Berücksichtigung von einer Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegenstehenden ehebedingten Nachteilen bei der Billigkeitsprüfung
i.R.d. Bemessung des Unterhalts; Zu berücksichtigende Faktoren i.R.d. Billigkeitsabwägung bzgl. einer Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs
auf den angemessenen Lebensbedarf bei fehlenden ehebedingten Nachteilen; Zunehmende Gewichtung der Ehedauer aufgrund wirtschaftlicher
Verflechtung im Falle der Aufgabe einer Erwerbstätigkeit wegen Betreuung gemeinsamer Kinder oder Haushaltsführung
Tatbestand
Die Parteien streiten um nachehelichen Aufstockungsunterhalt.
Die 1952 geborene Antragstellerin und der 1949 geborene Antragsgegner schlossen im November 1980 die Ehe, aus der ein 1982
geborener Sohn hervorgegangen ist. Im Januar 2003 trennten sich die Parteien. Der Antragsgegner ist eine neue Partnerschaft
eingegangen, aus der im September 2003 eine Tochter hervorgegangen ist.
Der Antragsgegner hat aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit und einem Wohnvorteil abzüglich des Unterhalts für die 2003
geborene Tochter sowie seines Erwerbstätigenbonus unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich 3.563,18 EUR. Die Antragstellerin
erzielt aus ihrer vollschichtigen Erwerbstätigkeit als Motopädin und aus Zinserträgen unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe
von monatlich 1.019,37 EUR.
Nach ihrer Ausbildung zur Gymnastiklehrerin war die Antragstellerin von 1971 bis 1973 als Sportlehrerin an einem Gymnasium
tätig. Danach zog sie in die Nähe des Antragsgegners, mit dem sie bereits seinerzeit befreundet war und arbeitete bis 1977
als Fachlehrerin für Sport und pflegerische Gymnastik. Sodann zog sie mit dem Antragsgegner in sein Elternhaus in S. -S. und
war zunächst sechs Monate arbeitslos. In der Folgezeit absolvierte sie eine Ausbildung zur Motopädin und war - ab der Heirat
nur noch mit zwölf Stunden wöchentlich - in diesem Beruf tätig. Ab der Geburt des gemeinsamen Sohnes war sie zunächst nicht
erwerbstätig und übernahm den Haushalt und die Kindeserziehung. Ab Oktober 1987 arbeitete sie wieder - bis zur Scheidung mit
reduzierter Stundenzahl und seit August 2008 vollschichtig -in ihrem Beruf als Motopädin.
Auf den im November 2003 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden. Außerdem hat es
monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 51,74 EUR vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das der Antragstellerin
übertragen und den Antragsgegner verurteilt, einen Zugewinnausgleich in Höhe von 32.755,86 EUR an die Antragstellerin zu zahlen.
Insoweit ist das Urteil seit dem 24. Juli 2008 rechtskräftig. Auf die Berufung des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht
den nachehelichen Unterhalt herabgesetzt und den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin monatlichen nachehelichen
Unterhalt in Höhe von 1.272 EUR für die Zeit bis zum 31. Juli 2012 zu zahlen; den weitergehenden Antrag hat es abgewiesen.
Gegen die Befristung des nachehelichen Unterhalts auf die Zeit bis Juli 2012 richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene
Revision der Antragstellerin. Sie begehrt einen unbefristeten Unterhalt in der zugesprochenen Höhe.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und insoweit zur Zurückverweisung
des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Für das Verfahren ist gemäß Artikel 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet
worden ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Rn. 5).
I.
Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FF 2009, 28 veröffentlicht ist, hat den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin auf vier Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung befristet.
