Ermittlung des ehebedingten Nachteils anhand der Differenz der Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten
und des von ihm erzielten oder erzielbaren Einkommens; Ausreichende Darlegung eines erzielbaren Einkommens durch den Unterhaltsberechtigten
durch Vortrag einer als üblich anzusehenden Gehaltssteigerung in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung; Erforderlichkeit
einer exakten Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten trotz feststehender Nachteile;
Aufarbeitung eines ehelichen Fehlverhaltens bei der Abwägung i.R.d. Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts
wegen Unbilligkeit
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Abänderung eines Urteils über die Zahlung von Aufstockungsunterhalt.
Die am 1. Juni 1973 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 26. September 2000 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind drei
Töchter hervorgegangen, die 1974, 1977 und 1981 geboren sind. Die 1951 geborene Beklagte lernte nach ihrem Schulabschluss
den Beruf der Erzieherin und übte diese Tätigkeit bis 1974 aus. Die folgenden 24 Jahre war die Beklagte Hausfrau und Mutter
ohne eigene Berufstätigkeit. Von 1998 bis Sommer 2000 arbeitete sie im Bereich der Hausaufgabenbetreuung stundenweise. Im
August 2000 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als Erzieherin auf, die sie im Jahre 2001 auf eine Tätigkeit mit einer 35-Stunden-Woche
aufstockte. Aus betriebsbedingten Gründen wurde ihr zum 31. März 2007 gekündigt. Vom 1. April 2007 bis zum 17. Oktober 2007
war sie befristet in Vollzeit als Erzieherin eingestellt. Anschließend arbeitete sie mit einer 87 %-Stelle, befristet bis
zum 31. August 2009.
Das Amtsgericht Duisburg hatte den Kläger mit Urteil vom 17. November 2004 verpflichtet, an die Beklagte monatlichen Unterhalt
in Höhe von gerundet 564 € zu zahlen. Dem Urteil liegen die Renteneinkünfte des Klägers mit bereinigt 2.189 € und die damaligen
Einnahmen der Beklagten mit bereinigt 1.061 € zugrunde.
Auf die Abänderungsklage des Klägers hat das Amtsgericht den titulierten Aufstockungsunterhalt bis 31. Dezember 2008 befristet.
Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der
Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig und begründet.
A.
Zu Recht verweist die Revision darauf, dass die Zulassung der Revision unbeschränkt ist. Zwar hat das Berufungsgericht die
Zulassung damit begründet, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei langen Berufspausen der Unterhaltsanspruch nach
neuem Recht zu begrenzen sei, noch offen sei. Darin ist jedoch keine - unzulässige - Beschränkung der Revision auf bestimmte
Rechtsfragen zu sehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGHZ 101, 276, 278; BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - BGHR
ZPO [1. Januar 2002] §
543 - Revisionszulassung, beschränkte 1), sondern lediglich ein Hinweis auf die Motivation der Revisionszulassung.
B.
Im Revisionsverfahren steht nur noch der Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Zeit nach dem 31. Dezember 2008 im Streit.
Denn wegen des davor liegenden Zeitraums ist das amtsgerichtliche Urteil, gegen das allein die Beklagte Berufung eingelegt
hatte, rechtskräftig.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
Berufungsgericht.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet
worden ist (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 -XII ZR 102/09 -juris Rn. 8 und vom 25. November 2009 -XII ZR 8/08 -FamRZ 2010, 192 Rn. 5).
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse sei seit der Entscheidung des Amtsgerichts Duisburg keine wesentliche Änderung eingetreten.
