Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente geltend.
Der 1956 geborene Kläger erlernte nach dem Schulabschluss den Beruf eines Kraftfahrzeugelektrikers und war darin tätig. Am
29. November 2002 stürzte er bei einer Betriebsfeier mit einem Gefäß in der Hand und verletzte sich dabei eine Sehne der rechten
Hand. Der Arbeitsunfall ist durch den angefochtenen Bescheid anerkannt. Anschließend erhielt der Kläger bis zum 27. Mai 2004
Verletztengeld. Nach der Ambulanzdokumentation des Facharztes für Chirurgie S. vom Klinikum B. fand sich als primäre Verletzung
eine 5 cm lange, quer verlaufende Wunde über dem rechten hohlhandseitigen Handgelenk mit Durchtrennung der Beugesehne des
2. Fingers. Schon frühzeitig äußerten die Ärzte der Klinik für Plastische und Handchirurgie der berufsgenossenschaftlichen
Kliniken B. in H. den Verdacht auf eine Durchtrennung des Nervus medianus und auf ein CRPS. Von schmerztherapeutischer Seite
ergab sich die Diagnose eines CRPS II und einer chronischen Schmerzerkrankung des Stadiums I nach Gerbershagen. Im März 2003
wurden zunächst eine Neurolyse des Nervus medianus und Spaltung des Karpalkanals, sodann eine Sehnenlösung (Tenolyse) der
oberflächlichen und Sehnenbefestigung (Tenodese) der tiefen Beugesehne des rechten Zeigefingers vorgenommen. Im September
2003 führten die Ärzte eine vorläufige Wiederherstellung der Beugesehne des rechten Zeigefingers durch. Im Januar 2004 erfolgte
die dauerhafte Wiederherstellung durch eine Sehnentransplantation.
Im April 2004 wurde erneut eine Sehnenlösung des rechten Zeigefingers im Bereich des Handgelenkes und der fingernahen Hohlhand
vorgenommen. Die Verletztengeldzahlung endete am 27. Mai 2004. Die Berufstätigkeit als Kraftfahrzeugelektriker nahm der Kläger
nicht wieder auf.
Im chirurgischen Abschlussbericht der Kliniken B. vom 18. Mai 2004 beschrieben die Ärzte für den rechten Zeigefinger einen
Fingerkuppenhohlhandabstand von aktiv 6 cm, passiv 4 cm. Alle anderen Finger waren in die Faust beugbar. Der Abstand zur Handrückenebene
belief sich auf 2 cm.
Am 4. Juni 2004 berichtete Prof. Dr. M. von der neurologischen Abteilung der berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in H.:
Als Zeichen einer Parese im Medianusbereich fänden sich eine Einschränkung der Daumenopposition und der Mittelfingerbeugung,
daneben eine mechanische Bewegungseinschränkung des Zeigefingers. Im gesamten Versorgungsgebiet des Nervus medianus finde
sich (u.a.) eine Algesieminderung. Bei leichter Berührung über dem rechten Handgelenk träten elektrisierende Schmerzen auf,
das Hoffmann-Tinel-Zeichen sei dort positiv. Gegen die abends zunehmenden entsprechenden Ruheschmerzen verordne er dem Kläger
ein (bestimmtes) Schmerzmittel.
In einem Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung vom 25. Juni 2004 vertrat die Orthopädin Dipl.-Med. H. die Auffassung,
die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei nahezu aufgehoben. Der Faustschluss sei rechts nur mit den Fingern 3-5 möglich,
der Zeigefinger sei passiv gut zu beugen, aktiv im Grundgelenk zu 0/10/70 Grad zu strecken/beugen, im Mittelgelenk zu 0/0/90
Grad und im Endgelenk in 60 Grad Beugung nicht beweglich. Die Opposition des rechten Daumens sei nicht möglich; Streckung/Beugung
betrügen im Grundgelenk 0/0/40 Grad und im Endgelenk 0/0/90 Grad. Daumen, Zeige- und Mittelfinger seien gefühlsgemindert,
livide verfärbt und kühler. Die grobe Kraft sei rechts vermindert.
