BGH, Urteil vom 13.07.2011 - XII ZR 84/09
Folgen des Eingehens einer verfestigten neuen Lebensgemeinschaft durch einen unterhaltsberechtigten früheren Ehegatten für die Zumutbarkeit der Zahlung von Unterhaltszahlungen; Möglichkeit des Wiederauflebens eines nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkten oder versagten nachehelichen Unterhaltsanspruch
a) Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle.
b) Ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich wiederaufleben, wobei es einer umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf. Bei Beendigung der verfestigten Lebensgemeinschaft lebt ein versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur dann, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität geschuldet ist, das im Ausnahmefall eine weitergehende nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann.
Fundstellen: BGHZ 190, 251, FamRZ 2011, 1498, MDR 2011, 1107, NJW 2011, 3089
Normenkette:
BGB § 1579 Nr. 2
Vorinstanzen: AG Ludwigsburg 13.11.2008 1 F 335/08 , OLG Stuttgart 16.04.2009 11 UF 277/08
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Familiensenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. April 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

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