Soweit der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers bei einer Vollbeschäftigung ein Nettoeinkommen von 1.426 € zuzurechnen wäre,
verblieben nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen von 5 % und des Erwerbstätigenbonus von 1/7 nur 1.161,42 €. Unter Berücksichtigung
eines unbestrittenen Nettoeinkommens des Klägers von 2.316 € errechne sich ein den titulierten Betrag sogar übersteigender
Aufstockungsunterhalt von 577 €. Zinseinkünfte seien der Beklagten nicht fiktiv zuzurechnen, da diese bereits bei der Ausgangsentscheidung
des Amtsgerichts keine Berücksichtigung gefunden hätten. Eine Befristung oder Beschränkung des im Jahr 2004 vom Amtsgericht
titulierten Aufstockungsunterhalts komme nicht in Betracht, wobei der Kläger mit dem Einwand der Befristung nicht bereits
gemäß §
323 Abs.
2 ZPO präkludiert sei. Zwar führe nach der neuen Rechtslage allein die Annahme einer langen Ehe nicht dazu, dass eine Begrenzung
der Unterhaltsansprüche ausgeschlossen wäre. Entscheidend sei vielmehr das Vorliegen ehebedingter Nachteile. Die Dauer der
Ehe sei aber gleichwohl von Bedeutung, da sich der (berufliche) Nachteil, der sich nach der Scheidung für den sich der Kinderbetreuung
und der Haushaltsführung widmenden Ehegatten ergebe, in aller Regel mit zunehmender Dauer der Ehe erhöhe.
Dass auf Seiten der Beklagten ehebedingte Nachteile eingetreten seien, stehe fest. Die 27 Jahre bestehende Ehe der Parteien
sei geprägt durch die klassische Aufteilung in einen haushaltsführenden und einen erwerbstätigen Teil. Hieran ändere auch
der Umstand nichts, dass die Beklagte nach der Scheidung wieder eine Anstellung als Erzieherin und zum Teil auch in Vollzeit
habe finden können. Der derzeitige Vertrag der Beklagten sei bis Ende August 2009 befristet; eine nachhaltige Sicherung ihres
Einkommens aus Berufstätigkeit könne damit nicht angenommen werden. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte einen gesicherten
Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen wäre.
Ein ehebedingter Nachteil sei aber auch darin zu sehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders verlaufen wäre,
wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehnte unterbrochen hätte. Bei einer derart langen Berufspause wie im
vorliegenden Fall dürften keine überspitzten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden.
Wenn eine abgeschlossene Schulausbildung und eine abgeschlossene Berufsausbildung mit anschließender Übernahme zur weiteren
Beschäftigung gegeben sei, indiziere eine Berufspause von über 25 Jahren auch den ehebedingten Nachteil im beruflichen Fortkommen.
Die Beklagte habe substantiiert dargelegt, welche Aufstiegschancen sie ohne Berufspause gehabt hätte und über welches Einkommen
sie dann verfügen könnte. Der titulierte Unterhalt entspreche danach auch in der Höhe dem erlittenen Nachteil. Die Beklagte
habe ohne Probleme ihre Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen. Anschließend habe sie ihren Beruf ausgeübt und binnen kürzester
Zeit eigenverantwortlich eine Gruppe geleitet. Sie habe sich dann engagiert der Versorgung ihrer Familie und der Erziehung
der drei kurz hintereinander geborenen Töchter gewidmet. Dass ihr später der Einstieg in ihrem erlernten Beruf trotz ihres
fortgeschrittenen Alters gelungen sei, spreche dafür, dass sie engagiert, zielstrebig und leistungsbereit sei. Diese Eigenschaften
hätten der Beklagten zu einem beruflichen Aufstieg verholfen. Dies zeige sich auch darin, dass ihr nach der Kündigung der
ersten Tätigkeit noch eine Anstellung bei einer anderen Einrichtung in einer völlig anderen Region gelungen sei. Ihr Vortrag,
sie hätte bei fortgesetzter Tätigkeit Aufstiegschancen gehabt, sei damit schlüssig und nachvollziehbar.
Zudem ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs. Für die Bemessung der "Schonfrist"
könne im Sinne dieser Vorschrift nicht auf die Scheidung im Jahre 2000 abgestellt werden. Insofern sei zu berücksichtigen,
dass die Beklagte bereits zwei unbefristete Unterhaltstitel seit der Trennung erstritten habe und ihre Einkünfte bis zur Rente
nicht mehr steigern könne. Sie arbeite nahezu vollschichtig. Aufstiegschancen habe sie nicht. Aufgrund ihres Alters und aufgrund
der langen Ehe und bisher geleisteten Unterhaltszahlung sei eine derartige wirtschaftliche Verflechtung eingetreten, dass
der Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheine.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
1.