In einer Ergänzung vom 31. August 2004 zog sie die Schlussfolgerung, das Anheben und Festhalten kleiner Gegenstände wie Schrauben
oder Büroklammern sei nicht möglich, das Aufheben größerer Gegenstände, etwa eines Brillenetuis, nur unter Sichtkontakt.
Nach einem weiteren Bericht der neurologischen Abteilung der Kliniken B. vom 22. Juli 2004 zeigten sich die Ruheschmerzen
unter der Schmerzmitteldosis von 800 mg täglich gebessert.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S. vom 14. September 2004 ein. Darin schätzte
er die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf seinem Fachgebiet mit 20 v. H. ein. Beim Kläger lägen vor: Eine eingeschränkte aktive
und passive Beweglichkeit des rechten Zeigefingers mit weitgehender Aufhebung der aktiven Fingerbeugung, eingeschränkter Beweglichkeit
des Mittelgelenkes und Versteifung des Endgelenkes, eine eingeschränkte Beugefähigkeit und aufgehobene Sensibilität des rechten
Mittelfingers, Operationsnarben, eine Minderung der groben Kraft der rechten Hand, eine Störung der Greiffunktion der rechten
Hand, insbesondere für einen kraftvollen Spitzgriff zwischen Daumen einerseits und Zeige- und Mittelfinger andererseits sowie
für die Grobgriffarten, ein rückläufiges CRPS der rechten Hand und eine Funktionsstörung des rechten Mittelnervs, die der
Beurteilung durch ein Zusatzgutachten überlassen werde.
In seinem neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten vom 29. Oktober 2004 gelangte der Neurologe Prof. Dr. K. zu dem Ergebnis,
die Minderung der Erwerbsfähigkeit aus der unfallbedingten Medianusläsion rechts sei derzeit mit 20 v. H. einzuschätzen. Eine
Nachbegutachtung solle in einem Jahr erfolgen. Die Diagnose auf neurologischer Seite lautete auf eine unfallbedingte distale
Medianusläsion rechts im Handgelenksbereich. Beigefügt war das Gutachten von Prof. Dr. F. vom 20. Oktober 2004 über eine elektromyographische
und neurographische Zusatzuntersuchung. Abschließend schätzte Dr. S. die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30 v. H. ein und
schlug eine Nachuntersuchung nach Ablauf eines Jahres vor.
Die Beklagte hatte zuvor ein neurologischer Befundbericht des Oberarztes Dr. U. von den berufsgenossenschaftlichen Kliniken
B. vom 25. Oktober 2004 erreicht. Danach waren neuropathische Schmerzen im Bereich der rechten Hand unter Gabe von 700 mg
Schmerzmittel weitgehend gemindert. Eine Minderung aller sensiblen Qualitäten und leichtgradiger Lähmungen im vom Nervus medianus
versorgten Gebiet der rechten Hand mit feinmotorischer Störung bestünden fort.
Mit Bescheid vom 5. Januar 2005 stellte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Verletztenrente ab 28. Mai 2004 als vorläufige
Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. fest. Die Unfallfolgen stellte sie wie folgt fest:
Eingeschränkte passive und aktive Beweglichkeit des rechten Zeigefingers mit weitgehender Aufhebung der aktiven Fingerbeugung,
mit eingeschränkter Beweglichkeit des Mittelgelenkes und Versteifung des Endgelenkes, eingeschränkte Beugefähigkeit und aufgehobenes
Empfindungsvermögen des rechten Mittelfingers, Minderung der groben Kraft mit Störung der Greiffunktion der rechten Hand insbesondere
für den Spitzgriff Daumen-Zeigefinger und Daumen-Mittelfinger sowie die Grobgriffarten, deutlich verschmächtigte Muskulatur
des rechten Unterarmes und der rechten Hand, rückläufige komplexe Schmerzerkrankung (CRPS Typ II) der rechten Hand sowie Funktionsstörung
des Unterarmmittelnervs rechts nach Schnittverletzung am rechten Handgelenk mit Durchtrennung der Beugesehne des Handgelenkes
und des Zeigefingers. Die Narben im Bereich des rechten Unterarmes und der rechten Hand sowie am linken Unterschenkel nach
Sehnentransplantation seien reizlos verheilt.