Die zwischen den Parteien bestehende Einkommensdifferenz, welche einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründe, beruhe
nicht auf ehebedingten Nachteilen, sondern auf einem schon zu Beginn der Ehe bestehenden unterschiedlichen Qualifikationsniveau
der Eheleute. Die Antragstellerin sei bei Eingehung der Ehe ausgebildete Motopädin gewesen und habe bereits einige Monate
in diesem Beruf gearbeitet. Auch bis zur Geburt des ersten Kindes und ab 1987 habe sie durchgängig beim selben Arbeitgeber
in diesem Beruf gearbeitet und sei heute dort vollschichtig tätig. Weder die mehrjährige Berufspause nach der Geburt des gemeinsamen
Kindes noch die zeitweise halbschichtige oder stundenweise Tätigkeit seien ursächlich für das relativ geringe Einkommen. Auch
bei durchgängig vollzeitiger Erwerbstätigkeit wäre das Einkommen heute nicht höher. Anderes sei nicht ersichtlich und auch
von der Antragstellerin nicht dargelegt. Ein ehebedingter Nachteil sei auch nicht in der Aufgabe der früheren Tätigkeit als
Sportlehrerin zu erblicken. Sie habe die Tätigkeit an einem Gymnasium bereits 1973 und die Tätigkeit als Lehrerin für Sport
und pflegerische Gymnastik 1977 aufgegeben, viele Jahre vor der späteren Heirat. Die Ausbildung zur Motopädin und die Erwerbstätigkeit
in diesem Beruf seien deswegen nicht ehe-, sondern ortsbedingt. Denn die Aufgabe der Tätigkeit als Lehrerin sei nicht auf
ehespezifische Umstände wie die Rollenverteilung oder die Kinderbetreuung, sondern allein darauf zurückzuführen, dass sie
am neuen Wohnort lange vor der Heirat keine adäquate Tätigkeit gefunden habe.
Ehebedingte Nachteile ergäben sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer vermögens- und versorgungsrechtlichen Verflechtung.
Dass eine derartige Verflechtung nicht als ehebedingter Nachteil im Sinne des §
1578 b BGB angesehen werden könne, belegten die Rechtsinstitute des Zugewinn- und des Versorgungsausgleichs, welche dazu geschaffen
seien, ehebedingte Nachteile hinsichtlich des Vermögenserwerbs und der Altersversorgung auszugleichen. Sofern - wie hier -
beide Ausgleichsverfahren durchgeführt würden, könne sich kein Ehegatte auf solche ehebedingten Nachteile berufen. Es möge
zwar sein, dass die Antragstellerin höhere Rentenanwartschaften erworben hätte, wenn sie durchgängig vollschichtig erwerbstätig
gewesen wäre. Sie habe aber nicht behauptet, dass sie dann aus ihrem geringen Einkommen als Motopädin ein Vermögen im Umfang
des übertragenen Zugewinns gebildet hätte.
Auch die lange Ehedauer stehe einer Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht entgegen. Jede Ehe von langer Dauer führe
zu einer zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung. Die Antragstellerin sei allerdings vollständig auf dem Arbeitsmarkt integriert
und dauerhaft in der Lage, für ihren Unterhalt zu sorgen. Durch das Restvermögen aus dem Zugewinnausgleich und ihren Anteil
an der Erbschaft nach ihrem Vater sei die Antragstellerin zusätzlich abgesichert. Zwar verfüge der Antragsgegner über ein
relativ hohes Einkommen, dessen rückläufige Tendenz allerdings dargelegt sei. Bei seiner Vermögensanlage habe sich der Antragsgegner
offenbar deutlich verspekuliert mit der Folge, dass sehr hohen Zins- und Tilgungszahlungen eine äußerst geringe Rendite gegenüberstehe.
Eine unbefristete Unterhaltszahlung würde den Antragsgegner daher in erheblichem Umfang belasten, zumal er eine neue Familie
gegründet habe, aus der die im Jahre 2003 geborene Tochter hervorgegangen sei. Dabei werde nicht verkannt, dass die Ehe mit
28 Jahren von besonders langer Dauer gewesen sei. Schon 1998 habe es aber in der Ehe "gekriselt" und bereits seinerzeit sei
über Rechtsanwälte korrespondiert worden. Auch habe der Antragsgegner bereits im Jahre 2000 mit Kenntnis der Antragstellerin
ein außereheliches Verhältnis aufgenommen. Das Vertrauen der Antragstellerin in den Bestand der Ehe sei deswegen schon relativ
lange Zeit wenn nicht erschüttert, so doch eingeschränkt gewesen.
II.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Revision genügt die angefochtene Entscheidung allerdings den Anforderungen, die §
540 Abs.
1 Satz 1
ZPO an ein Berufungsurteil stellt.
a)
Nach §
540 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 ZPO muss ein Berufungsurteil zwar keinen Tatbestand enthalten. Erforderlich ist aber eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen
in dem erstinstanzlichen Urteil mit einer Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen. Dazu gehört auch die zumindest
sinngemäße Wiedergabe der Berufungsanträge (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 20; BGH Urteile vom 14. Januar 2005 - V ZR 99/04 - FamRZ 2005, 701; BGHZ 156, 216, 218 = FamRZ 2004, 265 und BGHZ 154, 99, 100 f. = FamRZ 2003, 747).
