Arbeitsrechtsweg für Eilantrag gegen gemeinsame Einrichtung zur Grundsicherung von Arbeitssuchenden auf Duldung der Personalratsarbeit
bei der abgebenden Agentur für Arbeit
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt zuletzt im Wege der einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin aufzugeben, ihm die Teilnahme
an Sitzungen des Personalrats der A. Berlin M. nicht zu untersagen und die Wahrnehmung von Aufgaben nach dem PersVG Berlin durch den Antragsteller für den Personalrat bei der A. Berlin M. einstweilen zu dulden.
Der Antragsteller ist nichtfreigestelltes Personalratsmitglied bei der Agentur für A. Berlin M.. Zwischen ihm und der Bundesagentur
für A. besteht ein Arbeitsverhältnis. Seit 2005 ist der Antragsteller zunächst in der AR. JobCenter F.-K. als Teamleiter SGB
II tätig gewesen, seit 01.01.2011 aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und der darauf folgenden Änderung
des SGB II weiterhin dort in dem nunmehr gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur und Kommune genannten JobCenter. Gem. §
44 g Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Beamten und Arbeitnehmern der früheren Arbeitsgemeinschaften mit Wirkung zum 01.01.2011 Tätigkeiten
bei der gemeinsamen Einrichtung für die Dauer von fünf Jahren zugewiesen. Nach § 44 d SGB II übt der Geschäftsführer der gemeinsamen
Einheit über die zugewiesenen Beamten und Arbeitnehmer die dienst-, personal- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der Bundesagentur
und des kommunalen Trägers und die Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion mit Ausnahme der Befugnisse zur Begründung
und Beendigung der mit den Beamten und Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse aus. Der Antragsteller meint, dass er
durch die Zuweisung nach § 44 g Abs. 1 Satz 1 SGB II sein Amt als Personalratsmitglied bei der Agentur für A. Berlin M. nicht
verloren habe und dieses auch gegen den Willen der gemeinsamen Einrichtung bzw. ihres Geschäftsführers wahrnehmen dürfe.
Das Arbeitsgericht Berlin hat im Rahmen des am 13.01.2011 eingegangenen Verfügungsverfahrens mit oben genanntem Beschluss
den Rechtsstreit vorab an das Verwaltungsgericht Berlin verwiesen, weil es der Auffassung gewesen ist, dass der Streit der
Parteien nicht eine Frage aus dem Arbeitsverhältnis betreffe, sondern ausschließlich die Rechtsstellung des Antragstellers
als Personalratsmitglied, wofür die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Wegen der konkreten Begründung des Arbeitsgerichts
wird auf den Beschluss vom 20.01.2011 Bl. 40 a - 46 d. A. verwiesen.
Gegen diesen ihm am 26.01.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 04.02.2011 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene und am 09.02.2011 begründete sofortige Beschwerde des Antragstellers. Er meint, dass das Arbeitsgericht verkannt
habe, dass Streitgegenstand nicht die abstrakte Rechtsstellung des Antragstellers, sondern die individualrechtliche Frage
sei, ob er berechtigt sei, Arbeitszeit ohne Minderung seiner Bezüge und ohne die Gefahr arbeitsrechtlicher Sanktionen versäumen
zu dürfen.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags wird auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 09.02.2011 Bl. 65 - 67
d. A. und den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17.02.2011 Bl. 81 - 90 d. A. verwiesen.
II. Der Rechtsweg ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Berlin nicht zum Verwaltungsgericht Berlin, sondern zu den
Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Denn Streitpunkt ist zwar im Kern die Personalratsstellung des Antragstellers bzw. ob
er diese durch die Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung verloren hat. Im vorliegenden Verfahren ist jedoch anders als in
der von der Antragsgegnerin angezogenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27.01.2011 - VG 71 K 11.10 PVB nicht
die Bundesagentur für A. Beteiligte des Rechtsstreits, sondern ausschließlich die Antragsgegnerin, die gemeinsame Einrichtung.
Zu dieser besteht unstreitig kein personalvertretungsrechtliches, sondern nur ein individualarbeitsrechtliches Verhältnis,
nämlich das Weisungsrecht und die sonstigen arbeitsrechtlichen Befugnisse des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung
nach § 44 d Abs. 4 SGB II (vgl. für die Vorgängernorm des § 44 b Abs. 2 SGB II nur Fitting, BetrVG, 25. Aufl., § 5 Rz. 271). Für dieses und die Befreiung hiervon verbleibt es bei der bereits vom Antragsteller und dem Arbeitsgericht zitierten
Entscheidung des BAG vom 26.02.1992 - 7 AZR 201/92 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 99, zu II 1 a) und b) der Gründe: Der Anspruch auf Dienstbefreiung ist ein solcher aus dem Arbeits-
bzw. hier aus dem Einsatzverhältnis, kein aus dem Personalratsamt abgeleiteter Anspruch. Der Antragsteller erwirbt dementsprechend
wie im ähnlich gelagerten Fall der Überlassung von Beamten an private Arbeitgeber gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nach § 44 h Abs. 2 SGB II ein aktives und passives Wahlrecht zur Personalvertretung bei der gemeinsamen Einrichtung.
III. Da die Beschwerde Erfolg hat, ist keine Kostenentscheidung zu treffen. Die Verfahrenskosten werden von der Hauptsacheentscheidung
mit erfasst (vgl. nur Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl. § 48 Rz. 131 mwN).
IV. Eine Zulassung der weiteren Beschwerde kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des §
17 Abs.
4 Satz 4
GVG nicht vorlagen.