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und im Übrigen von der Revision auch nicht gerügt ist, dass das Berufungsgericht hinsichtlich
des Erwerbseinkommens und der Zinseinkünfte eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne von §
323 ZPO aF abgelehnt hat.
2.
Zutreffend hat das Berufungsgericht zudem ausgeführt, dass der Kläger mit seinem Befristungsverlangen nicht präkludiert sei.
Eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von §
323 Abs.
2 ZPO aF kann sich auch aus einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben (Senatsurteile
vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22 und BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 36). Eine solche Änderung liegt hier vor. Die Rechtsprechung des Senats hat sich mit Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006), also nach Abschluss des Vorprozesses, dahin geändert, dass es schon bei der nach §
1573 Abs.
5 BGB aF anzustellenden Billigkeitsabwägung nicht mehr vorrangig auf die Dauer der Ehe ankam, sondern auf die dem Unterhaltsberechtigten
entstandenen ehebedingten Nachteile (Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22).
Auf das Fehlen solcher Nachteile hat der Kläger seine Abänderungsklage vorwiegend gestützt.
3.
Jedoch rechtfertigen die vom Berufungsgericht vorgenommenen Feststellungen die Ablehnung einer Begrenzung nach §
1578 b BGB nicht.
a)
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des
Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen
Kindes unbillig wäre. Nach §
1578 b Abs.
2 Satz 1
BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig
wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus §
1578 b Abs.
1 Satz 2 und
3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die
Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der
Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während
der Ehe sowie aus der Ehe ergeben.
aa)
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach §
1578 b Abs.
1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte
Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene
Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen
der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen
auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in
Form einer Befristung führen (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14 f.). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich
Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs
regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt
werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen
ergibt (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 16), was freilich voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt.
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf
des Unterhaltsberechtigten im Sinne des §
1578 b Abs.
1 Satz 1
BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§
1574,
1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil.
bb)
Der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt, ist ein Indiz
gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 -XII ZR 107/06 -FamRZ 2008, 1325 Rn. 41). Hat der Unterhaltsschuldner, der die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der für eine Begrenzung sprechenden Tatsachen
trägt, eine solche Beschäftigung behauptet, trifft daher den Unterhaltsberechtigten die so genannte sekundäre Darlegungslast.
Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen,
welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23). Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten
Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23).
cc)
Die Feststellung aller für die Billigkeitsentscheidung nach §
1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist - ebenso wie die entsprechende Billigkeitsabwägung - Aufgabe des Tatrichters. Sie
kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln
verkannt hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und
den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich
möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgesetze verstößt (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - [...] Rn. 42 u. 47).
b)
Diesen Maßstäben wird das Berufungsurteil nicht gerecht.
aa)
Entgegen der Auffassung der Revision kann dem Berufungsgericht nicht vorgehalten werden, dass es nicht auf den Vortrag des
Klägers eingegangen ist, wonach er die Beklagte schon während bestehender Ehe angehalten habe, berufstätig zu sein. Zu Recht
verweist die Revisionserwiderung insoweit auf die Begründung zum Gesetzesentwurf, wonach es sich bei den in §
1578 b BGB aufgeführten Kriterien um objektive Umstände handelt, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet,
weshalb im Rahmen der Abwägung des §
1578 b BGB nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfinde (BT-Drucks. 16/1830 S. 20; s. auch Senatsurteil vom 9. Juli
1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888 zu §§
1573,
1578 BGB aF).
bb)
Jedoch begegnen die vom Berufungsgericht im Rahmen des §
1578 b BGB gezogenen Schlussfolgerungen rechtlichen Bedenken, weil ihnen keine entsprechenden Feststellungen zugrunde liegen.
(1)
Das Berufungsgericht hat zum einen in der Befristung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten einen "erheblichen Nachteil" erblickt.
Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte einen gesicherten Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen
wäre.