Nach einem neurologischen Befundbericht von Prof. Dr. M. vom 17. Januar 2005 hatte der Kläger von einer anhaltenden Besserung
der Schmerzsymptomatik unter der verordneten Medikation berichtet. Die neurologische Untersuchung habe keine Änderungen ergeben.
Gegen den Bescheid legte der Kläger noch im Januar 2005 Widerspruch ein. Dabei bezog er sich auf ein für Arzthaftungsfragen
erstattetes Gutachten von Dr. R. vom 11. August 2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und hielt
an dem Ergebnis der von der Beklagten eingeholten Gutachten fest. Auch sei eine offensichtliche Differenz der gutachterlich
festgestellten Einschränkungen nicht erkennbar.
Mit der am 10. Mai 2005 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage hat der Kläger den Anspruch auf eine Verletztenrente
nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. verfolgt. Er hat behauptet, mit der rechten Hand mangels
Beweglichkeit und Kraft nicht mehr zufassen zu können. Wegen des weiteren Vorbringens wird insbesondere auf das Gutachten
von Dr. R., Bl. 21-33 d. A., Bezug genommen. Der Kläger hat weiter geltend gemacht, die Gebrauchseinschränkung stehe einem
Verlust der rechten Hand gleich, weil er so gut wie keine Tätigkeiten damit verrichten könne. Weder könne er sie beim An-
und Auskleiden einsetzen noch damit Speisen zerkleinern.
Die Beklagte hat weitere Gutachten zur Beurteilung des Rentenanspruchs auf Dauer eingeholt. In seinem neurologischen Zusatzgutachten
vom 16. August 2005 ist Prof. Dr. M. zu dem Ergebnis gelangt, die Begutachtung habe eine Läsion des Nervus medianus rechts
mit feinmotorischer Störung der rechten Hand, sensiblen Störungen und einem neuropathischen Schmerzsyndrom ergeben. Der rechte
Zeigefinger sei knöchern mechanisch in Beugefehlstellung versteift. Eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung der rechten
Hand mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auf neurologischem Gebiet um 30 v. H. ergebe sich daraus. Das Schmerzsyndrom
mit einem wesentlichen Anteil daran sei durch eine Steigerung der Medikamentendosis zu bessern, wodurch die Minderung der
Erwerbsfähigkeit auf 20 v. H. oder darunter verbessert werden könne.
In seinem neurophysiologischen Zusatzgutachten vom 17. August 2005 ist der gleiche Gutachter zu der Einschätzung gelangt,
in dem rechten Nervus medianus fänden sich Hinweise für eine demyelinisierende Läsion des Nervs in Höhe des Karpalkanals.
In seinem Gutachten vom 1. August 2005 ist der Direktor der Klinik für Plastische und Handchirurgie an den berufsgenossenschaftlichen
Kliniken B. Privatdozent Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt, die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei allein von seinem Gebiet aus
mit 20 v. H. einzuschätzen. Die Kraft fehle in sämtlichen Fingern der rechten Hand. Vor allem die drei Medianusinnervierten
Finger seien ungenügend beweglich und in diesem Bereich die Sensibilität herabgesetzt.
Mit Bericht vom 22. September 2005 hat Prof. Dr. M. mitgeteilt, die Schmerzmedikation sei in der Dosis gesteigert worden.
In der unter dem 6. September 2005 abgegebenen Gesamteinschätzung hat Privatdozent Dr. S. die Auffassung vertreten, auch nach
Vorlage des neurologischen Zusatzgutachtens sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v. H. einzuschätzen. Dem gegenüber
hat der beratende Arzt der Beklagten ein Festhalten an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. für gerechtfertigt
erachtet.
