BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/10
Berechnung des nachehelichen Unterhalts unter Anwendung der Berechnungsmethode der sog. Dreiteilung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu den "wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen"; Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hinsichtlich eines Systemwechsels zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts; Maßgeblichkeit der individuellen Lebensverhältnisse der Ehe zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung für die Bestimmung des nachehelichen Unterhalts; Verstärkung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Eigenverantwortung jedes Ehegatten im Geschiedenenunterhaltsrecht; Rechtfertigung der Privilegierung des ersten Ehegatten unter dem Aspekt des Kindeswohls
Die zur Auslegung des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelte Rechtsprechung zu den "wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" unter Anwendung der Berechnungsmethode der sogenannten Dreiteilung löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzt Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Fundstellen: BVerfGE 128, 193, DNotZ 2011, 291, FamRZ 2011, 437, FamRZ 2011, 537, JuS 2011, 648, MDR 2011, 424, NJ 2011, 254, NJW 2011, 836
Normenkette: ,
BGB § 1578 Abs. 1 S. 1
, , ,
BGB § 1603 Abs. 2 S. 2
,
BGB § 1610 a.F
,
GG Art. 2 Abs. 1
,
GG Art. 20 Abs. 3
Vorinstanzen: OLG Saarbrücken 04.03.2010 6 UF 86/09
Tenor
1
Das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 4. März 2010 - 6 UF 86/09 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Das Urteil wird aufgehoben und die Sache an das Saarländische Oberlandesgericht zurückverwiesen.
2
Das Saarland hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

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