Es hat bei seinen Ausführungen unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte bereits im August 2000 eine Beschäftigung als
Erzieherin im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung aufgenommen hat, die sie im Jahr 2001 auf eine 35-Stunden-Woche aufstocken
konnte. Diese ersichtlich unbefristete Stelle ist ihr nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus betriebsbedingten
Gründen zum 31. März 2007 gekündigt worden. Erst danach erhielt die Beklagte wiederholt befristete Anstellungen. Der vom Berufungsgericht
hieraus gezogene Schluss, die nunmehr eingetretene unsichere Beschäftigungslage seitens der Beklagten sei Folge der während
der Ehe eingelegten Berufspause, ist nicht zwingend. Denn immerhin hat die Beklagte nach der Ehescheidung rund sieben Jahre
in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gearbeitet. Zu Recht rügt die Revision, dass die Beklagte dem Risiko einer betriebsbedingten
Kündigung auch ausgesetzt gewesen wäre, wenn sie durchgehend gearbeitet hätte. Zwar mag es sein, dass sie in diesem Fall wegen
ihrer langen Betriebszugehörigkeit eher eine betriebsbedingte Kündigung hätte abwenden können. Damit und mit der Frage, wie
dieser Nachteil unterhaltsrechtlich im Rahmen des §
1578 b BGB zu berücksichtigen ist, hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.
(2)
Ferner hat das Berufungsgericht einen ehebedingten Nachteil darin gesehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders
verlaufen wäre, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehnte unterbrochen hätte. Zwar erscheint es vor dem
Hintergrund der vom Berufungsgericht vorgenommenen Würdigung der Persönlichkeit und des Lebenslaufs der Beklagten durchaus
möglich, dass die Beklagte heute ein - über ihren tatsächlich erzielten Lohn hinausgehendes - Einkommen bezöge, wenn sie keine
Berufspause eingelegt hätte. Jedoch sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Bemessung des ehebedingten Nachteils
nicht hinreichend konkret, obgleich die Beklagte - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend gemacht hat - zu ihren möglichen
Aufstiegschancen und der damit einhergehenden Bezahlung unter Vorlage entsprechender Entgelttabellen im Einzelnen vorgetragen
hat.
Dem Berufungsgericht ist zwar dahin Recht zu geben, dass bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden Art keine überspannten
Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden dürfen. Deshalb kann der Unterhaltsberechtigte
im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungslast genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen
in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.
Anders verhält es sich indes bei einem behaupteten beruflichen Aufstieg. Hier muss der Unterhaltsberechtigte darlegen, aufgrund
welcher Umstände (wie etwa Fortbildungsbereitschaft, bestimmte Befähigungen, Neigungen Talente etc.) er eine entsprechende
Karriere gemacht hätte. Im Übrigen hat der Senat bereits ausgeführt, dass bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung
zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig ist; die Tatsachengerichte können sich vielmehr
insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend §
287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht
(Senatsurteil vom 4. August 2010 -XII ZR 7/09 -FamRZ 2010, 1633 Rn. 39). Dies entbindet das Gericht indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung
und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (BGHZ 6, 62, 63; Senatsurteil vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-RR 2003, 873, 874; Laumen in Prütting/Gehrlein
ZPO §
287 Rn. 21).
Demgegenüber hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt, dass sich die Beklagte in ihrem erlernten Beruf weiter entwickelt
hätte und damit über Einkommen aus einer höheren Lohngruppe verfügen würde; dabei entspreche der titulierte Unterhalt in der
Höhe dem erlittenen Nachteil. Zwar lässt sich daraus schließen, dass das Berufungsgericht von einem ehebedingten Nachteil
in Höhe von 564 € ausgegangen ist. Welchen angemessenen Lebensbedarf es auf Seiten der Beklagten zugrunde gelegt hat, bleibt
indessen offen. Seinen Ausführungen lässt sich schon nicht entnehmen, welches Einkommen es ihr tatsächlich zugerechnet hat;
den Einwand des Klägers, bei einer Vollbeschäftigung könne ihr ein Nettoeinkommen von 1.426 € zugerechnet werden, hat das
Berufungsgericht ersichtlich dahin stehen lassen. Ebenso wenig wird deutlich, ob es der Beklagten - in diesem Fall zu Unrecht
(vgl. BGHZ 178, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 17) - einen Erwerbstätigenbonus zugebilligt hat. Nach alledem hat das Berufungsgericht die Grundlagen seiner Schätzung
nicht konkretisiert. Allein durch die pauschale Bezugnahme auf den Vortrag der Beklagten kann sich das Gericht diesem Erfordernis
nicht entziehen.