Dieser Einschätzung ist die Beklagte mit Bescheid vom 9. November 2005 bei ihrer Entscheidung gefolgt, die vorläufige Entschädigung
als Rente auf unbestimmte Zeit weiter zu zahlen. Als Folgen des Arbeitsunfalls hat sie bezeichnet:
Erhebliche Funktionsbeeinträchtigung der rechten Hand durch Bewegungseinschränkung der rechten Finger 2 - 3, Empfindungsstörungen
der rechten Finger 1 - 3 und komplexe Schmerzerkrankung der rechten Hand nach Schnittverletzung am rechten Handgelenk mit
Durchtrennung der Beugesehne des Handgelenkes und Zeigefingers rechts und Verletzung des Unterarmmittelnerves (Nervus medianus).
Mit Stellungnahme vom 6. Dezember 2005 hat Privatdozent Dr. S. mitgeteilt, er weiche von der Einschätzung des neurologischen
Gutachters ab. Die Beurteilung mit 30 v. H. sei bei einer hohen Medianusverletzung mit komplettem Ausfall der Medianusinnervierten
Beuger und dem Ausfall der Daumenopposition mit vollständigem Sensibilitätsausfall der Fingernerven 1-7 zuzuordnen. Diese
Einschränkungen lägen hier nicht vor. Zudem habe der neurologische Gutachter sich nicht auf sein Fachgebiet beschränkt, sondern
die Handfunktionsstörung allgemein bewertet. Eine weitere Besserung durch Medikation halte er allerdings nicht mehr für möglich.
In einem Befundbericht vom 13. Februar 2006 hat Prof. Dr. M. mitgeteilt, es sei unter der Medikation zu einer befriedigenden
Kontrolle der in Ruhe bestehenden Missempfindungen im Bereich der rechten Hand gekommen. Belastungsabhängig bestünden weiterhin
stechende Schmerzen im Nervusmedianus-Gebiet rechts. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nunmehr gegenüber seiner Begutachtung
auf 20 v. H. verbessert.
Der Kläger hat nach §
109 SGG ein Gutachten einholen lassen. In seinem nervenärztlichen Zusatzgutachten vom 25. Oktober 2006 gelangte Prof. Dr. B. zu dem
Ergebnis, von seinem Fachgebiet her sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit seit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit mit 30
v. H. einzuschätzen. Das entspreche gängigen Bewertungstabellen. Bei zwar rückläufigen, aber deutlichen trophischen Störungen
und schmerzhaften Reizerscheinungen durch Hyperpathie und Allodynie bestehe ein ausgeprägtes Schädigungsbild.
In seinem handchirurgischen Gutachten vom 17. Oktober 2006 ist Dr. R. zu dem Ergebnis gelangt, die Minderung der Erwerbsfähigkeit
sei von seinem Fachgebiet aus auf 10 v. H. zu schätzen. Es ergebe sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v. H. insgesamt.
In den Befunden bestehe gegenüber dem Gutachten von Dr. S. keine wesentliche Abweichung, wenngleich der Großteil der gemessenen
Bewegungsumfänge seinerzeit noch besser gewesen sei. Auch zum zweiten Rentengutachten bestünden keine wesentlichen Unterschiede.
Die Beklagte hat gegen die Begutachtung eingewandt, der Sachverständige habe die jeweilige Minderung der Erwerbsfähigkeit
aus den verschiedenen Fachgebieten zusammengezählt. Dies sei nicht zulässig.
