Abzugsfähigkeit der nach dem Bundessozialhilfegesetz an das Kind zu leistenden Unterhaltsleistungen
Tatbestand:
Streitig ist, ob der vor den Klägern aufgrund des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) an das Kreissozialamt geleistete Unterhaltsbeitrag für die Tochter der Kläger als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen
ist.
Die am 1. März 1969 geborene Tochter der Kläger, ... hat am 29. Mai 1990 einen Motorrad Unfall erlitten, weswegen sie ihre
Ausbildung zur Krankenschwester abbrechen mußte. Sie hatte keine Vermögen und bezog keine Einkünfte. Aufgrund Vergleichs-
und Abfindungserklärungen erhielt sie zur Abgeltung ihrer Ansprüche aus dem Unfall im Jahr 1996 10.000 DM und im Jahr 1997
38.000 DM ausbezahlt.
Vom Januar 1996 bis Februar 1997 erhielt die Tochter vom Landratsamt Ortenaukreis, Kreissozialamt, eine monatliche Hilfe zum
Lebensunterhalt. Das Kreissozialamt nahm bereits im Jahr 1996 die Kläger aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags in Anspruch. Diese Forderung stundete das Kreissozialamt sodann
bis zur Klärung eines Rentenanspruchs der Tochter. Nach Ablehnung des Rentenanspruchs forderte das Kreissozialamt die Kläger
mit Schreiben vom 21. Februar 1997 auf, die für die Zeit vom Januar 1996 bis Februar 1997 angelaufene Hilfe zum Lebensunterhalt
in Höhe von insgesamt 7.044,93 DM zu leisten, was die Kläger im Jahr 1997 befolgten.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung für 1997 machten die Kläger den Betrag von 7.044,93 DM als außergewöhnliche Belastung geltend.
Der Betrag wurde zwar vom beklagten Finanzamt (FA) im Einkommensteuerbescheid vom 6. August 1998 nach §
33 des Einkommensteuergesetzes (
EStG) berücksichtigt, wirkte sich aber wegen der zumutbaren Belastung nicht aus.
Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, bei der gezahlten Hilfe zum Lebensunterhalt handle es sich um Unterhaltsleistungen
im Sinn des §
33 a Abs.
1
EStG, so daß eine zumutbare Belastung nicht anzurechnen sei. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 4. März
1999 mit der Begründung zurück, die Zahlungen der Kläger seien zur Deckung des Rückstandes gedacht gewesen; da die Kosten
den Klägern zwangsläufig entstanden seien und sie sich ihnen aus rechtlichen und sittlichen Gründen nicht entziehen könnten,
seien sie als außergewöhnliche Belastung im Sinn des §
33
EStG berücksichtigt worden.
Mit der Klage machen die Kläger weiterhin den Abzug als außergewöhnliche Belastung nach §
33 a Abs.
1
EStG geltend. Auf ihre Schriftsätze vom 1. April 1999, 4. Oktober 1999, 24. März 2000 und 24. April 2000 wird verwiesen.
Die Kläger beantragen,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid dahin zu ändern, daß 7.044,93 DM nach §
33 a Abs.
1
EStG in voller Höhe berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, die Abzugsfähigkeit der zurückgezahlten Sozialhilfe
scheitere auch daran, daß sie im Streitjahr eigenes Vermögen gehabt habe (§
33 a As. 1 Satz 3
EStG). Die Tochter Tanja Bitsch habe außer der bisher bekannten Erwerbsunfähigkeitsrente, der Arbeitslosenhilfe und dem Arbeitslosengeld
aufgrund des Unfalls von der gegnerischen Haftpflichtversicherung eine Vergleichs- bzw. Abfindungszahlung erhalten, die weit
über dem nach Abschn. 190 Abs. 3 der Einkommensteuerrichtlinien unschädlichen Betrag von 30.000 DM liege. Darüber hinaus fehle
es bei der Zahlung der 7.044,93 DM am Merkmal der Zwangsläufigkeit, das auch bei §
33 a Abs.
1
EStG typisierend geregelt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 30. Mai 2000 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage kann keinen Erfolg haben.
Ein Abzug der von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist weder ganz noch teilweise
rechtlich möglich.
Bei den streitigen Zahlungen der Kläger an das Kreissozialamt handelt es sich nicht unmittelbar um Unterhaltszahlungen, sondern
um die Rückzahlung oder Erstattung der vom Kreissozialamt gewährten Sozialhilfe an die Tochter aufgrund der Vorschriften des
BSHG. Indes beruht diese Inanspruchnahme durch das Kreissozialamt letztlich auf der Unterhaltsverpflichtung der Kläger gegenüber
ihrer Tochter. Das Kreissozialamt ist mit der Zahlung der Sozialhilfe praktisch für die unterhaltsverpflichteten Kläger in
Vorleistung getreten, die den entsprechenden Betrag dem Kreissozialamt zu erstatten hatten. Es handelt sich daher dabei jedenfalls
dem Charakter nach um Unterhaltsleistungen der Kläger, auf die die Vorschriften des §
33 a Abs.
1
EStG anzuwenden sind (vgl. Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 6. September 1978 II 172/76, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1979, 126, Schmidt, Komm. zum
EStG, §
33 a Rdnr. 13).
Dies gilt auch für den Erstattungsbetrag in Höhe von 6.219 DM, der anteilmäßig auf das Jahr 1996 entfällt. Nachzahlungen von
Unterhaltsaufwendungen fallen zwar nicht unmittelbar unter die Vorschrift des §
33 a Abs.
1
EStG, die grundsätzlich nur für Aufwendungen gilt, die den laufenden Lebensbedarf des Empfängers decken sollen (vgl. Urteil des
BFH vom 13. Februar 1987 III R 196/82, BStBl II 1987, 341). Folglich könnten Unterhaltsnachzahlungen allenfalls nach §
33
EStG zu berücksichtigen sein. Indes sind nach der Rechtsprechung, der der Senat folgt, auch hier - ohne Berücksichtigung einer
zumutbaren Belastung nach §
33 Abs.
3
EStG - die Abzugsvoraussetzungen und -beschränkungen des §
33 a Abs.
1
EStG zu berücksichtigen (vgl. Urteil des BFH vom 9. Dezember 1966 VI R 101/66, BStBl III 1967, 246, Urteile des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28. November 1985 III K 250/83, EFG 1986, 124, und vom 16. Februar 1995 14 K 510/91, EFG 1995, 892). Die Anwendung des §
33
EStG auf Unterhaltszahlungen zurückliegender Jahre darf nämlich nicht dazu führen, daß derjenige, der seine Unterhaltspflicht
mit Verspätung erfüllt, steuerlich günstiger behandelt wird als derjenige, der seiner Unterhaltspflicht laufend nachgekommen
ist.
Dementsprechend sind auch die Zahlungen an das Kreissozialamt um die (Einkünfte und) Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts
bestimmt oder geeignet sind, nach der Vorschrift des des §
33 a Abs.
1 Satz 4
EStG zu kürzen, wie dies das FA im Schriftsatz vom 30. Mai 2000 zutreffend dargestellt und berechnet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).