfalls nicht begründen. Denn nach §
1609 Nr. 1
BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig
davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind ihre Ansprüche im Rahmen der
Leistungsfähigkeit stets vorab zu befriedigen, was die von der Verfassung gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch
Maurer FamRZ 2011, 849, 856).
d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
zu berücksichtigen sind, ist schon insoweit der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung
darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung
ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten
erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil
seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen,
das den Lebensstandard ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder
von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109 = FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und Graba FF 2011, 102, 105).
Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung
des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter Verwendung für den Lebensunterhalt eine konkrete
Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller
im Rahmen des §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz gewahrt.
e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf, der sich auf der Grundlage ihres Einkommens und
des Einkommens des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von dem Unterhaltsbedarf seiner neuen
Ehefrau und des nachehelich geborenen Kindes bemisst.
Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht
hat lediglich das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung
zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt sich jedoch aus
der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil
nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 -XII ZR 245/04 -FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist eine
solche Bedarfsermittlung nicht möglich.
3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach §
1581 BGB sind hingegen auch weitere Umstände zu berücksichtigen, die nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs
nach den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt haben.
a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht
im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art.
2 Abs.
1 GG nicht unverhältnismäßig und unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs
nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen
des §
1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende
Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer FF 2011, 144, 147; Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba FF 2011, 102, 105; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).
Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibt,
liegt somit zwischen ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des
individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt. Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen
Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als "Kehrseite" des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten behandelt und den angemessenen
Unterhalt im Sinne von §
1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat, mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen
Lebensverhältnissen gemäß §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB gleichgesetzt (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen
nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese Änderung der früheren Rechtsprechung
hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen
bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit dem Gesetz vereinbar erklärt
hat und der Senat deswegen zu seiner früheren Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des §
1581 BGB.
Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil
BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl.
Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in §
1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach §
1581 BGB auch nachehelich geborene minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen sind, weil deren
Unterhalt nach §
1609 Nr. 1
BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im
Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend
besteht, dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten
Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).
b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach §
1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen
Ehegatten der Billigkeit entspricht, wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner
sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten
zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren
Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des §
1581 Satz 1
BGB ab.
Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits
die gesetzliche Systematik, derzufolge Kapitel 3 mit den §§
1581 ff.
BGB als "Leistungsfähigkeit und Rangfolge" bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in §
1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf §
1581 BGB enthielt. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen
Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf §
1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach
in der Heirat und der Gründung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er nicht mehr auf die zeitliche
Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im
Rang nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen
der nach §
1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch
Maurer FamRZ 2011, 849, 857; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775; Schwamb FamRB 2011, 120, 121).
c) Die Darlegungs- und Beweislast für seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige
(Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit trifft den Unterhaltspflichtigen
auch die Darlegungs- und Beweislast für seine "sonstigen Verpflichtungen", insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich
hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil
vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).
d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige
vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten
für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach §
1615 l
BGB.
aa) Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen
Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter des nachehelich geborenen Kindes nach §
1609 Nr. 2
BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des §
1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
(1) Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann nicht mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen,
weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der für seinen eigenen Unterhalt und
den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch dem gleichrangig
hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt
zu einem relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen Ehegatten, der zu einer Kürzung des
Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen muss. Dem Unterhaltspflichtigen muss im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit
mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder
einen nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach §
1615 l
BGB erfüllen zu können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach §
1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens
lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer, 2011,
849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801, 806).
Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach §
1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ
2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau
des Klägers hier nach §
1609 Nr. 2
BGB im gleichen Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem
Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst
werden sollte. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung
einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art.
6 Abs.
1 GG in Verbindung mit Art.
3 Abs.
1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind,
ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach §
1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/ Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598; Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber
einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten
durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks.
16/1830 S. 23).
(2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der
Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung
das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).
Der im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten ist auf
der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu
beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig vom Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch aaO §
5 Rn. 807 und § 5 Rn. 107). Gegen die abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83) spricht schon, dass die Annahme,
dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich 1/4 des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte
bei der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten
lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten
bemessen. Verbleibt dem Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich
auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.
Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht
allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten
in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit
10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend
gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 599). Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt
werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.).
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach §
1581 BGB ist in die bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen
und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein, die
lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.). Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit
nicht eliminiert werden, weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht aus einer neuen Ehe regelmäßig zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche
des geschiedenen Ehegatten führt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 33; BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 32).
bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig,
ist es im Rahmen des §
1581 Satz 1
BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen.
Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte zunächst lediglich
zu einer annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der neuen Ehefrau.
cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen
der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen
Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach §
1609 Nr. 3
BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das noch betreut werden muss.
Weil sein Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§
1581,
1609 Nr. 2
BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen zu berücksichtigen
(vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
dd) Im Einzelfall erlaubt die nach §
1581 BGB gebotene Billigkeitserwägung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände
gestützt werden können (vgl. insoweit Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als weiteres Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Mindestbedarf eines Unterhaltsberechtigten
gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).
e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.
Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau,
deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach §
1609 Nr. 2
BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen
werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht abschließend beurteilen,
weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat,
in welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter
des gemeinsamen Kindes und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage wäre.
4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Das Oberlandesgericht wird zunächst klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen
ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen
des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens aus. Der Kläger verfügt
über Einkünfte, die auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach Abzug des um das hälftige Kindergeld herabgesetzten Mindestunterhalts
für beide Kinder (vgl. insoweit Senatsurteile vom 2. Juni 2010 -XII ZR 160/08 -FamRZ 2010, 1318 Rn. 28 f. und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 48 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1490 Rn. 32 ff.) den Mindestbetrag seines angemessenen Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bis Ende
2010 mit 1.000 € bemessen wurde und seitdem 1.050 € beträgt (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 684 f.), übersteigen. Es verbleibt mithin ein für die nach §
1609 Nr. 2
BGB gleichrangigen Unterhaltsberechtigten verteilungsfähiges Einkommen, dessen Aufteilung auf die Beklagte und die neue Ehefrau
des Klägers nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht möglich ist.