Mit Urteil vom 24. Mai 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat den Bescheid vom 9. November 2005 gemäß §
96 SGG in sein Urteil einbezogen. Die Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit habe sich als nicht rechtswidrig erwiesen. Es
handele sich vielmehr um die Werte, die sich in andauernder Übung im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund gutachterlicher
Einschätzungen herausgebildet, Einzug in die Fachliteratur gefunden und Bestätigung durch die Gerichte gefunden hätten. Hinsichtlich
der Unfallfolgen bestehe zwischen den Beteiligten und den Gutachtern bzw. Sachverständigen kein Streit. Umstritten sei lediglich
deren Bewertung. Bei der Bewertung sei schwerpunktmäßig auf das neurologische Fachgebiet abzustellen, weil die Funktionsstörungen
in der Hauptsache auf neurologischen Ursachen beruhten. Die Ursache liege in einer Läsion des Nervus medianus, teilweise des
Nervus radialis mit einem CRPS. Die dem chirurgischen Fachgebiet zu zu ordnenden, nicht wesentlichen Funktionseinschränkungen
überschnitten sich mit den neurologischen Folgen, die alle chirurgischen Gutachter und Sachverständigen übereinstimmend eingeschätzt
hätten. Insoweit seien Funktionsstörungen, die im Einzelnen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H. bedingten, nicht
zu erkennen. Auf nervenärztlichem Fachgebiet hätten Prof. Dr. B. und Prof. Dr. M. die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30
v. H. eingeschätzt. Auch der Beratungsarzt der Beklagten habe überwiegend auf die neurologischen Funktionsstörungen abgestellt.
Die Zusammenzählung der einzelnen Einschätzungen der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der Vorgehensweise von Dr. R. sei
unstatthaft. Die erhebliche Gebrauchsminderung der rechten Hand, die Beweglichkeitseinschränkungen in verschiedenen Hand-
und Fingergelenken und Gelenkversteifungen des rechten Zeigefingers seien Folgen der Nervus-medianus-Läsion, die auf neurologischem
Fachgebiet begutachtet worden seien.
Gegen das ihm am 6. Juli 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Juli 2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Abweichung
der Einschätzung gegenüber dem Sachverständigen Dr. R. sei unzulässig, weil das Sozialgericht nicht begründet habe, wieso
es sich zu dieser Beurteilung überhaupt in der Lage sehe. Zumindest sei eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen
erforderlich gewesen. Die erhebliche Gebrauchsminderung der rechten Hand komme deren Verlust weitgehend nahe. Schon die Fachärztin
für Orthopädie H. habe in einem Gutachten vom 25. April 2004 für den Rentenversicherungsträger festgehalten, die Gebrauchsfähigkeit
der rechten Hand sei nahezu aufgehoben. In seiner neu aufgenommenen Tätigkeit als Kraftfahrer setze er die rechte Hand nur
zum Schalten mit dem Handballen ein und verschiebe auszuliefernde Essensbehälter mit dem gesamten rechten Arm. Der Bewegungsablauf
unterscheide sich nicht vom Fall einer Amputation der rechten Hand. Für diesen Fall nehme das Sozialgericht selbst eine Minderung
der Erwerbsfähigkeit um 60 v. H. an. Diese könne in seinem Fall jedenfalls nicht auf 30 v. H. vermindert werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. Mai 2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2005 sowie den Bescheid vom 9. November 2005 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 28. Mai 2004 höhere Verletztenrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts an und betont, bei einem Zusammenzählen der beiden einzelnen Einschätzungen
der Minderung der Erwerbsfähigkeit wür-de es zu Überschneidungen kommen, die eine ungerechtfertigt höhere Minderung der Erwerbsfähigkeit
insgesamt ergäben.
Das Gericht hat Befundberichte der Fachärztin für Neurologie Dr. H. vom 17. Dezember 2009, Bl. 168 ff. d. A. bzw. vom 27.
Oktober 2011, Bl. 181 f. d. A., eingeholt. Im Wesentlichen geht daraus hervor, dass in einem Zeitraum seit Oktober 2006 keine
wesentlichen Änderungen eingetreten sind. Trotz einer verstärkten kälteassoziierten Schmerzsymptomatik bestünden unveränderte
funktionelle Einschränkungen der rechten Hand.
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2011 hat das Gericht auf die maßgeblichen Tabellen zur Einschätzung der Minderung
der Erwerbsfähigkeit hingewiesen.
In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung haben die Akten der Beklagten - AZ: - vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§
143,
144 Abs.
1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2005 sowie der Bescheid
vom 9. November 2005 beschweren den Kläger nicht im Sinne von §§
157,
54 Abs.
2 S. 1
SGG, weil die Beklagte darin zu Recht die Zahlung einer Verletztenrente nach einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit abgelehnt
hat.