b)
Eine solche sinngemäße Wiedergabe der Berufungsanträge lässt sich dem angefochtenen Urteil hier noch entnehmen.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte das Amtsgericht den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin einen
unbefristeten monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.321 EUR zu zahlen. Mit seiner Berufung wollte der Antragsgegner
nach dem Inhalt des Berufungsurteils eine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts auf 810 EUR monatlich und eine Befristung
auf die Zeit bis Ende 2008 erreichen. Einen Gegenantrag der Antragstellerin hat das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich
wiedergegeben. Indem sie nach dem Inhalt des Berufungsurteils allerdings einen ehebedingten Nachteil durch Aufgabe ihrer Sportlehrertätigkeit
geltend macht und einen Rückgang des Einkommens des Antragsgegners bestreitet, wendet sie sich in vollem Umfang gegen die
Berufung des Antragsgegners. Eine darüber hinaus gehende Anschlussberufung ist weder dem Rubrum noch dem Tenor oder den Gründen
des Berufungsurteils zu entnehmen. Damit wird der durch die Anträge der Parteien zu bestimmende Gegenstand des Berufungsverfahrens
noch hinreichend deutlich.
2.
Die Befristung des nachehelichen Unterhalts, dessen Höhe nicht mehr streitig ist, auf die Zeit bis Juli 2012 hält den Angriffen
der Revision hingegen nicht stand.
a)
Nachehelicher Aufstockungsunterhalt ist nach §
1573 Abs.
2 BGB - vorbehaltlich der im Gesetz vorgesehenen Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeit - grundsätzlich zeitlich unbefristet geschuldet.
Das Maß des nachehelichen Unterhalts bestimmt sich gemäß §
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB regelmäßig nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Damit unterscheidet sich der nacheheliche Unterhalt grundlegend von dem
Verwandtenunterhalt und dem Unterhaltsanspruch nach §
1615 l
BGB, bei denen sich das Maß des Unterhalts gemäß §
1610 Abs.
1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt) bestimmt. Der vom Einkommen des besser verdienenden E-hegatten
abgeleitete Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen bietet dem geschiedenen Ehegatten jedoch keine Lebensstandardgarantie.
Denn nachdem das Gesetz mit §
1573 Abs.
5 BGB aF und §
1578 Abs.
1 Satz 2
BGB aF bereits seit 1986 Möglichkeiten zur Begrenzung und Befristung vorsah, regelt §
1578 b BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung nunmehr generell die Möglichkeit einer Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung
des nachehelichen Unterhalts.
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des
Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen
Kindes unbillig wäre. Nach §
1578 b Abs.
2 Satz 1
BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig
wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus §
1578 b Abs.
1 Satz 2 und
3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die
Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der
Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während
der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
aa)
Nach §
1578 b Abs.
2 Satz 2 i.V.m. Abs.
1 Satz 2
BGB ist somit vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind, die schon deswegen regelmäßig einer Begrenzung
oder Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegenstehen, weil der Unterhaltsberechtigte dann seinen eigenen angemessenen
Unterhalt nicht selbst decken kann. Denn ein ehebedingter Nachteil ergibt sich in der Regel daraus, dass der unterhaltsberechtigte
Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde. §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB sieht deswegen eine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts auch lediglich bis auf den angemessenen Lebensbedarf vor, der
nach der Rechtsprechung des Senats durch die eigene Lebensstellung ohne Ehe und Kindererziehung definiert ist (Senatsurteil
vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 28 ff.).
Weil dem Unterhaltsberechtigten regelmäßig der angemessene Lebensbedarf nach den ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren
Einkünften zu belassen ist, sind ihm ehebedingte Nachteile grundsätzlich auszugleichen. Eine Befristung des nachehelichen
Unterhalts nach §
1578 b Abs.
2 BGB kommt deswegen regelmäßig nur dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte Einkünfte erzielt, die diesem angemessenen
Lebensbedarf entsprechen, wenn also keine ehebedingten Nachteile (mehr) vorliegen.
bb)
Ob eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§
1578 Abs.
1 Satz 1
BGB) auf den angemessenen Lebensbedarf (§
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB) in Betracht kommt, ist gemäß §
1578 b BGB im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen, die dem Tatrichter obliegt (Senatsurteil vom 11. August 2010
- XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 47). Entsprechend hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass sich §
1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität
berücksichtigt (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 -XII ZR 140/08 -FamRZ 2010, 629 Rn. 25 mwN). Auch im Rahmen der insoweit gebotenen Billigkeitsprüfung sind nach §
1578 b Abs.