cc)
Ebenso wenig vermögen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer wirtschaftlichen Verflechtung der Parteien und zum
Vertrauensschutz die angefochtene Entscheidung zu rechtfertigen. Beides hat das Berufungsgericht ausweislich der Urteilsgründe
unter dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO geprüft. Beide Gesichtspunkte sind bereits Bestandteil der nach §
1578 b BGB durchzuführenden Billigkeitsabwägung.
(1)
Die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute stellt einen eigenen Gesichtspunkt der Billigkeitsprüfung dar. Die Ehedauer
gewinnt hierdurch insbesondere bei Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der
Haushaltsführung besonderes Gewicht. (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48). Soweit das Berufungsgericht jedoch sinngemäß ausgeführt hat, dass auf Grund des Alters der Beklagten, der langen
Ehe und der bisher geleisteten Unterhaltszahlungen eine derartige wirtschaftliche Verflechtung eingetreten sei, so dass der
Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheine, fehlt es bereits an einer zutreffenden Feststellung der Ehedauer. Ersichtlich
hat das Berufungsgericht auf die Rechtskraft der Ehescheidung abgestellt. Für die Ehedauer ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung
des Senats auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen (Senatsurteil vom 30. Juni
2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30 mwN). Feststellungen zur Zustellung des Scheidungsantrags enthält weder das Berufungsurteil noch das Urteil des Amtsgerichts.
(2)
Soweit das Berufungsgericht ferner unter Bezugnahme auf § 36 EGZPO ausführt, die Beklagte habe ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs, vermag dies die getroffene
Entscheidung schließlich ebenso wenig zu rechtfertigen.
Voraussetzung für die Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig gewordenen Urteils gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO ist u.a., dass die Änderung dem anderen Teil - hier also der Beklagten - unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die
getroffene Regelung zumutbar ist. Dabei ist dieser Gesichtspunkt bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach §
1578 b BGB zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32). Das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf den Fortbestand eines titulierten Unterhalts ist danach insbesondere
dann schutzwürdig, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat (BT-Drucks.
16/1830 S. 33). Gewiss können im Rahmen der am Maßstab des § 36 Nr. 1 EGZPO vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung der Dauer der Ehe und der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder sowie der Gestaltung
von Haushaltsführung indizielle Bedeutung für einen Vertrauensschutz zukommen. Entscheidend geht es aber um die Frage, wie
sehr sich der Unterhaltsberechtigte auf den - zur Überprüfung gestellten - Unterhaltstitel verlassen darf. Dabei ist schließlich
zu beachten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Unabänderbarkeit eines Titels nicht den Regelfall darstellt (Senatsurteil
vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 34).
Diesen Anforderungen werden die vom Berufungsgericht gemachten Ausführungen nicht gerecht.
III.
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben, §
562 Abs.
1 ZPO. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Sie war vielmehr gemäß §
563 Abs.
1 Satz 1
ZPO an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die für die Frage einer Befristung maßgeblichen Feststellungen treffen
kann.
IV.
Die Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, neben den noch zu treffenden Feststellungen die aktuelle
Beschäftigungssituation der Beklagten bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung das Vorliegen eines konkreten ehebedingten Nachteils bejahen, wäre nichts
dagegen einzuwenden, der Beklagten in Höhe dieses Nachteils unbefristet Unterhalt zu gewähren. Sollte es hingegen einen ehebedingten
Nachteil ablehnen, wäre - vorbehaltlich der noch zu treffenden Feststellungen im Übrigen wie namentlich der Ehedauer - zumindest
zu erwägen, der Beklagten bei einer etwaigen Befristung eine großzügige Frist einzuräumen.