Der Kläger hat gem. §
56 Abs.
1 S. 1, Abs.
2 S. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB VII) keinen Anspruch auf eine höhere Verletztenrente, weil die durch die Unfallfolgen bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit
nicht 40 v. H. erreicht.
Grundlage für die Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §
56 Abs.
2 S. 1
SGB VII der Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten
auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Bemessung ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß §
128 Abs.
1 S. 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung
und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze trifft (BSG, Urt. v. 18. 3. 03 - B 2 U 31/02 R - Breithaupt S. 565; Urt. v. 2. 11. 1999 - B 2 U 49/98 R - SozR 3-2200 § 581 Nr. 6). Diese sind für die Entscheidung im Einzelfall zwar nicht bindend. Sie bilden aber die Grundlage
für eine gleiche und gerechte Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis.
Das Gericht folgt der Einschätzung der Gutachter Dr. S. im ersten Rentengutachten und Prof. Dr. M. im zweiten Rentengutachten.
Aus den Einschätzungen der übrigen Gutachter und Sachverständigen folgen keine Befunde und Diagnosen, die eine abweichende
Beurteilung rechtfertigen; denn sie entsprechen weitgehend den schon von Dr. S. und Prof. Dr. K. mitgeteilten, wie Dr. R.
in seinem Gutachten auch zusammenfassend bekundet. Danach ist die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30 v.
H. für den gesamten Zeitraum vom Rentenbeginn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung überzeugend.
Bei dem Verletzungsbild des Klägers mit den zusammenhängenden Funktionsstörungen handelt es sich um eine komplexe Störung
der rechten Hand, für die in der medizinischen Literatur Tabellenwerte unmittelbar nicht zu finden sind. Insoweit spricht
es nicht gegen die Überzeugungskraft der gutachterlichen Einschätzungen, wenn diese weitgehend nicht auf Einschätzungen der
jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit für einzelne Teilfunktionsstörungen beruhen. Die Beurteilungen sind aber anhand
gängiger Tabellenwerte gut überprüfbar.
Eine Teillähmung des Nervus medianus bedingt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. (Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung,
Anhang 12 J 027; ähnlich Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Aufl., S. 161: Die Minderung der Erwerbsfähigkeit um
30 v. H. für eine körperferne Medianusschädigung ist bei Teillähmungen - Paresen - geringer zu bewerten; Widder/Gaidzik, Begutachtung
in der Neurologie, 2007, S. 437: distaler Medianusschaden MdE 25 v. H.). Eine solche Teillähmung liegt im Falle des Klägers
vor. Denn sowohl in motorischer als auch in sensibler Hinsicht teilen die eingeschalteten Ärzte zwar Störungen und Paresen,
aber keinen vollständigen Ausfall mit.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist durch das diagnostizierte Schmerzsyndrom (CRPS II) höher - mit 30 v. H. - einzuschätzen.
Insoweit besteht Einigkeit zwischen Prof. Dr. M. und Prof. Dr. B., denen das Gericht - als erfahrenen und gründlichen Gutachtern
- folgt. Diese Einschätzung erscheint auch angemessen, weil während des gesamten Zeitraums die medikamentöse Beeinflussbarkeit
des Schmerzsyndroms beschrieben wird. Denn seit Beginn der Schmerzmittelgabe wird von den Neurologen der Klinik B. eine erhebliche
Besserung insbesondere der elektrisierenden Ruheschmerzen unter fortlaufender Medikation beschrieben. Insoweit entspricht
es nicht den seit 2004 durchgehend mitgeteilten Befunden, wenn Prof. Dr. M. für den Behandlungsverlauf im Jahre 2006 von Schwankungen
(mit einer schließlichen Besserung) ausgeht. Ob dies ggf. die von ihm gesehene Besserung oder eher eine zwischenzeitliche
Verschlechterung begründen könnte, braucht und kann daher nicht entschieden werden.