1 Satz 3
BGB neben weiteren relevanten Umständen im Einzelfall die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die
Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie die Dauer der Ehe zu berücksichtigen. Dabei ist
die Dauer der Ehe allein kein entscheidendes Kriterium, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren
und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn
der Ehe vorlag (vgl. Senatsurteil vom 26. September 2007 - XII ZR 11/05 - FamRZ 2007, 2049 Rn. 20 ff.). Die Ehedauer gewinnt aber durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe
einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt. Dieser Gesichtspunkt
kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Herabsetzung oder zeitliche
Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf sprechen (vgl. Senatsurteil vom 11. August
2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48).
b)
Zu Recht ist das Berufungsgericht hier davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keine ehebedingten Nachteile erlitten hat.
Zutreffend ist insoweit der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Antragsgegner als Unterhaltsschuldner,
der sich mit seinem Begehren nach Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf eine prozessuale Einwendung beruft,
die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der dafür sprechenden Tatsachen trägt. In diese Darlegungs- und Beweislast des
Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im
Sinne von §
1578 b BGB entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungsund Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den
von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Diese sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen
des §
1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert
bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen
des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen
widerlegt und dies bewiesen werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 -XII ZR 175/08 -FamRZ 2010, 875 Rn. 18 ff.).
Nachdem der Antragsgegner ehebedingte Nachteile der Antragstellerin in Abrede gestellt hatte, hat die Antragstellerin nach
den Feststellungen des Oberlandesgerichts solche Nachteile nicht substantiiert vorgetragen. Soweit die Revision eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs behauptet, stützt sie sich lediglich auf eine abweichende rechtliche Bewertung des schon vor der Ehe
erlernten und ausgeübten neuen Berufes der Antragstellerin und rügt keinen übergangenen substantiierten Tatsachenvortrag,
der sonst einen ehebedingten Nachteil begründen könnte.
aa)
Der berufliche Wechsel der Antragstellerin von ihrer früheren Tätigkeit als Lehrerin zu ihrem neuen Beruf als Motopädin ist
nicht auf die Ehe der Parteien oder die Kindererziehung zurückzuführen. Denn die Antragstellerin hatte ihren früheren Beruf
als Lehrerin am Gymnasium bereits 1973 und die spätere Tätigkeit als Fachlehrerin für Sport und pflegerische Gymnastik bereits
1977 aufgegeben, um mit dem Antragsgegner zusammenzuziehen. Ihre Ehe haben die Parteien erst im November 1980 geschlossen,
als die Antragstellerin bereits ihren neuen Beruf erlernt und auch ausgeübt hatte. Die deutlich vor der Ehe liegende Entwicklung
ist deswegen, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, nicht durch die Ehe, sondern durch das voreheliche Zusammenleben
der Parteien veranlasst, was vom Vertrauen in den Bestand der Ehe nicht erfasst wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 32 f. und vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - FamRZ 2010, 1238 Rn. 39).
bb)
Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht hier auch einen ehebedingten Nachteil durch die vorübergehende Aufgabe der Erwerbstätigkeit
und die anschließend nur teilschichtige Erwerbstätigkeit während der Ehe abgelehnt.
In der Regel werden die aus der ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersvorsorge eines Ehegatten
durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des
Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile
vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 42 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25). Nach der Rechtsprechung des Senats können daher ehebedingte Nachteile im Sinne von §
1578 b BGB unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit
während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich
vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann im gleichen Umfang von beiden Ehegatten
zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt
(Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43).
Anderes gilt nur dann, wenn der Nachteil in der Versorgungsbilanz des Unterhaltsberechtigten nicht oder nur teilweise ausgeglichen
worden ist, etwa wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte schon während der Ehezeit als Rentner keine eigene Altersvorsorge
mehr aufgebaut hat, die im Rahmen der Ehescheidung ausgeglichen werden könnte (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - zur Veröffentlichung bestimmt Rn. 25). Solches ist hier allerdings nicht der Fall. Denn der Antragsgegner war während der
gesamten Ehezeit erwerbstätig. Seine während dieser Zeit erworbenen Versorgungsanwartschaften sind im Rahmen des Versorgungsausgleichs
vollständig ausgeglichen worden. Zwar war er im weiteren Verlauf der Ehezeit selbständig erwerbstätig und hat seine weitere
Altersversorgung lediglich durch Vermögensbildung sichergestellt. In dieser Hinsicht hat aber ein Ausgleich im Rahmen des
Zugewinnausgleichs stattgefunden. Unabhängig von der Art der Altersvorsorge ist der Antragsgegner als Pflichtiger im Versorgungs-
und Zugewinnausgleich deswegen in gleichem Umfang von der nur eingeschränkten Erwerbstätigkeit der Antragstellerin betroffen,
wie diese selbst.