Soweit Prof. Dr. K. die Minderung der Erwerbsfähigkeit vom neurologischen Fachgebiet aus niedriger einschätzt, findet sich
die Erklärung in dem Umstand, dass Prof. Dr. K. die Einschätzung des CRPS II dem Hauptgutachter überlässt. Dies zeigt sich
daran, dass er selbst ausdrücklich nur die Medianusläsion selbst einbezieht und bei der Diagnosestellung eines CRPS II auf
das chirurgische Hauptgutachten verweist. Insoweit steht weder die Einschätzung Prof. Dr. K.s noch die Gesamteinschätzung
von Dr. S. in Widerspruch zu den nachfolgenden neurologischen Beurteilungen.
Vor diesem Hintergrund sind nahezu alle Diagnosen und Funktionsstörungen schon von der Einschätzung der Neurologen Prof. Dr.
M. und Prof. Dr. B. erfasst. Ausgenommen davon ist nur die von Prof. Dr. M. als knöchern mechanisch beschriebene Versteifung
des rechten Zeigefingers, die sich nach den Detailbefunden nur auf das Endgelenk des Zeigefingers bezieht; denn nur dort liegt
eine wirkliche Versteifung vor. Alle anderen von den chirurgischen Gutachtern und Sachverständigen erhobenen Befunde betreffen
entweder die neurologische Erkrankung oder erschöpfen sich in der Messung von Bewegungseinschränkungen, die jedenfalls schon
durch den motorischen Anteil der Medianusteillähmung erklärt sind. So bezeichnet Prof. Dr. M. bereits in seinem Bericht vom
4. Juni 2004 die Einschränkung der Daumenopposition und der Mittelfingerbeugung als Parese und stellt sie insoweit der mechanischen
Bewegungseinschränkung des Zeigefingers gegenüber. Auch Prof. Dr. K. benennt die verschiedenen Bewegungseinschränkungen und
Kraftminderungen von Fingern der rechten Hand als Zeichen der Medianusläsion.
Die Teilversteifung des Zeigefingers der rechten Hand ist hinsichtlich der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit weniger als
15 v. H. einzuschätzen. Denn so oder niedriger wäre der Verlust des Fingers zu beurteilen (Mehrtens, aaO., J 051; Mehrhoff/Meindl/Muhr,
aaO., S. 159: 10 v. H.).
Die Meinung Dr. R.s, bei einer Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H. errechne sich insgesamt eine Minderung
der Erwerbsfähigkeit um 40 v. H., kann die vorangehenden überzeugenden Einschätzungen nicht erschüttern. Es fehlt schon eine
nachvollziehbare Begründung, weil Dr. R. davon auszugehen scheint, Minderungen der Erwerbsfähigkeit auf verschiedenen Fachgebieten
seien aus sich heraus zusammenzuzählen. Dies deutet seine selbstverständlich wirkende Zusammenrechnung der Beurteilungen mit
"so dass" an. Zu Recht aber haben die vorher tätigen Gutachter und Sachverständigen, so ausdrücklich Dr. S., eine Überschneidung
der Funktionsstörungen berücksichtigt. Die Teilversteifung des Zeigefingers überschneidet sich nämlich mit den Auswirkungen
der Medianuslähmung, die typischerweise bereits eine Funktionsstörung des davon versorgten Zeigefingers nach sich zieht. Denn
Prof. Dr. B. weist (erneut) darauf hin, die Nervenausfälle auch des Zeigefingers beträfen anatomisch korrekt das Versorgungsgebiet
des Nervus medianus.
Der vom Kläger wiederholt geäußerten, auf die Meinung Dipl.-Med. H.s gestützten Behauptung, sein Zustand sei annähernd dem
des Verlustes der rechten Hand gleichzusetzen, folgt der Senat nicht. Der Kläger kann die rechte Hand jedenfalls zum Greifen
einsetzen. Dazu stehen ihm nach Dipl.-Med. H.s eigenen Ausführungen grundsätzlich drei Finger zur Verfügung, die am Faustschluss
beteiligt sind. Die Möglichkeit zum Greifen größerer Gegenstände geht weit über die Möglichkeiten eines Verletzten hinaus,
der beispielsweise auch nur alle fünf Finger einer Hand verloren hat und dessen Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50 v. H.
zu beurteilen ist. So wird zwar einhellig ein elektrisierender Berührungsschmerz über den Narben im Handgelenksbereich beschrieben.
Dieser spielt aber nicht bei jeder Handbenutzung eine Rolle, weil sich eine Berührung des Handgelenks meist vermeiden lassen
wird. Der Versorgungsbereich des Nervus medianus selbst ist hingegen gerade durch eine Herabsetzung der Schmerzwahrnehmung
gekennzeichnet, wie bereits aus dem Bericht des B. vom 4. Juni 2004 hervorgeht. Auch widerlegen die Gutachten den Vortrag
des Klägers teilweise. So ist die Behauptung, die rechte Hand könne zum Anziehen nicht eingesetzt werden, dahin abzuschwächen,
dass der Kläger damit keine Knöpfe schließen kann. Nur so gibt nämlich Dr. R. die Angaben des Klägers zu seinen Problemen
mit der rechten Hand beim Anziehen wieder. Auch seine Behauptung, die rechte Hand in seiner neuen Berufstätigkeit praktisch
nicht einzusetzen, ist durch die Beobachtung Prof. Dr. B.s, der konkret eine Beschwielung im Bereich der drei äußeren Finger
der rechten Hand beschreibt, unglaubhaft. Vielmehr wird die Einschätzung Dr. S.s oder Prof. Dr. M.s dem Umstand gerecht, dass
selbst der Verlust von Daumen und Zeigefinger eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. nach sich zieht. Angesichts
erheblicher erhaltener Restfunktionen des Daumens beim Kläger nach den erhobenen Befunden und der entsprechenden Einschätzung
der Ärzte, ist eine jedenfalls nicht höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit folgerichtig. Denn dem Daumen
kommt für die Handfunktion besondere Bedeutung zu, wie sich daran zeigt, dass sein Verlust allein bereits eine Minderung der
Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. bedingt (Mehrtens, aaO., J 051).
Eine höhere Minderung der Erwerbsfähigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, die eingenommenen Schmerzmittel
erhöhten sein Schlafbedürfnis. Denn durch die nachfolgende Aufnahme des Berufs als Kraftfahrer hat der Kläger eine jedenfalls
nicht wesentlich geminderte Konzentrationsfähigkeit unter Beweis gestellt. Beschwerden in dieser Hinsicht bei der Berufsausübung
hat der Kläger nie mitgeteilt.
Ein Fall der Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach §
56 Abs.
2 S. 2
SGB VII liegt hier nicht vor. Die Aufgabe des Berufes als Kraftfahrzeugmechaniker führt dazu nicht. Denn besondere Kenntnisse und
Erfahrungen im Sinne der Vorschrift waren mit der Tätigkeit nicht verbunden. In diesem Sinne "besonders" sind nur ungewöhnliche
Fertigkeiten, nicht die durch eine allgemeine Berufsausbildung vermittelten Fertigkeiten (BSG, Urt. v. 19. 9. 1974 - SozR
2200 § 581 Nr. 2). Solche ungewöhnlichen Fertigkeiten hat die Berufsausübung des Klägers vor der Verletzung nicht erfordert.
Eine wesentliche Änderung in den Funktionsstörungen ist seit dem Rentenbeginn nicht eingetreten. Aus den Berichten Dr. H.s
ergibt sich dies ausdrücklich. Diese Einschätzung steht in Einklang mit den wiedergegebenen Befunden und Diagnosen, die ebenfalls
denjenigen bei Beginn des Rentenbezugs entsprechen. In der Einschätzung Dr. H.s bereits berücksichtigt ist eine verstärkte
Schmerzsymptomatik bei Kälte. Dies entspricht auch der Bewertung durch Priv.-Doz. Dr. S., dem gegenüber der Kläger bereits
über eine vermehrte und im Winter noch verstärkte Kälteempfindlichkeit geklagt hatte, ohne dass dies zu einer höheren Einschätzung
der Minderung der Erwerbsfähigkeit Anlass gab.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG liegen nicht vor.