c)
Nicht hinreichend berücksichtigt hat das Berufungsgericht allerdings, dass §
1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt ist, sondern auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität
erfasst, die einer vollständigen Herabsetzung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf
aus Billigkeitsgründen entgegenstehen kann.
aa)
Die Feststellung aller für die Billigkeitsentscheidung nach §
1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte und die Billigkeitsabwägung selbst ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht
nur darauf hin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln verkannt hat.
Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen
umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht
gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Das setzt voraus, dass in dem Urteil die wesentlichen Gründe aufgeführt sind,
die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend waren (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 42).
Die angefochtene Entscheidung trägt dem nicht hinreichend Rechnung, weil sie nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt
und teilweise auf Umständen beruht, die eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht zu begründen vermögen.
bb)
Die Parteien hatten im November 1980 geheiratet und waren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im November 2003, also
23 Jahre, verheiratet. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass es bereits 1998 in der Ehe der Partei "gekriselt"
habe und der Antragsgegner mit Kenntnis der Antragstellerin im Jahre 2000 ein außereheliches Verhältnis aufgenommen habe,
steht dies dem Vertrauen in den Bestand der Ehe nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei der Bemessung
der Ehedauer auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen (Senatsurteile vom 17.
Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 36 und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 35). Dies hat das Berufungsgericht verkannt.
Wie der Senat bereits ausgeführt hat, gewinnt die Ehedauer durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere
durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt. Dieser
Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen - wie hier - keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine
Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf sprechen (vgl.
Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48). Entsprechend erlangt die Ehedauer hier ein besonderes Gewicht, weil die Antragstellerin den gemeinsamen Sohn überwiegend
allein erzogen und den Haushalt der Ehegatten geführt hat. Denn sie hat wegen der Kindererziehung für rund fünfeinhalb Jahre
auf ihre Erwerbstätigkeit als Motopädin verzichtet und wegen der Haushaltsführung während der gesamten Ehezeit nur mit deutlich
reduzierter Stundenzahl gearbeitet.
Hinzu kommt, dass die eigene angemessene Lebensstellung der Antragstellerin nur wenig über dem Mindestbedarf liegt, während
der Antragsgegner im Rahmen seiner selbständigen Erwerbstätigkeit ein deutlich höheres Einkommen erzielt, das rechnerisch
einen Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe von 1.272 EUR monatlich begründen würde. Auch die
Altersversorgung der Antragstellerin ist, wenngleich sie für die Ehezeit vollständig zwischen den Parteien ausgeglichen wurde,
nur sehr begrenzt. In der langen Ehe hat sie lediglich eigene gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von rund 160 EUR erworben,
die durch den Versorgungsausgleich um gut 50 EUR aufgestockt worden sind. Auch unter Berücksichtigung der weiteren vorehelich
erworbenen Anwartschaften und des im Zugewinnausgleich erhaltenen Vermögens von gut 30.000 EUR, von dem nach der Einschätzung
des Berufungsgerichts nur rund 23.000 EUR verblieben sind, ergibt sich keine ausreichende Grundlage für eine dauerhafte Altersvorsorge.
Die Antragstellerin ist deswegen darauf angewiesen, bis zum Rentenbeginn noch eine adäquate weitere Altersvorsorge aufzubauen.
cc)
Das Berufungsgericht hat auch nicht geprüft, ob die besonderen Umstände des vorliegenden Falles einer Befristung mit der Folge
einer vollständigen Absenkung des Unterhalts auf den eigenen angemessenen Lebensbedarf entgegenstehen und stattdessen eine
nur teilweise Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Billigkeit entspricht.
Eine solche Prüfung hätte sich angesichts der langen Ehe, der Kindererziehung durch die Antragstellerin und der nur teilweisen
Erwerbstätigkeit neben der Haushaltsführung gerade im vorliegenden Fall angeboten.
d)
Die Entscheidung ist deswegen aufzuheben und das Verfahren ist zur erneuten Feststellung der entscheidungsrelevanten Billigkeitsgesichtspunkte
sowie zur abschließenden tatrichterlichen Billigkeitsprüfung auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.